Ladungssicherung – jeder LKW-Fahrer kennt dieses wichtige Thema. Doch was haben wir Offroader damit zu tun? Sehr viel! In diesem Artikel zeigen wir euch, warum eine richtige und gewissenhaft23e Ladungssicherung auch im privaten Bereich wichtig ist und wie ihr das in und an eurem Offroader richtig umsetzen könnt.
Was sagt der Gesetzgeber? Was bedeuten Begriffe wie dynamische Dachlast, Zuggesamtgewicht, Achslast, Reifenlastindex konkret? Wie wird Ladung gesichert und was sagt die Physik dazu? Worauf solltet ihr bei der Auswahl der Hilfsmittel, wie beispielsweise Gurte, Ösen, Fittings und bei Dachlasten achten? Das alles beantworten wir in dieser Artikelreihe zur Ladungssicherung für Offroader. Im ersten Teil haben wir uns die Grundlagen hinsichtlich der Vorschriften zur Ladungssicherung, Technik und Physik angeschaut. In Teil 2 geht es nun um die praktische Anwendung und Hilfsmittel zur Ladungssicherung.
Wie packen wir nun unseren Offroader?
Vor einiger Zeit haben wir für euch einmal Ausrüstung für Offroad-Reisen und eine Packliste für eure Offroad-Tour zusammengestellt. Wie ihr diese Ausrüstung in eurem Offroader verstaut, darum geht es jetzt.
Schwerpunktgünstiges Verstauen haben wir uns schon angesehen. Das ist wichtig. Welche weiteren Möglichkeiten ihr konkret habt, Ladung und Ausrüstung sicher zu verstauen, schauen wir uns jetzt an. Eure Ausrüstung oder Ladung kann sich durch dynamische Einflüsse beim Fahren verschieben. Sei es durch Brems- und Beschleunigungsmanöver sowie Kurvenfahrt auf der Straße oder durch Schräg- und Steilfahrten im Gelände.
Formschlüssigkeit und Kraftschlüssigkeit
Jeder hat es schon mal gehört: Formschlüssigkeit und Kraftschlüssigkeit. Doch was ist damit gemeint und wie könnt ihr dies in eurem Offroader umsetzen?
Bei der formschlüssigen Ladungssicherung positioniert ihr die Ladung so, dass sie nicht verrutschen kann. Dies, indem ihr Ausrüstungsgegenstände lückenlos so verladet, dass ein Verrutschen durch die Zusammenwirkung mit der Bauart eures Fahrzeugs (Ladebordwände), verhindert wird. Ebenso könnt ihr Ausrüstungsgegenstände direkt verzurren. Dabei gibt es eine ganze Reihe Formen, z.B. Diagonalverzurren, die eher im gewerblichen Bereich zum Einsatz kommen, z.B. wenn Ösen am Fahrzeug und Befestigungsmöglichkeiten an der Fracht und weitere Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Daher wollen wir nicht näher darauf eingehen.
Bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung sichert ihr Gegenstände durch Niederzurren mit geeigneten Hilfsmitteln wie etwa Spanngurten. Die Gegenstände werden auf die Ladefläche gepresst und damit vor dem Verrutschen gesichert:
Auch eine Kombination ist möglich. Wenn es mit dem Offroader auf Reisen geht, wird wahrscheinlich zumeist die kraftschlüssige Ladungssicherung oder ein Niederzurren angewendet.
Praxistipp: Auch innerhalb einer Staubox solltet ihr Ausrüstungsgegenstände so verstauen, dass sie nicht hin- und herrutschen. Beispielsweise durch formschlüssiges Packen oder kleinere Gurte. So könnt ihr wirkungsvoll verhindern, dass sich Gepäckstücke ungewollt in Bewegung setzen.
Auch Gurte müssen geschützt werden
Achtet beim Spannen von Zurrgurte darauf, dass ihr diese niemals über scharfe Kante zieht und ggf. einen Scheuerschutz verwendet. Weitere gut geeignete Hilfsmittel bei der Verzurrung sind Decken und Ladungssicherungsnetze. So könnt ihr Gegenstände sicher an einem Ort halten.
Kleinkram
Handfunkgerät, Smartphone, Tablet, Stifte, Schreibblock, Ladegeräte, Thermobecher, Thermoskanne, Schlüsselbund, kleiner Werkzeugkasten, Trinkflaschen, GPS Messenger, Kompass, Reiseführer, Landkarten, Multitools…
… wir Offroader haben viel Kleinkram im Fahrzeug.
Im besten Fall klappern diese bei Pistenfahrt vor sich hin und nerven einfach nur. Im Gelände können diese Gegenstände jedoch im Auto herumfliegen oder gar bei einem Unfall zu gefährlichen Geschossen werden. Verwendet bitte den freien Beifahrersitz nicht als Ablage, auch wenn es zunächst praktisch erscheint. Gegenstände können sich nicht nur leicht selbständig machen, vielleicht greift ihr auch intuitiv beim Verrutschen durch ein Bremsmanöver danach und verliert dann möglicherweise die Kontrolle über euren Offroader.
Denkt also bitte daran, auch Kleinkram sicher und doch gut greifbar zu verpacken. Dazu bieten sich beispielsweise kleine Staunetze oder einfach das formschlüssige Sichern durch Einklemmen neben dem Sitz an. Für Tablets, Smartphones und Co. gibt es viele verschiedene Halterungen am Markt, die die Geräte sicher halten und oft noch weitere Funktionen, wie z.B. das Aufladen oder Datenverbindungen, haben. Nicht nur im Offroadbereich haben sich dazu u.a die RAM Mounts Haltesysteme bewährt.
Auch das im Einsatzbereich erprobte und bewährte „Modular Lightweight Load-Carrying Equipment“ (kurz MOLLE) -System bietet für Offroader interessante Befestigungsmöglichkeiten, wie etwa diese bei Nakatanenga erhältlichen Befestigungspanele und Taschen.
Ebenso eignen sich die in verschiedenen Größen und Stärken erhältlichen Quick Fist Halterungen als Befestigung für beispielsweise Werkzeug.
Wird das Bergematerial im Fahrzeug gelagert, so könnt ihr hier eine praktische Tasche oder Kiste zum Verpacken verwenden. Diese verstaut ihr sicher im Fahrzeug verstaut und zugleich habt ihr alles komplett griffbereit. Denkt bitte auch daran, dass ihr so wichtige Dinge wie Feuerlöscher, Verbandkasten und Warndreieck zwar gut erreichbar für den Notfall, aber dennoch sicher verstaut.
Dachlasten
Viele Reise-Offroader setzen auf den Dachträger. Diese Lasten auf dem Dach sind besonderen Einflüssen ausgesetzt: Wind, Regen, dynamischen Kräften aus Brems- und Beschleunigungsmanövern, Wanken und Schräglage bei Geländefahrten.
Umso wichtiger ist die Ladungssicherung hier. Zum wettergeschützten verstauen und befestigen von Dachlasten eignen sich beispielsweise Packsäcke, wie die bewährten Ortlieb Packsäcke oder Transportboxen, wie z.B. die bekannten ZARGES-Kisten, welche sicher auf dem Dachträger befestigt werden. Schaut euch dazu nochmal die Abschnitte zur form- und kraftschlüssigen Ladungssicherung sowie den technischen Hintergründen an.
Dachlasten sollten aufgrund der in der Folge sich verschlechternden Fahreigenschaften und anderen Einbußen wie etwa die erhöhte Durchfahrtshöhe stehts überdacht werden. Ja, so ein vollbeladener Dachträger sind irgendwie nach toll nach Expedition aus, doch er hat eben auch seine Nachteile. Dazu mehr in Teil 3.
Reservekanister
Jeder kennt diese Fotos mit einer endlos erscheinenden Batterie Kraftstoffkanistern auf dem Dachgepäckträger eines Offroaders. Das sieht abenteuerlich aus. Das ist es gewissermaßen auch, jedenfalls mit Blick auf Sicherheit und Fahrphysik. Sind für eine Tour deutlich größere Kraftstoffkapazitäten als die serienmäßige erforderlich, ist ein größerer Tank oder Zusatztanks, die schwerpunktgünstig, sicher und vorschriftsmäßig am Fahrzeug befestigt sind nicht nur die komfortablere, sondern auch die sicherere Variante.
Sofern ihr einen Reservekanister mit auf Reisen nehmt, verwendet bitte dazu nur einen zugelassene Behälter und verstaut diesen sicher. Reservekanister für Kraftstoff müssen dicht, fest verschließbar und bruchsicher sein, so beschreiben es etwa die DIN-Normen 7274 und 16904.
Beachtet bitte die im Reiseland geltenden Vorschriften hinsichtlich der Mitführung von Reservekanistern, insbesondere auch hinsichtlich des bei Offroadern beliebten Transportes außen am Fahrzeug, sowie die Ein- und Ausfuhrbestimmungen an den Grenzen (beispielsweise fällige Abgaben bzw. Mitführungsgrenzen und Verbote). Auch auf Fähren kann die Mitnahme eingeschränkt oder untersagt sein.
Zum Umfüllen von Kraftstoff aus dem Reservekanister in den Tank ist übrigens so eine Schüttelpumpe eine nützliche Sache.
Haustiere an Bord
Euer Hund darf mit auf die Reise. Der Hund gilt in diesem Fall als Ladung und so treffen auch auf ihn die Regelungen zur Ladungssicherung zu. Darüber hinaus sollte er sich natürlich wohlfühlen auf Tour und es sind Regelungen zum Tierschutz einzuhalten. Details zu Letzterem findet ihr in der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV). Darin ist u.a. in § 8 Fütterung und Pflege geregelt, dass die Betreuungsperson „für ausreichende Frischluft und angemessene Lufttemperaturen“ zu sorgen hat, „wenn ein Hund ohne Aufsicht in einem Fahrzeug verbleibt“.
Für die Mitnahme eures Vierbeiners gibt es zahlreiche – teils fahrzeugspezifische – Lösungen. Trenngitter, Hundeboxen, Anleinsysteme und vieles mehr. Das alles könnt ihr am besten gleich beim Ausbau eures Offroaders berücksichtigen und mit einplanen.
Der ADAC hat zum Thema Hundetransport im Auto ein How-To Video veröffentlicht:
Quelle: YouTube-Kanal des ADAC e.V.
Ladungssicherung ist sinnvoll und wichtig
Ihr seht schon, die richtige Sicherung der Ladung erfordert etwas Zeit. Doch das ist gut investierte Zeit, denn so klappert nichts während der Fahrt herum und es kann wirksam gar Schlimmeres verhindert werden. Noch ein Tipp dazu aus der Reisepraxis:
Geht vor der Abfahrt oder auch mal zwischendurch während einer Tour, um euer Fahrzeug und schaut durch den Innenraum, ob alles sicher an Ort und Stelle und alles was verzurrt sein muss (noch) richtig verzurrt ist.
Auf was sollten wir bei der Anschaffung und Verwendung der Hilfsmittel achten?
Spanngurte gibt es für jeden Zweck
Zurr- oder Spanngurte gibt es im Prinzip in zwei Grundausführungen. Einteilige Gurte, die aus dem Gurtband selbst und einer Spannvorrichtung bestehen und zweiteilige Gurte, die aus einem festen Ende aus Gurtband, Anschlagmittel (z.B. Haken) und Spannvorrichtung sowie einem längeren losen Ende aus Gurtband und Anschlagmittel bestehen. Die Spannvorrichtung kann als ein einfaches Klemmschloss für einfachere Anwendungen oder als Ratsche ausgeführt sein.
Wir erinnern uns an den § 22 StVO aus Teil 1 Ladungssicherung für Offroader, der unter anderem regelt, dass „die anerkannten Regeln der Technik zu beachten.“ sind. Was sind diese anerkannten Regeln der Technik? Sie sind eine Hilfestellung zur ordnungsgemäßen Ladungssicherung.
Die wichtigsten Normen dazu sind die:
- DIN EN 12195. Diese stellt eine der „anerkannten Regeln“ des §22 StVO dar und regelt beispielsweise wie Zurrgurte zur Ladungssicherung beschaffen sein müssen.
- Die VDI 2700 gibt entsprechende Auskünfte zur richtigen Beladung und Ladungssicherung und bildet seit Jahren ein Standardwerk in diesem Bereich. Die Blätter 8.1 und 8.2 geben u.a. wichtige Hinweise zur richtigen Beladung von PKW, Anhängern und der Verwendung der Zurrgurte.
Hier wird beschrieben, wie die Ladungssicherung erfolgen kann, damit die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Das Ziel ist immer die ordnungsgemäße Ladungssicherung. Wie ihr diese vornehmt ist euch überlassen – so lange die anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden. Die verschiedenen Normen sind durch Experten über viele Jahre immer weiterentwickelt worden. So ist es sicherlich empfehlenswert sich an die Normen zu halten, um eine ordentliche Ladungssicherung zu gewährleisten. Im Zweifel wird man sich auch bei einer Überprüfung, etwa im Schadensfall, an den Normen orientieren.
Qualitativ hochwertige und für die Ladungssicherung zugelassene Gurte haben ein eingenähtes Etikett
Auf diesem Etikett findet ihr neben dem Namen des Herstellers, unter anderem eine Prüfnummer, Angaben zur möglichen Belastung und Dehnung, der nutzbaren Länge, zu Normen, Produktionsjahr und -material sowie einen Rückverfolgungscode (zur genauen Rückverfolgung zu Hersteller und Charge) und ggf. noch einen Warnhinweis mit einer Angabe zum Verwendungszweck (z.B. nicht zum Heben geeignet). Etwas Ähnliches kennt ihr schon aus dem Bereich der Bergetechniken. Schauen wir uns die Angaben zur Belastung und Gewichten einmal genauer an.
Die einzelnen Angaben auf dem Etikett
Ein Spanngurt überträgt Kräfte. Somit ist es unausweichlich, dass sich der Gurt in einem gewissen Rahmen dehnt und sogar dehnen muss, beispielsweise um die Ladung sicher zu halten bei der Kurven- oder Schrägfahrt. Diese Dehnung muss jedoch im elastischen Bereich bleiben, damit der Gurt sich wieder in seine Ausgangsform zurückbewegt. Die maximale Dehnung darf gemäß der Norm DIN EN 12195-2 7 % betragen.
Die Belastungsgrenze des Zurrgurtes wird unter dem Kürzel LC (Lashing Capacity) angegeben. Dieser Wert sagt aus, wann die Belastungsgrenze des Gurtes bei einer direkten Verzurrung erreicht ist. Die Angabe erfolgt in daN, also Dekanewton. Dies ist eine Einheit, die in der Hebe- und Zurrtechnik angewendet wird und die ihr immer wieder bei Angaben zu den Eigenschaften eines Zurrgurtes findet. 1 Dekanewton entspricht 10 Newton. Dies entspricht ungefähr der durchschnittlichen Erdanziehungskraft, die auf eine Masse von einem Kilogramm wirkt.
Entscheidend beim Verzurren ist für euch natürlich auch, welche Kraft ihr aufwenden müsst. Darüber gibt die sogenannte Handkraft Auskunft. Ihr findet sie auf dem Gurtetikett als SHF (Standard Hand Force). In Europa ist diese genormt und beträgt 50 daN. Das bedeutet vereinfacht, dass ein Gewicht von ca. 50kg, welches an der Gurtratsche hebelt, bewirkt, dass der Gurt festgezogen wird.
Ein wichtiges Qualitätsmerkmal eines Spanngurtes ist die sogenannte Vorspannkraft. Diese ist auf dem Gurt mit STF (Standard Tension Force) angegeben. Es handelt sich dabei um die Kraft des Gurtes selbst. Auch dieser Wert wird in Dekanewton angegeben. Den Wert, den ihr als STF auf dem Gurtetikett findet, ist genau der Wert, welcher beim Aufbringen der oben genannten Handkraft (SHF) erreicht wird.
Was gibt es sonst noch bei Spanngurten zu beachten?
Ganz einfach, oder? Wichtig im Kopf zu behalten ist an dieser Stelle, dass die Daten auf dem Gurtetikett die maximale Kraft des Gurtes angeben. Mit welcher Last die Ladung tatsächlich gesichert wird, hängt davon ab, wie stark ihr den Gurt spannt!
Dass Gurte mit Beschädigungen und Verschleißspuren nicht mehr verwendet sollte selbstverständlich sein. Überprüft eure Gurte bitte am besten entsprechend vor jeder Benutzung. Doch aufgepasst – es sind leider immer wieder Gurte im Umlauf, die nicht für die Ladungssicherung geeignet sind. Auch für den Laien sind diese oftmals leicht erkennbar. Dies beispielsweise dadurch, dass die oben genannten Angaben zu Belastung und Gewichten in Kilogramm anstatt Dekanewton angebracht sind, das Herstellungsdatum fehlt oder anstatt des häufig vorhandenen GS Gütesiegels etwas anderes phantasievolles aufgedruckt ist.
In diesem Artikel des Polizeipräsidiums Mittelhessen findet ihr weitere wertvolle Informationen zur Verwendung von Gurten bei der Ladungssicherung.
Praxistipp: Zurrgurte in unterschiedlichen Größen und Ausführungen eignet sich unterwegs auch ideal als Improvisationsmittel bei Reparaturen.
Denkt bitte daran scharfe Kanten der Ladung zu schützen, um eine Beschädigung des Gurtes zu vermeiden und legt den Gurt nicht in zu engen Radien.
Voraussetzungen im Fahrzeug
Mit den Herstellern sind auf europäischer Ebene in den ISO-Normen, Mindestanforderungen für die Rückhaltesysteme, Rückenlehnen und Zurrpunkte vereinbart. Die ISO Norm 27955 beschreibt diese beispielsweise für Fahrzeuge der EU-Kategorie M (Kraftfahrzeuge, die zur Personenbeförderung ausgelegt und gebaut sind und höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz ausgestattet sind):
- Die ISO Norm schreibt fahrzeugseitig mindestens vier Zurrpunkte (bei kürzeren Laderäumen unter 700 mm Länge nur zwei Ösen) auf dem Boden oder an den Seitenwänden des Laderaums vor.
- Bei der Montage an den Seitenwänden, dürfen diese Ösen zur Ladungssicherung nicht mehr als 150 mm vom Boden entfernt angebracht sein.
- Die Anordnung hat paarweise und möglichst gleichmäßig mit einem Anstand von nichtmehr als 1200 mm und an der Längsseite zu erfolgen.
- Die Nennzugkräfte, die erreicht werden müssen betragen 300 daN bis 350 daN.
- Auch die Größe der Zurrpunkte ist vorgeschrieben (z.B. müssen Ringe einen Innendurchmesser von mindestens 20 mm aufweisen). Dies, damit ein Zurrgurt richtig befestigt werden kann.
- Für den Nachweis ist eine physische Überprüfung oder alternativ ein rechnerischer Nachweis möglich. Dafür gibt es genaue Regelungen, beispielsweise zur Höhe der Prüfkraft und dem Einleitungswinkel in den Zurrpunkt.
Ein weiteres Beispiel ist die DIN EN 12640. Sie beschreibt die Anforderungen an die Zurrpunkte an Nutzfahrzeugen zur Güterbeförderung.
Mindestanforderungen und Nachrüstung
Dies sind wie gesagt Mindestanforderungen für die Fahrzeughersteller. Es empfiehlt sich, sich auch bei der Nachrüstung daran zu orientieren, da diese als anerkannte Techniken (Vergleiche gesetzliche Vorschriften) gelten. Es spricht grundsätzlich nichts gegen eine individuelle Lösung bzw. einen Selbstbau von Stau- und Verzurrmöglichkeiten, solange diese richtig ausgeführt werden. Wichtig ist immer die ordnungsgemäße Ladungssicherung. Im Zweifel wendet ihr euch mit eurem Vorhaben am besten an einen Fachmann.
Achtet beim Nachrüsten von Zurrpunkten darauf, dass diese wirklich das aushalten, was sie müssen. Ein entscheidender Punkt ist hier die Einleitung der Kräfte. Es hilft nicht, wenn ein nachgerüsteter Zurrpunkt zwar sagen wir etwa für eine Belastung von 400 daN ausgelegt ist, die Befestigung im Fahrzeug dies jedoch nicht hergibt!
Zurrschienen sind praktisch und vielseitig
Besonders praktisch und vielseitig bei der Ladungssicherung für Offroader sind Systeme mit sogenannten Airlineschienen. Derartige Zurrschienen, die Bezeichnung sagt es schon, stammen ursprünglich aus der Luftfahrt. Nur das dort, beispielsweise zur Sitzbefestigung, Schienen in zölligem Format verwendet werden. Bei uns sind für die Ladungssicherung fast nur Schienen in metrischen Maßen erhältlich.
Zu Zurrschienen, Fittings, Ösen und weiteren praktischen Hilfsmitteln, haben wir mit Dirk Müller-Paul von Relleumdesign gesprochen.
Eine Zurrschiene muss natürlich ordentlich mit dem Fahrzeug verbunden werden
Die Belastungsgrenzen der Hersteller beziehen sich in der Regel auf eine Montage alle 75mm mit M5 Schrauben in der Festigkeit 10.9.
Die Erfahrung zeigt, dass alternativ eine Montage mit Karosseriekleber sehr haltbar ist. Durch das Kleben wird die Befestigung sehr schwingungsfest, was uns Offroadreisen auf den Wellblechpisten dieser Welt entgegenkommt. Dabei gibt es jedoch einiges zu beachten.
Zunächst einmal muss der Untergrund sauber, fettfrei und tragfähig sein. Dies ist beispielsweise bei alten, verwitterten Lacken, gewachsten oder polierten Fahrzeugen sowie Sprühdosenlackierungen nicht gegeben. Hier muss vorgearbeitet werden. Dafür gibt es geeignete Primer oder besser es kommt gleich ein komplett neuer Lackaufbau her.
Beachtet bitte genau die Anleitung des Kleberherstellers oder lasst die Montage von einem Fachmann erledigen. Karosseriekleber werden anders als viele haushaltsübliche Klebstoffe völlig anders verarbeitet. Meist ist ein großes Klebebett erforderlich, d.h. der Kleber wird dick aufgetragen (häufig 2-3mm) und die Klebeflächen auch nicht zusammengepresst (teilweise werden dazu kleine Distanzen untergelegt). Die Aushärtung erfolgt oft unter Einwirkung der Luftfeuchtigkeit. Die Aushärtdauer ist so von der Höhe der Luftfeuchte abhängig. Bis zur vollständigen Wirksamkeit der Verklebung können durchaus gut ein bis zwei Wochen vergehen. Häufig werden an den Außenkanten der Schiene noch „Angstschrauben“ angebracht und dies zu früh, sodass die Schiene an die Montagefläche gezogen und das Klebebett damit minimiert wird. Genau aus dem Grund reißt die Schiene dann häufig hier aus.
Übrigens, auch optisch schicke eloxierte Schienen sind schwierig zu verkleben. Hier muss für einen sicheren Halt die Eloxalschicht geprimert oder abgeschliffen werden.
Bei all dem solltet ihr immer im Blick haben, dass eine Zurrschiene oft mehr aushält als die Stelle an der sie befestigt wird, beispielsweise die Karosserie. Daher bietet es sich an, eine stabilere Schiene zu wählen, um die Kraft besser verteilen zu können.
Wie erkenne ich als Kunde qualitativ hochwertige Zurrschienen?
Achtet bitte auch beim Kauf von Zurrschienen auf die Qualität, denn hier hängt schließlich eure Ladung dran. Fehler können fatal enden! Dazu ein paar wichtige Kriterien und Hilfestellungen:
- Qualitativ hochwertige Zurrschienen haben genaue Angaben zum Material.
- Bei günstigen Produkten tauchen immer mal wieder Riefen auf, das qualitativ minderwertige Werkzeug in der Produktion geschuldet sind. Daraus können gefährliche Bruchstellen entstehen.
- Insbesondere die sehr dünnen „light“ Schienen weisen nur kleine „Nasen“ auf. Diese müssen sehr gut gearbeitet sein um ausreichend widerstandsfähig gegen Schwingungen zu sein.
- Bei minderwertigen Produkten ist der innenliegende Kanal oftmals sehr eng oder hat Grate, so können die Fittings nicht verschoben werden.
- Qualitativ hochwertige Schienen sind sauber entgratet und weisen keine scharfen Kanten auf.
- Vereinzelt sind minderwertige Produkte durch fehlerhafte Produktion gebogen. Dies kann natürlich fatale Folgen für das zuvor beschriebene Klebebett haben.
Fittings, Ösen und Halterungen
Zur Befestigung an den Zurrschienen hält der Handel allerlei Material bereit. Wichtig zu wissen ist hier, dass die meisten Ladungssicherungsartikel in diesem Bereich ursprünglich für die Verwendung im Innenraum, beispielsweise Transportern, vorgesehen ist. Das steht natürlich teilweise im Wiederspruch zur Verwendung Außen am Offroader, wo diese Materialien den Einflüssen der Umwelt ausgesetzt werden. Dabei können die Fittings und Ösen schnell gammeln. Abhilfe können hier verzinkte und passivierte Elemente schaffen oder besser noch Produkte aus Edelstahl.
Beachtet dabei bitte, dass Edelstahl niedrigere Belastungsgrenzen aufweist und sich zudem langsam dehnt und nicht gleich reißt. Daher ist es nicht für hochfeste Verbindungen geeignet. Für die Dinge, die wir im Offroadbereich im Außenbereich an den Schienen befestigen sollte dies jedoch ausreichend sein. Die Korrosion durch den Kontakt der Aluschiene mit einem Edelstahlfitting ist aus Erfahrung eher zu vernachlässigen. Doch auch individuell angefertigte Halterungen sind möglich, wie etwa die Markisen- Werkzeug-, oder Lampenhalter von WM-Parts.
Möchtet ihr auf der Zurrschiene beispielsweise Aluboxen oder empfindlichere Gegenstände, wie Packsäcke transportieren, könnt ihr Abdeckprofile verwenden. Die glatte Oberfläche dieses Abdeckprofils von Relleumdesign, vermindert Verschleiß, verhindert nerviges Klappern, schützt die Ladung, ist dank der Oberfläche leicht zu reinigen und ist Kälte- und UV-stabil.
Befestigung von Ösen und Haltern an der Zurrschiene
Gerne werden zur Befestigung Stehbolzen aus verzinktem Stahl mit einer Art Klammer verwendet. Die Montage ist einfach, doch gammeln diese Befestigungen im Außenbereich schnell. Zudem kann der Bolzen überstehen und birgt so Verletzungsgefahr.
Eine praktische Alternative ist diese Zurrschienenmutter mit Clip aus Edelstahl. Die Zurrschienenmutter wird in die Schiene eingelegt und durch einen Clip, auch bei Nichtbenutzung, an ihrem Platz gehalten. Sie ist in zwei verschiedenen Ausführungen erhältlich und zu vielen Zurrschienen kompatibel.
Eine andere Möglichkeit ist es, Zurrgurte direkt zu verschrauben, wie etwa diese Gurtöse aus Edelstahl. Denkt bei den maximalen Belastungen der installierten Zurrpunkte daran, dass diese natürlich nicht geringer sein darf, als die Vorspannkraft des verwendeten Gurtes.
Wichtig ist es einen Zurrhaken so einzuhängen, dass dieser am tiefsten Punkt des Hakenbogens belastet wird um wirksam ein Aufbiegen zu verhindern (nicht verkanten!). Der Befestigungspunkt muss also eine entsprechende Größe aufweisen. So wie etwa in den Normen zu den Mindestanforderungen an Zurpunkten in Fahrzeugen beschrieben.
Diebstahlsicherung
Eine praktische Möglichkeit der Diebstahlsicherung an Airlineschienen, ist diese Schlossplatte von Relleumdesign. Hier könnt ihr die Ladung mit einem Stahlseil sichern. Ein Bügelschloss verdeckt dabei die Schraube, so dass diese nicht mehr zugänglich ist.
Vielfältige Möglichkeiten der Zurrschienen
Gerade durch die vielfältigen Möglichkeiten, die Zurrschienen bieten, könntet ihr geneigt sein, euch zahlreiche Ausrüstungsgegenstände außen an das Fahrzeug zu bauen. Bitte denkt dabei immer daran, dass davon keine unnötige Gefahr für andere ausgehen darf. Es sieht natürlich expeditionsmäßig aus, wenn Dinge wie Schaufel und Co. außen am Fahrzeug angebracht werden. Doch sind diese Ausrüstungsgegenstände dann auch permanent Umwelteinflüssen ausgeliefert, was sie nicht unbedingt besser macht oder gar die Funktionsfähigkeit auf Dauer beeinträchtigt. Bitte beachtet bei Nachrüstungen am Heck, die geltenden Vorschriften und Freiwinkel zu Kennzeichen und Beleuchtung. Wer regelmäßig mit Lasten am Heck fährt, für den kann eine Rückfahrkamera eine gute Ergänzung sein.
Weitere hilfreiche Mittel zur Ladungssicherung sind spezielle Ladungssicherungsnetze und Anti-Rutschmatten, welche sich im Offroadbereich beispielsweise gut für Pickup-Ladeflächen eignen.
Weiteres aus der Praxis
Im dritten und letzten Teil zur Ladungssicherung werden wir demnächst zwei typische Anwendungsfälle noch einmal genauer beleuchten. Dabei wird es um den Dachträger und den Transport eines Fahrzeuges auf einem Anhänger gehen.
Bei dieser Artikelreihe haben uns Dirk Müller-Paul und Marco Müller fachlich beraten und Bildmaterial zur Verfügung gestellt. Dirk Müller-Paul ist Diplom-Ingenieur in der Fachrichtung Maschinenbau. Er entwickelt und vertreibt in seiner Firma Relleumdesign unter anderem Hilfsmittel zur Ladungssicherung. Marco Müller ist Schlosser und stellt in seinem fast 40 Jahre alten Familienbetrieb unter dem Namen WM Parts auch Teile für Geländewagen her. Vielen Dank für die tolle Unterstützung!
Ein großes Dankeschön geht auch an das Polizeipräsidium Mittelhessen für die freundliche und sehr kompetente Unterstützung bei diesem Artikel! Vielen Dank!
© Fotos: WM Parts Schlosserei Müller, Relleumdesign, Björn Eldracher