Die Kombination aus Pick-up und Wohnkabine ist eine überaus praktische Konstellation zum Offroad-Reisen. Am Markt sind zahlreiche Wohnkabinen in den unterschiedlichsten Ausführungen erhältlich. Doch bisher war nichts dabei, was Fabians Ansprüchen vollumfänglich genügte. Also baute er sich seine Wohnkabine einfach selbst. In diesem Artikel stellen wir euch diese besondere DIY-Wohnkabine vor.
Der Pick-up von Fabian hat in kurzer Zeit schon eine gewaltige Evolution als Reisefahrzeug durchlebt. Angefangen hat alles mit einem einfachen Kunststoff Hardtop und einer Matratze – fertig ist der Reise-Pick-up. Später folgte ein Dachzelt und weiter ging es mit einem stabilen Aluminium-Hardtop mit kleinem Innenausbau und Dachzelt. So konnte Fabian über die Zeit herausfinden, wie sein ideales Reisefahrzeug eigentlich aussehen muss. Und darum geht es ja letztendlich bei der Anschaffung oder dem Bau eines Reisegefährtes. Auszuprobieren und zu erfahren, was einem selbst zusagt und genau das umzusetzen. Mittlerweile hat der Ranger eine weitere Evolutionsstufe erreicht, nämlich mit einer DIY-Wohnkabine.
Die Basis für die DIY-Wohnkabine
Als Basis für sein Reisefahrzeug wählte Fabian einen Ford Ranger Doppelkabiner Pick-up. Das Fahrzeug ist Baujahr 2014 und hat den bekannten Reihen-4-Zylinder Dieselmotor mit 2,2 Litern Hubraum und 150 PS, kombiniert mit einem Automatikgetriebe. Bei Fabians Ranger stehen mittlerweile schon rund 200.000 Kilometer auf dem Gesamtkilometerzähler. Eine bewährte Basis also.
Schon am Basisfahrzeug fallen mir einige Umbauten und Modifikationen auf. Dieser Ranger ist ordentlich hoch. Fabian hat das Fahrzeug auf Ironman Schwerlastfedern und passende Stoßdämpfer aus gleichem Haus umgerüstet. So entsteht auch der notwendige Platz für die AT-Bereifung in der Größe 285/ 75 R17 auf einer 8×17 Felge. Damit kommt der Ranger recht wuchtig daher. Kotflügelverbreiterungen und eine Tacho-Angleichung sind für diesen Umbau erforderlich.
Für eine gute Beleuchtung hat Fabian mit ringsherum angebrachten Arbeitsscheinwerfern und Fernscheinwerfern, welche im Dachträger integriert sind, gesorgt. Der Dachträger ist natürlich ebenfalls Marke Eigenbau, wie so vieles an diesem Reisefahrzeug. Für den Fall der Fälle hat Fabian noch eine Seilwinde verdeckt hinter der Frontstoßstange montiert. Diese kam schon einige Male für die Bergung anderer Fahrzeuge zum Einsatz.
Im Innenraum finden wir mit zahlreichen Schaltern für die Zusatzbeleuchtung sowie anderes Zubehör, Navi und CB-Funkgerät weitere kleinere Umbauten. Der Wagen bietet in der Fahrerkabine ausreichend Platz für Personen und Gepäck. Doch das Hardtop mit Dachzelt war für Fabian zum Reisen dann irgendwann zu wenig.
Von der Idee zur DIY-Wohnkabine
Daher hat er sich viele Wohnkabinen, welche als fertige Lösungen auf dem Markt erhältlich sind, angeschaut. Keine genügte so richtig seinen Anforderungen. Gutes Platzangebot bei gleichzeitig noch kompakten Abmessungen, eine Kombination aus wintertauglichem Wohnraum innen, jedoch guter Erreichbarkeit von Küche, Kühlbox und Ausrüstung von außen, alles robust und einfach umgesetzt. Diese Punkte standen ganz oben im Lastenheft. Ach ja, und eine Flatbed-Kabine sollte es sein. Diese Variante kennen wir vor allem aus Nordamerika und Australien. Dabei verschwindet die originale Pritsche des Fahrzeugs und wird durch eine flache Ladefläche ersetzt. Auf dieses Flatbed kommt bei Bedarf die Wohnkabine.
Also selber bauen! Von Anfang an war für Fabian klar, dass die DIY-Wohnkabine handwerklich einwandfrei, sicher und regelkonform ausgeführt sein muss und am Ende die technische Abnahme des TÜVs bekommen sollte. Daher hat er sich gleich zu Beginn des Projektes an eine Prüfstelle gewandt, welche den Bau bis zur Abnahme begleitet hat. Übrigens, plant ihr eine größere Modifikation an eurem Fahrzeug, welche eine spätere Abnahme erforderlich macht, ist es empfehlenswert – so wie Fabians es hier getan hat – vor dem Umbau das Projekt mit den Verantwortlichen einer Prüfstelle zu besprechen. Das hilft, spätere Enttäuschungen zu vermeiden.
Der Kabinenbau nahm etwa ein Jahr in Anspruch
Fabian hat die DIY-Wohnkabine vor der heimischen Garage und neben seinem Vollzeit-Job gebaut. Am produktivsten waren dabei die arbeitsfreien Tage. Tagsüber hat er dann gebaut und abends Kataloge beziehungsweise das Internet nach Teilen durchstöbert.
Bevor es jedoch mit dem Bau losgehen konnte, hat Fabian erst einmal die Aufbaurichtlinien des Herstellers genauestens studiert. Denn darin ist vorgegeben wie etwas auf dem Fahrzeug aufgebaut werden muss. Das geht so weit ins Detail, dass er hier beispielsweise sogar genaue Angaben fand, wie der Tankstutzen beim Wegfall der Pritsche zu verlegen ist. Diese Vorgaben des Herstellers flossen – neben den eigenen Ideen – alle in die Planung ein.
Bei der Planung hat er mit SketchUp, einer Software zum Zeichnen dreidimensionaler Modelle, gearbeitet. Die gesamte Planungsphase dauerte etwa ein Jahr.
Im April 2021 war Baubeginn. Als erstes kam die originale Pritsche runter und Fabian hat das Flatbed für seinen Pick-up zusammengeschweißt. Dazwischen folgten immer wieder Anproben am Fahrzeug und der ein oder andere Besuch beim Projekt-begleitenden Prüfingenieur, bis alles so passte wie es sein sollte. Was jetzt so einfach klingt, nimmt schon einige Zeit in Anspruch. Schläuche und Kabel müssen verlegt werden, passende neue Rücklichter gefunden und montiert werden. Und Kleinigkeiten wie eine neue Hecktraverse inklusive Unterfahrschutz mussten her. Letztlich wurde es eine vom Mercedes Benz Atego. Passt und für gut befunden.
Das Kabinen-Konzept
Der grundsätzliche Aufbau der DIY-Wohnkabine besteht aus einem verschweißten Aluminiumrahmen, welcher mit Aluminiumplatten beplankt ist. Bevor der Bau des Rahmens beginnen konnte, musste erstmal ein passendes Schweißgerät her. Ein paar Versuche später sah das Ergebnis schon ganz passabel aus und Fabian schweißte den Rahmen zusammen. Die Aluminiumplatten hat er verklebt und vernietet. Als Isolierung dienen 30 mm Armaflex und darauf befindet sich eine Holzverkleidung aus 6 mm starken Birke-Multiplexplatten im Inneren. Fertig war der Rohbau.
Da die Wohnkabine in den Abmessungen kompakt und der Pick-up offroad-tauglich bleiben sollte, bekam die Kabine noch ein Klappdach. Dadurch hat sie im Inneren Stehhöhe und ein großes Bett und im unteren Teil eine gemütliche Sitzgruppe bei gleichzeitig noch überschaubaren Außenabmessungen.
Besonders praktisch: selbst bei geschlossenem Dach ist es möglich, unten zu schlafen. Auch das Klappdach ist komplett im Eigenbau entstanden. Fabian verrät mir, dass er nicht nähen kann. Daher sind die Stoffbahnen für das Klappdach verklebt. Im Wohnraum finden sich noch weitere pfiffige Ideen, beispielsweise die kleinen Fenster am Heck der Kabine, welche auch bei geschlossener Heckklappe für ausreichend Tageslicht im Inneren sorgen. Auf dem Klappdach findet ein 150 Watt Solarmodul Platz, welches die Zusatzbatterie speist. Dieses wird Fabian demnächst durch ein weiteres Modul ergänzen, denn freie Fläche ist genug auf dem Dach.
Stauraum hat Fabians DIY-Wohnkabine wirklich reichlich
Besonders interessant ist die Anforderung einen wintertauglichen Wohnraum im Inneren zu haben und gleichzeitig vieles von außen erreichen zu können. Wie wurde das umgesetzt? Nun, die DIY-Wohnkabine von Fabian hat rechts und links jeweils eine sehr große Stauklappe. Auf der rechten Seite befindet sich das was Fabian sein „Lager“ nennt. Hier finden Campingausrüstung, Werkzeug, Ersatzteile und vieles mehr Platz. Auf der linken Seite sehen wir die Küche. Und die kann sich wirklich sehen lassen. Eine herausziehbare Kühlbox, welche von innen und außen erreichbar ist, einen kleinen ausziehbaren Tisch, Schubladen für Küchenutensilien und Geschirr, welche sogar beleuchtet sind. Bei Bedarf spendet eine 270-Grad-Markise Schatten oder sorgt für Schutz vor Niederschlag. Hier lässt sich das ein oder andere opulente Overlander-Menü zubereiten!
Weiteres Equipment, wie beispielsweise die Bergeausrüstung hat Platz in zwei Unterflurstauboxen, wie ihr sie sicher bei australischen Offroadfahrzeugen schon häufiger gesehen habt. In einer dieser Boxen ist der Kompressor untergebracht.
Überaus durchdacht ist das angeschrägte Heck der Kabine. Dadurch entsteht weiterer Raum zur Befestigung von Ausrüstung. Hier hat Fabian Verstärkungen in die Kabine eingebracht und daran Airline-Schienen zum Verzurren von Ladung befestigt.
Außen auf den großen Stauklappen findet noch weitere Ausrüstung ihren Platz. Hier sind die Bergeboards gut erreichbar befestigt. Die Stauklappen hat Fabian mit robusten Verschlüssen versehen, welche auch mit Handschuhen bedienbar sind. Erfahrungen aus der Reisepraxis eben.
Die DIY-Wohnkabine ist autark
Die Standheizung und der Dieseltank dazu sind im vorderen Teil der Kabine untergebracht. Eine Zusatzbatterie ist, wie schon erwähnt, ebenfalls an Bord. Der Frischwassertank hat einen schwerpunkgünstigen Platz im unteren Teil gefunden. Der Einfüllstutzen ist noch nicht ganz fertig. Doch Wasser kann schon rechts und links am Fahrzeug gezapft werden. Die komplette Wohnraum- und Campinginstallation ist also in der Kabine selbst untergebracht, damit diese leicht absetzbar bleibt und nicht alles vom Basisfahrzeug getrennt werden muss. Im Prinzip ist die Kabine abgesetzt immer noch autark.
Das Ab- und Aufsatteln erfolgt mit Hilfe von vier Stützen. Das Ganze ist mittlerweile noch einfacher geworden, nachdem Fabian hinten zwei Zusatzluftfedern eingebaut hat. So kann er die Stützen an der Kabine ansetzen, etwas Druck aus den Bälgen lassen und einfach nach vorne unter der Kabine herausfahren. Das Aufsatteln geht umgekehrt natürlich ähnlich schnell. Die DIY-Wohnkabine ist mit vier Spannverschlüssen auf dem Flatbed befestigt, das war es schon – simpel und gut.
Noch etwas fällt bei dem gesamten Umbau auf. Anstatt auf Spezialverbindungen oder spezielle Profile zu setzen, hat Fabian Standardverbindungen und -beschlägen den Vorzug gegeben. So ist alles auch unterwegs leicht reparierbar, falls dies einmal notwendig sein sollte.
Maße und Gewichte
Bei Reisefahrzeugen und insbesondere Wohnkabinen stellt sich natürlich auch immer die Frage nach Abmessungen und vor allem dem Gewicht. Dieser Ford Ranger hat ein zulässiges Gesamtgewicht in Höhe von 3.180 Kilogramm. Hier musste leider, aufgrund der geringeren Tragfähigkeit der verwendeten Felgen, etwas abgeastet werden. Leer bringt der Pick-up mit dem Flatbed 2.350 Kilogramm auf die Waage. Die Wohnkabine selbst wiegt reisefertig etwa 500 Kilogramm. Grundsätzlich bestünde noch die Möglichkeit das Fahrzeug mit anderen Felgen wieder aufzulasten.
Durch das Flatbed und die Kabine hat der Ranger deutlich an Länge zugenommen. Ganze 5,70 Meter misst das Fahrzeug jetzt und ist damit gute 35 Zentimeter länger als serienmäßig. Fabian wollte unbedingt unter sechs Metern Länge bleiben und auch in der Breite und Höhe macht dieses Fahrzeug noch eine relativ schlanke Figur. Das kommt den Offroadeigenschaften zu Gute und hilft ebenso bei der Benutzung von Fähren.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Wir sehen hier ein wirklich durchdachtes Konzept. Es ist ganz auf die Bedürfnisse des Eigners zugeschnitten und handwerklich gut ausgeführt. Dafür spricht auch die Abnahme durch den TÜV. Erinnern wir uns dann nochmal daran, dass dieses Fahrzeug vor der heimischen Garage in der Einfahrt entstanden ist, können wir vor der Leistung und dem Resultat nur den Hut ziehen.
In der Praxis hat sich Fabians Ranger mit der DIY-Wohnkabine schon gut geschlagen. Sei es auf verschiedenen kleineren Wochenend-Touren oder einer frostigen Winterreise nach Norwegen und Schweden. Bei einem Besuch des Mammut Offroadgeländes konnte der Autor sich selbst von den nach wie vor guten Offroadeigenschaften überzeugen.
Fabian hat noch viele tolle Ideen für seinen Ranger
Hier hat jemand wirklich seine eigenen Ideen großartig umgesetzt. Viele der Fertigkeiten, die zum Bau erforderlich waren, hat Fabian sich einfach selbst beigebracht. Zahlreiche Gespräche mit anderen Overlandern brachten wertvolle Erkenntnisse. Ein tolles DIY-Projekt! Und trotzdem ist Fabian noch nicht ganz zufrieden. Eine Windenstoßstange, stabilere Radhausverbreiterungen, ein verbesserter Kühlboxauszug und vieles anderes mehr stehen auf der Wunschliste.
Demnächst kommt noch mehr Stauraum dazu. Dann installiert er noch eine Auszugschublade unter dem Heck. In diesem Zug, wandert auch das Reserverad wieder unter das Heck, wozu aufgrund der Größe des Rades noch ein paar Modifikationen erforderlich sind. Darüber hinaus gibt es viele weitere Ideen zu sinnvollen Umbauten. So gibt es immer etwas zu tun.
Wir wüschen viel Spaß dabei und noch zahlreiche weitere schöne Touren mit dem tollen Fahrzeug. Als nächstes heißt es übrigens erneut Kurs Nord, natürlich wieder im Winter – den eisigen Winterstürmen trotzen und den Reise-Ranger mit DIY-Wohnkabine auf Herz und Nieren testen. Wer mehr von diesen Reisen erfahren und dem weiteren Umbau des Rangers verfolgen möchte, schaut mal auf Fabians Instagram Profil.
© Fotos: Fabian Mahler und Björn Eldracher