Bernd Taubenreuther, einer der beiden Junior-Chefs der Taubenreuther GmbH, erzählt in diesem Interview über seine Kindheit im Paradies für kleine Offroader, was er auf Reisen mitnimmt und wo er die Zukunft der Offroad-Branche sieht.
Erzähl doch mal was über dich. Wer bist du und was machst du in deiner Freizeit?
Ich bin mit meinem Bruder zusammen Junior-Chef bei Taubenreuther. Dort kümmere ich mich um das Marketing. Aber ich habe auch immer einen Blick auf den Vertrieb und den Online-Shop. Insbesondere mit den neuen Produkten beschäftige ich mich viel.
Wenn ich nicht arbeite, dann bin ich furchtbar gerne draußen, am liebsten mit meinem Hund, einem Schäferhund-Mischling. Ich bin ein richtiger Draußenmensch, egal ob Mountainbiking, Wandern, Motorradfahren oder Zelten. Draußen ist mein Ding.
Die Firma Taubenreuther ist noch ein richtiger Familienbetrieb, wie fing es an?
Mein Opa hat die Firma 1966 gegründet. Die ersten Produkte waren vor allem Spezialfahrzeuge, mit Raupenantrieb und mit Knickgelenken. Was man eben alles für unwegsames Gelände braucht. Für meinen Großvater war Offroad-Fahren nichts Ungewöhnliches. Schließlich hat er früher schon landwirtschaftliche Fahrzeuge gefahren. Da war quasi alles offroad.
Mein Großvater war ein Abenteurer und Visionär. Er war früher viel in Amerika unterwegs und wenn er in den USA ein cooles Produkt gefunden hatte, dann hat er es bei uns vertrieben. Hauptsächlich waren das damals Fahrzeuge. Irgendwann ist er in Amerika auf die Firma WARN gestoßen. Zu dem Zeitpunkt war WARN auch noch ein recht junges Unternehmen.
Nach dem Krieg war man in den USA sehr interessiert an kleineren Seilwindenlösungen. Die Seilwinden, die es damals gab, waren nur für militärische oder forstwirtschaftliche Zwecke geeignet. WARN hat dann die ersten Seilwinden herausgebracht, die man auch an kleinere private Fahrzeuge anbauen konnte. Das konnte sich mein Opa damals nicht entgehen lassen und hat diese Seilwinden nach Deutschland gebracht. Das war zu der Zeit, als die ersten Jeep und Land Rover für den privaten Markt rauskamen.
Ungefähr zur gleichen Zeit, hat mein Opa auch die Firma ARB kennengelernt und hat begonnen zusätzlich deren Produkte zu importieren. Beide Partnerschaften bestehen noch bis heute.
Leider ist mein Großvater überraschend früh gestorben, so dass meine Oma gemeinsam mit meinem Vater, der damals gerade in seiner Ausbildung steckte, das Geschäft übernommen hat.
Nach kurzer Zeit ist mein Onkel dazu gekommen und beide leiten seitdem die Firma. Mein Vater kümmert sich um den kaufmännischen Bereich und mein Onkel um den technischen, also Produktentwicklung, technische Abläufe und Werkstatt.
Wie war das denn in einer solchen Firma groß zu werden? Das muss ein Paradies für jeden kleinen Jungen sein.
Als wir klein waren, sind wir immer in der Firma Inlineskates und Kettcars gefahren. Und natürlich sind wir auf den Maschinen rumgeklettert. Wir haben damals direkt in einem Haus auf dem Firmengelände gewohnt. Auch einige unserer Angestellten wohnten auf dem Gelände. So war eigentlich immer jemand da und es war auch abends immer etwas los.
Aber eine Sache haben wir am liebsten gespielt: Loch buddeln, Gartenschlauch anmachen und mit den Match Box Autos durch den Matsch pflügen. Auch wenn wir früher Urlaub am Meer gemacht haben, hat mich am Meer nur eines interessiert, die Ablaufrinne, weil man da so geil mit seinem Auto durch den sandigen Schlamm fahren konnte.
Ich war früher das umtriebigste Kind, das man sich vorstellen kann. Meine Eltern hatten es nicht leicht mit mir. Zum Beispiel war es so, immer wenn einer unserer Mitarbeiter in sein Auto stieg, kam ich gleich angelaufen und hab gefragt: „Und wo fährst du hin? Da kommst du sicher an der Eisdiele vorbei?“ Und schwupps war ich eingestiegen.
Auch bei den ganzen Festivals waren wir immer dabei. Eigentlich waren wir immer jedes zweite oder dritte Wochenende unterwegs. Irgendwo war auch immer eine Vorführung unserer Fahrzeuge.
Wir sind damals endlos mit meinem Vater durch die Gegend gefahren. Und auch im Urlaub hatten wir immer einen Anhänger mit Produkten dabei. Dann haben wir mindestens 10 Halts gemacht, bei denen mein Vater irgendjemanden was vorbeigebracht hat.
War für dich denn immer klar, dass du später in die Firma einsteigen würdest?
Mein Vater wollte nie, dass ich direkt in die Firma einsteige. Dafür bin ich ihm auch sehr dankbar. Ich bin eigentlich gelernter Reiseverkehrskaufmann. Nach der Ausbildung habe ich mein Abitur nachgeholt. Das war mir ein persönliches Anliegen, denn früher hat mich die Schule wirklich null interessiert.
Dann bin ich zum Studieren nach München gegangen. Ursprünglich wollte ich Integriertes Produktdesign bei uns in der Nähe studieren. Allerdings hat das mit dem Studienplatz nicht geklappt. Also war ich in München, meine halbe Familie wohnt da. Aber mich kannst du nicht einfach in eine Stadt stecken. Das funktioniert zu 100% nicht.
Irgendwann bin ich dann in den Semesterferien nach Hause gekommen und mein Vater meinte, er bräuchte Hilfe beim Katalog. Denn die Mitarbeiterin, die das machen sollte, war kurzfristig ausgefallen. Als ich dann nach sieben Wochen immer noch da war, fragte mich mein Vater, ob ich denn nicht mal wieder nach München wolle. Und ich sagte: „Nä!“. Seitdem arbeite ich in unserem Unternehmen, was meinen Vater natürlich riesig gefreut hat.
Was fasziniert dich am Thema Offroad-Fahren?
Ich finde es spannend, einfach mal was auszuprobieren. Meistens suche ich die technische Herausforderung. Klappt das in der Situation jetzt mit der Sperre oder nicht? Mein Onkel war lange in der Rallyemeisterschaft und wir haben viele Jahre Schneemobile verkauft, so wusste ich schon früh, was geht und was nicht.
Ich bin niemand, der willentlich ein Fahrzeug kaputt fährt, nur des Spaßes wegen. Auch wenn ich furchtbar gerne Rallye fahre würde, dann bitte nur mit einem Auto für diesen Zweck. Da möchte ich nicht mit meinen privaten Wagen fahren wollen.
Im Urlaub ist mein Motto eher: Da geht ein Weg rauf, das könnte super schön sein. Das probiere ich einfach mal aus.
Kannst du Urlaube denn überhaupt noch genießen oder ist das für dich ein Marathon aus: Produkte testen und Fotos machen?
Ich versuche mich auf meinen Reisen aufs Reisen zu konzentrieren. Auch wenn mir das oft schwerfällt. Zwar teste ich Produkte, wenn ich unterwegs bin, und mache auch Fotos davon, aber ich verreise schließlich, um mich zu entspannen und nicht um zu arbeiten.
Oft starten meine Reisen nicht immer entspannt, denn ich vergesse ganz gerne Dinge. Vor allem Schlüssel, die zum Auto gehören. Zum Beispiel welche von Schubladen im Heck, die natürlich abgeschlossen sind. Die Leute aus der Firma sind immer schon amüsiert, wenn sie mir mal wieder was hinterherschicken müssen.
Einmal wollte ich nach Korsika, stand an der Fähre und dachte mir: „Wo ist eigentlich folgendes: Fährticket, Ausweis, Geldbeutel, Handyladegerät?“ Irgendwie hatte ich damals gar nichts dabeigehabt.
Welches Produkt würdest du auf einer Offroad-Reise nie vergessen, also was musst du immer dabeihaben?
Ich habe immer ein ARB Reifenreparaturset dabei und ein Feuerzeug. Das ist etwas, das ich immer mitnehme. Das vergessen andere ganz gerne.
Eine Sache habe ich aber immer dabei und zwar habe ich in dem Offroad-Guide „Wie helfe ich mir draußen – von Volker Lapp“ gelesen, dass man eigentlich alles in der Natur selber herstellen kann – außer einem Gefäß. Deshalb habe ich immer einen Topf dabei. Ach, und warme Socken.
Die vielen Produkte, die ihr in eurem Shop habt, testet ihr die überhaupt noch alle?
Wir schreiben uns wirklich auf die Fahne, dass wir alles, was wir im Shop haben, so gut wie möglich ausprobieren. Aktuelle Pick-ups oder sowas wie den Suzuki Jimny kaufen wir uns oder wir arbeiten mit befreundeten Autohändlern zusammen. Da bauen wir die Produkte dran und testen sie.
Insbesondere für die Produkte, die wir selber entwickeln, wie Unterfahrschütze oder Seilwindenhalter, brauchen wir die Fahrzeuge sowieso vor Ort. Wir scannen dann das Fahrzeug mit einem 3D-Scanner und produzieren bei uns in Kulmbach einen Prototypen. Wenn wir zufrieden sind, gehen wir in Serienproduktion. Viele unserer eigenen Produkte werden in Deutschland produziert, der Rest in Europa. Aber alles bei Unternehmen, mit denen wir schon seit Jahren zusammenarbeiten.
Wo würdest du jetzt gerne hinfahren, wenn du könntest?
Aktuell wären wir gerade mit Flashi in Marokko auf der Five Dunes Tour. Seit 12 Jahren plane ich jetzt schon eine Reise in die Wüste, aber bisher sind die immer, aus den verschiedensten Gründen, ausgefallen. Super gerne würde ich mal mit dem eigenen Auto nach Australien. Absolute Traumziele wären auch die Mongolei und Island.
Welche Situation ist dir von deinen Reisen im Gedächtnis geblieben?
Oh, ich habe schon so viele Sachen auf meinen Reisen erlebt. Aber eine Sache werde ich nie vergessen. Da sind mein Bruder und ich auf einer Rallye im absolutem Staub gefahren. Ich habe ich vorne und hinten nichts mehr gesehen, aber ich wollte trotzdem schnell sein und dachte, ich wüsste noch wo die Kurven lang gingen.
Aber scheinbar wusste ich es doch nicht, denn als ich bremste, ragte das Vorderrad vom HDJ80 weit über dem Abgrund. Auch das Hinterrad hatte schon seine Bodenhaftung verloren und wir hingen in den Gurten. Der Wagen wippte ständig hin und her und an der Stelle ging es 20 Meter weit runter. Das hätte richtig schief gehen können. Aber mit den drei Sperren sind wir dann vorsichtig rückwärts wieder rausgefahren.
Ein mehr lustiges Erlebnis, an das ich mich immer schmunzelnd erinnere, hatte ich mit meiner damaligen Freundin in Australien. Die Einheimischen hatten uns totale Panik vor Dingos gemacht und wir zelteten mit unserem Offroader auf einem Campingplatz. Auf dem Platz gab es auch noch ein Hinweisschild, wie man sich verhalten sollte, wenn man Dingos begegnet.
Wir standen da beim Abwaschen und dann kam ein Rudel Dingos immer näher. Das hat sich angehört wie in Jurassic Park. Überall Rascheln im Gebüsch, Quietschen, Winseln. Dann kamen sie von allen Seiten. Meine damalige Freundin hat Panik bekommen und ist mit unserer einzigen Lampe schreiend zum Auto gelaufen.
Da stand ich dann nun mit einem Haufen Geschirr im Dunkeln, sehe die Stirnlampe wegrennen und frage laut: „Was glaubst du, wie weit du kommst, wenn ich den Autoschlüssel hab?“ Also ist sie genauso schreiend wieder zu mir zurück gesprintet.
Was glaubst du, wie wird sich die Offroad-Szene in den nächsten Jahren entwickeln?
Die Offroad-Szene ist keine Szene, in der es einen allzu schnellen Wandel gibt. Der letzte Wandel hat sich auch nur langsam vollzogen. Anfangs hatten wir die Phase der klassischen Jeep-Offroader, wo alles chrom und shiny sein musste. Dann kamen die Hardcore-Offroadzeiten, wo die Leute echt verrückte Sachen mit ihren Autos gemacht haben. Die haben es in den Parks und auf den Wettbewerben echt wissen wollen.
Momentan befinden wir uns in einer Reisephase. Da stehen wir, meiner Meinung nach, aber erst am Anfang. Die Frage ist natürlich, wo dürfen wir irgendwann überhaupt noch fahren.
Aber dadurch, dass die Leute immer mehr im Büro arbeiten und ständig Kontakt zu anderen haben, suchen sie auf ihren Reisen eher die Einsamkeit. Individuelles Reisen wird weiter zunehmen. Da sind auch jetzt ganz viele Leute, die sich gerade ihren Offroader aufgebaut haben, aber bisher wegen Corona nirgendwo hinkonnten.
Ich bin der Ansicht, dass Offroad-Fahren bleiben wird. Denn wir merken, dass es immer mehr Leute gibt, die ihre alten Fahrzeuge wieder aufbauen und restaurieren. Deshalb haben wir nicht nur Zubehör und Teile für die neuen Modelle, sondern auch Sachen für den Suzuki SJ oder den BJ40 wie auch alte Mercedes G und ältere Jeep-Modelle.
Auch das Sprintersegment sehen wir für uns als Zukunft. Da bieten wir bereits viele Lösungen an, z.B. Dachträgersysteme, Heckleitern, Schubladensysteme wie das Decked aber auch Unterfahrschütze und Seilwindenbausätze. Doch im Sprinterbereich werden wir sicher nie die sein, die was für Luxuswohnmobile anbieten. Wir wollen die Kastenwagen pisten- und offroadtauglicher machen.
© Fotos: Doreen Kühr