Die Land Rover 90 und 110 bzw. der Defender sind Offroad-Ikonen schlechthin und auch über 70 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Land Rover sind sie unter Offroad-Enthusiasten und Overlandern beliebt wie eh und je. Doch ein kleiner 90er und dann auch noch in der Soft Top Variante als Reisefahrzeug, das ist schon seltener.
Dieser Land Rover Ninety erblickte 1986 das Licht der Welt und war fortan ein Weltenbummler. Gebaut wurde er im Vereinigten Königreich und ist auch heute immer noch ein Rechtslenker. Allerdings mit deutschen Kennzeichen. Er wurde ursprünglich von einem Freund des Vaters der heutigen Besitzerin gekauft, der ihn bei einer Militärauktion ersteigerte. So begann der zivile Lebensabschnitt des interessanten Fahrzeugs.
Dieser Land Rover hat eine bewegte Vergangenheit
Ursprünglich für das Militär gebaut, diente er den britischen Truppen in Nahost. Als der 90er 2017 erneut den Besitzer wechselte, war der Rahmen in erstaunlich gutem Zustand und er hatte immer noch seinen originalen Motor. Die Karosserie wies jedoch viele Narben aus den Einsätzen auf. Für die heutige Besitzerin hat dieser Land Rover darüber hinaus noch eine ganz besondere Bedeutung, denn es handelt sich um ein Vater-Tochter-Restaurierungsprojekt und ihr Geschenk zum 21. Geburtstag.
Darum ein kurzer Land Rover zum Verreisen
Der 90er hat die perfekte Größe für das, wofür seine Besitzerin ihn braucht. Da sie schon als Kind in einer vier-köpfigen Familie mit dem 110er ihres Vaters gereist ist, wusste sie, wie effizientes Packen und ein Beschränken auf das Nötigste funktioniert. Der Plan war von Anfang an, den Dougal für Reisen zu nutzen. Zudem hat der kurze Radstand natürlich einige Vorzüge im Gelände und im Alltag.
Oft wird Rhi gefragt, ob so ein kurzer Geländewagen nicht zu klein zum Reisen sei. Für eine Person absolut nicht. Sie war sogar im Sommer 2019 vier Monate lang mit Dougal unterwegs und hat im und aus dem Auto gelebt. Probleme mit der Größe des Fahrzeugs hatte sie auf der Tour nicht – nur ein paar wenige mechanische. Mittlerweile reist sie im Tandem mit ihrem Freund Valentin, einem Lada-Fahrer. Letztes Jahr haben sie ihre erste richtige Reise zusammen unternommen und da der Lada ein Dachzelt hat, mutierte Dougal zum Begleit- und Transportfahrzeug. Valentins schönen Lada – ebenfalls Daily Driver und Reisefahrzeug – haben wir euch übrigens hier vorgestellt.
Das hat es mit dem Namen Dougal auf sich
Jeder Offroader braucht einen Namen. Euer hat bestimmt auch einen, oder? Manchmal kommt die Namensfindung spontan, manchmal dauert es etwas. Rhi hatte eine Liste mit klassischen britischen Namen geschrieben. Sie wollte, dass er einen klassischen britischen Namen hat, weil er eben ein altes Fahrzeug ist. So war die Entscheidung zu Old Man Dougal – so heißt der gelbe 90er nämlich mit vollständigem Namen – am Ende ganz einfach.
Dougal wurde nicht nur restauriert, sondern auch einiges daran geändert
Als erstes sticht natürlich die gelbe Farbe ins Auge. Und die Farbe war bei diesem Projekt die schwierigste Entscheidung. „Ich mochte die Farbe, doch es ist eine gewagte Entscheidung. Denn zu leicht ist der falsche Farbton ausgewählt. Außerdem wollte ich versuchen, so nah wie möglich an der Geschichte des Fahrzeugs zu bleiben. Die frühen Land Rover auf den Flughäfen waren ebenfalls Gelb, was mir letztlich geholfen hat.“ erklärt Rhi ihre Farbwahl.
Letztendlich war dies auch eine Entscheidung in Sachen Sicherheit. Wie ihr alle wisst, sind Defender vor allem auf der Insel bei Langfingern beleibt. Dass Dougal ein Stoffverdeck hat, ist dabei nicht gerade hilfreich. Zudem stammt die Besitzerin des gelben Landys aus einem kleinen Dorf, wo Land Rover wegen der vielen Bauernhöfe keine Seltenheit waren. Doch keiner von denen hatte eine so grelle Farbe. Jeder in der Gegend wusste, dass der knallgelbe Land Rover ihr gehört. Und so hätte sicher jeder die Polizei informiert, wenn jemand anderes an Dougals Steuer gesessen hätte. Eine praktische Alarmanlage.
In seinem zivilen Leben bekam der 90er auch noch ein paar technische Veränderungen
Zunächst erhielt der 90er ein neues Herz. Der robuste und bewährte 200 Tdi Motor sorgt nun für ordentlich Vortrieb und Zuverlässigkeit. Der 200 Tdi wurde von 1990 bis 1994 von Land Rover in Zusammenarbeit mit AVL gebaut und ist ein wassergekühlter Vierzylinder-Viertakt-Turbodieselmotor mit direkter Einspritzung. Er hat 2,5 Liter Hubraum und 107 PS und gilt unter Kennern als äußerst robust. In diesem Zuge bekam Dougal auch das LT230 Verteilgetriebe, einfach weil es ein bisschen stärker ausgelegt ist. Ideale Voraussetzungen für ein Reisefahrzeug also.
Eine nachgerüstete Servolenkung sorgt für kräfteschonendes und entspanntes Fahren. Wer möchte schon wie Popeye von einer Tour zurückkommen? Außerdem bekam der 90er, aus Gewichts- und Budgetgründen, noch Leichtmetallfelgen. Die schlauchlosen Stahlfelgen, in gutem Zustand, waren schwer zu finden oder überstiegen das Budget.
Das vollständige Making of Dougal könnt ihr euch hier auf YouTube ansehen.
Ein paar Umbauten für Reisezwecke dürfen an Dougal auch nicht fehlen
Die Version 1.0 des kleinen Innenausbaus bestand aus einem selbstgebauten Holzlattenbett mit einer ausklappbaren Schlaffläche. Später kamen noch vier Staukisten für Ausrüstung darunter und eine Plattform für einen Kühlschrank, der von einer Zweitbatterie gespeist wird. Das ist alles.
Die Version 2.0 ist noch im Bau. Dazu hat Rhi Staukisten mit Hilfe von Aluprofilen auf die Radkästen gebaut. Auf der Fahrerseite sind Werkzeuge und Ersatzteile untergebracht, die andere Seite dient als Stauraum für Reisegepäck und – Ausrüstung. Zusätzlich bekam Dougal ein Schubladensystem und eine neue Halterung für den Kühlschrank. So richtig zufrieden ist seine Besitzerin damit jedoch noch nicht, denn der begrenzte Raum des Fahrzeugs ist so nicht mehr optimal genutzt. Es ist an der Zeit für die Version 3.0.
Einfachheit und Zuverlässigkeit statt umfangreichen Zubehörs und Gadgets
So viel Anbauteile und Zubehör gibt es an diesem 90er nicht. Wie bereits erwähnt, gibt es eine zweite Batterie, die den Kühlschrank betreibt und Steckdosen mit Strom versorgt etwa um einTelefon oder andere Akkus aufzuladen. Ein mobiles Solarpanel sorgt für Strom-Nachschub. Hinzu kommt ein CB-Funkgerät um mit Mitfahrern in der Gruppe in Kontakt zu bleiben. Das war es und in Dougal gibt es nicht mal ein Radio. Getreu dem Motto, was nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen.
Rhi versucht, die grundlegenden Wartungsarbeiten genau einzuhalten, was der Zuverlässigkeit wirklich hilft. Dazu gehören beispielsweise ein jährlicher Ölwechsel, Gelenkwellen abschmieren einmal im Monat, die wöchentliche Ölkontrolle und vor einer langen Reise noch viel mehr. Zudem kennt sie ihr Fahrzeug mittlerweile richtig gut und merkt sofort, wenn es ein neues Geräusch gibt. Mittlerweile steht eine 143.000 auf dem Kilometerzähler. Apropos Zuverlässigkeit. Außerdem verbraucht er zuverlässig etwa acht bis neun Liter auf 100 Kilometer. Das ist für ein so altes Auto gut.
Für den Fall, dass doch einmal etwas kaputtgehen sollte, hat die Besitzerin vorgesorgt. Sie hat gelernt, ihr Fahrzeug selbst zu reparieren. Wenn sie alleine unterwegs ist, ist es ihr wichtig, dass sie weiß, wie sie es entweder selbst reparieren kann oder wie sie es sicher zum nächstgelegenen Ort schafft, um Hilfe zu bekommen. Zudem hat sie im Laufe der Jahre viel über Land Rover Technik von ihrem Vater gelernt und er ist immer nur einen Telefonanruf entfernt. Aber auch YouTube, ihr Freund Valentin, der vieles an seinem Lada selbstgebaut und umgebaut hat, sowie das Werkstatthandbuch sind eine große Hilfe bei größeren Reparaturen.
Viel gereist und noch mehr Ideen für die Zukunft
Dieser Land Rover ist Daily Driver und Reisefahrzeug. Daheim mutiert er auch schon mal zum Arbeitstier und darf Brennholz für den heimischen Ofen transportieren. Und transportieren darf und kann der Kleine wirklich viel. Rund 600 kg beträgt die Zuladung.
Rhi mag den Charakter ihres Klassikers. Auf Reisen ist dieses Auto ihr zu Hause und sie freut sich, wenn das Aussehen des Wagens Freunden und Fremden Freude bereitet. Durch das klassische und zugleich auffällige Äußere des 90ers, ist sie schon mit vielen interessanten Menschen ins Gespräch gekommen.
Mittlerweile hat sie mit Dougal dreizehn Länder in Mitteleuropa bereist. Dieses Jahr kommen Spanien, Andorra und Monaco hinzu. Wenn es die Zeit zulässt, würde sie in den nächsten Jahren gerne noch mehr osteuropäische Länder bereisen. Die Türkei und Albanien stehen dabei ganz oben auf der Wunschliste. Für kommende Reisen möchte sie eventuell noch ein Hardtop und einen zweiten Kraftstofftank montieren. Das Hardtop würde viel mehr Stauraum bieten und lässt sich für die kühlen Jahreszeiten besser isolieren. Der zweite Tank würde mehr Unabhängigkeit für längere, abgelegenere Fahrten geben. „Ich versuche nur, es so einfach wie möglich zu halten.“ beschreibt sie ihr Konzept. Das ist sicherlich eine gute Wahl.
Wenn ihr mehr über den Old Man Dougal und seine Reiseabenteuer erfahren möchtet, dann schaut euch mal auf Instagram unter oldmandougal um. Und was Rhi Spannendes auf ihrer viermonatigen Europarundreise erlebt hat, darüber berichten wir euch demnächst hier auf Matsch&Piste.
© Fotos: Rhiannon Healey