Interessante Reisefahrzeuge gibt es viele. Häufig sind diese auf den bekannten Basisfahrzeuge wie LandCruiser, Landy, VW Bus, Sprinter usw. aufgebaut. Heute stellen wir euch mal ein ganz besonderes Exemplar vor, nämlich den Overlanding-Pinzgauer von Moe.
Auf der Adventure Southside komme ich mit Moe ins Gespräch. Ein Pinzgauer zum Reisen? Das an sich klingt schon spannend. Darüber hinaus sind an diesem Fahrzeug viele interessante Detaillösungen umgesetzt. Und das alles nach dem Motto: „Pinzgauer build for overlanding the world”. Das nehmen wir auf jeden Fall genauer unter die Lupe. Seid gespannt!
Die Basis: der Pinzgauer, was ist das eigentlich für ein Fahrzeug?
Der Pinzgauer ist ursprünglich ein österreichisches Militärfahrzeug. Er wurde von Steyr-Puch entwickelt und zunächst beim österreichischen Militär eingesetzt. Ziel war es damals ein Fahrzeug für schwersten Geländeeinsatz zu bauen. Und das ist richtig gut gelungen. Der Pinzgauer hat natürlich Allradantrieb mit zuschaltbaren und sperrbaren Achsen. Je nach Ausführung ist er als 4×4 oder sogar 6×6 erhältlich.
Der Pinzgauer kann wirklich überzeugen. Er setzte sich immer mehr durch und ist bei verschiedenen (militärischen) Organisationen im Einsatz. Über die Jahre wechselte die Produktion den Besitzer und es wurden verschiedene Motoren in den Pinzgauer gepflanzt.
War das legendäre Fahrzeug in den 70er Jahren zunächst nur mit einem Vierzylinder Reihenbenziner erhältlich, so wurde Mitte der 80er Jahre auf Dieselmotoren umgestellt. In der Folge kamen verschiedene Selbstzünder zum Einsatz und ab 2003 dann ein Fünfzylinder-Reihen-Turbodiesel mit immerhin 2,5 Liter Hubraum, einer mechanischen Einspritzpumpe und 4-Gang Automatik. Eine einfache und robuste Sache und daher auch zum Reisen gut geeignet.
Darum entschied sich Moe für einen Pinzgauer als Reisefahrzeug
Genau so ein einfaches, robustes Fahrzeug hatte sich Moe zum Reisen ausgemalt. Gute Ersatzteilversorgung und einfaches Reparieren hatte er in das Lastenheft geschrieben. Was noch? Nun, hochgeländegängig sollte es am besten auch sein, denn der Besitzer möchte nicht nur einfache Strecken unter die Stollen nehmen, sondern es darf ruhig auch mal etwas mehr sein. Ein Reisefahrzeug für härteres Offroadfahren sollte es werden. So entstand die Idee zum Overlanding-Pinzgauer.
Mitte letzten Jahres witterte Moe dann seine Chance. Da erspähte er doch tatsächlich ein äußerst interessantes Kleinanzeigeninserat. Ein Pinzgauer 4×4 mit dem bewährten VW Fünfzylinder-Turbodiesel war zu verkaufen. Baujahr 2004 und gerade mal 6.000 Kilometer gelaufen. Das Fahrzeug stammt aus britischen Armeebeständen, wurde 2019 ausgemustert und über die VEBEG von privat ersteigert. Nun sollte es verkauft werden. Also nicht lange abgewartet, hingefahren, gekauft und mitgenommen. Das Projekt Overlanding-Pinzgauer konnte beginnen.
Der Komplettumbau zum Overlanding-Pinzgauer
Aufgrund der relativ geringen Laufleistung, des jungen Fahrzeugalters und mangelnden Einsatzes des Pinzgauer, waren keine ernsthaften Schäden zu bemängeln. Hier ein wenig verwitterter Lack, da etwas Moos angesetzt und dort eine Dichtung undicht. Doch technisch einwandfrei und nichts, was nicht zügig in den Griff zu bekommen wäre. Eigentlich hätte Moe dann auch gleich losfahren können mit seinem Pinzi. Doch er wollte es richtig machen, sein Traumfahrzeug aufbauen auf das er sich verlassen kann und wo er seine Ideen umsetzt. Und davon gibt es viele.
Zunächst wurde das Fahrzeug komplett zerlegt, alle Anbauteile gesandstrahlt, verzinkt, neu lackiert und der Pinzgauer wieder aufgebaut und abgedichtet. Eine enorme Arbeit, die sich die nächsten Jahre auszahlen wird.
Praktikable und einfach zu reparierende Detaillösungen
Allzu oft sehen wir Fahrzeuge, wo die ursprüngliche Robust- und Einfachheit Umbauten zum Opfer gefallen ist. Das soll hier nicht passieren. Bei allen Umbauten und dem Zuschnitt auf die persönlichen Bedürfnisse, ist es dem Besitzer dieses tollen Fahrzeugs wichtig, dass das Fahrzeug weiterhin robust und einfach zu reparieren bleibt. Auch die hohe Geländegängigkeit darf keinesfalls durch Komforteinbauten eingeschränkt werden.
So setzt Moe weitgehend auf einfach und stabil konstruierte Anbauteile aus verzinktem Stahl und Schraubverbindungen. Diese sind auch unterwegs leichter zu reparieren, wenn das denn mal erforderlich sein sollte. Bei all diesen Konstruktionen kommt ihm zu Gute, dass er Metallbauer ist. Das Projekt Overlander-Pinzgauer war übrigens sein täglicher Ausgleich neben dem Metallbaumeisterlehrgang. Wie praktisch.
Besonders interessant ist die Dachlösung, die Moe sich hier ausgedacht und perfekt umgesetzt hat. Dies ist keine komplette Eigenkonstruktion, sondern es wurde ein Bush Company Hartschalendachzelt adaptiert. Kurzerhand wurde die Flex angesetzt und der Pinzgauer erhielt eine große Dachöffnung. Hier passte Moe einen stabilen Metallrahmen ein – natürlich alles vorher in CAD gezeichnet – und fertig ist das Klappdach.
Der Overlanding-Pinzgauer kommt auf großem Fuß daher
Mittlerweile rollt der Overlanding-Pinzgauer auf Hutchinson Beadlock Felgen und Reifen der Größe 305/70 R16 daher. Hier meinte es der Zufall wieder gut mit Moe und er konnte die Felgen günstig erstehen, da es sich beim Vorbesitzer um einen Fehlkauf handelte.
Praktischer Nebeneffekt: er verzichtet nun vollständig auf das Reserverad am Heck und da er ein Tüftler ist, fand anstatt des Ersatzrades hier eine Art Stauraum Platz. Dieser beherbergt nun ein Tisch, eine Werkbank und einen Schraubstock.
Von Haus aus schon sehr robust, erhielt der Overlander-Pinzgauer noch zusätzlich noch Schutzplatten am Unterboden für Kraftstofftank und Batterien.
Der Overlanding-Pinzgauer ist fürs Unterwegssein gebaut
In den kommenden Jahren wird das Fahrzeug erst einmal auf Touren in Europa ausgiebig getestet. So ging es kürzlich für Moe und seine Freundin Elena mit dem Pinzgauer nach Frankreich.
Auf dieser Tour erlitt der Pinzi leider einen Radlagerschaden und Moe musste feststellen, dass er für die Reparatur einen speziellen Abzieher benötigt. Ihr erahnt es schon. Diesen hat Moe natürlich selbst angefertigt und so war das Fahrzeug bald wieder einsatzfähig. Solche Testreisen sind wichtig, denn in zwei oder drei Jahren soll der Overlanding-Pinzgauer über den großen Teich verschifft werden und dann beginnt die Traumreise von Moe und Elena entlang der Panamericana. Viel Spaß bei den Vorbereitungen!
Natürlich gibt es bis dahin noch weitere Ideen und der Overlanding-Pinzgauer ist noch lange nicht fertig. Als nächstes steht der Innenausbau und eine Verbesserung der Motorabdeckung im Innenraum auf der Projektliste. Von diesem tollen Fahrzeug dürften wir also noch einiges hören und wer weiß, vielleicht gibt es noch eine Fortsetzung von dieser Fahrzeugvorstellung.
Ihr möchtet mehr über den „Pinzgauer build for overlanding the world“ erfahren, verfolgen, was mit dem Fahrzeug noch alles passiert und wohin es Elena und Moe auf Reisen verschlägt? Dann schaut euch mal auf dem Instagram-Account kurtcrossing um. Dort findet ihr auch viele weitere tolle Fotos vom Auf- und Umbau des Overlander-Pinzgauer.
©Fotos: Elena Schäfer Fotografie – lensieht