Der eine ist kaum da, wird schon der zweite angekündigt. INEOS-Automotive plant einen kleinen reinen E-Geländewagen. Soll er das werden, was der Smart für Mercedes war? Ein Mittel die CO2-Flottengrenze einzuhalten? Suzuki riss die Grenze und pausierte mit dem extrem erfolgreichen Jimny, Ineos geht wohl einen anderen Weg.
Heute hat Ineos Automotive angekündigt, auf einer zweiten, kleineren Plattform einen rein-elektrischen und kleineren E-Geländewagen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Damit tun sie wohl gut, ansonsten könnte der Grenadier zu einer erheblichen Belastung für die Händler werden, wenn die Flottengrenze erreicht und der Verkauf gestoppt werden muss. Suzuki-Hänlder wissen, was ich damit meine. Sie ereilte dieses Schicksal mit dem Jimny GJ, nur hatten sie andeere Fahrzeuge, mit denen es weiterging.
Der Plan zum E-Geländewagen
Eines war klar, mit nur einem Modell kann ein Hersteller nicht überleben, also müssen weitere Modelle nachgeschoben werden. Basiert das einzige Modell auf 3-Liter-Verbrennungsmotoren, sollte das andere Modell etwas kleiner daherkommen. Oder elektrisch. Jim Ratcliffe hat daher entschieden dem Grenadier, der gerade angekommen ist, einen kleinen, vollelektrischen Bruder zur Seite zu stellen. Versehen mit den gleichen Attributen und aufsetzend auf einer kleineren Plattform, soll er dennoch voll Geländegängig sein.
Nur, verkauft und zugelassen muss der E-Geländewagen werden, sonst geht die Rechnung nicht auf. Große Autoparks mit Werkszulassungen und Leasing funktionieren vielleicht bei großen Massenherstellern, aber nicht bei eher kleineren Stückzahlen.
Die Flottengrenze
Im April 2019 wurde innerhalb der EU die Verordnung 2019/631 verabschiedet. Sie legt die sogenannten CO2-Flottengrenzwerte in Gramm CO2 pro gefahrenem Kilomter für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge fest und gilt ab dem 01. Januar 2020. Die dort gesetzten Grenzwerte gelten ab 2025 für PKW und ab 2030 für leichte NFZ.
Der Flottengrenzwert ist nichts anderes als die erlaubte Obergrenze des Gesamtdurchschnitts an CO2-Emissionen aller zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers innerhalb der EU. Nicht das einzelne Auto muss also den Wert einhalten, sondern der Durchschnitt aller Fahrzeuge eines Herstellers. Ein großvolumiger, leistungsstarker Motor mit viel CO2-Emission, kann also durch einen kleinen, sparsamen Motor aus dem gleichen Hause kompensiert werden. Sie müssen nur zugelassen worden sein. Insgesamt gilt dieses Konstrukt seit 2012 in der EU.
Da das System aber nicht kompliziert genug war, erhält jeder Hersteller seine eigene Grenze, abhängig vom durchschnittlichen Fahrzeuggewicht innerhalb der EU über alle Hersteller. Produziert also ein Hersteller hauptsächlich Fahrzeuge, die über dem Durschnittsgewicht aller Fahrzeuge in der EU liegt, bekommt er auch eine höhere Flottenemissiongrenze zugesprochen und umgekehrt. Das soll die Verteilung der Last gerechter machen.
Die Werte im Einzelnen
- 2015 – 2019: 130g CO2/km nach dem alten NEFZ-Prüfverfahren.
- 2020: 95g CO2/km nach dem alten NEFZ-Prüfverfahren in 95% der Flotte, 5% der Neuwagen mit den höchsten Emissionen werden nicht berücksichtigt.
- 2021 – 2024: 95g CO2/km für die Gesamtflotte und Umstellung auf das realistischere WLTP-Prüfverfahren für ein Leergewicht von 1.392 kg.
Da die ab 2021 geltenden Zielwerte zum Festlegungszeitpunkt noch nicht genau bekannt waren, wurden die neuen Ziele als prozentuale Minderungen gegenüber 20213 formuliert:
- 2025-2029: CO2-Minderung von 15%
- ab 2030: CO2-Minderung von 37,5%
Der Anreiz ein E-Auto zu bauen rührt nun daher, dass Fahrzeuge unter 50 g CO2/km sogenannte „Supercredits“ erhalten. Das bedeutet, dass ZLEV-Fahrzeuge (Zero and Low Emission Vehicles) statistisch viel stärker berücksichtigt werden, also erheblich die im Schnitt ermittelten CO2-Emissionen für einen Hersteller absenken. 2020 zählte ein ZLEV-Fahrzeug mit dem Faktor zwei, also doppelt. In diesem Jahr zählt er noch mit dem Faktor 1,33. Ab nächstem Jahr dann 1. Maximal können 7,5g CO2 als Einsparung angerechnet werden. Ab 2025 wird der Anreiz, oder Druck, je nachdem wie man es sehen möchte, weiter erhöht, ZLEV-Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Dann zählt nicht mehr das einzelne ZLEV, sondern dann müssen Mindestmengen erreicht werden, damit die Einsparung angerechnet wird. Zunächst 15%, ab 2030 müssen dann 30% der Fahrzeuge ZLEV sein, um Einsparungen geltend machen zu können.
Was passiert, wenn die Grenze nicht eingehalten wird?
In dem Fall muss der Hersteller 95 Euro pro Gramm oberhalb der Grenze pro zugelassenem Fahrzeug Strafe zahlen. Da kann eine Menge zusammenkommen und der Wert wurde so gesetzt, dass es teurer wird, die Grenze zu ignorieren, als in die Einhaltung zu investieren.