So wird er also aussehen, der Ineos Automotive Grenadier. Heute Nacht wurde der Grenadier enthüllt und sein Design der Öffentlichkeit präsentiert. Ist es der große Wurf geworden, auf den viele hofften? Spricht er er Herzen aller an, die sehnsüchtig auf einen neuen und echten Geländewagen gewartet haben? Es wird sich zeigen.
Jetzt schlagen zwei, nein, eigentlich drei Herzen in meiner Brust. Das erste ist das eines Ineos-Mitarbeiters, der der ganzen Sache recht nüchtern gegenüber steht. Mehr gibt es dazu erst einmal nicht zu sagen und mehr darf ich auch nicht sagen. Das Herz des Land Rover Enthusiasten hüpft gerade. Also zumindest des Enthusiasten der „alten, echten“ Land Rover Marke, so wie ich es immer sage. Zeigt doch der Grenadier, was Land Rover hätte daraus machen können. Spätestens jetzt ist klar, was Insider und Ineos Automotive schon länger wussten: Der Defender hätte überleben können, es war nur nicht gewollt. Anders, neu, aber es wäre gegangen. Wie nah man an die alte Ikone herankommen kann, sehen wir jetzt. Liebe Land Rover, das wäre ihr Preis gewesen. Nun hat sich den ein anderer geschnappt, nämlich Jim Ratcliffe, der von Anfang an die Idee des Nachfolgers hatte. Das da nichts gänzlich anderes herauskommen würde, war abzusehen. Dafür schon mal ein großes Dankeschön.
Und da kommt das dritte Herz ins Spiel, das des journalistischen Beobachters. Und dieses Herz ist etwas ernüchtert. Es ist also doch „nur“ ein Nachfolger geworden. Zumindest was das Design angeht. Aber wir müssen fair bleiben und abwarten, was die inneren Werte der Technik und der Service noch bringen. Auf dem Feld sind ebenfalls viele Punkte zu holen. Oder zu verlieren. Aber bleiben wir bei dem, was wir wissen und sehen.
Der technische Teil überzeugt
Die Liste der involvierten Firmen liest sich bis auf die eher unbekannte Carraro (Achsen) jedoch gut. Von BMW kommen Reihen-Sechszylinder Benziner und Diesel, ZF liefert die 8-Gang-Automatik und Magna Drivetrain macht eben genau das, den Drivetrain. Mit drei Sperren kann er es zudem entspannt mit dem Mercedes G aufnehmen. Starrachsen und Four-Link-Achsführung vorne und hinten, Offroader-Herz, was willst Du mehr?
Durch die Option später auf Wasserstoff umstellen zu können, lässt sich Ineos Automotive eine große Tür für die Zukunft offen. Denn wie schon Mark Tennant bei Matsch&Piste sagte, der E-Antrieb wird auf weitem Terrain mit hohen Anforderungen, wie beispielsweise Anhängerzugbetrieb, auf absehbare Zeit nicht gesehen. Zu hoch das Gewicht, zu gering die Kapazität.
Das Design passt in die Zeit und kann länger bestehen
Da steht jetzt ein Auto, dass sich von vorherigen Entwürfen, bei der die Front noch eher dem Mercedes G ähnelte, weiter über den Iveco Massif hin zum Defender verschoben hat. Bis auf das Heck wirkt er insgesamt so wie ein Defender. Ein moderner Defender, der in die Zeit passt, schaut man sich die PKW-Modelle einiger Hersteller an, bei denen Ecken und Kanten wieder Eingang gefunden haben. Die abgekantete Sicke entlang der Seite, die Kotflügelverbreiterungen und auch das Dach mit vier anstatt nur zwei Alpin-Dachfenstern, alles sieht aus wie ein wirklicher neuer Defender. Nur die geteilten und ganzflächig nutzbaren Hecktüren scheinen vom Toyota Land Cruiser zu kommen. Vieles richtig gemacht und die guten Aspekte verschiedener Vorbilder übernommen, so kann man sich ein ideales Produkt schon vorstellen.
Hier galt wieder, was bei Land Rover im Allgemeinen und Chefdesigner Gery McGovern erst hoch gelobt und später verworfen wurde: Form follows Function. Neben der reinen Zweckmäßigkeit auch ein wunderbares Mittel gegen den Einerleibrei im Möchtergern-Geländewagen-SUV-Bereich.
Fazit
Sieht der Grenadier so aus, wie es sich der Markt gewünscht hat? Ist das ein Auto, welches Fans aus allen Markenlagern zum Einsteigen animieren kann? Oder ist es vor allem das, was Jim Ratcliffe sich gewünscht hat? Wie gesagt, mir als Land-Rover-Fahrer fiele der Umstieg nicht schwer. Aber fühlen sich eingefleischte Buschtaxi- und G-Freunde von einem Auto ohne Historie, der aussieht wie ein Defender im 21. Jahrhundert angesprochen? Was ist mit der Gruppe der Ford, Nissan und Mitsubishi Fahrer?
Beantworten kann ich das nicht, aber ich könnte mir vorstellen, das viele die gerne einen Defender fahren würden, aber wegen des engen Fahrerplatzes oder der unvorhersehbaren aber tendenziell eher schlechten Qualität, bisher davon Abstand gehalten haben, nun etwas geboten bekommen. Wer nicht schlichtweg mit „seiner“ Herzensmarke verheiratet ist, der wird sicherlich starkes Interesse bekunden.
Und zu guter Letzt wird auch mit der Technik und dem Service gepunktet. Stimmt die Qualität von Anfang an, kann die Ineos Automotive mit einem großen Pfund wuchern. Kommt die üppige, mechanische Geländeausstattung nicht als Option sondern als festes Paket, bleibt noch die Frage nach dem Preis. Nicht jeder wird das ganze Paket brauchen, denken wir nur an das preisbewusste Handwerk für die gerade die Pick-up-Version von Interesse sein dürfte. Ist der Preis nicht überzogen und bleiben beispielsweise die Sperren als Option, eröffnet sich dem Kunden wohl eine interessante Bandbreite.
Ich freue mich jedenfalls, das gegen den Mainstream ein echter Geländeklotz den Weg auf und neben die Straßen finden wird.
Zur Homepage des Ineos Automotive Grenadier: ineosgrenadier.com.
Die Videos zur eEnthüllung des Grenadier
© Fotos: Ineos Automotive