Ein echter Handwerker scheut kein Projekt, sondern geht es an. Peter Postel wollte auf seine Wünsche an eine Reisekabine nicht verzichten und machte sich an den Eigenbau. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Durchdacht und gut umgesetzt präsentiert der Kaminbauer seine FlexCab Kabine auf einem Isuzu D-MAX.
Peter Postel, Kamin- und Kachelofenbauer und sein Sohn Tobias wünschten sich schon länger einen Geländewagen und ein Bauprojekt. Zuerst standen entweder ein Toyota Land Cruiser oder ein Land Rover Defender im Fokus, aber der Markt bot nur überteuertes oder enttäuschendes oder beides. Da ein Dachzelt auch keine Option war, fiel die Wahl auf einen Pick-up. Die beiden recherchierten und kamen so auf den Isuzu D-MAX LS Spacecab 1,9 TDI Automatik mit zuschaltbarem Allrad und Hecksperre, Baujahr 2023. Das Fahrzeug war in ihren Augen zu einem fairen Preis zu haben. Es gilt als zuverlässig. Die Basis war gefunden.
Jetzt muss eine Kabine her
Das Fahrzeug ist da, jetzt geht es an die Wohngelegenheit. Die Entscheidung fiel auf den Selbstbau einer Kabine. Ursächlich dafür war, dass das Angebot fertiger Kabinen am Markt nicht das traf, was Peter suchte. In seinen Augen waren sie entweder zu schwer, zu groß, zu luxuriös, techniküberladen oder nicht geländetauglich. Als Segler hatte er schon sehr genau verstanden, worauf es für ihn ankommt: leicht, robust, zuverlässig und simpel. Für den gestandenen Handwerker war somit klar: Er muss seine Isuzu D-MAX Kabine selber machen.
Do it yourself
Am Anfang stand die Auswahl des Materials. Peter Postel wählte dazu Monopan aus, ein Material, das häufiger zum Kabinenbau genutzt wird. Es besteht aus glasfaserverstärktem Polypropylen in Wabenbauweise. Zudem zeichnet es sich durch eine hohe Robustheit bei geringstem Gewicht aus. Es ist flexibel und dauerhaft haltbar. Das Material wurde verklebt, dadurch gewinnt es an Steifigkeit, behält aber so viel Flexibilität, das die Fahrzeugbewegungen und Verwindungen mitgemacht werden. Die Monopan-Platten wurden nach der Verarbeitung mit einem Zwei-Komponenten PU-Lack beschichtet.
Weiteres Zubehör wurde dann von verschiedenen Quellen besorgt. Die Aluteile kamen vom örtlichen Schlosser. Der Zeltstoff und die Polster stammen vom Sattler und zuletzt gab es noch ein paar Linearantriebe.
Vorgehensweise und Aufbau
Als Basis der gesamten Kabine wurde auf Maß von einem Schlosser ein gekanteter, 4 mm starker Edelstahlrahmen geschweißt. Darauf wurde die Kabine gesetzt, deren Boden ebenfalls aus Monopan besteht. Die 30 mm Monopan-Platten wurden mit Kreis- und Stichsäge zugeschnitten, die Ecken mit Polymerklebstoff verklebt und mit 30 x 30 x 2 mm Aluwinkeln von innen in den Ecken verstärkt. Über 400 wasserdichte Spezialnieten haben die beiden in die Kabine vernietet. Zusätzlich wurden außen 60 x 60 x 3 mm Aluwinkel zum Schützen der Außenkanten montiert. Diese schützen die Kanten, wenn es zu Kollisionen mit Baumstämmen oder ähnliches kommt, indem der Druck auf eine größere Fläche verteilt wird. Zudem trug es erheblich zur robusten Optik bei.
Das Dach ist als Hubdach mit einem kleinen Alkoven ausgelegt. Die dafür nötigen Rahmen wurden aus 2 mm starkem Aluminium gekantet und ebenfalls verschweißt. Zwischen Hubdachrahmen und Dach wurde die Zeltplane aus atmungsaktivem Yachtstoff eingezogen, die speziell angefertigte Hubmechanik mit Endanschlägen montiert. Die Linearmotoren sind per Kabel- oder Funkfernbedienung angesteuert. Die Hubkraft liegt bei jeweils 200 kg, was theoretisch eine Dachlast von 800 kg ermöglicht. Sollte es zu Problemen kommen, kann die Hubmechanik nötigenfalls mit einem Akkuschrauber bedient werden.
Der Clou – zwei Varianten auf einer Basis
Interessant ist insbesondere das zugrunde liegende Konzept: Während die Kabine die gleiche bleibt, kann das Hubdach auch gegen einen Deckel ausgetauscht werden. Das reduziert den Innenraum auf zwei Schlafplätze und verzichtet auf Sitz- und Stehhöhe. Dafür ist das Fahrzeug nur noch 2,05 Meter hoch und durchaus park- und tiefgaragentauglich.
Sollte die Kabine einmal vom Fahrzeug abgenommen werden müssen, geht das in nur wenigen Schritten. Es müssen lediglich sechs Schrauben und zwei Steckverbindungen gelöst werden und schon steht das Fahrzeug wieder mit seiner nackten Pritsche da. Bei den Postels kommt dazu ein Gabelstapler zum Einsatz. Allerdings wäre auch ein Hubgestell schnell realisierbar, das existiert jedoch noch nicht. Das Charmante daran wäre, dass die Kabine im abgestellten Zustand voll nutzbar bleibt.
Auch wenn Peter diese Variante selbst wohl nie nutzen wird, so hat ihn doch die Umsetzung gereizt, was er mit Mehraufwand bei Planung und Bau bezahlt hat. Aber wer weiß, ob sich das am Ende nicht doch einmal bezahlt macht. Denkbar ist es beispielsweise die niedrige Variante mit angepasstem Innenausbau und Deckel als mobile Werkstatt zu nutzen. Jedenfalls hat er jetzt immer die Wahlmöglichkeit: Fahrzeug ohne Kabine im Originalzustand, mit minimierter, niedriger Kabine und festem Deckel oder in der Komfortversion mit Hubdach.
Das Interieur
Auch das Innere ist aus Monopan gefertigt, die Sichtflächen sind dabei 20 mm stark und die Kanten wieder mit Aluminium-Profilen versehen. Bei den Schubladen wurde auf Eurokisten mit Drehriegeln zurückgegriffen. Die Toilette für Notfälle ist von Boxio. Geschlafen wird auf Schaumstoffmatratzen mit abnehmbaren Microfaserbezug. Vom Platz her können sogar bei geschlossener Kabine vier Leute sitzen und zwei bequem schlafen.
Insgesamt nahm der Bau der Kabine vom Anfertigen der ersten Zeichnungen bis zum Ende gut dreieinhalb Monate in Anspruch. Gearbeitet wurde entweder abends oder am Wochenende. Beim Start im Februar 2023 war es das Ziel zur Abenteuer & Allrad und zur Five-Mountains-Tour fertig zu sein.
Die Kosten
Insgesamt summieren sie die Kosten für das Selbstbauprojekt auf gut 22.000 bis 24.000 Euro. Darin sind auch die Elektroinstallation und Geräte enthalten, als auch Zusatzmaterial wie eine Lichtmaschine, Autoterm-Standheizung und Victron-Batteriemanagementsystem-
Das Leben in und um die Kabine
Neben den ganzen technischen Dingen soll die eigene Kabine natürlich auch einen angenehmen Aufenthalt ermöglichen. Kochen ist dabei wesentlich. Peter Posten hat auch hier vorgedacht und einen mobilen Kartuschenkocher vorgesehen. So kann je nach Lust und Wetterlage sowohl innen als auch außen das Essen zubereitet werden.
Modifikationen am Isuzu D-MAX
Um die Kabine zu tragen und die Geländefähigkeiten des Isuzu zu steigern, nahm Peter Postel auch Änderungen am Fahrzeug vor. Das Fahrwerk wurde durch ein Pedders Höherlegungsfahrwerk mit gesteigerter Last getauscht. Vorne wurde die Traglast um 70 kg, hinten um 300 kg erhöht. Bei der Bereifung fiel die Wahl auf BF Goodrich AT im Format 265/70 R17 auf Hurter 9×17 ET 30 Felgen.
Als weiteres Zubehör gab es dann noch Sandbleche aus Kunststoff, ein Satz Bergeausrüstung und ein Kompressor. Damit ist der Kaminbauer aber nicht fertig. Bestellt sind bereits eine Ironman Windenstoßstange und Unterfahrschutz. Beides muss mit einer Einzelabnahme aber noch das Wohlwollen einer Prüforganisation finden.
Absolvierte Einsätze der Isuzu D-MAX Kabine
Nach getaner Arbeit muss das Ergebnis getestet werden. Als Premiere wurde die 10-tägige Five-Mountains-Tour #5MT genutzt. Danach sah das Fahrzeug noch Italien und die Offroad-Fähigkeiten wurden bei einigen Wochenenden in Offroad-Parks unter Beweis gestellt. Bewundern konnte man das Werk auf einem D-MAX Treffen und der Abenteuer & Allrad.
Und was ist Euch sonst noch wichtig?
An erster Stelle dessen, was Peter Postel auf Reisen besonders wichtig ist, steht Zuverlässigkeit. Gefolgt von hohem Fahrpotenzial des Fahrzeugs im Gelände. Das klingt sehr nach aktiven Reisen, daher wundert es nicht, dass zum Ausgleich Ruhe und Erholung einen hohen Stellenwert haben. Deshalb wird auch dem Schlafkomfort in seiner Isuzu D-MAX Kabine ein gehöriges Maß an Augenmerk geschenkt. Das definiert Peter für sich mit einer großen Liegefläche von 210 x 180 mm. Außerdem muss alles, was bedient werden kann, einfach, funktional und simpel sein. Steht der Wagen, soll zügig und einfach vom Fahr- in den Wohn- und Schlafmodus umgestellt werden können.
Auf eine aufwendige 270° Markise wurde verzichtet. Statt dessen gibt es eine simple Microfaserplane mit 2 Aluminiumstützen und ein paar Schnüre. Dann ist alles schnell und einfach zu handhaben.
Bleibt die Isuzu D-MAX Kabine ein Einzelstück?
Die Frage, die sich nun wohl die meisten Leser stellen, ist, ob Peter Postel die Kabine, die er FlexCab getauft hat, für andere bauen und anbieten wird? Das kann und will er noch nicht beantworten. Das Projekt war für den Eigenbedarf gedacht und seine Brötchen verdient der Handwerksmeister ja mit Ofenbau. Dennoch wurden das ganze Können und die Professionalität für das Ergebnis eingesetzt. Nun, die Entscheidung ist noch nicht gefallen, oder wie Peter Postel es sagen würde: „Sag niemals nie“.
© Fotos: Peter Postel