Der Hi-Lift lässt sich zwar als Bergehilfe verwenden, kann ein Fahrzeug aber nur einen guten Meter aus dem Dreck ziehen. Dirk Müller-Paul von Relleumdesign hat sich eine Lösung ausgedacht, die dem Wagenheber in so einer Situation mehr Reichweite verleiht – viel mehr Reichweite. Und so geht das Bergen mit dem Hi-Lift viel leichter.
Dirk Müller-Paul der Daniel Düsentrieb der Offroader
Der Diplom-Ingenieur und Inhaber von Relleumdesign, Dirk Müller-Paul ist ein Tüftler und Erfinder. Aus seinem Kopf und dem, mit seinen Ideen gefütterten, CAD-Programm stammen viele Ideen, die Offroadern und Allrad-Reisenden von großem Nutzen sind. Da ist zum Beispiel das Solar-Mount, mit dem man ein damit auf dem Autodach montiertes Solarmodul in jeder Richtung aufstellen und optimal zur Sonne ausrichten kann, oder die Zurrschienenmutter, mit der man Kanisterhalter, Sandbleche oder Fahrzeugeinrichtung im und am Auto festschrauben und wieder abmontieren kann. Die Mutter bleibt derweil bis zum nächsten Einsatz an Ort und Stelle.
Die Erfindung des Klemmschäkels
Und dann ist da der Klemmschäkel. Eigentlich hat Dirk ihn entwickelt, um damit Gurte verkürzen zu können, ohne an Zugkraft einzubüßen. Denn manchmal sind bei einer Fahrzeugbergung zehn Meter Gurt einfach zu lang, und halbiert ist er dummerweise zu kurz. Also suchte er nach einer Lösung, um den Bergegurt auf die Länge zu bringen, die man braucht. Der durch den Schäkel geführte Gurt wird bei Zug materialschonend sicher eingeklemmt und rutscht nicht durch. Gute Idee – gutes Produkt.
Klemmschäkel und Hi-Lift – Ein Dreamteam
Doch manchmal kommt einem Erfinder eben noch eine Idee nach der Idee: In Kombination mit dem ultimativen Wagenheber aller Offroader ergeben sich neue Möglichkeiten, die den Hi-Lift zu einer brauchbaren Bergehilfe werden lassen. Neben einem Hi-Lift oder den ähnlichen Produkten von Jackall oder Farm Jack, benötigt man zwei Relleumdesign-Klemmschäkel, zwei längere, zugsteife Bergegurte und ein paar normale Schäkel. Dann sucht man sich zunächst einen stabilen Ankerpunkt für den ersten Gurt. Sollte der sich nicht finden lassen, setzt man einen Bergeanker oder vergräbt das Ersatzrad nach Lehrbuch und befestigt das Gurtende eben daran. Das andere Ende wird mit einem Schäkel am oberen Ende des Hi-Lifts befestigt.
Bergen mit dem Hi-Lift – So geht’s
Vom anderen Gurt werden beide Enden an der Abschleppvorrichtung des Fahrzeugs befestigt und das geschlossene Ende zum Hi-Lift geführt. Nun befestigt man einen Klemmschäkel am unteren Ende des Hi-Lifts, wobei es hilfreich ist, die Standplatte vorher abzunehmen.
Der zweite Klemmschäkel wird an der Hubstange befestigt. Dann wird der Gurt in beide Klemmschäkel eingefädelt, so dass er von jedem Schäkel aus jeweils zu einem der beiden Gurtenden am Wagen läuft. Jetzt sollte man sich noch einmal vergewissern, dass alle Verbindungen stabil sind. Dann kann man beide Gurtseiten straffziehen.
Nun wird gehebelt und der Wagen Stück für Stück aus seiner misslichen Lage befreit. Dabei wird der Gurt, der am unteren Ende des Hi-Lifts angeschlagen ist, immer lockerer, während man mit der anderen Seite zieht. Ist man mit der Hebelmechanik oben angekommen, wird der untere Gurt zum Sichern straffgezogen, bis er unter Spannung steht. Anschließend kann der Mechanismus umgestellt und die Hebelmechanik nach unten geschoben werden. Nachdem man diese Gurtseite wieder gestrafft hat, kann man von vorne beginnen.
Noch mehr Ideen
Zugegeben, das Ganze ist schweißtreibend, aber durchaus effektiv. Die Klemmschäkel sind eine sinnvolle Ergänzung zum Offroad-Wagenheber. Hat man den Hi-Lift sowieso dabei, erhöht das seine Einsatz-Möglichkeiten nochmals. Nun dient er nicht nur als Wagenheber oder zum Reifen von der Felge drücken, sondern auch als echte Bergehilfe. Das ist gerade für Fahrzeugbesitzer, die keine Seilwinde am Geländewagen montiert haben, eine echte Alternative.
Aber auch denen, die eine Seilwinde am Auto haben, können die Relleumdesign-Bergeschäkel von Nutzen sein: Muss das Fahrzeug nach hinten geborgen werden oder wird zusätzlich ein Zug zur Seite benötigt, lässt sich das so realisieren. Und ganz abgesehen von der Nutzung in Verbindung mit dem Hi-Lift, lassen sich die Schäkel immer noch im Sinne der ursprünglichen Idee verwenden – als Gurtverkürzer.
Schritt für Schritt Anleitung
Schritt 1: Nachdem Hi-Lift, Gurte und Schäkel bereitgelegt sind, kann es losgehen. Das obere Ende der Hi-Lift-Stange wird mit dem Gurt verbunden, der am festen Ankerpunkt angeschlagen ist. Wenn die Bolzen großer Stahl-Schäkel nicht durch die Löcher des Offroad-Wagenhebers passen, kann man hier auch sehr gut mit Softschäkeln arbeiten. Die sind flexibel, lassen sich durch die Bohrungen schieben und haben trotzdem ausreichend Bruchlast.
Schritt 2: Die beiden Relleumdesign-Klemmschäkel werden mit Schäkeln am Hi-Lift befestigt. Einer am unteren Ende der Hi-Lift-Stange und der andere an der Hubvorrichtung. Anschließend wird der Gurt in die Klemmschäkel eingefädelt. Dazu wird er von hinten durch den Schäkel gesteckt und die so entstandene Schlaufe über das offene Ende des Schäkels geschoben. Die beiden Schlaufenenden des Gurts werden ebenfalls mit Schäkeln an den Abschlepphaken des Fahrzeugs angeschlagen.
Schritt 3: Bevor man nun anfängt zu pumpen, sollte man kurz über das Working Load Limit WLL nachdenken (siehe Richtiges Bergen mit Gurten und Seilen) – eine Kette reißt immer am schwächsten Glied. Die Schäkel und Gurte sollten also ausreichend dimensioniert sein. Dabei sollte das Working Load Limit ein gutes Stück über dem Gewicht des Fahrzeugs liegen. Da das Auto feststeckt, sind hier wesentlich höhere Kräfte aufzuwenden, als wenn der Wagen auf ebener Straße stehen würde und frei rollen kann. Der Widerstand der Räder gegen den Schlamm oder Sand wirkt sich letztlich wie ein höheres Fahrzeuggewicht aus. Noch schwerer wird es, wenn das Fahrzeug auf dem Unterboden aufsitzt. Muss der Wagen bei der Bergung noch Schlamm oder Sand vor sich herschieben, erhöht das ebenfalls das Zuggewicht. Hier kann es helfen, vor der Bergung die Schaufel auszupacken und soviel wie möglich wegzuräumen. Oft erspart einem der Einsatz der Schaufel auch eine aufwändige Bergung.
Schritt 4: Jetzt heißt es im wahrsten Sinne des Wortes: Zügel anziehen. Nachdem alle Verbindungen nochmal gecheckt wurden, können die beiden losen Gurtseiten straffgezogen werden. Die Gurtenden vom Fahrzeug zum Hi-Lift sind nun straff gespannt.
Schritt 5: Nun sind die Gurte unter Spannung, die lose Schlaufe lässt man locker über oder neben die fest verspannten Gurtenden fallen und sorgt dafür, dass sie sich nirgends verklemmen oder verhaken kann. Der Gurt lässt sich im Relleum-Klemmschäkel nur in einer Richtung durch den Schäkel ziehen. In der anderen Richtung kann er nicht durchrutschen und sitzt fest. Das wird durch die Klemmwirkung durch die darüber laufende Lage des Gurts erreicht. Einmal auf Zug gebracht, hält der Gurt das Fahrzeug sicher fest.
Schritt 6: Jetzt folgt der erste Teil des kostenlosen Fitnessprogramms: Ab jetzt heißt es pumpen. Die an der Hubstange angeschlagene Gurthälfte, die zum Fahrzeug geht, bleibt dabei unter Spannung, die andere Seite nicht. Sie wird immer lockerer, je mehr man den Hi-Lift hochhebelt. Das Fahrzeug wird mit jeder Raste des Wagenhebers ein Stück herangezogen.
Schritt 7: Nicht nur im Sommer, bei Sonnenschein kann die Arbeit schweißtreibend werden. Immerhin ist doch einiges an Kraft aufzuwenden. Dafür geht es Raste für Raste voran, wird das Fahrzeug in Richtung Hi-Lift gezogen. Auf der Hälfte der Hi-Lift-Stange angekommen, hängt der am Ende des Lifts angeschlagene Gurt nun schon deutlich herunter.
Schritt 8: Erholungsphase: Ist der Hebel dann endlich am Ende des Hi-Lifts angekommen, kann man erstmal verschnaufen. Nun wird das Fahrzeug in seiner Position gesichert. Jetzt kommt endlich der zweite Klemmschäkel zum Einsatz.
Schritt 9: Das locker liegende Gurtende, das am unteren Ende der Hi-Lift-Stange angeschlagen ist, wird nun durch den Schäkel gezogen und auf Spannung gebracht. Hierbei darf man ruhig so kräftig ziehen, wie es nur geht.
Schritt 10: Das Fahrzeug ist jetzt in seiner Position doppelt gesichert. Beide Gurtenden sind straff zum Wagen hin gespannt. Nun kann der Gurt, der zum Hebelarm führt, gelockert werden, indem man den Mechanismus für die Hebelmechanik umstellt und ein paar Rasten zurück hebelt.
Schritt 11: Getreu der Monopoly-Ereigniskarte heißt es jetzt: Gehe zurück auf Los. Der Hebelarm wird komplett zurück in die Ausgangsposition geschoben und der Mechanismus dort wieder auf Zug umgestellt.
Schritt 12: Jetzt ist seid ihr schon fast bereit für den zweiten Durchgang. Der an der Hubstange angeschlagene Gurt wird nun von Hand durch den Schäkel gezogen und somit das zum Fahrzeug gehende Ende wieder straff gespannt, bis beide am Fahrzeug angeschlagenen Gurte wieder straff sind und unter Spannung stehen.
Zurück zu Schritt 1: Jetzt folgt der zweite Durchgang und der nächste Meter aus dem Schlammloch kann in Angriff genommen werden. Mit jedem weiteren Durchgang kommt das Fahrzeug langsam aber sicher voran.
ACHTUNG: Sitzt beim Bergen mit dem Hi-Lift eine zweite Person im Auto und versucht mit Motorkraft nachzuhelfen, ist höchste Vorsicht geboten. Bekommen die Räder Grip, und das Fahrzeug macht einen Satz nach vorn, befindet sich die Person am Hi-Lift genau in Zielrichtung. Sie nicht zu überfahren gehört zum guten Ton.
Die Klemmschäkel von Relleum-Design gibt es übrigens hier: relleumdesign.de
Text & Fotos: Scheler.Media