Friedl Swoboda war war zwei Jahre lang mit seinem Pick-up vom südlichsten Punkt Südamerikas bis zum nördlichsten Punkt Nordamerikas unterwegs. Auf dem OTA Globetrotter-Rodeo wird er von seiner Reise erzählen. Bei uns könnt ihr schon einmal einen kleinen Einblick bekommen.
Wie bist du auf die Idee mit der 3-Amerika-Reise gekommen?
Ich weiß es nicht wirklich. Es war keine Idee, sondern tatsächlich ein Gefühl, das mich ereilte, so eine Reise machen zu wollen.
Drei Wochen vor der Entscheidung mit der Planung zu beginnen, war ich noch in Chile einen Monat lang zum Paragleiten unterwegs. Dort wurde mir indirekt die Frage gestellt, ob ich mit einem Auto eine Reise durch Südamerika machen würde.
Das „Nein, sicherlich nicht“ kam unerwartet schnell aus mir heraus. Doch drei Wochen später wendete sich das Blatt. Völlig neue Rahmenbedingungen ließen den offenbar in Chile eingefangenen Reisevirus aktiv werden.
Das Interesse für Langzeitreisen war da und somit der Plan, von Süd nach Nord entlang der Anden zu fahren. Ich wollte mich abseits der Touristenrouten bewegen und möglichst autark sein. Was sich am Ende auch in der Tatsache, praktisch nie auf Campingplätzen genächtigt zu haben, widerspiegelt hat.
Wie hast du dich auf die Reise vorbereitet? Hast du Strecken oder interessante Punkte im Vorfeld geplant oder hast du diese Dinge auf dich zukommen lassen?
Ich habe geträumt, wie es wohl sein könnte. Dazu habe ich mir Tipps von Reisenden geholt. Wegen der unnötigen Sorgen, die man sich als braver Europäer gerne macht, habe ich vielfach die falschen Dinge mitgenommen. Oder besser gesagt: zu viel mitgenommen.
Die Vorbereitung hätte effizienter und effektiver sein können und letztlich eigentlich stressfreier. Aber es war eine gute Erfahrung und ich denke, so wird es vielen gehen.
Fixiert war nur der Verschiffungstermin von Frankreich aus nach Montevideo. Den musste ich halten.
Mit zunehmender Reisedauer wurde aber aus Sorgen und Unsicherheiten des Unerfahrenen ein Leben in der Gegenwart. Daraus entstand letztlich eine ausgewogene Lockerheit, die mich selber überraschte.
Natürlich habe ich mir im Vorfeld auch eine grobe Vorstellung der Route zurechtgelegt. Doch am Ende erlebte ich so viel Unerwartetes, dass sich in Abhängigkeit der veränderten Zeitplanungen immer wieder neue Wege und Erkundungsstrecken ergaben. So dass die reale Route letztlich nur mehr global dem Ausgedachten entsprach.
Wie hast du die Reise finanziert und wie viel Geld hast du monatlich ausgegeben?
Im Prinzip hat der unerwartete Verkauf meiner Wohnung alles geregelt und mit ein bisschen Glück konnten alle finanzielle Stolpersteine beseitigt werden. Ich muss allerdings sagen, dass aufgrund meiner Kinderlosigkeit diesbezüglich keinerlei Verpflichtungen hatte. Zugegeben, das vereinfacht die Sache und manche Entscheidungen ungemein.
Letztlich brauchte ich circa 25.000 bis 30.000 Euro pro Jahr, wobei hier auch alle notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen enthalten waren. Fahrzeug und der Aufbau sind da allerdings nicht eingerechnet.
Ich kann nicht wirklich beurteilen, ob das viel der wenig ist. Mein Bestreben war es immer, das Geld nur für das Notwendige auszugeben. Aber auch dort entsprechend einzusetzen, wo es unausweichlich war, um zufrieden zu sein und problemlos weiter zu kommen.
Mit welchem Auto warst du unterwegs und wie hat es sich auf dem Weg geschlagen?
Ich fuhr mit einem Nissan Navara 2,5 Liter Diesel und einem Tischer-Aufbau. Ein an sich gutes Gespann und es wurde zuvor entsprechend meiner Routenvorstellung entlang der Anden verstärkt und pistentauglicher gemacht.
Allerdings habe ich definitiv die Grenzen damit überschritten und die Schwächen einer solchen Kombination in Anbetracht der Wegequalität in den Anden und entlang erkennen müssen. Die deutliche Überladung des Fahrzeuges hat ihren Tribut gefordert.
Das Leben selbst in diesem Gefährt war super, auch zu zweit sehr fein. Denn meine Freundin begleitete mich alle drei Monate für zwei bis drei Wochen auf meinem Weg.
Trotz vierfachen Rahmenbruches, Tanklecks, eines Kupplungsschadens, zwei Stoßdämpferreparaturen und etlichen Reifenschäden, sowie eines defekten Steuergeräts für die Allradzuschaltung, ging es immer relativ gut und locker weiter. „Zeit“, ein bisserl „glücklicher Zufall“ und vor allem ein neuer Problemlösungsansatz waren hier jedes Mal die Zutaten, um weiter zu kommen.
Was waren die schönsten Momente, die du auf der Reise hattest?
Gar nicht so leicht, denn es gibt viele schöne Momente unterschiedlichster Art, ob Begegnungen mit Mensch und Tier oder beeindruckende Landschaften, alles sehr subjektiv natürlich.
Aber rückblickend gab es zwei sehr bewegende Momente, die bei unendlich vielen Gefühlen, die ich in vielerlei Hinsicht erfahren durfte eigentlich alles aussagen.
An erster Stelle stehen die letzten zwei Kilometer Fahrt nach 72.000 Kilometern und 692 Tagen bis zu meinem Elternhaus. Es gibt für mich nichts Schöneres als „das Heimkommen“ und wenn du dann die Eltern nach zwei Jahren physisch wiedersiehst ist das wohl etwas ganz Emotionales.
Der zweite Moment, den ich niemals vergessen werde, war in Guatemala. Dort hatte ich das Glück, im Zuge eines kulturverbindenden Projektes meines Cousins, der drei Maori aus Neuseeland mit Nachkommen der Mayakultur in Guatemala zusammenbrachte, quasi als „Zaungast“ mit dabei zu sein.
Wir durchlebten einen 20-tägigen Zyklus des Mayakalenders mit unzähligen Ritualen, Bräuchen und Besuchen verschiedensten Ritualplätze der Maya in ganz Guatemala. Nicht auf touristisches Erleben ausgerichtet, sondern authentisch gelebte alte Kultur.
Und ich lebte mit, ließ mich darauf ein und konnte viel Neues erfahren über diese fremde Welt, aber auch über mich selber. Bei einem der Feuerritual, überreichte mir die Tageshüterin, fälschlicherweise anfangs von mir als Schamanin bezeichnet, vier beinahe abgebrannte Ritualkerzen. Sie meinte, ich solle sie ins Feuer werfen und dürfe mir etwas wünschen.
Die alte Frau, die leider mittlerweile verstorben ist, hatte etwas Besonderes, etwas Respekteinflößendes und Mystisches. Jedenfalls überlegte ich. Selten in meinem Leben war ich mir so des Ernstes dieses Wunsches bewusst, wie in diesem Moment.
Die innere Emotion war bei diesem Feuerritual so derartig intensiv, der Respekt vor dieser Frau so groß, dass ich keine Sekunde des langen Nachdenkens verschwendete. Ich traute mich irgendwie gar nicht mir irgendein falsches, vielleicht gierig menschliches, Glück zu wünschen. Im Bruchteil einer Sekunde fiel mir eine einzige Sache ein, nämlich nur, dass ich am Ende der Reise alle gesund wieder sehen werde.
Gab es auch Situationen, die dich sehr herausgefordert haben oder in denen du Angst hattest?
Gewissermaßen, wenn das Reisen zum Leben geworden ist, gibt es dauernd Herausforderungen, die im Moment vielleicht problematisch erscheinen. Die später vielleicht lustig in Erinnerung bleiben.
So passierte mir ein, eigentlich nicht selbst verschuldeter, Unfall mit einem öffentlichen Bus mitten im engsten Verkehrsgewühl in der Millionenstadt La Paz in Bolivien. Natürlich war ich als Nichtbolivianer mit „touristischem Sonderfahrzeug“ schuld an der Misere und umringt von 50 Busgästen, Polizei und anderen Schaulustigen. Mit einem für Diskussionen unzureichenden Spanischvokabular, konnte im Augenblick die Herausforderung nicht größer sein.
Doch irgendwann stoppte ich lautstark die Diskussion, fragte den Busfahrer wieviel er für den Schaden wolle. Nach Zahlung von 50 Bolivianos – ich dachte ich habe mich verhört, denn das sind lediglich 5 Dollar – war die Situation in weniger als 30 Sekunden bereinigt. Schließlich löste sich alles in Wohlgefallen auf und blieb als heiteres Erlebnis im Gedächtnis.
Angst hatte ich eigentlich nie, obwohl ein paar Mal das Gefühl schon recht mulmig war. So fuhr ich zum Beispiel in Peru mit zwei Einheimischen, ihrem Motorschlauchboot und vier Brasilianern zu einer Vogelinsel, die im Normalfall vom Land aus gerade noch zu sehen ist.
Bei der Rückfahrt hatte sich schon während des Inselaufenthaltes das Wetter stark eingetrübt. Die Einheimischen hatten unachtsam die falsche Richtung eingeschlagen und waren unbemerkt aufs offene Meer hinausgefahren. In dem Glauben im Trüben des Nachmittagswetters, bald das Festland erspähen zu können.
Die Burschen erkannten irgendwann ihre Fehleinschätzung und durch die zahlreichen Suchkreise und einer hochstehenden, aber nicht sichtbaren Sonne, war niemandem nur annähernd klar, in welche Richtung wir fahren mussten.
Weder Festland noch Insel, noch irgendwas außer Wasserhorizonte waren zu sehen. Das ungute Gefühl war rasch da, aber letztlich konnte ich mit meiner Navigationsuhr, die, was mich etwas beunruhigte, plötzlich eine Neukalibrierung verlangte, nach ausreichend langer Irrfahrt das Boot in die richtige Richtung leiten.
Die Entscheidung doch 180 Grad in die andere Richtung zu fahren, ohne wirklich eine Ahnung zu haben, außer dem Hinweis einer Uhr, erweiterte meinen Gefühls- und Erfahrungshorizont letztlich ungemein.
Was hast du auf der Reise am meisten vermisst?
Eigentlich eine besonders interessante Frage und abgesehen von Freundin und Familie natürlich, habe ich nicht wirklich etwas vermisst.
Man müsste eigentlich fragen, was man am meisten schätzen gelernt hat. Denn dass bei solch einer Unternehmung eine gewisse Reduktion oder Verzicht von manchen Dingen notwendig sein muss, ist klar. Dass man nicht alles gleichzeitig haben kann, ebenso. Aber ich habe gelernt, das Wenige zu schätzen und mein Bewusstsein für den Genuss erweitert.
Als leidenschaftlicher Badewannenbenutzer ist die Umstellung auf eine Dusche schon einmal besonders. Ich habe zwei Jahre lang ausschließlich die Dusche im „Schneckenhaus“ verwendet. Bedingt durch den begrenzten Wasservorrat, habe ich mir eine eigene Duschtechnik angeeignet, die es mir ermöglichte mit nur ein bis drei Litern auszukommen und trotzdem sauber zu werden. Ich habe den einzelnen heißen Wassertropfen bewusst schätzen gelernt und tatsächlich ritualhaft genossen.
Ach ja, ein ordentliches Schwarzbrot hab ich tatsächlich vermisst. Was mir überhaupt nicht gefehlt hatte, fällt mir gerade ein: „Ich hatte in zwei Jahren genau drei Mal telefoniert“.
Wie war es nach zwei Jahren wieder zurückzukommen?
Es war gut, endlich wieder angekommen zu sein. Interessanterweise hat sich kaum etwas verändert. Alles beim Alten sozusagen. Die Tretmühlen wurden unaufhaltsam weiterhin zwangsbetrieben. Ich war sogar ein bisserl enttäuscht, weil ich das Gefühl hatte, keinerlei Fortschritt zu bemerken, keinerlei wirkliche Verbesserung.
Und nach nicht allzu langer Zeit meldete sich mein Inneres mit dem Wunsch, sicherlich wieder auf Reisen zu gehen. Mit dem Ende der Reise war praktisch wieder ein neuer Anfang geschaffen.
Was würdest du Menschen raten, die von einer solchen Reise träumen?
Eigentlich würde ich nur sagen, dass sie einfach aufhören sollen zu träumen und loslegen sollen. Es muss ja nicht diese zeitlichen Ausmaße haben.
Aber mir ist natürlich klar, dass es für viele nicht möglich ist. Jedoch habe ich bislang die Erfahrung gemacht, dass es vielfach nicht die finanzielle Sache ist, die das Ende des Träumens verhindert, sondern der Kopf. Der mehr Gründe dafür findet, etwas nicht zu tun, als Argumente für die Aktion.
Mit einem Gedanken einmal anfangen und den dann weiterspinnen. Irgendwann bewegt man sich und kommt dann wo an.
Unsere Leser können dich live auf dem OTA Globetrotter-Rodeo erleben. Was können sie bei deinem Vortrag erwarten?
Schwierig zu sagen, denn jeder empfindet anders, vor allem beim OTA Globetrotter-Rodeo sind viele, die bereits ihre eigenen Reiseerfahrungen gemacht haben. Die vielleicht genau dort unterwegs waren, wo ich war.
Ich versuche einfach ein paar Gefühle impulsartig zu vermitteln. Der Zuhörer bzw. Zuseher sollte möglichst offen hineingehen und diese Impulse für sich aufnehmen. Es sind leider nur zwei Stunden. Erzählen könnte ich viel länger. Ich möchte einfach ein paar „Gschichtln“ möglichst so erzählen, wie ich einfach bin und Freude bereiten. Zwischen durch sag ich auch mal nichts, nämlich wo Video, Bild und Musik, Impulse eines Reisenden aussenden sollen.
Mehr zu Friedl findet ihr auf seiner Webseite.
Fotos: Friedl Swoboda
Wir hoffen, wir haben euch Lust gemacht aufs Reisen. Wie wäre es mit einer Reise zum OTA Globetrotter-Rodeo Ende August? Dort könnt ihr nicht nur Friedl, sondern auch uns treffen. Mehr Infos zum OTA Globetrotter-Rodeo findet ihr hier.