Fahrzeuge mit Allradantrieb werden gerne als Zugfahrzeuge eingesetzt. Attribute wie hohe Anhängelast, gute Traktion und Robustheit prädestinieren sie dazu. Ist aber jeder typische Pick-up oder Geländewagen mit Allradantrieb automatisch das richtige Zugfahrzeug wenn er 3,5 t Zuglast hat? Was braucht es, um einen Anhänger sicher ziehen zu können? Wir geben euch Tipps dazu.
Mal abgesehen von selbstverständlichen Dingen wie Ladungssicherung, Gewichtsverteilung und der regelmäßigen Pflege und Wartung des Anhängers, gibt es noch einen weiteren Bereich, der einen sicheren Zug aus Fahrzeug und Anhänger ausmacht. Diesem Bereich wird nicht immer die Aufmerksamkeit geschenkt, die er nötig hätte. Denn selbst wenn der Anhänger absolut in Ordnung, die Ladung zu 100% sicher verstaut und verzurrt ist, entscheidet dieser Faktor erheblich über den Ausgang einer brenzligen Situation.
Es geht um die richtige Auswahl des Zugfahrzeugs abhängig vom gezogenen Gewicht. Ist eine möglichst hohe Anhängelast wirklich das einzige Kriterium, nach dem bei der Auswahl des Zugfahrzeugs geschaut werden sollte? Nein, sicherlich nicht. Sicherlich ist nicht jede Kombination von Zugfahrzeug und Anhängelast eine gute Kombination, nur weil sie legal ist. Klar, so lange die Fuhre geradeaus fährt und keine Probleme auftreten, ist alles OK. Aber wenn die Wahl nicht gut getroffen wurde, gibt es kaum Reserven.
Deshalb geht es in diesem Artikel nicht um das richtige Verzurren von Anhängerladung, oder wie der Anhänger in Schuss gehalten wird, sondern es geht um die grundsätzlichere Frage, was ist das richtige Zugfahrzeug für die Last, die ihr ziehen wollt.
Um diese Frage zu beantworten, muss man sich im wesentlichen nur mit ein paar Zahlen auseinandersetzen. Alle notwendigen Zahlen geben die Hersteller in ihren Fahrzeugspezifikationen an. Jeder kann sie nehmen und schnell und leicht durchrechnen, um das richtig Zugfahrzeug auszuwählen.
Weniger ist mehr
Wenn ihr sicher Anhänger ziehen wollt, müsst ihr euch über die vom Hersteller gesetzten Limitierungen eures Zugfahrzeugs und den tatsächlichen Gewichten im Klaren sein. Da gibt es mehrere Limitierungen zu beachten, nicht nur die Anhängelast. Schicken wir ein paar Leitsätze voraus:
1. Limitierungen nicht überschreiten! Nicht kurz und nicht dauerhaft.
Im günstigsten Fall beendet die Polizei eure Fahrt und zwar so lange, bis ihr euch von dem Übergewicht getrennt habt. Es ist dann euer Problem, von was ihr euch trennt und wie ihr es wieder nach Hause oder ans Ziel bekommt. Im schlimmen Fall kommt es durch Überladung zu einem Schaden an eurem Fahrzeug. Im ungünstigen zu Schäden an Menschen. Das kann niemand wollen. Und auf mögliche Komplikationen der Schadensabwicklung usw. wenn eine Überladung ursächlich war, wollen wir jetzt gar eingehen.
2. Limitierungen müssen nicht bis ins letzte Kilogramm ausgereizt werden, nur weil es legal ist.
Im Verlauf des Artikels kommen wir auf diesen Punkt immer wieder zurück. Wer eine hohe Last ziehen möchte, sollte sich um ein passend dimensioniertes Zugfahrzeug bemühen und nicht einfach nur auf die maximal erlaubte Anhängelast schielen.
Warum Limitierungen nicht ausgereizt werden sollten
Man kann sich schon wundern, warum beispielsweise ein Land Rover Defender 90 mit gerade einmal 1,8 t Leergewicht und nur 630 kg Zuladung (Station Wagon) und kurzem Achsabstand gut das doppelte seines eigenen Gewichts, nämlich 3,5 t, ziehen darf. Und das bei gerade einmal 150 kg Stützlast, 4,3% der Anhängelast.
Wie auch immer, unterstellen wir dem Fahrzeug, dass es die Fuhre bremsen kann und auch sonst so robust konstruiert ist, dass es das Gewicht ziehen kann. Aber es dürfte auch nicht schwerfallen sich vorzustellen, was das doppelte Gewicht mit dem Zugfahrzeug macht, wenn es ins Schlingern gerät.
Schaut man sich hingegen die Spezifikationen des ca. 200 kg schwereren Mitsubishi L200 an, der zudem mit 910 kg 280 kg mehr Zuladung hat, fällt auf, dass er je nach Modell nur 3 t bzw. 3,1 t Anhängelast, also rund 500 kg weniger, zugeschrieben bekommen hat. Ist man bei Mitsubishi etwas rationaler und ehrlicher an die Limitierungen herangegangen?
Höhere Last bedeutet auch höhere Belastung
Abgesehen davon, was legal ist und was sich in Prospekten gut macht, ist es klar, dass mehr Last auch mehr Belastung bedeutet. Wer regelmäßig sein Fahrzeug am Limit bewegt, wird das früher oder später auch zu spüren bekommen.
Ihr setzt euer Fahrzeug so maximalem Stress aus. Die Reserven werden kleiner. Stellt euch nur einmal folgende Situation vor, zu der ihr nicht einmal im Gelände oder auf schlechter Strecke unterwegs sein müsst. Ihr habe Anhänger und Fahrzeug bis ans Limit beladen. Jetzt seht ihr eine Bodenwelle auf euch zukommen, etwas spät vielleicht. Ihr bremst um nicht voll hineinzurauschen. Die Vorderachse ist schon drüber hinweg, die Hinterachse will gerade wieder aus der Senke heraus. Gleichzeitig drückt der Anhänger durch das Bremsen mit hohem dynamischen Druck auf die Anhängerkupplung.
Die Folge sind zwei sehr hohe Kräfte, die gegensätzlich am Rahmen zerren. Gerade bei Blattfedern kann in solch einem Moment ein nahezu ungefederter Druck nach oben wirken, der gegen das auf die Hinterachse anfallende Gewicht der Last inklusive das über Hebelwirkung vom Anhänger drückende Gewicht arbeitet. Das sorgt für sehr hohe Druck- und Biegemomente im Rahmen des Fahrzeugs im Bereich der Federaufnahmen. Je öfter ihr so unterwegs seid, je öfter gibt es derartige Belastungen.
Reserven schaffen
Kurz gesagt, je mehr ein Fahrzeug an seinen Gewichtslimits betrieben wird, je mehr steigt der Stress für das Material, der Verschleiß und je näher wird das Fahrzeug an der Grenze seiner Fahrstabilität bewegt. Das macht die Reserven für Fahrmanöver im Notfall kleiner. Trotz der Sicherheitsreserven, die in jedem vernünftigen Fahrzeugdesign vorgesehen sind, ist unsere Empfehlung, trotzdem hier zurückhaltend zu sein.
Es ist der bessere Ansatz, das Zugfahrzeug so auszuwählen, dass es Reserven hat. Sowohl bei der Beladung als auch bei anderen Aspekten wie Motorisierung und Antriebsstrang. Warum solche Reserven auch bei der Leistung nötig sind, zeigen wir noch auf. Reserven zu schaffen kann bedeuten die zulässige Last zu beschränken, so wie es beispielsweise beim Mitsubishi L200 der Fall ist oder selbst auf hohe Beladung zu verzichten.
Das richtige Zugfahrzeug finden
Um nun das richtige Zugfahrzeug zu finden oder eben ein Gefühl für eine angemessene Last für das bestehende Fahrzeug zu bekommen, müssen wir uns nur mit den Angaben des Herstellers auseinandersetzen. Alles was wir brauchen ist bei jedem Fahrzeug in den Spezifikationen zu finden. Es ist am Ende ein reines Zahlenspiel.
Sehr beliebt sind derzeit Pick-ups. Sie bieten selbst schon eine gute Ladekapazität und bieten sich als Zugfahrzeug geradezu an. Das Konzept des Pick-ups hat nur einen Nachteil in Bezug auf den Anhänger-Zugbetrieb, den ihr mit eurer Fahrweise gerecht werden müsst.
Bei Pick-ups ist die Anhängerkupplung meistens ein gehöriges Stück von der Hinterachse entfernt. Diese Distanz wirkt wie ein Hebel für den Anhänger, mit dem er gegen die Hinterachse arbeitet. Es wirkt dann die nach vorne schiebende Kraft und eine zur Seite schiebende Kraft vom Anhänger, die über den Hebel auf die Achse wirkt. Je länger, je mehr Kraft wirkt vom Anhänger. Das kommt zum Tragen, wenn ihr während der Kurvenfahrt auf nasser Fahrbahn bremsen müsst oder ihr ins Schlingern geraten seid.
Erschwerend kommt hinzu, dass ein Pick-up unbeladen im Heck vergleichsweise leicht ist, was den Anhänger zusätzlich dabei unterstützt, die Hinterachse aus der Spur zu drücken. Solltet ihr also besonders schwere Anhänger ziehen, beladet, sofern noch Nutzlast verfügbar, auch die Ladefläche des Pick-ups. Vielleicht lässt sich ja die Gesamtladung auch auf beide Flächen verteilen. In dem Fall ist immer zuerst das Zugfahrzeug zu beladen und der Anhänger möglichst leicht zu halten.
Zahlenspiele
Gehen wir Anhand eines Ford Ranger Wildtrak mit Doppelkabine einmal einen kompletten Anhängerzug durch und sehen wir uns an, was die einzelnen Angaben bedeuten und wie sie zu lesen sind. Zuerst die vom Hersteller festgelegten Spezifikationen und Limitierungen:
- Zulässiges Fahrzeug Gesamtgewicht: 3.270 kg
Das ist das Gewicht, was das gesamte Fahrzeug wiegen darf. Dazu zählt sein Eigengewicht und sämtliche Anbauteile, Ladung, Personen, voll aufgetankt. - Leergewicht mit 1 Fahrer 75 kg und vollgetankt: 2.309 kg
Das wiegt das Fahrzeug wenn es leer ist, also keine Ladung transportiert und keine Teile angebaut sind. Seit 2005 zählen außerdem dazu: Bordwerkzeug, Ersatzrad, Verbandkasten und Warndreieck. - Zulässige maximale Nutzlast: 961 kg
Die Nutzlast ergibt sich aus dem zulässigen Gesamtgewicht abzüglich des Leergewichts. Es gibt das Gewicht an, mit dem ihr das Fahrzeug beladen dürft, inkl. Zubehör. Anbauteile, zusätzlicher Personen und der Stützlast des Anhängers! - Maximale Anhänger-Zuglast: 3.500 kg
Das ist das Gewicht, das der gezogene Anhänger komplett beladen wiegen darf. - Maximale Anhänger-Stützlast: 225 kg
Die Ladung auf dem Anhänger muss so verteilt werden, dass im Stand maximal dieses Gewicht auf die Anhängerkupplung des Fahrzeugs drückt. Das Gewicht muss der Nutzlast zugerechnet werden. - Zulässiges Gesamtgewicht des Zugs: 6.000 kg
Das beladene Zugfahrzeug und der beladenen Anhänger dürfen insgesamt dieses Gewicht nicht überschreiten.
Alle diese Angaben sind statische Werte. Das bedeutet, die Gewichte die wirken, wenn die Fuhre steht.
Ein wichtiger Faktor: Stützlast
Schaut euch die obige Liste noch einmal genau an. Vielleicht ist euch aufgefallen, dass der Ranger zwar 3.500 kg ziehen darf, aber die Anhängerkupplung darf statisch nur mit maximal 225 kg belastet werden. Und im Vergleich steht er damit recht gut da. Andere Fahrzeuge, die ebenfalls diese Anhängelast ziehen dürfen, haben da oftmals deutlich weniger anzubieten. Und diese Stützlast ist einer der beiden Grenzen, die ihr am ehesten erreichen werdet.
In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass eine zu geringe Stützlast zum Schlingern des Anhängers führt. Kommt also euer Anhänger auf gerader Strecke ohne Lenkbewegung immer wieder ins Schlingern, solltet ihr einmal anhalten und prüfen, ob das Gewicht auf dem Anhänger gut verteilt ist und ggf. mehr Stützlast erzeugen. Natürlich darf der Maximalwert nicht überschritten werden.
Zwischen 5% und 10%
Schauen wir einmal in den Toyota „Basic Towing Guide“ finden wir dort eine „goldene Regel“. 9% bis 11%, also machen wir es einfach, 10% des gesamten Anhängergewichts sollte auf der Kupplung lasten. Die Fahrphysik hat gezeigt, das eine hohe Last auf der Anhängerkupplung für die Stabilität des Zugs von Vorteil ist, sie ist also nicht ganz unwichtig. 10% haben sich da als gutes Maß zwischen Stabilität und Fahrzeugbelastung herausgestellt.
Nur liegen nahezu alle Stützlasten teilweise deutlich, nämlich gut zur Hälfte, unter diesen 10%. Zumindest in Deutschland. Im Ausland sind diese 10% schon zu finden. In §44 der Straßenverkehrszulassungsordnung ist gefordert, dass die Stützlast mindestens 4% betragen muss. Wir finden bei den meisten Fahrzeugen Stützlasten von 120 bis 175 kg, wenn sie zwischen 3 und 3,5 t ziehen dürfen.
Wie auch immer, an dieser Einschränkung kommt ihr nicht vorbei und sie hat direkte Auswirkung auf die maximale Beladung des Anhängers. Wollt ihr der 10%-Regel folgen, dürft ihr bei 150 kg Stützlast nur 1,5 t, bei 5% 3 t anhängen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, das die Stützlast der Fahrzeugnutzlast zugerechnet werden muss. Hier ist die zweite Grenze, an die ihr schnell stoßen könnt, denn eure Nutzlast im Zugfahrzeug wird direkt von der Stützlast reduziert. Im folgenden geben wir dafür ein Beispiel. Ihr seht, die tatsächliche Stützlast zu kennen ist wesentlich.
Stützlast ermitteln
Die Stützlast zu ermitteln ist wichtig. Es gibt zwei einfache Möglichkeiten dies zu tun. Eine einfache für Zuhause ist eine Stützlastwaage, wie diese Brunner Skeyla. Das ist gut geeignet um von Fall zu Fall die Stützlast zu ermitteln.
Mehr Informationen bekommt ihr, wenn ihr zu einer öffentlichen Waage fahrt, z.B. bei einem Landhandel, Raiffeisenmarkt usw. Beladet den Anhänger so, wie ihr ihn maximal beladen würdet. Fahrt zunächst den Anhänger auf die Waage, kuppelt ihn ab und fahrt den Wagen von der Waage runter. Jetzt wird das komplette Anhängergewicht gemessen, so wie es maximal in Zukunft sein könnte. Jetzt kuppelt den Anhänger an das Fahrzeug an und stellt wieder nur den Anhänger auf die Waage. Das Auto darf nicht mitgemessen werden. Jetzt wird das Anhängergewicht abzüglich der Stützlast gemessen.
Die Stützlast ist der Wert der ersten Messung abzüglich des Werts der zweiten Messung, mit angekoppeltem Fahrzeug.
Die beiden maximalen Beladungszustände
Sehen wir uns nun die Limitierungen bei den beiden extremen Beladungszuständen an, also einmal mit vollbeladenem Zugfahrzeug und einmal mit vollbeladenem Anhänger und schauen, wo wir welche Limitierungen erreichen.
Ist der Anhänger voll beladen, bleiben gerade einmal 191 kg Zuladung zusätzlich zum Fahrer. Addieren wir jetzt einmal typische Anbauten und Zubehör für einen zünftigen Offroader und typisches Reisefahrzeug.
- Winde: 40 kg
- Windenstoßstange: 25 kg
- Werkzeug: 20 kg
- Dachgepäckträger (auf Doppelkabine: 15 kg
- Hardtop Ladefläche: 65 kg
Addieren wir diese Werte kommen wir auf 165 kg. Es bleiben nur noch 26 kg Luft! Ihr könntet also noch nicht einmal einen Beifahrer mitnehmen, wenn euer Zugfahrzeug schon einiges an Ausstattung genießt und ihr die Anhängerlast voll ausreizt.
Jetzt könnte man zu der Annahme kommen, das wäre es schon, ok, wir sind an das 6 t Limit gestoßen und dann fahre ich eben alleine. Das war es dann aber noch nicht ganz, was ihr beachten müsst, denn die Stützlast muss zu der Fahrzeugbeladung hinzugezählt werden. Die maximale Stützlast liegt in unserem Beispiel bei 225 kg. Abgesehen davon, dass ihr mit dem vollbeladenen Anhänger die goldene 10%-Regel (siehe Tipp 2. Gewichtsverteilung) nicht einhalten könnt, denn das wären 350 kg Stützlast, müsst ihr also diese 225 kg ebenfalls zur Ladung des Zugfahrzeugs hinzuzählen. Kurz ausgerechnet wäre das Zugfahrzeug also mit 199 kg überladen.
Es ist leicht einzusehen, dass nur eine Präferenz auf maximale Anhängelast, keine gute Herangehensweise ist. Je nachdem was eure Anforderungen an ein Zugfahrzeug sind, solltet ihr alle Limitierungen betrachten und für euch einmal durchrechnen. So kann ein Pick-up Fahrzeug ohne Doppelkabine und sogar ohne Allrad für den Zugbetrieb die wesentlich bessere Wahl sein, da dessen Zuladung durch eingespartes Gewicht im Antriebsstrang und beim Aufbau etliche Kilos höher ist.
So liegt die Nutzlast beim Ford Ranger XL Einzelkabine, um in der Familie unseres Beispielfahrzeugs zu bleiben, bei 1.108 kg. Das sind gute 147 kg mehr.
Maximal sinnvolle Anhängerlast ermitteln, wenn das Fahrzeug schon da ist
Viele werden ihr Zugfahrzeug schon besitzen. Dann gilt es die maximale Anhängelast zu ermitteln, die ihr ziehen solltet, um nicht an die Grenzen zu kommen. Das ist gar nicht so leicht. Die Zahlen sind leicht ermittelt, aber dann kann es eine Selbstbeschränkung erfordern, die ihr euch selbst auferlegt und das dürfte der schwerste Teil sein.
Fangen wir einmal Abseits der Zahlen an. Ein gutes Selbstlimit gibt das Zugfahrzeug vor. Ich persönlich möchte nichts ziehen, was schwerer als mein Zugfahrzeug ist. Fragt euch selbst einmal, wann ihr euch wohler fühlt: Wenn ein Smart hinter euch fährt oder ein Laster. „Etwas“ übertrieben, natürlich, aber es soll einmal den Sinn dafür wecken, wie es sich auch mit dem Anhänger verhält, wenn hinter eurem 1,8 t Fahrzeug 3,5 t rollen.
Dann sind da natürlich die nackten Zahlen. Unser Beispiel hat gezeigt, wie schnell ein Fahrzeug überladen sein kann. Ermittelt also das aktuelle Gewicht eures Fahrzeugs in dem Zustand, wenn es einen Anhänger zieht. Vielleicht sinkt schon alleine dadurch die mögliche Anhängelast. Ihr müsst feststellen, welche Zuladung noch übrig geblieben ist.
Wenn ihr die noch mögliche Nutzlast kennt, liegt sie entweder über oder unter der erlaubten Stützlast. Liegt die Nutzlast über der Stützlast, könnt ihr sie voll ausnutzen. Irgendwo werdet ihr dann zwischen den besagten 5% und 10% auskommen. Dürft ihr also beispielsweise noch 270 kg ins Zugfahrzeug laden und habt ihr eine Stützlast von 175 kg, wäre die 10%-Regel machbar und ihr könntet eine Anhängelast von 1,75 t ziehen. Entscheidet ihr euch für 5% Stützlast, dann wären es 3,5 t. Nehmen wir jetzt die Selbsteinschränkung Zuglast nicht höher als Fahrzeugleergewicht, könntet ihr mit dem Ranger auf gute 2,2 t Anhängelast hochgehen.
Liegt die noch mögliche Zuladung unter der Stützlast ist es ganz einfach. Die maximale Anhängelast darf maximal 95% (5%-Regel) der noch offenen Nutzlast entsprechen. Und auch hier würde ich einen Puffer einbauen und auf 90% reduzieren. Dann haltet ihr auch wieder die 10%-Regel ein.
Sind Upgrade-Kits sinnvoll?
Der ein oder andere spielte vielleicht schon mit dem Gedanken, seine maximale Zuglast durch ein Upgrade des zulässigen Gesamtgewichts, sogar mit Gutachten, zu erhöhen. Ja, das kann man so machen. Aber ich möchte noch mal auf den zweiten Leitsatz zurückkommen: Nicht alles was legal ist, ist sinnvoll. Warum sehen wir das so? Nun, wenn eine Sache für einen Fahrzeughersteller einfach ist, dann ist es selbst ein Fahrwerk einzubauen, dass höhere Lasten ermöglicht.
Aber sie tun es nicht, obwohl sie das aus Marketingsicht voll ausschlachten und die Attraktivität für viele Kunden erhöhen konnten. Das wird einen Grund haben. Denn natürlich sind die Tragfähigkeit des Fahrwerks und die Leistung der Bremsen nur ein Aspekt. Weitere Aspekte die berücksichtigt werden müssten, wären im Antriebsstrang zu finden. Kupplung, Getriebe, Kreuzgelenke usw., alles wird durch höhere Lasten stärker beansprucht. Nicht das dort keine Reserven wären, aber a) muss man sie im Dauerzugbetrieb ausreizen? Und genau für diesen Dauerzugbetrieb sind solche Upgrades ja von Interesse. Und b) kommt es zu einem Schaden in der Gewährleistungszeit müsst ihr ggf. nachweisen, dass dieser nicht durch das ziehen höherer Lasten aufgetreten ist. So steht beispielsweise im „Basic Towing Guide“ von Toyota, ganz klar drin. das der Betrieb außerhalb der von Toyota gesetzten Limits die Gewährleistungspflicht einschränkt. Ihr öffnet dem Hersteller so ein Türchen, um an der Gewährleistungspflicht vorbei zu kommen. Nach dieser Zeit ist es dann eh euer Problem.
Bietet ein Hersteler allerdings, wie beispielsweise Mitsubishi beim L200, das selbst als Option an ist sie auch voll von der Gewährleistung erfasst. Mir als Kunden gibt das zumindest ein besseres Gefühl und sagt mir, dass das Basisfahrzeug auch für die erhöhte Last ausgelegt ist.
Anhängersicherung
In Deutschland ist es Pflicht das Anhänger mit Auflaufbremse und über 750 kg Gewicht zusätzlich mit einem Seil gesichert werden. Dieses Seil ist mit der Bremse des Anhängers verbunden und soll diese beim Abreißen vom Zugfahrzeug betätigen. In Deutschland ist nicht vorgeschrieben, wie das Seil am Zugfahrzeug zu befestigen ist, es kann also auch über den Kugelkopf der Anhängerkupplung gelegt werden. Besser ist jedoch eine eigene Halteöse. In Ländern wie den Niederlanden, der Schweiz und Österreich ist dieses Seil bei allen Anhängern Pflicht und es darf nicht über die Kupplung gelegt werden. Es muss eine eigene geeignete Befestigung am Fahrzeug dafür vorhanden sein. Bei Zuwiderhandlung drohen hohe Bußgelder.
Die wichtigsten Tipps, wenn ihr Anhänger zieht
1. Gewichtsverhältnis
Das Gewicht des Anhängers sollte im Verhältnis zum Gewicht des Zugfahrzeugs möglichst gering sein. Mit einfachen Worten ausgedrückt, wer schweres ziehen will, braucht ein schweres Fahrzeug. Wie wir weiter unten noch erklären werden, auch mit ausreichend Reserve in der Zugkraft. Auch wenn es erlaubt ist, so ist es aber nicht sinnvoll. Die Zuglast sollte nicht höher als das Leergewicht des Fahrzeugs sein. Um das Fahrzeug zu schonen, um Reserven zu haben und um im Notfall die Manövrierfähigkeit zu behalten.
Das ist vielleicht der wichtigste Sicherheitsaspekt, wenn es um die Stabilität der gesamten Fuhre geht. Je schwerer der Anhänger ist, desto mehr dynamische Last schiebt von hinten. Ist eure Fuhre nicht mehr gerade, sei es bei der Kurvenfahrt oder weil der Anhänger schon schlingert, dann ist dieses Gewicht des Anhängers bemüht eure Hinterachse aus der Spur zu drücken, gerade dann wenn ihr bremst.
Der Kamm’sche Reibungskreis lehrt uns, dass ein angetriebenes Rad mit steigender Geschwindigkeit immer mehr an Seitenführungskräften verliert. Je schneller ihr also fahrt und je stärker der Anhänger durch sein Gewicht gegen das seitlich gestellte Heck drückt, desto schneller bringt er eure Fuhre zum einknicken. Dann könnt ihr nichts mehr machen und es führt schnell zum Überschlag von Zugfahrzeug und Anhänger. Je leichter und kürzer das Zugfahrzeug ist, desto schneller kann das passieren.
2. Gewichtsverteilung
Die angegebene Anhängelast ist immer im Zusammenhang mit der erlaubten Stützlast zu sehen. Die Anhängelast ist das gesamte statische Gewicht des voll beladenen Anhängers, während die Stützlast das maximale statische Gewicht ist, welches auf die Anhängerkupplung drücken darf. Aufgepasst, es gibt zwei maximal erlaubte Stützlasten! Die der Anhängerkupplung des Fahrzeugs und die des Anhängers. Die geringere von beiden ist die, nach der ihr euch richten müsst. Sie ist den Unterlagen der Anhängerkupplung und des Anhängers zu entnehmen.
Ihr solltet den Anhänger so beladen, das ungefähr 5% bis 10% des geladenen Gewichts auf die Anhängerkupplung drücken. Natürlich muss dieses Gewicht noch zu der oben angegebenen maximalen Stützlast passen. Das ist die beste Gewichtsverteilung.
Bootsanhänger haben nicht umsonst die Achse sehr weit hinten. Bei einem Boot sind die schweren Teile hinten. Wäre die Anhängerachse nicht auch weit hinten, wäre es schwierig ausreichend Stützlast vorne zu erreichen.
3. Fahrt zurückhaltend
Je schwerer die gezogene Last, desto unkontrollierbarer und gefährlicher wird es, wenn das Ganze zu schlingern anfängt. Dazu reicht schon ein Überhohlvorgang. Zwischen den Fahrzeugen entsteht ein Sog, wenn sie nah genug beieinander sind. Je schneller ihr fahrt desto stärker ist der Sog und je geringer sind die Seitenführungskräfte, die gegen den Sog stehen. Dann wird euer Anhänger plötzlich zu Seite gezogen und schon beginnt die Schaukelei. Der Zug wird instabil und der Anhänger verwandelt sich in einen Pendel. Und je schwerer dieses Pendel ist, desto leichter spielt es mit eurem Zugfahrzeug.
Deshalb fahrt zurückhaltend und mit mehr Sicherheitsabstand sowohl nach vorne als auch zur Seite als sowieso gefordert ist. Last euch ruhig überholen. Langsamer aber sicher ankommen ist besser, viel besser, als nicht anzukommen.
4. Behaltet Reserven
Ein weiterer Punkt, der für langsames, zurückhaltendes Fahren und ein gut dimensioniertes Zugfahrzeug spricht, ist eure Beschleunigungsreserve. Wenn der Anhänger zu pendeln beginnt, gibt es Situationsbedingt mehrere Fahrmanöver. Ein einfaches, was jeder beherrschen kann und was bei Anhängern mit Auflaufbremse am besten funktioniert ist ein deutliches Abbremsen und danach ein guter tritt aufs Gaspedal.
Durch das Bremsen aktiviert ihr die Bremse des Anhängers. Wenn ihr dann Gas gebt, wirkt die Bremse des Anhängers noch kurzzeitig und dadurch zieht sich der Zug wieder gerade. Fahrt ihr jedoch schon am Limit, ist das Zugfahrzeug zu schwach oder ihr überholt sogar gerade selbst, fehlt euch die Reserve überhaupt oder zumindest spürbar beschleunigen zu können. Ihr könnt dieses wichtige Fahrmanöver also gar nicht mehr durchführen. Behaltet diese Beschleunigungsreserve. Versucht in einem Drehzahlbereich zu bleiben, aus dem heraus der Motor noch genug Zugkraft entwickeln kann, um den Anhänger gerade zu ziehen.
Durch Gegenlenken, was ja immer erst nach dem Ausschlagen des Anhängers erfolgt, verstärkt ihr die Schwingungen nur noch. Und es bedarf nur einiger weniger Schwingungen, bis ihr nichts mehr tun könnt, das Fahrzeug mit Anhänger wieder einzufangen.
5. Reifendruck
In der Ferienzeit sind sie so oft zu sehen. Die Wohnwagen mit geplatzten Reifen. Da steht der Anhänger die meiste Zeit des Jahres herum, verliert Luft und wenn es dann in den Urlaub geht passiert es. Gut, wenn es mit einem Reifenwechsel getan ist. Schlecht, wenn Krankenwagen und Spezialkran kommen müssen.
Kontrolliert den Luftdruck eures Anhängers. Die Reifen sind zumeist kleiner als beim Zugfahrzeug und drehen demnach auch viel schneller. Zudem müssen sie mehr Last tragen. Daher ist der Luftdruck dort nicht selten höher als beim Zugfahrzeug, teilweise geht es bis an die 7 Bar.
Bei zu wenig Luft, „baut“ ihr zum einen eine weitere und zudem tiefe Feder ein, die das Aufschaukeln unterstützt, zum anderen wird der Reifen durch die steigende Walkarbeit zu warm und die Flanken werden extrem beansprucht. Das führt zum Platzen des Reifens und der Anhänger kann heftigst ausbrechen. Außerdem erhöht es auch noch den Spritverbrauch.
6. Spiegel richtig einstellen
Es klingt trivial, aber stellt eure Außenspiegel richtig ein. Der Anhänger sollte in ganzer Länge im Spiegel zu sehen sein, so dass ihr seine Bewegungen mitbekommt. Spätestens beim Zurücksetzen kommt es darauf an zu sehen, wie sich der Anhänger verhält. Knickt er zu weit ein oder fährt er zu gerade aus. Gerade, wenn er zu weit einknickt besteht die Gefahr, dass ihr mit dem Anhänger selber kollidiert und Fahrzeug und Deichsel beschädigt.
Ist der Anhänger so breit, dass ihr mit euren Außenspiegeln den Verkehr hinter euch nicht mehr sehen könnt, müsst ihr längere Außenspiegel haben. Die gibt es als Aufsatz und für Geländewagen gibt es auch längere Spiegelarme, die ihr etwas weiter angeklappt wie normale Außenspiegel abstehen.
Was ihr außerdem noch tun könnt
Ja, ich liebe alte Technik, wo Handarbeit nötig ist. Aber dennoch, wer von euch häufig Anhänger ziehen muss, sollte beim nächsten Fahrzeugkauf auf eine elektronische Anhängerstabilisierung achten. Der Computer ist einfach schneller als wir Menschen und diese modernen Systeme machen ihre Arbeit einfach gut. Und an dieser Stelle ist eure und der Sicherheit anderer einfach der Vorzug einzuräumen. Wer schon viele Jahre Anhänger zieht und wem noch nie etwas passiert ist, ja, der beherzigt vielleicht schon die obigen Tipps und ist sicher unterwegs, aber manchmal liegt es auch einfach nicht an einem selbst, wenn es schief läuft. Und dann weiß der, der noch nie mit einem Anhänger in einer brenzligen Situation war auch gar nicht wie gut er wirklich ist. Wer meint, er sei besser als ein Anhänger-Stabilisationsassistent, sollte einmal darüber nachdenken, wie er denn ein einzelnes Rad gezielt abbremsen würde, um Schwingungen im Millisekundenbereich mit der richtigen Dosierung entgegen zu arbeiten. Denn genau das kann und macht so ein Assistent.
Fahrtraining
Wenn jemand noch nie einen Anhänger gezogen hat und sich dann gleich mit einem Fahrzeuganhänger nebst aufgeladenem 2,2 t Fahrzeug auf die Autobahn begibt, also gute 3 t im Schlepptau hat, sollte sich Gedanken über die Verantwortung machen, die er trägt. Es ist nie verkehrt sich vorher zeigen zu lassen, wie das geht und vor allem, wie in Notsituationen zu reagieren ist.
Daher empfehlen wir unbedingt ein Fahrtraining für PKW mit Anhänger zu machen, wie es beispielsweise der ADAC in verschiedenen Fahrsicherheitszentren anbietet. Nicht nur, dass es für die Gefahren sensibilisiert, sondern in der Praxis könnt ihr auch gleich ein Gefühl für das Handling gewinnnen.
Aber, weder der elektronische Assistent noch ein Fahrsicherheitstraining, macht die oben genannten Tipps überflüssig, nein, sie helfen nur. Die physikalischen Grenzen bleiben und innerhalb dieser Grenzen zu bleiben, ist immer euer Job.