Nach dem großen Erfolg der ersten Ausgabe 2021 startete die Fenix Rallye 2022 am 12. März zum zweiten Mal. Das Team Daktec sind Fahrer Matze Krüger, meine Wenigkeit H.C. Maurer als Copilot sowie Tommy Viecenz, Stefan Henken und Holger Neumann im Service. Wobei die Mechanikercrew auch anderen CanAmTeams mit Rat und Tat sowie Ersatzteilen zur Seite stand.
Nach dem wegen technischer Panne verpassten Gesamtsieg auf der Rallye ElChott im Oktober wollten wir es diesmal mit frisch überholtem Auto angehen. Letztes Mal war ein A-Arm der Vorderradaufhängung gebrochen und zwang uns auf den Camion Balai, den Besenwagen. Das Fahrzeug ist ein von South Racing Südafrika aufgebauter CanAm X3 Turbo.
Unterschiede zum Serienmodell sind grob gesprochen der komplette Rahmen, alle Fahrwerksteile inklusive hinterer Schwingen sowie Modifikationen an Motor, Kühlung und Getriebe. Am Ende stehen dort fahrfertig 800kg die von einem turborisierten 1000cccm Dreizylinder mit 230PS vorwärts katapultiert werden.
Vom Chiemsee in die Wüste
Die Fenix Rallye 2022 fängt für uns ganz unspektakulär mit der Abholung des Fahrzeuges am Chiemsee an. Dort sitzt Stefan Henken mit seiner Firma und hat das Auto für uns perfekt vorbereitet. Stefan dürfte vielen hier kein Unbekannter sein er hat bei den letzten mindestens 6 Dakars für South Racing im 800PS MAN-Racetruck gesessen und auf offener Strecke Kundenautos wieder repariert und zur Not ins Ziel geschleppt. In Sachen CanAm gibt es also quasi kein Problem das er mit seiner Mannschaft nicht lösen könnte.
Nach einer Nacht am Chiemsee starten wir am nächsten Morgen ausgeruht nach Genua, dort wartet die italienische GNV-Fähre auf uns. Die Überfahrt selbst ist unspektakulär. Das Einzige das erwähnenswert ist, ist das unglaublich schlechte Essen zu horrenden Preisen auf diesem Dampfer. Eine echte Schande für dieses Land der kulinarischen Köstlichkeiten. Ich kann jedem nur empfehlen die Versorgung während der 25 Stunden dauernden Überfahrt mittels mitgebrachter Verpflegung selbst in die Hand zu nehmen.
Im Hafen in Tunis / La Goulette geht die Einreise im für Rallyeteilnehmer gewohnten Tempo vonstatten. Alles ist seitens des Veranstalters gut organisiert und Mitarbeiter der tunesischen Motorsportverbände sind vor Ort um zu helfen, falls es notwendig sein sollte.
Fenix Rallye 2022 – Der Start in Tunis
Die ersten drei Übernachtungen werden in Tunis stattfinden, dort ist an jeweils einem Tag die Dokumentenabnahme, die technische Abnahme sowie der erste Start. Eine Besonderheit dieser Amateurralye ist, daß das GPS-Gerät und das Trackingsystem vom Veranstalter gestellt werden. Das kennt man sonst nur von F.I.A. Veranstaltungen.
Der Showstart findet wenig beachtet von der Öffentlichkeit in Tunis am Hotel statt.
Nach einer ausgiebigen Schleife durch die Innenstadt fahren alle 155 im Rennen gemeldeten Fahrzeuge ca. 85km südlich nach Hammamet. Dort ist am Strand der 25km lange Prolog der zur Ermittlung der späteren Startreihenfolge dient. Hier gibt es schon die ersten Ausfälle, schlecht vorbereitete Fahrzeuge und ungeübte Fahrer sind zumeist die Ursache.
Wir lassen es vorsichtig angehen, fahren aber trotzdem unter die ersten zehn in der Gesamtwertung.
Rund um Douz
Nach knappen 400km Überführungsetappe stehen nochmal 74km Wertungsprüfung auf dem Programm. Es wird also ein langer Tag, der in der Stadt Douz, dem „Tor zur Sahara“ endet. Die 155 Teams sind aufgrund der hohen Personenzahl in drei verschiedenen Hotels untergebracht die aber in wenigen hundert Metern Entfernung zueinander liegen. Hier sollen wir drei Tage bleiben, die letzten drei Renntage sollen von der Oase Ksar Ghilane aus gestartet werden. Die Umgebung von Douz bietet schnelle, gerade Pisten rund um den Parc Jebil, kleine weiche Dünen aller Couleur und auch fahrtechnisch anspruchsvolle steinige Pisten in den Bergen.
Letztere fahre ich am liebsten, das ist navigatorisch und fahrerisch höchst anspruchsvoll und trennt schnell die Spreu vom Weizen. Auch dort sind wir immer unter den ersten zehn.
Diese steinigen, verwinkelten Pisten sind mit unserem Auto eine absolute Freude, gutes Fahrwerk und abnormales Beschleunigungsvermögen aus den Kurven treiben einem stetig das Grinsen ins Gesicht.
2021 bin ich dort mit einem Defender gestartet, für ein Starrachsenauto und seine Insassen ist das eine schlimme Tortur. Auf den schnellen Pisten sind die Autos gegenüber den Side-By-Side im Vorteil, weil deren Höchstgeschwindigkeit einfach deutlich größer ist. Im Side-By-Side fährt man auf den Geraden um die 130km/h. Die Autos fahren je nach Mut und Können des Fahrers teilweise 200km/h. Da verlieren wir dann deutlich an Plätzen.
Zum Ausgleich schlägt dann in richtig weichen Dünen wieder unsere Stunde, dort lassen sich einige andere Fahrzeuge von uns eine Spur durch den Sand legen, um uns dann auf der folgenden Piste zu verblasen. Nicht sehr nett, aber wirkungsvoll und legal.
Pläne ändern sich
Schon am Dienstag ändern sich alle Pläne des Veranstalters Alexander Kovatchev. Der aufziehende Sandsturm könnte die Helikopter dazu zwingen, am Boden bleiben zu bleiben und die Sicht in den Dünen wird parallel gegen Null gehen. Da der erste Sturmtag die Arbeiten im Oasencamp stark behindert hat und wohl auch Zelte zerstört wurden, bleibt der gesamte Rallyetross in Douz.
Darum werden Etappen hin und her getauscht, im Sandsturm sollen nur noch Pisten gefahren werden. Das funktioniert organisatorisch erstaunlich gut. Einziger Wermutstropfen sind die 140km Entfernung, die entweder vor, nach, oder vor und nach der Etappe auf Asphalt zu bewältigen sind. Die Roadbooks sind für den Umzug des Camps nach Ksar Ghilane geschrieben worden.
Ein Sturm zieht auf
Am Tag 4 Führt uns die Etappe über sandige Pisten nach Nefta, dort stehen die Originalkullissen der ersten Star Wars Verfilmung. Die Sicht ist so schlecht, daß wir uns, wie viele andere auch, verfahren. Endlich fast im Ziel, liegt wenige Meter vor der Zeitkontrolle ein überschlagener holländischer Racetruck vor uns, er hat die steile Dünenabfahrt in den Talkessel zu den Kulissen wegen des Sandsturms nicht gesehen. Im Roadbook war die Stelle nicht als gefährlich markiert. Diverse andere Fahrzeuge verunfallen an dieser Stelle ebenfalls noch.
An Tag 5 wird nur eine der beiden geplanten Etappen gefahren, auf schnellen Pisten sind alle zeitig wieder zurück in Douz. Tag 6 ist ein echtes Brett! Weiche Dünenfelder, die sich mit Überquerungen relativ hoher Dünen abwechseln lassen viele Motorradfahrer verzweifeln, aber auch die meisten Allradfahrzeugteams wissen abends genau wie man eine Schippe bedient, Geländewagen und Buggys gleichermaßen.
Dünen sind unser Element
Hier sind wir vollkommen in unserem Element, Matze kann extrem gut Dünen fahren und mir liegt die freie Navigation nach GPS-Punkten und Kompasskursen sehr. Platz 7 kommt dabei heraus. Die ersten Teams werden diese Nacht in den Dünen übernachten müssen weil die Bergetruppe von Achim Lust mit ihren vier LKW und der Unzahl havarierter Teilnehmer an ihre Grenzen gerät. Von den seriennahen Fahrzeugen kommt an diesem Abend übrigens kein einziges ins Ziel.
Wer glaubt der letzte Tag sei nur noch als Ausklang der gelungenen Veranstaltung da, der irrt gewaltig. Wir fahren von Douz aus die ursprünglich erste Etappe des dritten Tages und dann nahtlos in die fast komplette Etappe des siebenten Tages. 230km Sand und 90km Asphalt geben einigen, die sich sicher im Ziel wähnten, komplett den Rest.
Da immer noch Fahrzeuge in der Etappe 6 stehen, wird die Zeit knapp, noch alle Fahrzeuge bis zur Abfahrt der Fähre bergen zu können. Das endet damit, dass Crews per Helikopter ausgeflogen werden und die Fahrzeuge vorerst in der Etappe zurück bleiben. Die Besenwagen bringen die Autos nur noch nach Ksar Ghilane an die Teerstraße, der Weitertransport obliegt den Besitzern.
Für einen Mercedes G wird die Zeit zu knapp, das Auto bleibt in den Dünen und der Besitzer organisiert in Eigenregie die Bergung durch den ortsansässigen Abschleppdienst „Sahara Assistance“. Fairerweise hat der Veranstalter im Nachgang die Kosten dafür übernommen.
Fazit der Fenix Rallye 2022
Insgesamt war die gesamte Veranstaltung für die meisten Teams aber ein voller Erfolg. Es hat sich allerdings einmal wieder gezeigt, dass selbst der kleine tunesische Teil der Sahara kein Kinderspielplatz ist, abhängig natürlich von der Streckenwahl. Ich schätze diese Rallye mittlerweile als eine der anspruchsvolleren Amateurveranstaltungen ein, sowohl was Fahrtechnik, Navigationskenntnisse und auch die Fahrzeugvorbereitung angeht.
Das Starterfeld ist vor allem in der Spitzengruppe sehr stark, darum sind wir mit unserem zehnten Platz von 50 bei den Side-by-Side und dem sechzehnten Platz von 155 in der Gesamtwertung ziemlich zufrieden – auch wenn noch ein oder zwei Plätze mehr drin gewesen wären.
Mehr zur Rallye unter fenix-rally.com