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Rallye-Rover-Käfer Porschen/Körver
Mit der neuen Lufthutze.

Der Rallye-Käfer

Rallye-Fahrzeuge wirken normalerweise immer groß und martialisch. Fast schon niedlich wirkt dagegen dieser Rallye-Käfer, der mehrfach bei der El Chott mitfuhr und 2009 die Erg Oriental gewann. Doch der Schein trügt, unter der Haube befindet sich ein Rover-V8-Motor mit 200 PS und auch der Rest hat nicht mehr viel mit einem Käfer zu tun. 

Alles begann 1998. Ein Bekannter sprach Karl-Heinz Porschen an, ob er bei der Rallye „London-Sydney Marathon 2000“ teilnehmen wolle. Porschen, Geschäftsführer der gleichnamigen Firma für Schlauchtechnik, war schon von klein auf begeistert vom Motorsport. So fiel die Anfrage direkt auf Gegenliebe. Zwei Jahre hatte er Zeit die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Die Zeit brauchte er auch, denn er hatte weder FIA-Lizenzen noch einen Wagen. Auf der Rallye durften nur Fahrzeuge die bis 1970 gebaut wurden, teilnehmen und das Tuning musste zeitgenössisch sein. Die Strecke war gigantisch lang: 17.000 Kilometer sollten die Oldtimer bewältigen.

Porschen entschied sich für einen VW Käfer mit einem 1.600 ccm Motor. Nach einer Weile stieß er auf die Firma Gerd Weiser aus Düsseldorf, die sich auf historische Fahrzeuge spezialisiert hatte. Weiser kitzelte sichere 107 PS aus dem Käfer-Motor.

Die erste Rallye fuhr Porschen mit seiner Frau, mit der er auch im Betrieb zusammen arbeitet. Sie durchquerten Frankreich, Deutschland, Tschechei, Slovenien, Österreich, Ungarn, Rumänien, Griechenland, Türkei, Thailand, Malaysia und beide kamen letztendlich in Australien an. Leider gab drei Tage vor dem Ende des Rennens die Kupplung auf, die Spurstangen waren krumm und Ersatz nicht zu bekommen. Auch wenn sie die Rallye nicht beenden konnten, so war dies doch eine bemerkenswerte Leistung.

Nach diesen ersten Wettberwerbserfahrungen keimte bei Porschen der Wunsch auf, in den Offroad-Sport zu gehen. Es hatte sich zudem gezeigt, dass er mit seiner Frau eine hervorragende Beifahrerin hatte, aber bei den Reparaturen war er auf sich alleine gestellt. Daher entschieden beide, dass er zukünftig mit einem technisch versierten, männlichen Co-Piloten fahren solle. In dem interessierten und fähigen Sohn eines guten Freundes fand er diesen Beifahrer. Ab jetzt saß Steffen Körver als Navigator neben Porschen und war auch beim Schrauben am Fahrzeug immer dabei.

Porschen folgte dem Tipp eines Trialsportlers und setzte den Käfer auf ein „VW Iltis“-Chassis. Für den Motor wählte er einen G60 aus einem VW Corrado mit 180 PS. 2004 startete das Team Porschen/Körver mit dem neu aufgebauten Fahrzeug auf der Berlin-Breslau, schied jedoch aus. 2005 gab es einen weiteren Versuch, wieder ohne Erfolg. Erst im Folgejahr 2006 schafften sie es mit dem Iltis-Käfer die Berlin-Breslau zu beenden.

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Karl-Heinz Porschen und Steffen Körver bei der El Chott, 2009.

2008 – Erg Oriental, der Iltis-Unterbau erweist sich als Fehler

Nachdem das Team 2007 an keinem Rennen teilgenommen hatte, fuhren die beiden 2008 erstmals zu einer Wüstenrallye, der Erg Oriental. Diese wurde unter dem Namen El Chott 1980 von Jörg Steinhäuser als günstige Alternative zur Rallye Paris-Dakar ins Leben gerufen und 2005 in Erg Oriental umbenannt. 2010, als der Gründer den Staffelstab weitergab, erhielt sie wieder ihren alten Namen.

Während des Wettbewerbs wurde schnell klar, dass der Iltis-Unterbau für Trials taugen mag, aber nicht für schnelle Rallyes. In der Mitte des Rennens ging das Getriebe kaputt. Zum Glück hatten die beiden auf ihren Rennen immer ein Service-Team mit LKW oder einen Transporter mit Anhänger dabei, um Ersatzteile zu transportieren und um aufwendigere Reparaturen durchzuführen. Bis in die späten Abendstunden arbeitete das Team am Austausch des Getriebes. Auch am nächsten Tag kamen sie nicht weit. Das Steuergerät hatte aufgegeben und der Motor nahm kein Gas mehr an.

Auch nachdem dieses Problem gelöst war, hatten die beiden kein Glück. Nach einem Sprung in ein ausgetrocknetes Flussbett waren alle vier Spurstangen kaputt und die hinteren Spurstangenköpfe abgerissen. Der Schaden wurde provisorisch repariert und das Team konnte ins Camp zurückkehren.

Trotz aller Widrigkeiten konnten Porschen und Körver den 14. Platz in der Gesamtwertung und den vierten in der Prototypen-Klasse holen, aber es war klar, dass sie etwas ändern mussten.

Zwischen den Rennen – Der Rallye-Käfer bekommt eine neue Basis

Mangels Alternativen verlängerten die beiden zunächst das Chassis des Iltis. Sie wollten den Wagen weiter aufbauen und rallye-tauglicher machen. Bei der Erg Oriental hatte das Team einiges gelernt und diese Erfahrungen wollten sie jetzt in die Arbeit einfließen lassen.

Nachdem sie mit dem Umbau begonnen hatten, bekamen sie die Anregung, es einmal mit einem „Range Rover Classic“-Chassis zu probieren. Immerhin hatte dieses Fahrzeug die erste Rallye Paris-Dakar gewonnen.

Auch wenn in der Vergangenheit einige Tipps von Bekannten in die falsche Richtung geführt hatten, wagten die beiden den Versuch. Sie kauften drei Range Rover Classic und testeten sie im Gelände. Was können Chassis, Fahrwerk und Motor? Das Ergebnis war zufriedenstellend. Somit stand fest, der nächste Rallye-Käfer soll auf einem Range Rover Classic basieren.

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Links auf Iltis-Basis, rechts auf „Range Rover Classic“-Basis.

Es blieben nur 10 Monate Zeit bis zur Erg Oriental 2009. Porschen und Körver mussten eines der drei Fahrzeuge als Basis auswählen. Die Entscheidung fiel auf den ältesten von 1988, denn er stellte die geringsten Anforderungen an die Straßenzulassung. Was im Baujahr nicht vom Gesetzgeber verlangt wurde, musste auch jetzt nicht eingebaut werden. Auf gute zehn Fahrzeugeinrichtungen, wie zum Beispiel die Scheinwerfer-Höhenverstellung konnte so verzichtet werden.

Dennoch war die Umbauliste lang. Im Eiltempo verlängerten und verbreiterten sie die Karosserie um 25 cm und die Kotflügel um weitere 7 cm, damit alles auf das Chassis passte. Sie verlegten die Motorkühlung in das Heck. Der Kühler im Heck wurde zusätzlich mit einem Sonnenschutz abgedeckt, der noch in das Heckfenster des Käfers eingepasst wurde.

Der Motor leistete gut 198 PS. 200.000 Kilometer war er bereits gelaufen.  Er wurde mit einem programmierbaren Steuergerät versehen und blieb aber sonst im Originalzustand. Das Fahrwerk bekam ein Doppeldämpfer-System und die Achsen erhielten Fangbänder. Die Differentiale wurden durch neue ersetzt. Hinten bauten sie eine automatische 100-Prozent-Sperre und vorne eine 80-Prozent-Sperre ein. Weiterhin kamen zwei 90-Liter-Tanks, Hydraulikstempel, eine Rückfahrkamera und die für Rallyes obligatorischen Tripmaster in den Wagen, zwei an der Zahl. Da das Hydraulikaggregat stromhungrig ist, bauten Porschen und Körver noch zwei Optima-Batterien ein.

2009 – Der Rallye-Käfer siegt bei der Erg Oriental

Ende 2009 war es endlich soweit: Der Rallye-Käfer war fertig und fuhr auf eigenen Rädern bis Genua zur Fähre. Aber auf der Anfahrt zeigte sich, dass die Kühlung des V8-Benziners Probleme machte. Immer wieder lag die Temperatur im kritischen Bereich, obwohl mit maximal 80 km/h gefahren wurde und die Außentemperatur gerade 5° Celsius betrug. Deshalb schnitten sie vor dem Team-Hotel in der Nacht einfach ein Loch in das hintere Drittel des Dachs. Für diese Veranstaltung musste das reichen. Und es reichte!

So standen beide mit ihrem Umbau und der Startnummer 110, wie im Jahr zuvor, in der Klasse Auto-Prototypen am Start der Erg Oriental. Von den alten Hasen, vielleicht auch in Erinnerung an das Vorjahr, zunächst belächelt, erfuhren sich die beiden Piloten schon in zwei Tagen zwei Stunden Vorsprung und eine Menge Respekt.

Bei der ersten Wüstenetappe bekamen sie wegen eines Navigationsfehlers einen Strafpunkt. Das Etappenziel wurde zwar gefunden, aber von der falschen Seite angefahren. Beiden fiel der unerwartet hohe Verbrauch auf, 110 Liter Benzin für 100 km Sanddünen. Ob die Tankkapazität reichen würde? Aber schon am zweiten Renntag waren sie die einzigen, die alle geforderten Wegpunkte erreicht hatten und so ihren ersten von mehreren Etappensiegen einfuhren. Immerhin wurde diese Strecke nur von vier Auto-Teams insgesamt beendet.

Immer wieder wurde das Team von schnelleren Fahrzeugen auf den Pisten überholt. Doch in den Dünen holten die beiden die Überholer wieder ein und fuhren sogar noch einen Vorsprung heraus. Durch die perfekte Navigation gab es keine weiteren Strafpunkte.

Die Premiere des neuen Rallye-Käfers war geglückt. Auf eigenen Rädern zur Rallye hingefahren, Gesamtsieger geworden und auf eigenen Rädern wieder zurück nach Deutschland. Das Team Porschen/Körver überzeugte alle Teilnehmer und sicherte sich den ersten Platz in der Gesamtwertung. Der Abstand zum zweitplatzierten Team Windfeder/Windfeder im Land Rover Defender betrug 06:42:46. Eine solch erhebliche Distanz zum zweiten Sieger ist schon bemerkenswert.

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Karl-Heinz Porschen und Steffen Körver
Sieger Gesamtwertung und Fahrzeugklasse Erg Oriental 2009.

Vorbereitungen zur El Chott 2010

Für das Rennen im Jahr darauf konstruierte das Team über das Loch im Dach eine Lufthutze. Mit Gips und Holz wurde die Form modelliert, darauf Glasfasermaterial aufgetragen und mit 2-Komponenten-Kleber verklebt. Nach dem Aushärten kam die Konstruktion runter und die Glasfaserhutze wurde moniert. Mit dieser Konstruktion gehörten Temperatur-Probleme von nun an der Vergangenheit an. Aus England besorgten sich die beiden einen neuen Motor mit der gleichen Leistung und sie ersetzten die Steckachsen durch stärkere.

El Chott 2010 – Der erhoffte Erfolg bleibt aus

Doch nicht alle Änderungen machten sich auf der Wüstenrallye, die jetzt wieder El Chott hieß bezahlt. Bereits auf der dritten Etappe von Douz nach Ksar Ghilane, gute 223 km mit Wertungsprüfung, musste der nächste Umbau erfolgen. Die Temperaturen im Getriebe waren einfach zu hoch. Wieder mussten die beiden improvisieren. Aus Getränkedosen schnitten sie ein Luftleitblech für den Getriebekühler zurecht und klebten es zwischen Getriebeölkühler und Haube.

Bis zur achten Etappe fuhren Porschen und Körver ganz vorne in der Wertung mit. Auf der neunten Etappe mussten sie dann wegen einer defekten Steckachse auf dem Bergefahrzeug ins Camp zurückkehren. Am Ende schafften sie nur den vierten Platz in der Auto-Prototypenklasse und den fünften in der Gesamtwertung. Enttäuscht fuhren sie zurück nach Deutschland.

El Chott 2011 – Eine Zeitstrafe verhagelt das Ergebnis

Auf der nächsten El Chott versuchten Porschen und Körver erneut ihr Glück. Die erste Wertungsprüfung konnten beide für sich entscheiden und das schnelle tschechische Tatra-Dakar-Team auf den zweiten Platz verweisen. Doch am zweiten Renntag brach wie im letzten Jahr die Steckachse. Am siebten Renntag versagte die Zündendstufe und das Ersatzteil lag im Service-Truck und nicht im Rallye-Wagen. Der Wagen musste aus den Dünen geborgen werden, das gab eine Zeitstrafe, die die beiden nicht mehr einholen konnten. Zu allem Unglück rutschte der Wagen noch vom Berge-LKW. Das Rennen wurde auf Platz 23 der Gesamtwertung und Platz 4 in der Fahrzeugklasse beendet.

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Schlecht verladen, der Wagen rutschte von der Ladefläche.

El Chott 2012 – Ein schnelles Ende

Vor der nächsten El Chott wurde der Rover-V8 getuned. Doch irgendetwas stimmte nicht, die Leistung ging zurück und die Steuerzeiten waren verstellt. Trotzdem trat das Team mit dem Motor an. Mitten auf der Strecke versagen die Bremsen, was zu einem Unfall führte. Das Aus für Porschen und Körver auf der El Chott 2012.

El Chott 2014 – Es läuft besser als in den Vorjahren, aber immer noch nicht perfekt

2013 traten die beiden nicht bei der El Chott an. Ein Jahr später war der Range-Käfer wieder da. Jetzt in knallrot lackiert, da er so in den Dünen viel auffälliger ist.

Aber die Farbe war nicht die einzige Veränderung. Porschen und Körver bauten ein härteres Fahrwerk ein und versahen die Achsen mit Torsen-Differentialen. Aber der Erfolg blieb auch diesmal aus: Sie erreichten den 13. Platz in der Gesamtwertung, immerhin aber den dritten in der Prototypen-Klasse.

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Im neuen Kleid bei der El Chott 2014.

So ein Fahrzeug ist nie fertig…

2015 setzte die beiden wieder aus. In den letzten Monaten haben sie viel am Rallye-Käfer geschraubt. Viele der ursprünglichen Änderungen bauten sie zurück und der Wagen ist nun wieder auf dem Stand von 2009, dem erfolgreichsten Jahr ihrer Rallye-Geschichte. Mit den Torsen-Differentialen waren Porschen wie auch Körver unzufrieden, deshalb ersetzten sie diese wieder durch die alten Sperren. Dazu stellten sie das Fahrwerk wieder weicher ein.

Der Motor hatte einen Kipphebelachsenbruch und auch schon eine ordentliche Laufleistung, das Vertrauen zu dem Aggregat war einfach nicht mehr da. Also tauschten sie den alten V8-Motor gegen einen neuen. Nach seiner Überholung ist der Motor gerade eimal 60 Kilometer gelaufen. Seine Leistung ist noch unbekannt.

Derzeit überlegen die beiden, aus dem vorderen Teil eine Flip-Front zu machen, die schnell ab- und anmontiert werden kann. Damit wären der Motor und alle Aggregate wesentlich einfacher zu erreichen. Vielleicht wollen die beiden auch noch die Achsen des Discovery 2 verbauen. Was auch immer die beiden noch an ihrem Rallye-Käfer verändern werden, für die El Chott 2016 sind Porschen und Körver schon angemeldet.

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Der Porschen/Körver Rallye-Käfer.

©: Fotos Andreas Wulf
©: Fotos Karl-Heinz Porschen, Steffen Körver