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Durch Island mit einem Steyr 680g

Auf Island ist onroad = offroad.

Mahlende Geräusche von unten machen unmissverständlich klar, es geht nicht weiter voran. Trotz Allrad, Sperre und Untersetzung drehen alle 4 Räder durch, vorwärts wie zurück. Also Motor aus, raus in den Sandsturm und wie befürchtet festgestellt, dass unser „Ruedi“ bis zu den Achsen im Sand sitzt. Willkommen auf Island mit einem Steyr 680g.

Island ist nun nicht für Sand bekannt, aber es gibt eben auch kilometerbreite ewig lange Strände aus Vulkansand in 50 shades of grey bis hin zu sattem schwarz. Wir wollten zum Leuchtturm bei Kirkjubæjarklaustur, wie nach 10km festzustellen war eher nicht mit schwerem Gerät möglich.

Nun, zu diesem Zeitpunkt im Sommer 2023 sind wir schon 4 Wochen auf der Insel aus Feuer und Eis, und das zum dritten Mal – insgesamt 5 Monate. Im Folgenden findet ihr neben ein paar Touren Informationen von der Anreise bis zur Verpflegung.

Seyðisfjörður

Wir landen morgens mit der Norönna in Seydisfjördur, bei der Ausfahrt auf der Fähre werden wir rausgewunken. Nanu? Wir erfahren, dass es vermehrt Alkoholschmuggel gab, die Freimengen sind gering, und so werden zumeist Wohnmobile überprüft. Anders als die meisten Reisenden haben wir 2 Monate Zeit und fahren erst mal auf den Campingplatz von Seydisfjördur, denn der Ort hat einiges zu bieten: Die bunt angemalten Häuser und Straßen, nette kleine Geschäfte, auch Kunst will begutachtet werden. Es hat eine Telefonzelle aus Corten-Stahl und ein Klangobjekt etwas außerhalb des Hafens, das müssen wir uns natürlich anschauen.

Gletscherlagunen

Auf dem Weg die Südküste längs müssen wir natürlich die Gletscherlagunen Jökulsárlón, Breiðárlón und Fjallsárlón aufsuchen. Die erstgenannte ist die größte und bekannteste, hier kann man auch die Lagune mit alten amerikanischen Landungsbooten befahren – die beiden anderen bieten mehr Ruhe und sind ebenso eindrucksvoll.

Þakgil

Wir fahren weiter Richtung Westen nach Þakgil, dort waren wir bereits 2017 schon einmal und werden nicht enttäuscht: Da die Anfahrt nicht ohne ist, hat es oben im Tal nicht zu viele weitere Touristen, und es ist einfach wunderschön. Wahnsinnige Landschaft hier, steile Berge, rauschende Flüsschen, wir finden gar ein kleines Wasserkraftwerk, das die Hütten und den Campground versorgt. Vor allem die Farben sind unglaublich aufgrund des Kontrastes zwischen schwarzer Lava und blühenden Gräsern und Flechten auf grauem Stein.

Vestmannaeyjar

Auf den Westmänner-Inseln waren wir noch nicht, also kurzentschlossen die elektrisch (!) betriebene Autofähre gebucht und übergesetzt. Bei den letzten großen Vulkanausbrüchen 1963 und 73 entstand die Insel Surtsey, auch auf Heimaey hat es 1973 bis zu 20m Lava gegeben – Teile des Ortes wurden verschüttet. Da die Fischereiflotte wegen Sturm im Hafen lag, konnten alle Einwohner in Sicherheit gebracht werden. Der Campingplatz ist schon speziell, nichts für ‚Weißware‘!

Þórsmörk

Das dritte Mal mit dem Truck auf Island, heuer muss es die gefürchtete Þórsmörk sein. Die Anfahrt über die F249 ist mit einigen Furten verbrämt, aber kein echtes Problem. Die Überfahrt durch die Krossa, dort werden schon mal Hochlandbusse weggeschwemmt, ist dies Jahr mit rund 50cm Wasser eher harmlos, nur arg holprig. Wir bleiben 2 Tage auf der Südseite im Camp Basar, dort ist es viel netter mit Grasplätzen und Bewaldung.

Maelifellssandur

Die Maelifellssandur steht auch noch auf dem Programm: Richtig böse Strecken hat es auf Island genug, die riesige schwarze Schwemmsandebene mit dem pittoresken Maelifell-Vulkanhügel wollen wir sehen. Die Anfahrt hat einige Furten, aber außer dass man peinlichst auf dem durch gelbe Stangen markierten Track bleiben muss, um nicht im Treibsand zu versinken, ist eher die irre Landschaft interessant.

Landmannalaugar

Leider gibt es aus dem Süden keinen direkten Weg nach Landmannalaugar, wir nehmen einen Umweg und kommen aus Osten über die F225 und finden den Campground vor wie immer: Voll. Es gibt eine Hochlandbus-Verbindung, auch deshalb ist das Gebiet von Wanderern geschätzt. Die letzte Furt auf der Zufahrt hat es in sich, die ist immer so einen halben Meter tief, und daher stehen etliche Camper und kleinere AWDs davor. Für unseren Steyr 680 ‚Ruedi‘ kein Problem, er wird gebührend bewundert.

Die Berge leuchten schön in der Abendsonne, es gibt einige Wanderwege und auch Hochlandtracks laufen hier durch. Ein paar Wanderminuten die Berge hoch ist man in einem Gebiet mit Sulfataren und Schwefelstinkern, eine unglaubliche Landschaft. Kein Wunder, dass es im Sommer nicht nur recht voll ist, auch einen Supermarkt in einem alten Army-Bus gibt es. Gut, dass wir über ein eigenes Klöchen verfügen, morgens ist es schlicht voll.

Blautulón

Von dort geht es über die F208 und F235 zum Blautulón, dort führt die Piste durch den See statt außenrum. Naja, halt nah am Rand entlang – dennoch spannend!

Hálendið

Das isländische Hochland umfasst 40% des gesamten Landes und wurde nie wirklich besiedelt. Die 10 Gletscher, 20 aktiven Vulkane, hunderte Wasserfälle und reichlich Flüsse, die gefurtet werden wollen, machen es zu einem Paradies für Allradler. Offroad ist bei Strafe verboten, aber das braucht es auch nicht – einige Hochlandstraßen und Tracks sind derart böse, dass das Fahren keinen Spaß mehr macht. In jeder größeren Ansiedlung sieht man Fahrzeuge, die dem nicht gewachsen waren und stark beschädigt oder schlicht abgesoffen sind. Also Obacht, man sollte die Grenzen seines Fahrzeugs und die eigenen Fahrkünste schon objektiv einschätzen können!

Island-Info

Island hat mit rund 103.000km² die Fläche von Bayern und Baden-Württemberg zusammen, es leben aber nur 396.000 Einwohner auf der größten Vulkaninsel der Erde. Mit ca. 2,5 Mio. Touristen in 2023 – das bedeutet 6-mal so viele Touristen wie Einwohner – sind vor allem die Hotspots in der kurzen Saison von Juni-August ziemlich überlaufen. Mit 99,68% Nutzung gilt Island als das Land mit der höchsten Internet-Nutzung weltweit. Es hat die meisten Schönheitsköniginnen hervorgebracht (bezogen auf die Bevölkerungsanzahl) und auch die Fahrzeugdichte rangiert unter den Top 10.

Mit einer durchschnittlichen Temperatur zwischen 5 bis 14°C im Sommer ist es eher ein kühles Reiseland, das wird durch die wirklich überall im Land zu findenden Hotpots, vulkanisch auf 38°C aufgeheizte Wasserbecken, jedoch ausgeglichen. In den fischreichen Gewässern leben um die 230.000 Wale, Whale Watching hat den ehemals ausgeübten Walfang verdrängt.

Island ist nicht in der EU und hat strenge Einfuhrvorschriften: So dürfen nur wenige Lebensmittel, 1 Liter Alkohol und 6 Liter Bier mitgeführt werden. Tiere gehen de facto gar nicht, da eine wochenlange Quarantäne notwendig wäre.

Anreise nach Island

Einfach: Es gibt nur eine Fähre für Fahrzeuge, die Norröna der färöischen Gesellschaft Smyril-Line. Teuer – unser Ruedi mit 6,5 m und 6 Tonnen kostete 2023 für Fahrzeug und 2 Personen 3.800 EUR. Diese Fähre geht einmal pro Woche von Hirtshals in Nord-Dänemark mit einem Stopp auf den Färöer-Inseln nach Seyðisfjörður in Südost-Island und benötigt 2,5 Tage. Das ist schon eine Zeit, fast eine Woche Urlaub geht da drauf – aber es lohnt auch weil man gleichgesinnte Mitreisende kennenlernt die man oft auch unterwegs wieder trifft.

Ein Auto oder 4WD zu mieten und per Flugzeug anzureisen ist keine echte Alternative: Die Kosten sind ähnlich hoch, da Mietwagen in Island extrem teuer sind, nur die gesparte Zeit spricht dafür.

Während der Überfahrt ist das eigene Mobiltelefon nutzlos: Auf der Fähre hat es zwar eine Internetanbindung über Satellit, das ist aber recht teuer. Der Stopp auf den Färöern nutzt auch nichts, die Inseln nehmen nicht am europäischen Roaming teil.

Mit dem Fahrzeug auf Island

Außerhalb des 1.300 km langen Ringvegur sind nur wenige Straßen asphaltiert, im Hochland gibt es häufig Flüsse zu furten, manche Brücken und Tunnel sind einspurig. Je mehr Einsamkeit man wünscht, desto schlechter werden die Wege, welche im Hochland erst gegen Ende Mai bis Mitte Juni geöffnet und im September schon wieder gesperrt werden.

Benzin und Diesel sind kein Problem, es braucht maximal Sprit für 300 km. Die Preise sind höher als in Deutschland. Tankstellen sind oft Automaten, es braucht eine Kreditkarte. Mit Visa geht es immer, andere Karten können schon mal nicht funktionieren.

Auf den Einstiegen in die Hochlandpisten steht meist ein Schild: 4 Wheel Drive Only, und ab da besteht keinerlei Versicherungsschutz mehr. Manchmal gibt es auch Gewichtsbeschränkungen, aber mit unseren knapp über 6 Tonnen war das nie ein Problem. Oft wird auch auf die Fahrzeugklasse hingewiesen: Einige Strecken sind nur für 4WD der Klasse Landrover und Toyota, manche auch nur für die großen Super-Jeeps mit dicken Reifen, zugelassen – PKW mit Allrad gelten nicht als 4WD!

Grund sind neben den häufig wirklich rauhen Strecken mit dicken Steinen die Furten die zu meistern sind, es kann je nach Wetter durchaus 1m Wasser haben, meist ist es jedoch unter 50cm. Es ist angeraten, in kleinem Gang mit Allrad und Sperren Flüsse zu furten, langsam fahren, aber auf keinen Fall anhalten oder vom Gas gehen. Der Untergrund kann schon mal rutschig sein, oder der wegen Kies nicht wirklich griffig.

Sollte man sein Fahrzeug versenken oder eine Panne haben, muss man die Rettungsdienste anrufen. Der Mobilfunkempfang ist in der Regel gut, aber es gibt auch Gebiete ohne Empfang. Nehmt unbedingt ein Reserverad und einen Kompressor mit, und einen tauglichen Wagenheber, denn das Vulkangestein kann sehr scharfkantig sein.

Noch eines: Schon auf der Fähre bekommt man einen Flyer in die Hand gedrückt, der nachhaltig darauf hinweist, dass auf Island Offroad-Fahren bei empfindlicher Strafe verboten ist. Zum einen ist es auch für den härtesten Offroad-Junkie absolut unnötig, außerhalb der markierten Wege unterwegs zu sein: Es gibt Strecken wie die F910 oder die F821, die derart anspruchsvoll sind, dass man da noch nicht mal wandern wollte. Zum anderen ist klar, dass die empfindliche Natur im hohen Norden geschützt werden muss. Der magere Bewuchs, gerade im Hochland, braucht Jahre, um sich von Beschädigungen zu erholen.

Erstaunlich viele Straßenschilder finden sich, sogar in entlegenen Ecken des Hochlandes. Isländer sind Nachfahren der Wikinger, und wenn ein Schild auftaucht, wo 30 km/h dransteht, dann ist das absolut ernst gemeint. Mit 35 fliegt man aus der Kurve. Furten sind häufig mit Hinweisen zum Weg der Querung versehen. Brücken haben meist keine Gewichtsbeschränkung, wenn dort aber eine steht, ist die einzuhalten.

Camping auf Island

Es gibt eine Menge an Campgrounds auf Island, dazu kommen noch die Berghütten, wo man in der Regel stehen kann, und auch viele Farmen bieten einen Stellplatz an – einfach freundlich fragen. Die Kosten reichen von 10 bis 30 EUR pro Nacht, je nach Ausstattung. Frei stehen ist auf Island seit einigen Jahren untersagt, es gab leider zu viele, die ihren Müll liegen ließen.

Bessere Campingplätze bieten Strom und Entsorgung, einfache haben nur ein Stück Wiese oder Schotter. Man sollte also für ein paar Tage autark sein. In der Hochsaison kann eine Reservierung Sinn machen, vor allem an den Hotspots wie am Geysir.

Karten und Infomaterial

Zunächst empfehle ich das isländische Kortabook, ein Ringbuch mit allen Straßen, Tracks und Wegen im Maßstab 1:300.000. Es beinhaltet auch Straßenkarten der größeren Städte und Ansiedelungen und ist in DIN A5 oder A4 zu bekommen. Dies Jahr hatten wir zusätzlich den Freytag & Berndt Reiseatlas Island im Maßstab 1:150.000.

Wir fahren seit 2017 mit TomTom, erstaunlicherweise sind nahezu alle Wege enthalten. Ich denke, dass Garmin das Gleiche leistet, aber die kenne ich halt nicht. Sinnvoll ist auf jeden Fall, Karte und Navi zusammen zu nutzen. Im Navi habe ich keine Übersicht, und für die Planung interessanter Routen brauche ich die Karte, um entsprechend Wegepunkte herauszusuchen. Auf der Webseite von road.is finden sich tagesaktuelle Infos über Straßenzustände, Sperrungen, Wetter und Warnungen, wie gerade aktuell Vulkanausbrüche – unbedingt täglich hineinschauen!

Verpflegung und Shopping

In den größeren Orten gibt es gut sortierte Lebensmittel-Märkte, aber auch auf dem Land gibt es an den Tankstellen Grundnahrungsmittel. Einzig Fisch und Lamm sind relativ günstig, alles andere ist teuer, besonders Fleisch oder dunkles Brot sind recht teuer. Klar, nahezu alles muss importiert werden, per Schiff oder Flugzeug, und das kostet.

Auch die zu Recht berühmten Island-Pullover sind kein Schnäppchen, zumindest wenn sie nicht aus dem fernen Osten kommen, sondern per Hand auf Island gestrickt sind. Lohnt aber, die sind wirklich kuschelig warm! Ansonsten gibt es vor allem in den touristischen Hochburgen die üblichen Mitbringsel, Trolle, Flaggen, Ketten und was es so gibt – muss ja nicht sein.

Medizinische Versorgung

Krankenhäuser gibt es nur in Reykjavik und Akureyri, in manchen größeren Orten finden sich ärztliche Versorgungszentren, wo Mediziner verschiedener Fachgebiete gebündelt sind. Wir haben einmal das Zentrum in Husavik aufgesucht wegen einer massiven bakteriellen Infektion, das klappt wunderbar. Für die Behandlung muss eine Pauschale bezahlt werden, diese hält sich aber im Rahmen. Interessant, dass Island alle behördlichen und medizinischen Vorgänge mit einer einzigen personenbezogenen Nummer, der Kennitala, abwickelt. Und das e-Rezept funktioniert dort natürlich einwandfrei.

Rettungsdienste und Pannenhilfe

Es gibt auf Island keinen ADAC, und nur die Krankenhäuser haben Rettungswagen. Im Falle eines Falles ruft ihr die 112 an: Auf Island verteilt gibt es rund 100 Teams, die auf freiwilliger Basis organisiert sind und über Bergefahrzeuge verfügen. Die holen im schlimmsten Fall auch einen Hubschrauber. Das ist nicht immer kostenfrei, zumindest wird eine den Umständen passende Spende erwartet.

Kommunikation

Die Abdeckung mit Mobilfunknetzen ist relativ zur Größe und dünner Besiedlung sogar im Hochland recht gut. Wir haben auf unserem Ruedi einen 4G/5G Router mit
Verstärkerantenne auf dem Dach installiert, und hatten in 95% der Zeit immer Empfang. Island nimmt am Roaming teil, deutsche Handykarten laufen einwandfrei, wir nutzen die Telekom. Es macht Sinn in den Router eine isländische SIM einzulegen, wenn man erhöhten Bedarf an Internetnutzung hat.

Über die Autoren:

Christa und Georg Seifert haben im Winter 2016 den Steyr 680g „Ruedi“ in der Schweiz gekauft. Es war ein Funkwagen der Schweizer Armee, hatte daher bereits Türen und Fenster. Nach dem einfach gehaltenen Innenausbau ging es 2017 vier Wochen zum ersten Mal nach Island, 2020 und 2023 wieder für jeweils 2 Monate, 2026 das nächste Mal.

Der Steyr hat eine Wattiefe von 120cm, Allrad, Untersetzung, Sperre und mit dem 6.6L Turbodiesel ein bäriges Drehmoment. Der Spritverbrauch liegt zwischen 18-30L/100km, je nach Gelände.

Ihr findet die beiden im Allrad-LKW-Forum.