Innenausbauten für den Defender gibt es viele. Sebastian Schwill hat in gut 500 Stunden Arbeit seinen Wunschausbau für den Defender selbst gebaut: in knalligem Orange. Ein echtes Highlight.
Möbel sind quasi Sebastians Berufung. Tagsüber leitet er ein Möbelhaus und in seiner Freizeit, baut er Möbel für seinen Defender. Auch wenn er eigentlich als gelernter Wirtschaftsinformatiker nichts handwerkliches gelernt hat, so hat er schon immer viele Dinge selbst gemacht. Vom Schrauben am Auto bis zum Sanieren seines Hauses, Sebastian liebt es, nach stundenlanger Arbeit auch Erfolge zu sehen.
Der orange Innenausbau für den Defender ist bereits Sebastians zweiter Ausbau. Der erste war ein Sparausbau, der lediglich aus einer Kühlbox, einem Wasserkanister, ein paar Kisten als Stauraum und einer durchgehenden Liegefläche im Defender bestand. Für seinen ersten Ausbau hat er gerade mal eine Woche gebraucht, mehr Zeit hatte er auch nicht, denn der Roadtrip zum Nordkap stand schon fest im Terminkalender. 8.000 Kilometer in zweieinhalb Wochen. Da muss so ein Ausbau schon mal zeigen, was er kann.
Auf ihrer Reise zum Nordkap wurden Sebastian und seiner Freundin Natalia klar, dass beide das flexible Reisen lieben und zum entspannten Reisen eigentlich nur ein Brett im Auto nötig ist. Zumindest solange das Wetter gut ist. Denn bei Regen und Sturm macht das Draußensein nur bedingt Spaß und kochen im Auto war bei dem minimalistischen Ausbau unmöglich. Kaum zurück daheim, fiel direkt die Entscheidung: Vollausbau mit Hubdach.
Serienausstattung gibt es hier kaum noch
Sebastians Land Rover ist ein 110er Baujahr 2016. Einer der letzen Defender der Sonderserie Adventure in Orange. Anfangs in Serienausstattung, doch mittlerweile ist davon kaum noch etwas übrig.
Sebastian hat andere Frontsitze, eine Frontstoßstange mit Seilwinde, eine neue Heckstoßstange, Lightbar auf dem Dach, Sportlenkrad, Trittbretter an der Seite, ein Trekfinder-Fahrwerk, beheizte Außenspiegel, Kotflügelbleche, Schnorchel und Snowcover eingebaut.
Den Fahrzeugboden hat er komplett gedämmt und abgedichtet. Unter dem Fahrersitz ist ein Doppelbatteriesystem verbaut und die hinteren Schiebefenster hat er durch Gullwings von Frontrunner ersetzt (einmal Alu und einmal getöntes Glas). Unter der Cubbybox sitzt jetzt die Standheizung.
An zusätzlichen Staufächern gibt es eines an der Seite und eines im Heckfenster auf der Fahrerseite. Außerdem hat er einen Zusatztank verbaut.
Das Hubdach ist von Alucab mit einer einer 270° Markise.
Ziel von Sebastians Innenausbau für seinen Land Rover
Der Ausbau ist so konzipiert, dass er für zwei aber auch für vier Personen, dann mit der originalen Rückbank, funktioniert. Ziel war der maximal mögliche Komfort inklusive größtmöglichem Stauraum und hohe Flexibilität, so dass entspanntes Reisen onroad wie auch offroad möglich ist.
Die Planung des Innenausbaus
Vor der Planung hat Sebastian viel im Internet gestöbert, neben Google hat er Instagram und Pinterest als Inspirationsquellen benutzt und viele Fotos von Ausbauten gesammelt. Danach haben sich die beiden für das Material entschieden. Zur Auswahl standen Multiplex, Alu, Flightcases und Siebdruckplatten. Da beiden Optik, Gewicht und gute Verarbeitbarkeit wichtig waren, haben sie Multiplex gewählt. Bei der Dicke der Multiplexplatten schieden sich im Internet allerdings die Geister. Letztlich haben sich Sebastian und Natalia für 9 Millimeter Birke entschieden.
Dann zeichnete Sebastian alle Module des Ausbaus. Dabei suchte er aus allen Inspirationen das Beste für den eigenen Innenausbau heraus. Funktional, einfach zu handhaben und schnell alles griffbereit zu haben, war sein Anspruch.
Wegen der Flexibilität haben sich die beiden dafür entschieden, verschiedene Module zu bauen. Ein Modul hinter dem Fahrer und dem Beifahrer und eines in der Mitte. So kann das mittlere Modul herausgenommen werden, um mit dem Einbau der Zweiersitzbank zusätzliche Sitzplätze zu schaffen.
Die Technik des Ausbaus
Nach der Grobplanung für die Schränke, ging es ans Eingemachte, die Technik. Kühlbox, Ladegerät, Schalter, Sicherungen, 230-Volt-Standheizung, Wassertank und Waschbecken sowie Dusche im Heckfenster. Zusätzlich haben die beiden eine mobile Solaranlage installiert und sich die Möglichkeit offen gelassen, später noch eine Wasserdesinfektionsanlage einzubauen.
Sebastian und seine Freundin haben sich für eine mobile Solaranlage entschieden, damit sie ihren Stellplatz unabhängig vom Stand der Sonne wählen können. So können sie das Solarpanel einfach mit dem 10 Meter langen Kabel optimal im Sonnenlicht platzieren. Dabei muss der Defender dann nicht Richtung Sonne stehen, sondern kann Richtung beste Sicht ausgerichtet werden.
Die Technik haben die beiden, dann so im Fahrzeug eingeplant, dass die Wege für Kabel und Leitungen möglichst kurz sind und eine gute Erreichbarkeit für Wartung gegeben ist.
Anschließend konnte Sebastian die Skizzen auch mit den richtigen Maßen versehen und die Zeichnungen verfeinern. So passen beispielsweise die Wasserkanister 100 Prozent genau in den Schrank und klemmen sich selber fest. Das heißt sie müssen nicht extra aufwendig befestigt werden.
Nachdem Sebastian alles noch einmal exakt vermessen hatte, begann er die Schränke maßstabsgetreu zu zeichnen. Im Geiste sortierte Sebastian nun alle Dinge in die Schränke ein und zwar so, dass die häufig gebrauchten leicht erreichbar waren. Schwere Sachen sollten nach unten, leichte nach oben. Er dachte darüber nach, wie viel Platz sie für Kleider benötigen würden, wie viel für Vorräte und wie hoch der ausziehbare Tisch über der Sitzfläche sein müsste.
Alles zunächst aus Pappe
Als sie die Zeichnung hatten, haben die beiden alle Schränke erst einmal aus Pappe ausgeschnitten. Immer einen Schrank nach dem anderen.
Um Gewicht zu sparen, haben die zwei alle inneren Holzflächen, die nicht für die Stabilität der Konstruktion nötig waren, mit der Oberfräse von 9 auf 3 Millimeter herunter gefräßt. Somit bestehen die Schränke eigentlich nur aus einem Gerüst aus 9 Millimeter Multiplex. Alles andere ist auf 3 Millimeter reduziert. Damit konnten sie das Gewicht der Holzplatten mehr als halbieren.
Für die Verriegelung der Klappen haben sich die beiden für leichte Plastikgriffe entschieden. Wegen des Gewichts und des wenigen Platzes haben alle Schränke nur Klappen, keine Schubladen.
Nach den Schränken die Technik einbauen
Nachdem alle Schränke fertig waren, haben die beiden die ganze Technik verbaut, Elektrik verdrahtet und die Wasserleitungen verlegt. Als alles wie geplant funktionierte und gut passte, bauten sie erst einmal alles wieder aus und beschrifteten es ordentlich.
Nun wurde gespachtelt und lackiert. Als Lack haben sich die zwei für einen 2K-Lack entschieden, der normalerweise für Ladeflächen von Pickups verwendet wird. Dies hat den Vorteil, dass der Lack hinterher deutlich kratzresistenter ist, als jeder andere Lack. Ebenfalls bekommt man eine schöne Oberflächenstruktur und so fallen Unebenheiten, die es bei Nicht-Profis zweifellos immer gibt, weniger auf.
Nach dem Lackieren kamen alle Teile zurück in den Defender. Übrigens, wenn es vor dem Lackieren 100 Prozent passt, sitzt es nach dem Lackieren echt stramm.
Wichtig war den beiden, überall Zurrschienen zu haben, damit alles Mögliche fixiert oder verzurrt werden kann. Denn Kühlbox, Taschen usw. sollen nicht unnötig im Wagen hin und her fliegen.
Ein Innenausbau für den Defender aus fünf Modulen
Im Großen und Ganzen besteht der Ausbau aus fünf Modulen. Zwei Module hinter dem Fahrersitz, der als Küchen- und Technikblock dient und die anderen rein als Stauraum.
Gekocht wird sowohl im Auto auf der Arbeitsplatte sowie auf dem Tisch, aber auch draußen auf dem kleinen Tisch an der Hecktür.
So schlafen die zwei im Defender
Den Hauptschlafplatz haben die beiden im Hubdach. Es handelt sich um ein Alucab mit einer Liegefläche von 125×240 cm. Unten besteht die Möglichkeit ein weiteres Brett einzulegen, um so eine zusätzliche Schlafmöglichkeit mit 100×190 cm zu schaffen. Die als Notschlafplatz dient, falls es mal so windig sein sollte, dass Schlafen mit offenen Hubdach zu ungemütlich ist.
Sebastian und Natalia haben sich bewusst gegen ein WC entschieden, die mittlere Box ist allerdings so dimensioniert, dass sie eines nachrüsten können. Die Dusche ist im Heckfenster auf der Fahrerseite integriert. Sie ist direkt an den Wassertank angeschlossen.
Heizung und Wasser
Als Standheizung setzten die beiden eine Webasto ein, die unter der Cubbybox befestigt ist. Den Auslass haben sie mit Warmluftschläuchen bis nach hinten verlegt und ebenfalls bis ins Hubdach. Hier haben sie eine Steuerung entwickelt, so dass sie ein digitales Bedienelement im Hubdach, im Heck und vorne im Fahrerraum haben. An jedem Bedienelement kann man die Temperatur einstellen. Ebenfalls haben sie zwei Temperaturfühler im Auto verbaut, einen oben im Hubdach und einen unten im Auto. Diese kann man nun umschalten um zu bestimmen, an welcher Stelle die Webasto die Temperatur messen soll, um die eingestellte Raumtemperatur zu erhalten.
Zur Wasserversorgung dienen drei 20-Liter-Kanister mit Frischwasser. Die Kanister sind derzeit noch nicht gekoppelt, so dass man die Tauchpumpe immer in den nächsten Kanister stecken muss. Theoretisch könnten sie die Kanister mit Schlauch zu einem Tank verbinden. Ohne Verbindung hat es aber den Vorteil, dass die Kanister leichter zu reinigen sind und man sie einfacher an einer Wasserstelle befüllen kann. Dazu haben die beiden noch einen 20-Liter-Abwasserkanister für das Wasser aus dem Waschbecken.
Das Thema Warmwasser haben sie relativ platzsparend und simpel gelöst. Dazu nehmen sie einen Heizstab, der ursprünglich für ein Aquarium (Achtung 12 Volt) gedacht war, und stecken ihn in einen Wasserkanister. So können sie den gesamten Kanister auf circa 40 Grad aufheizen. Einziger Nachteil: man hat dann nur noch warmes Wasser. Dafür sparen sich die beiden den Platz für einen großen Boiler und die Verlegung von Warm- und Kaltwasserleitungen.
Doppelbatterie-System und Solarpanel
Das Doppelbatteriesystem besteht aus einem Managementsystem von IBS und zwei Banner Running Bull 80 Ah Batterien unter dem Fahrersitz. Sebastian hat eine Kombi aus Laderegler und Spannungswandler verbaut, beides in einem Gerät (Victron Energy Multi 500).
Das hat den Vorteil, dass wenn sie einen Landanschluss haben, dass das Gerät alles weitere automatisch macht: 230 Volt auf die internen Steckdosen und gleichzeitig wird die Batterie geladen. Mittels Schalter kann man einstellen, ob im Falle eines Stromausfalls das Gerät als Spannungswandler anspringen soll oder nicht. Damit gibt es eine Netzvorrangsschaltung, so benutzten sie den externen 230-Volt-Strom und schonen die Batterie.
Ebenfalls ein Vorteil: mit einem externem Stromanschluss können bis zu 16 Ampere bei 230 Volt entnommen werden, wohingegen bei der Spannungswandlung die Leistung begrenzt ist.
Für den Solarstrom nutzen die beiden ein 120 Watt faltbares Panel mit passendem Laderegler. Steckdosen gibt es vorne und hinten im Auto und sogar in der Box im Heckfenster eine Außensteckdose.
Alles ist abgesichert über vorkonfektionierte Sicherungspaneele von Philippi (Bootselektronik). Somit sind die Schalter gleichzeitig auch Sicherungen. Spart Platz, ist einfach zu bedienen und einfach in der Verdrahtung. Licht haben Sebastian und Natalie überall im Auto, es sind kleine LED-Lampen verbaut. Teilweise fest, teilweise flexibel mit Schwanenhals alle immer in zwei Stufen schaltbar.
In den ganzen Umbau haben Sebastian und Natalie 500 Stunden Zeit gesteckt. Die Kosten hielten sich im Rahmen. Wenn man jetzt nur Innenausbau und die darin verbaute Elektronik, Solar, Wasser etc. rechnet waren das circa 2.500 Euro mit allem Schnickschnack.