Christian ist gelernter Koch. Er liebt das Reisen und die Menschen. Fünf Jahre war er in Südamerika unterwegs und hat dort viele Freunde gefunden. Seit einigen Monaten ist er zurück in der Heimat. Doch zu Hause ist für ihn ganz woanders. Wie das Zurückkommen nach der langen Reise war, was die Reise verändert hat und was er zu Hause am meisten vermisst, erfahrt ihr in unserem Interview.
Wie lange warst du unterwegs und welche Länder hast du bereist?
Auf diesem Reiseabschnitt war ich knapp 5 Jahre unterwegs. Ursprünglich war der Plan in diesen 5 Jahren 5 Kontinente zu bereisen, sprich einmal um die Welt. Ich bin dann aber aus diversen Gründen praktisch in Südamerika hängengeblieben. Daraus resultieren 9 Länder, Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay, Bolivien, Brasilien, Peru, Ecuador und Kolumbien. In Venezuela bin ich nicht gewesen, da es mir durch die momentane politische Situation nicht möglich war, von Kolumbien her die Grenze zu überqueren. Insgesamt habe ich dabei 120.000 Kilometer zurückgelegt und 70 mal eine Grenze überquert. Zweimal bin ich durch Südamerika gefahren, denn ich wollte verschiedene Regionen zu verschiedenen Jahreszeiten bereisen, um zum Beispiel Patagonien nicht nur im Sommer sondern auch im Herbst und Winter und den Salar de Uyuni sowohl zur Trocken- als auch in der Regenzeit zu sehen.
Wie war das Zurückkommen für dich? Gab es eine Feier?
Das Zurückkommen nach der langen Reise war komisch, aus dem relativ freien Reisen zurück ins reglementierte Leben. Ich habe es ein wenig hinausgezögert, indem ich auf dem Weg vom Rückreisehafen Antwerpen heim nach Österreich allerlei Freunde aus der Land Rover- und Reiseszene besuchte um das Ankommen zu verzögern. Leider ließ sich das nicht unbegrenzt hinausschieben, da daheim eine Willkommens-Überraschungs-Party organisiert wurde, zu der ich mit allerlei Raffinesse hin gelotst wurde.
Die Pointe dabei war ein Streich einiger Freunde, die mir eine gefakte Polizeikontrolle gestellt hatten, kurz vor Ankunft. Ich war auf der Heimreise generell etwas nervös, 5 Jahre TÜV abgelaufen, dazu ein Fahrzeug, das zu diesem Zeitpunkt einige Mängel hatte, die locker ausgereicht hätten, um es aus dem Verkehr zu ziehen. Die wollte ich aber erst daheim reparieren. Na ja, kurz gesagt, war die Kontrolle derart echt. Auftreten der mir nicht bekannten „Polizisten“ in Zivil, passendes Fahrzeug mit Blaulicht und die Angst, dass die mir 30 km vor daheim den Landy stilllegen. Ich habe dann auch rasch den Geldbeutel gezückt, um alles zu zahlen, was die wollten. Hauptsache ich komme schnell wie möglich raus aus der Kontrolle. Das Strafgeld haben wir daheim mit den anderen 40 wartenden Freunden in Bier umgewandelt.
Hast du das Gefühl, dass sich viel verändert hat?
5 Jahre sind eine lange Zeit, natürlich verändert sich da etwas. Ich habe viel erlebt und gesehen, das die Daheimgebliebenen nicht erlebt haben. Das verändert erstmal den eigenen Horizont. Man denkt anders als früher, aber auch die anderen haben sich verändert, Sie haben Häuser gebaut, Familien gegründet und Karriere gemacht.
Mit meinen früheren, wirklich engen, Freunden klappt der Kontakt auch heute noch gut, bei anderen merkt man schon, dass die Interessen sich entfernt haben. Und dass einfach mehr Distanz und Oberflächlichkeit dazwischen liegen. Dazu die Politik der letzten Jahre, aber auf die will ich nicht im Detail eingehen. Aber es ist mühselig, bei praktisch jedem Gespräch darin zu enden. Ich unterhalte mich gerne, das ist daheim auch auf der Strecke geblieben, jeder schaut nur noch in sein Smartphone dazu die ständige Erreichbarkeit. Auf Reisen war ich ja oft weg von jeglichem Mobil und WLAN-Signal. Das hab ich schon genossen.
Was vermisst du am meisten, jetzt wo du wieder zu Hause bist?
Die Freiheit und die Einsamkeit in der Natur. Auf der Reise konnte ich machen, was ich wollte. Sicher, auch auf Reisen hat man eine Art „Alltag“, Dinge um die man sich kümmern muss. Aber im Großen und Ganzen konnte ich selbst entscheiden, wann ich was mache, oder wo ich hinfahre. Europa ist im Vergleich zu den meisten Regionen Südamerikas sehr dicht besiedelt, ich vermisse es, in der Natur zu sein und alleine zu sein, für hunderte Kilometer, tagelang niemanden treffen.
Das geht daheim ja fast gar nicht mehr. Wenn ich hier in die Berge gehe, dann treffe ich alle paar Minuten jemanden. Die Geräusche der Autobahn hört man bis hoch hinauf, auf den gegenüberliegenden Berghängen sieht man Häuser und Dörfer, bis in den letzten Winkel hat man Handyempfang. Auch vermisse ich die Menschen dort drüben. Sie sind häufig viel offener als daheim, man kommt sofort überall ins Gespräch, so manche Einladung folgte darauf.
Worüber freust du dich am meisten, jetzt wo du wieder daheim bist?
Das Wiedersehen mit der Familie und auch mit meinen besten Freunden, mit denen kann ich aber auch gut per Skype und Co. gut in Kontakt bleiben, Generell hat mich das Zurückkommen nach der langen Reise nicht sehr motiviert.
Wie hat sich dein Leben verändert im Vergleich zu vor der Reise?
Mein Leben ist erst dabei, sich wieder einzurenken daheim. Das Gasthaus, das ich vor 5 Jahren verkauft hatte, ist nicht mehr existent. Ich überlege auch mich beruflich zu verändern. Bisher hatte ich daheim viel zu tun, am Haus meiner Eltern arbeiten, auch habe ich seit meiner Rückkehr einige Reise- und Landrovertreffen besucht, Reisefreunde, die ich in Südamerika kennengelernt hatte, besucht. Den Sommer genieße ich noch soweit in Freiheit und ab Herbst kümmere ich mich dann um den neuen Ernst des Lebens.
Hat die Reise dich verändert?
Da ich viel gesehen und erlebt habe, das sich doch stark vom Leben daheim unterscheidet, habe ich mich natürlich auch in gewissen Bereichen verändert. Ich bin selbst offener geworden, sehe politische Dinge anders als früher, ich bin aber auch viel genügsamer geworden. Ich bin raus aus der Konsumwelt, da ich auf Reisen gelernt habe, mit viel weniger auszukommen, und auch auf viel weniger Platz zu leben als daheim. Auch bin ich ruhiger und gelassener geworden. Mich regt nicht mehr so viel auf wie früher, einfach mehr „Tranquillo“.
Juckt es dich schon, gleich wieder loszufahren?
Am liebsten würde ich sofort wieder aufbrechen, es gibt ja noch so viel zu erleben und zu entdecken. Mich hat es auch vor dieser großen Reise schon sehr oft hinausgezogen in die weite Welt. Der Tag der Heimfahrt war immer irgendwie depressiv.
Ich fühle mich fast überall anders mittlerweile wohler als daheim. Wenn man von diesem Reisevirus mal so richtig infiziert ist, dann ist ja Heilung praktisch schwer möglich. Erst muss ich mal wieder etwas Geld verdienen, dann werden sich auch neue Pläne entwickeln. In der Reisebranche zu arbeiten, würde mich auch interessieren, Den Beruf mit dem Herumreisen in der Welt zu verbinden, stelle ich mir toll vor. Falls jemand aus der Reisebranche mitliest und Bedarf hat, kann er sich gerne melden.
Während der Reise haben wir Christian schon einmal interviewt. Lasst eure Träume wahr werden – Interview mit Christian Weinberger.
Christian hat seine Reiseerinnerungen in Word und Bild auf seinem Blog weindis-worldtour.at festgehalten. Schaut auf jeden Fall mal rein.