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Projekt Grenadier
Projekt Grenadier

Im Gespräch mit Mark Tennant von Ineos Automotive über den Grenadier

Seit ziemlich genau 3 Jahren ist bekannt, das Jim Ratcliffe den Geländewagen schlechthin entwickeln und produzieren möchte. Dazu gründete der Inhaber des Petrochemie-Riesen INEOS eigens eine Automotive-Sparte. Einiges ist seit dem passiert, zuletzt die Bekanntgabe der Kooperationen mit BMW, Magna Steyer, Carraro und der Bau von Produktionsstätten. Wie ist der aktuelle Stand? Wir sprachen mit Mark Tennant, Verkaufsleiter INEOS Automotive.

Ich sitze gerade in einem Hotel, als das Telefon klingelt. Nicht unerwartet, denn ich habe mich mit Mark Tennant, Verkaufsleiter bei INEOS Automotive zu einem Gespräch verabredet. Wir wollen wissen, wie der aktuelle Stand bei dem als „absolut kompromisslosen Geländewagen“ angekündigte Grenadier ist.

Aktueller Stand

Derzeit wird der Prototyp, der eine Woche vor Weihnachten 2019 erstmals gefahren ist, zur Serienreife entwickelt. Mark betonte, dass die gesamte Entwicklung derzeit nach Plan läuft.

Die Entwicklungspartner rund um den INEOS Automotive Grenadier

Hier geht Mark zunächst auf die aktuelle Zusammenarbeit mit Magna Steyr ein, mit denen es ganz zu Anfang des Projekts schon eine kurze Zusammenarbeit gegeben hat. Zunächst kam es aber nicht zu einer weiteren Zusammenarbeit zwischen Magna Steyr und INEOS Automotive.

Magna Steyr ist nun doch als wichtiger Entwicklungspartner mit an Bord gekommen. Der erfahrene Automotive-Konzern, bei dem u.a. seit Jahrzehnten die Mercedes G-Klasse und aktuell auch der Jaguar F-Pace gebaut wird, wird sich um die Überführung des Grenadier Prototyps zur Serienreife kümmern.

Ineos Automotive und Magna Steyr sind Partner.
Ineos Automotive und Magna Steyr sind Partner.
© Ineos Automotive

Schon länger als Kooperationspartner dabei, ist Magna Drivetrain, die sich für die Entwicklung des Antriebsstrangs verantwortlich zeigt. Ein weiterer wichtiger Partner bei der Entwicklung ist die ehemalige MBtech, eine vormalige Tochter der Daimler AG, die am 30. September 2018 aus Kartellrechtsgründen in der AKKA Technologies, einem französischen Technologiekonzern aufgegangen ist.

Die Partnerschaft mit BMW ist je bereits vor einiger Zeit bekanntgegeben worden. Es dürfte sehr zur Freude aller Fahrer gepflegter und starker Motoren sein, dass der Grenadier zuerst mit Sechszylinder-Reihenmotoren, sowohl als Benziner als auch als Diesel, angeboten werden wird. Die Leistung steht noch nicht fest, da diese sich erst aus dem finalen Modell ergeben wird, an dem keine Modifikationen mehr vorgenommen werden.

Die Achsen werden von einer hierzulande eher unbekannten Marke, die italienische Carraro entwickelt und gebaut. Seit 1932 fertigt Carraro in ihren weltweit 8 Werken vornehmlich Traktoren, Achsen und Achsgetriebe für alle großen Marken der Branche, von John Deere bis hin zu Mahindra.

Carraro stellt Achsen und ganze Antriebseinheiten her.
Carraro stellt Achsen und ganze Antriebseinheiten her.

Welche Modelle wird es geben?

Mark bestätigt uns gegenüber, dass zuerst ein Station Wagon kommen wird, gefolgt von einem Pick-up. Als Motor kommt ein BMW TwinPower Sechszylinder-Reihenbenziner, gefolgt von einem Diesel, ebenfalls Sechszyliner-Reihe zum Einsatz kommen. Die endgültige Leistung steht noch nicht fest, da diese erst aus dem fertigen Serienfahrzeug ermittelt werden kann.

Der BMW Reihensechszylinder TwinPower Benzinmotor.
Der BMW Reihensechszylinder TwinPower Benzinmotor.

An den Motor wird ein Automatikgetriebe die Kraft durch ein manuell zuschaltbares Untersetzungsgetriebe an den permanenten Allradantrieb weitergeben. Wie es sich für einen Geländewagen gehört, wird der Grenadier sowohl vorne als auch hinten auf den Carraro Starrachsen die unasphaltierte Welt erobern. Beide Achsen werden mit einem Four-Link-Achsführung geführt, dass sich im Gelände hervorragend bewährt hat, wie man es am Jeep Wrangler sehen kann.

Wo wird der Grenadier zu bekommen sein?

Der Grenadier wird letztendlich weltweit verfügbar sein. Zuerst in Europa und Nordamerika. Das Vertriebskonzept steht in den Grundzügen fest, aber das Team um Mark Tennant arbeitet weiter an der Optimierung. Im Bereich Service sieht sich INEOS Automotive weiterhin nach innovativen Lösungen um, um den Kunden gut zu erreichen und selbst sehr gut erreichbar zu sein.

Besser einfach

Das Fahrzeugkonzept ist nicht dafür gedacht, die Innenstädte zu bevölkern, sondern außerhalb urbaner Infrastrukturen eingesetzt zu werden, erklärt Mark. Der Slogan „A 4×4 built on purpose“ soll dies deutlich machen. Deshalb wird der Grenadier bewusst einfach in der Technik gehalten sein, was wiederum der Umwelt zugute kommt, denkt man an weniger elektrische Verbraucher und eingespartes Gewicht.

Es wird natürlich einen gewissen Komfortlevel geben. Gerade in den USA, eines der anvisierten Zielmärkte, muss ein Automobilhersteller schon ein gewisses Mindestmaß an Annehmlichkeiten bieten, weiß Mark. Ansonsten würde es trotz robuster, und einfacher Technik nicht gelingen, die Zielgruppe wir Farmer, Handwerker und Overlander für das Fahrzeug zu gewinnen. Der Amerikaner ist zwar lange Fahrten über das Land gewohnt, möchte diese aber mittlerweile mit einem gewissen Komfort absolvieren. Was jedoch die essentielle Technik angeht, die für das Fortkommen mit dem Fahrzeug wichtig ist, möchte man sie so simpel halten, wie es der Gesetzgeber jeweils erlaubt.

Wo wird der Grenadier produziert werden?

Wie bereits angekündigt, wird es zunächst zwei Produktionsstätten geben. Die Karosserieteile und der Leiterrahmen werden aus Portugal in das Werk nach Wales, Großbritannien, geliefert. Dort erfolgt die Montage und die Auslieferung. Dabei werden die modernsten Fertigungsanlagen aus dem Automobilsektor zum Einsatz kommen.

Jim Ratcliffe sieht mit dem Standort in Wales Vorteile vereint. Dort stehen gut ausgebildete Arbeitskräfte zur Verfügung, die auch dem Einfluss der kontinentaleuropäischen Autohersteller entstammen und so eine gute Kombination darstellen. Das Motto ist hier „Engineered for the World, Build in Britain“. Insgesamt liegt das derzeitige Investitionsvolumen bei ca. 600 Millionen britischen Pfund.

Das geplante Werk in Wales.
Das geplante Werk in Wales.

Ist der INEOS Automotive Grenadier zeitgemäß?

Überall wird die E-Mobilität gepriesen während gleichzeitig die Restriktionen und Anforderungen an Abgasreduzierung und anderen die Umwelt betreffenden Dingen immer weiter steigen. Warum soll genau zu diesem Zeitpunkt ein Fahrzeug auf den Markt kommen, welchen zudem in Teilen der Bevölkerung keinen guten Ruf besitzt? Diese Gedanken hatte man natürlich auch bei der INEOS.

Mark erklärte, dass derzeit kein plausibler Einsatz von reiner E-Antriebstechnologie gesehen wird. Es gibt immer noch sehr viele Bereiche und Regionen, wo ein rein elektrisches Fahrzeug, auch mittelfristig, nicht mithalten kann. Überall dort, wo es um schwere Lasten, hohe Zuladung und schwieriges Terrain geht, also dort wo Arbeit erfolgreich erledigt werden muss, werden noch lange konventionelle Antriebe genutzt werden.

E-Antriebe sind derzeit für die Stadt, nicht für das Land

Leistung und Ausdauer kann bei einem E-Auto derzeit nur mit viel Gewicht durch die Batterien erkauft werden, die umgekehrt dann den Nutzen stark reduzieren und die Geländegängigkeit herabsetzen. Zudem fehlt es Abseits von gut ausgebauten Infrastrukturen auch noch an einer adäquaten Ladeinfrastrukur. Gerade im gewerblichen Bereich, wo Zeit Geld ist, kann ein Betrieb sich keine langen Ladezeiten erlauben.

Die Entwicklung wird beobachtet

Ineos Automotive wird allerdings die Entwicklung der E-Antriebe genau beobachten und wenn sie Möglichkeiten sehen, diesen Antrieb sinnvoll zu integrieren, beispielsweise als Hybrid, das auch verfolgen. Bis dahin wird auf die aktuelle und hochentwickelte BMW-Technologie gesetzt, die leichte und sehr saubere Motoren hervorbringt.

Den INEOS Automotive Grenadier selbst erleben

Wo könnt ihr denn endlich mal etwas vom Grenadier live und in Farbe sehen? Das wollten wir natürlich auch wissen. Und da gibt es eine gute Nachricht, denn das Chassis des Grenadier wird auf der Abenteuer % Allrad 2020 zu sehen sein. Ineos Automotive wird dort als Aussteller zeigen, was sie sich als Basis für einen ultimativen Offroader vorstellen.

Wo könnt ihr den aktuellen Entwicklungen folgen?

INEOS Automotive hat eine zwölfteilige Serie gestartet, über die ihr die Entwicklung verfolgen könnt. Der erste Teil ist seit wenigen Tagen online: Ladder Frame and Beam Axles.

Zur Webseite des INEOS Automotive Grenadier: ineosgrenadier.com.

Über Mark Tennant

Mark Tennant Commercial Director Ineos Automotive © Foto: Ineos Automotive
Mark Tennant
Commercial Director
Ineos Automotive
© Foto: Ineos Automotive

In seiner vorherigen Position als CEO von Guava International war Mark Tennant für das Management des Jaguar Land Rover-Geschäfts in über 60 sich entwickelnden Märkten in Afrika, südlich der Sahara, Osteuropa, Zentralasien und im asiatisch-pazifischen Raum verantwortlich. Von 2009 bis 2013 war er in Asien als Vizepräsident der RMA Group, der Muttergesellschaft von Guava, tätig. Er war für ein breites Portfolio von Automobilunternehmen in Asien und anderen Regionen verantwortlich und arbeitete mit
Automobilherstellern wie JLR, Ford, Daimler und TATA zusammen. Vorher arbeitete er 10 Jahre für Bentley.

Mark Tennant: „Es war der Land Rover Defender, der mich vor etwa 25 Jahren zum ersten Mal in die Automobilindustrie brachte. Nun also Teil des INEOS-Teams zu sein, das einen spirituellen Nachfolger für den Defender und die anderen Allrad-Pioniere entwickelt, ist eine großartige Gelegenheit. Spannende Projekte wie dieses gibt es nicht jeden Tag und ich freue mich, Teil dieses neuen Unternehmens zu sein.“

© Fotos: Ineos Automotive, Carrera, BMW