Alles begann mit dem Kauf eines alten Fachwerkhauses und dem Wunsch nach einem Flitterwochenmobil der etwas gröberen Art. Sandra Funke erzählt, wie sie und ihr Mann zu ihrem Traum-Reisemobil Willibald kamen.
Aber von vorne…
Wir, Sandra und Sven, waren 2017 auf der Suche nach einem geeigneten Fahrzeug für unsere Flitterwochen. Damit wollten wir in einer Tour durch Skandinavien – Schweden, Finnland, ein kurzer Abstecher an das Nordkap und zurück über Norwegen. Genaue Ziele hatten wir nicht wirklich und genau so wenig hatten wir eine mobile Reiseunterkunft. Im Internet fand man unbezahlbare, gut aussehende und gemütlich ausgebaute VW-Bullis. Sowie alte, rostige und ziemlich verbrauchte Baustellenfahrzeuge. Uns fehlte entweder das passende Budget oder der angebotene Wagen schien wenig vertrauenswürdig.
Dann sind wir auf den Landrover Defender 110 aufmerksam geworden
Aufgrund von Svens Körpergröße (1,98 m) und der zusätzlichen Möglichkeit den Land Rover für zahlreiche Transporte rund um die Haussanierung zu nutzen, stand die Entscheidung direkt fest. Denn das Fahrzeug sollte sowohl praktisch als auch sehenswert sein.
Glücklicherweise stand fünf Orte weiter einer zum Verkauf. Das Inserat klang wie folgt: „20 Jahre alter Land Rover Defender 110 Station Wagon, 300 Tdi, Moosgrün, 12 Jahre im Besitz – schweren Herzens abzugeben.“
„Der Dicke“, wie er liebevoll genannt wurde, musste einem größeren Wohnmobil weichen. Weihnachten 2017 stand unser selbstbeschertes Geschenk also schon mal fest – „Der Dicke“ kam unter unseren Baum.
Die ersten Ideen und Überraschungen
Da stand er nun: groß, alt, rostig, moosgrün und fernab von moderner Fahrzeugtechnik. Und wir bewaffnet mit Werkzeug und einem Putzeimer. Erst einmal musste alles raus: die gemütlichen Sportsitze, der durchhängende beige Dachhimmel, das festgenagelte Riffelblech im Innenraum und ein wenig alter Feldstaub.
Ein Blick unter das Auto zeigte bereits eine verrostete Hecktraverse, ein kleines Loch im Tank, der Lenk-Stabilisator hinten war an einer Seite abgebrochen. Die Fahrwerksbuchsen waren porös, die Radlager verschlissen und von den Bremsen fangen wir gar nicht erst an. Aber diesen Mängeln wollten wir uns erst später widmen.
Der leergeräumte Innenraum hinter den Fahrersitzen mit seinen 2 Metern Länge x 1,45 Metern in der Breite lächelte uns zuerst an und bot den nötigen Platz für Wohnzimmer, Badezimmer, Küche, Bett und Esszimmer. Die 18 mm dicke Multiplex-Platte stand bereit und mit der eigenen familiären Tischlerei vor Ort waren auch die nötigen Maschinen greifbar nah. Der Innenausbau konnte also starten – aber wie?!
Der Ausbau von Willibald
Angefangen mit der Bodenplatte haben wir unsere Holzkonstruktion an den Seiten hochgebaut. Wir wollten nichts in der Karosserie verschrauben, daher musste das Holz so verarbeitet werden, dass wir von Holz zu Holz den Ausbau verbinden.
Links und rechts, ausgehend von der Hecktür, entstanden die Unterkonstruktionen für die Küchenzeile und die Sitzbank. Beides in einer Länge von 107 cm mit einem Mittelgang von 45,5 cm Breite.
Inspiriert von „The Sunnyside“ sollte die Sitzfläche und die Rückenlehne, im ausgeklappten Zustand unsere Liegefläche ergeben.
Da bei Willibald die hinteren Fenster bereits durch Bleche ausgetauscht waren, haben wir an der Küchenseite eine Rückwandplatte zugeschnitten, um später die Oberschränke anbringen zu können.
Stauraum
Die Staufächer hinter den Fahrersitzen konnten wir erst anpassen, nachdem wir eine passende Kühlbox gefunden hatten. Die Dometic TropiCool TC 21 Box mit 20 Litern Fassungsvermögen hat uns bis heute nicht enttäuscht und bietet genügend Platz für Aufschnitt, Eier, Milch, Soft- und alkoholische Erfrischungsgetränke aller Art. Beim Öffnen der hinteren Beifahrertür kommt man an den gekühlten Reiseproviant – ohne alles umzuräumen.
Der Bereich, in dem sich normalerweise die Rücksitzbank befindet, wurde in vier Fächer unterteilt, um möglichst jeden Millimeter Platz auszunutzen. Diese Staufächer lassen sich nach oben hin öffnen. Kleidung, Essensvorräte, Warnwesten und sonstiges Reisegepäck braucht schließlich auch einen Ort, um nicht ständig im Weg zu liegen.
Küche
Die zwei Küchenoberschränke mit den drei eingebauten LED-Leuchten konnten zwar in der Rückwand verschraubt werden aber hatten noch nicht den Halt, den wir uns erhofften. Also konstruierten wir den Hochschrank hinter dem Fahrersitz. Dessen Seitenwand ist mit der Küchenarbeitsplatte und den Hochschränken verschraubt. Bombenfest. Und zusätzlicher Platz für den Campingkocher und Geschirr war nun auch vorhanden.
Das Waschbecken, den Wasserhahn inklusive Pumpe und die beiden Wasserkanister à zwölf Liter, verbaut unter der Küchenplatte, gibt es günstig im Internet zu kaufen. Das Abwasser läuft über einen Schlauch durch ein bereits vorhandenes Loch im Boden direkt in den Radkasten. Der Umwelt zuliebe nutzen wir auf Reisen nur die 18-in-1-Seife von Dr. Bronners.
In Bezug auf den Bezug
Parallel zu dem ganzen Umbau brauchte auch der alte Dachhimmel dringend einen neuen Bezug. Aufgeteilt in drei Teile lag er staubig in der Werkstatt herum. 4 x 1,50 m günstiger Vlies-Stoff von Amazon und geschätzte 5 Dosen Sprühkleber später sah er aus wie neu. Zugegeben: An den Löchern für die Befestigungsclips war es ziemlich „fuckelig“, wie der Sauerländer so schön sagt – aber die Arbeit hat sich gelohnt.
Neben der Hauptbatterie unter dem Fahrersitz haben wir eine zweite Versorgerbatterie unter dem Beifahrersitz angeschlossen. Über ein Trenn-Relais versorgt sie das Fahrzeug im hinteren Bereich mit Strom für die Innenraumbeleuchtung, den Kühlschrank und die USB-Ladestation an der Hecktür. Das System wurde mit zusätzlichen Sicherungen versehen und einem Unterspannungsschutz gesichert.
Die Sitzkissen- und Matratzenauflagen bestehen aus zehn cm Schaumstoff mit einem dünnen Baumwollbezug. Unterteilt in zwei große und drei kleine Teilstücke kann man sie beliebig rausnehmen oder wegräumen. Das kleine Teilstück auf der Kühlschrankklappe wird am meisten beansprucht.
Innen „Hui“, außen „Naja“
20 Jahre gingen nicht spurlos an ihm vorbei. Der Lack war veraltet. Die Scharniere und Gummis porös. Und einige Ersatzteile fielen schon vom bloßen Hinschauen ab. Also erst einmal ab in die Garage und folgende Teile erneuern: Alle 4 Radlager inklusive Mitnehmer. Neue Bremsscheiben, Bremsbeläge und Bremssättel. Neue Fahrwerksbuchsen an den Längslenkern, sowie ein neuer Luftfilter inklusive Luftfiltergehäuse. Heavy-Duty-Spurstangen, um das Gesamtgewicht von ca. 2,8 Tonnen auszuhalten. Ein neuer Lenkungsdämpfer, neue Stoßdämpfer und ein neuer Auspuff mussten ebenfalls her.
Um eine neue Lackschicht hat sich der Onkel gekümmert. Von Beruf Karosseriebauer war es für ihn ein Leichtes, dem neuernannten dicken „Willibald“ eine frische Farbe zu verpassen. Wir konnten uns bei der Farbwahl nicht wirklich festlegen, also haben wir mehrere Grüntöne zusammen gequirlt. Im hellen Mattgrün mit schwarzem Dach sieht er nun deutlich frischer aus.
DIY- Zusatzequipment
Besonders stolz sind wir auf den Dachgepäckträger, die gekürzte Metallkiste und die Trittstufe an der Anhängerkupplung, die wir mit einem befreundeten Schlosser gebastelt haben.
Der weiße kurze Dachgepäckträger aus Metall lag vergessen auf dem Dachboden der Schreinerei. Wir haben ihn mit passenden Stangen verlängert, stabilere Halterungen geschweißt und ihn mit Schrauben an der Dach-Reling befestigt. Zusammen mit einer 22 mm dicken Siebdruckplatte als Fußboden ergibt das die perfekte Dachterrasse.
Die Trittstufe über der Anhängerkupplung besteht aus einem pulverbeschichtetem Stahlrahmen mit einem kurzen Stück wetterbeständigem Bankirai-Holz. Sie ist an den seitlichen Streben so stramm, dass man sie ohne Probleme hoch und runter klappen kann.
Oft werden wir gefragt, woher wir die Metallkiste auf dem Dach haben. In der abgebildeten und für uns passenden Größe haben wir sie leider auch nirgends gefunden. Die kleinen Alu-Tec-Dachboxen schienen uns zu winzig und der große Alukoffer mit den Maßen 1,2 m x 0,5 m x 0,5 m war zu hoch.
Also haben wir das untere Drittel der Alubox abgeflext und sie neu vernietet. Das Fahrzeug hat inklusive Dachbox jetzt eine Höhe von 2,50 m. Die Campingstühle, die Hängematte, Feuerholz, Angelzubehör und Grillkohle finden dennoch genug Platz in der Kiste.
Die Egale Wing Markise der Marke Horntool, die seitlich an dem Dachträger verschraubt ist bietet den gewünschten Vorgarteneffekt.
Auf Reisen
Willibald – der Name stammt übrigens von dem Vorbesitzer unseres gemütlichen Fachwerkhauses – war mit uns jetzt schon in Schweden, Finnland, Norwegen, am Nordkap, in Dänemark, in England, Schottland, Kroatien, Österreich, auf den Lofoten und natürlich in den heimischen Wäldern Deutschlands. Immer dabei sind die 2×20 Liter Dieselkanister auf dem Dach, unsere Angelruten im Angelrohr, Axt und Schaufel, der Highlift sowie das nötigste Werkzeug. Denn eins haben wir als Landyfahrer ziemlich schnell gelernt – es ist oft etwas defekt!
Eine lockere Schraube am Panhardstab kurz vor dem Nordkap-Tunnel. Spiel in den Radlagern irgendwo in Finnland. Ölkühler geplatzt vor der Eisdiele in Skagen (Dänemark). Eine festsitzende Bremse im schwedischen Fichtenwald und viel zu viel Spannung auf der Lichtmaschine, kurz bevor es nach Kroatien ging. Viele würde das vermutlich in den Wahnsinns treiben (UNS AUCH! ^^), aber das tägliche Fahren mit dem robusten Riesen und seine unermüdliche Fahrweise – auch auf unwegsamen Gelände – machen einfach zu viel Spaß. Daher nehmen wir es ihm nicht übel, wenn er wieder einmal komische Geräusche von sich gibt.
Außerdem haben wir noch einiges mit Willibald vor
Der Motor steht mit 290.000 gefahrenen Kilometern erst in der Blüte seines Lebens und hat eigentlich noch einige Jahre vor sich. Daher wollen wir kommendes Jahr den kompletten Fahrwerksrahmen sanieren und die rostige Hecktraverse erneuern.
Den Camper-Ausbau wollen wir um ein Hubdach erhöhen und die ein oder andere neue Einrichtungsidee schwirrt uns auch schon in den Köpfen herum. Mal sehen, was uns noch so einfällt…
Neugierig auf Mehr von Willibald? Dann sehen wir uns auf Instagram: @s.smith_fu
Willibald bei 4x4PASSION.