Die Land Rover Modelle eigneten sich bis zu den moderneren Varianten hervorragend zum Umbauen für Sonderaufgaben. Der Stahlrahmen und die modulare Bauweise machten es möglich. Das machte die Fahrzeuge besonders für Militär und Behörden interessant. Ein solcher Umbau ist der Carmichael Range Rover Classic TACR Mk2a von Mathias.
Als wir uns mit Mathias treffen, bin ich schon sehr gespannt. Auf dem ein oder anderen Treffen habe ich schon seinen auffälligen Range Rover Classic TACR Mk2a gesehen. Ich kam aber nie in Kontakt mit ihm. Nun hat es geklappt und mit schnurrendem Motor rollt er langsam über das Schotterbett auf uns zu. Die Köpfe der Leute drehen sich in gleicher Geschwindigkeit, um dem Fahrzeug nachzusehen. Einige zücken gleich ihr Mobiltelefon für einen Schnappschuss.
Die Feuerwehr für den ersten Angriff
TACR steht für „Truck, Airfield Crash Rescue“, eine typisch-militärische Verklausulierung für ein Feuerwehrauto. Genauer, für eine Flughafenfeuerwehr. Noch genauer, für eine Flughafenfeuerwehr, die den ersten Rettungsversuch für die Besatzung eines verunglückten Flugzeugs durchführen soll. Daher musste das Fahrzeug robust sein und eine starke Motorisierung haben, denn mit dem Wagen wurden vier Mann und gut 900 Liter Wasser-Schaum-Gemisch bewegt. Um dieses Gewicht zu transportieren, gab es auch eine dritte, nicht angetriebene Achse. Auf Sonderwunsch konnte das Fahrzeug auch als 6×6, also mit allen drei Achsen angetrieben bestellt werden.
Gebaut wurde das Fahrzeug von Carmichael, der heutigen CSS Fire Vehicles Limited. Aus dem Hause stammten einige Umbauten von Land-Rover-Fahrzeugen zu Feuerwehren oder Ambulanzen. Land Rover lieferte das Basisfahrzeug, einen Range Rover Classic mit V8-Rover-Motor und Schaltgetriebe, ohne Heck und Dach. Bei Carmichael wurde dann der Rahmen verlängert, die dritte Achse montiert, ein neues Dach aufgesetzt und ein neues Heck mit der Feuerwehrtechnik eingebaut.
TACR Geschichte
Schon vor und während des Zweiten Weltkriegs setzte die britische Royal Airforce RAF Feuerwehren auf Flugfeldern ein. So waren es anfangs der Crossley Fire Tender, der Fordson War Office Type One (WOT1) und der Austin K6 mit CO2-Löschmittel. Nach dem Krieg wurden hauptsächlich Land Rover genutzt, die von verschiedenen Firmen umgebaut wurden. Sie galten als sogenannte RIV-Fahrzeuge (Rapid Intervention Vehicle). Sie sollten auf dem schnellsten Weg, über Asphalt oder eben quer durch das Gelände das verunglückte Flugzeug erreichen. Deshalb waren es Geländewagen. Dabei mussten sie mit den Bedingungen aller möglichen Einsatzorte der RAF klarkommen. Das bedeutet von -18 Grad bis +52 Grad Celsius.
Von 1960 bis 1969 war das der Land Rover ACRT (Airfield Crash Rescue Truck). Er basierte auf dem 109″ Chassis einer Land Rover Serie 2, jedoch mit einer Tonne Zuladung und wurde von Foamite und zuletzt von Merryweather produziert. In den 1970 er Jahren kam dann der TACR Mk1 zum Einsatz. Dieses Erstangriffsfahrzeug basierte auf der Land Rover Serie 2a. Mit diesem Fahrzeug wurde auch auf ein neues Löschmittel, speziell für Flüssigkeitsbrände, dem Aqueous Film Forming Foam (AFFF) umgestellt. Die vorherigen Modelle hatten Trockenpulver geladen. Als Land Rover 1971 auf die Serie 3 umstellte, wurde der TACR Mk1 auf diesem Modell weitergebaut.
Offiziell wurde der TACR Mk1 Anfang der 1980er Jahre vom Range Rover TACR Mk2 abgelöst, etliche Fahrzeuge dienten aber bis zum Ende des Jahrzehnts, da sie im Gelände besser zurecht kamen als der lange 4×6 TACR Mk2. Deshalb blieben die TACR Mk1 noch oft zusammen mit dem Senkrechtstarter Harrier gepaart, da diese Flugzeuge sogar von unzugänglichen Waldlichtungen starten konnten. Irgendwann waren natürlich alle Mk1 durch Mk2 erstetzt und in der Hochzeit des kalten Kriegs, standen grün-lackierte Mk2 in Deutschland für die Harrier ihrer Einheiten getarnt in den Wäldern. Sie waren sogar mit grünen Stoffrollos versehen, um Reflektionen der Scheiben zu vermeiden.
Den Range-Rover-basierten TACR Mk2 gab es in mindestens drei Versionen. Die erste war für zwei, später als Viertürer für vier Besatzungsmitglieder konzipiert. Die ersten Viertürer wurden aus Zweitürern gebaut, hatten unterschiedliche Griffe an den vorderen und hinteren Türen und Schiebefenster. Später kamen normale Viertürer mit versenkbare Fenster und einheitlichen Türgriffen zum Einsatz.
34 RN 52 – Mathias‘ TACR Mk2a
In Großbritannien behalten die Fahrzeuge ein Autoleben lang ihr Kennzeichen. Mathias‘ Range Rover Classic TACR Mk2a trug die militärische Nummer „34 RN 52“. Der Wagen wurde 1985 gebaut und begann seinen Dienst auf dem militärischen Flugfeld Lee-on-Solent in der Nähe des großen Navy-Hafens Portsmouth im Süden Englands. 10 Jahre lang sicherte die Range-Rover-Feuerwehr dort die Starts und Landungen, bevor sie für weitere 10 Jahre als Trainingsfahrzeug der Royal Navy Air Service (RNAS) nach Culdrose verlegt wurde.
Bei seinem Fahrzeug handelt es sich um eine Winterversion. In diesen Versionen wurden der Innenraum, die Schläuche und Spritzen mit einer Eberspächer-Luftheizung geheizt. Die Pumpe und die beiden Auslassventile des Tanks wurden elektrisch beheizt. Im Stand über einen externen 240-Volt-Anschluß. Für die Scheiben gab es Abdeckungen, um Eisbildung zu verhindern. Die Windschutzscheibe wurde zusätzlich von oben mit einem Warmluftstrom von Eis freigehalten. So war der Wagen stets start- und einsatzbereit.
Reines Arbeitsgerät
2005 wurde der Range Rover dann außer Dienst gestellt und von einem Farmer übernommen. Dieser pflegte aber zu dem Fahrzeug keine andere Beziehung als eine berufliche. Das Fahrzeug war sehr praktisch um die Tränken seines Viehs auf den Weiden zu füllen. So hoppelte der Wagen in den nächsten Jahren über Äcker und erfuhr kaum Pflege. Das verschlechterte den Zustand des Fahrzeug erheblich.
Übernahme in GB und Wiederaufbau
Mathias kaufte das Fahrzeug ungesehen in Großbritannien und fuhr es auf eigener Achse nach Hause nach Bonn. Bereits unterwegs machte sich das Getriebe bemerkbar. Später musste Mathias die Einheit tauschen. Er griff dazu in seinen Teilefundus und ersetzte es kurzerhand durch ein Automatikgetriebe. Zu vielen weiteren Maßnahmen kam er leider nicht mehr und so hielt er den Wagen lediglich in einem fahrbereiten Zustand.
Dennoch versuchte er zumindest, die Ausstattung wieder weitestgehend in den Originalzustand zu versetzen. Immerhin, die ganze Löscheinrichtung funktioniert noch heute. Die Ausrüstungsgegenstände zusammenzusuchen gelang auch fast, denn etliches konnte er zusammentragen. Dabei war ihm das Forum „The SixAppealWheelGroup“ sehr behilflich.
Die Ausrüstung
Die Ausrüstung des Range Rover Classic TACR Mk2a entsprach dem Zweck: Erstangriff und Leben retten. Das vierköpfige Team sollte in maximal 90 Sekunden beim Flugzeug sein, egal wo auf dem Flugfeld. Die Rettungsaktion durfte maximal eine weitere Minute dauern. Zumindest wurde auf dieses Ziel trainiert. Am Unglücksort angekommen, bekämpften zwei Männer das Feuer. Mit 900 Litern Schaum kann kein größeres brennendes Flugzeug gelöscht werden. Aber damit konnten die Feuerwehrleute eine Schneise zum Cockpit für die Rettungskräfte schneiden. Der Schaum wurde über zwei 38 Millimeter Spritzen bei 10 bar Druck in gut 90 Sekunden aus dem Plexiglastank ins Freie und hoffentlich auf die Flammen befördert.
Das Mathias‘ Range 4×6 des öfteren benutzt wurde, beweisen die vorderen Blinker- und Standlichgläser. Sie weisen ein typisches Merkmal dieser Einsatzfahrzeuge auf. Der Kunststoff ist leicht wellig, was davon zeugt wie nah das Fahrzeug an Brände gefahren wurde und welche Temperaturen dort vorherrschten.
Die anderen beiden Männer der Besatzung kämpften sich derweil zu den Piloten durch und versuchten sie mit Leitern und diversem Schneidewerkzeug zu befreien. Mit einem speziellen Beil wurden die Kunststoffscheiben der Kanzel eingeschlagen, die Piloten mit einem eigens dafür konstruierten Messer losgeschnitten und mit einem Bergegeschirr abgelassen. Während all das passierte, hoffte man auf das Eintreffen der schwereren Kavallerie, die dann mit ausgewachsenen Löschfahrzeugen den eigentlichen Brand bekämpfte. Das war kein ungefährlicher Job, denn neben dem brennenden Treibstoff, bargen je nach Flugzeutyp auch scharfe Munition und Bomben ein großes Risiko.
Die Ausrüstungsliste im Handbuch liest sich länger, als das was Mathias bisher wieder zusammentragen konnte. Leider fehlt ihm noch ein Schlauch. Vorhanden sind aber u.a. das Brecheisen, diverse Sägen, das große Beil und das kleinere zum Einschlagen der Kanzelverglasung, das Cutter-Messer für die Pilotengurte, das Abseilkit für die Piloten, Schutzhandschuhe, Standrohr, Leiter, Flutlicht, Suchlicht mit Dreibein, verschiedenen Handlöscher und diverse Kleinteile wie der Verbandskasten. Manches musste duch eine moderne, zivile Variante ersetzt werden, weil das Original einfach nicht mehr existiert. Normalerweise gehören die Sachen in ein Regal, welches hinten im Fahrzeug befestigt ist. Auch das fehlt leider.
Über den Besitzer Mathias Dymarczyk:
Mathias ist seit 1985 passionierter Range-Rover-Fahrer. Zeitweise befanden sich 10 und mehr Fahrzeuge in seinem Besitz. Darunter Range Rover Classic, P38, Range Rover 3 und Range Rover Sport. Sowohl als Zwei- und Viertürer und als Diesel und Benziner. Von Beruf ist er KFZ-Sachverständiger und kennt sich mit der Materie bestens aus. In der Land Rover, speziell aber der Range-Rover-Szene in Deutschland ist er bekannt. Nicht selten hilft er Landy-Besitzern ihre Fahrzeuge ordnungsgemäß zuzulassen, wenn es mal Probleme oder Fragen gibt.
Die Feuerwehr steht zum Verkauf
Aus gesundheiltichen Gründen möchte er seinen Fahrzeugbestand reduzieren. Auch der Range Rover Classic TACR Mk2a steht zum Verkauf. Kontakt über specialrange@aol.com. Sein Lieblingsforum für den 4×6 ist http://www.thesixappealwheelgroup.org/.
© Fotos: Mathias Dymarczyk, Nik Woithon-Dornseif