Schreiben ist wie Malen mit Worten. Wörter erzeugen Bilder im Kopf. Je besser der Text ist, desto intensiver das Bild, das er im Kopf des Lesers hervorruft. Langweilige Texte lassen den Leser kalt, und er wird den Text nicht zu Ende lesen. Wie du grundsätzlich an Reiseberichte herangehst, um sie interessant zu gestalten, haben wir dir bereits im Teil 1 erklärt. Heute gehen wir noch mal ins Eingemachte und sprechen über die Sprache in Texten und kleine Kniffe, mit denen du deinen Text noch interessanter und fesselnder gestalten kannst.
Jetzt mal Tempo
Wusstest du, dass du mit der Länge von Wörtern und Sätzen die Aussage und das Tempo deines Textes unterstreichen kannst?
„Langsam kriecht der Geruch von warmen trockenem Holz in unsere Nasen, während sich von meiner Stirn ein Tropfen Schweiß löst und wie in Zeitlupe auf den Boden gleitet. Ich sehe mich um. Die Blätter der Bäume wirken trotz der Gluthitze wie steif gefroren. Nichts regt sich außer dem Käfer, der sich über die trockenen Erdklumpen auf dem Boden vor mir schiebt. Viel mehr Bewegung gibt es nicht in dieser Stadt. Golden – ihrem Namen macht sie schon seit fast einem Jahrhundert keine Ehre mehr.“
Und wie klingt das? Lang, zäh und lähmend, nicht wahr? Lange Sätze, Verben, die Langsamkeit beschreiben.
„Der Alarm heult, Lichter blinken, und ich stürze aus dem Bett. Keine Zeit für Kaffee, kaum Zeit zum Atmen. Türen knallen, Schritte hallen dumpf auf dem Hotelteppich. Stimmen wirbeln durch die Luft, ein wildes Durcheinander. Schreie? Ich hetze das Treppenhaus hinunter. Und hoffe. Hoffe, dass es wieder nur ein Fehlalarm ist.“
Puh! Im Gegensatz zum ersten Abschnitt habe ich kurze Sätze und schnelle, aktive Verben verwendet, um ein Gefühl von Schnelligkeit und Dringlichkeit zu erzeugen. Der schnelle Wechsel von Szenen und Aktionen trägt zur allgemeinen Hektik bei.
Doch Vorsicht: Hauptsätze in schneller Folge hintereinander sind auf Dauer anstrengend. Setzt du die Satzlänge nicht gerade in einem Absatz als Stilmittel ein, wechsle mäßig lange mit mäßig kurzen Sätzen ab. So erhältst du einen lebendigen Text.
Wer ist eigentlich dieser „man“, von dem man so viel hört?
„Man“ – der ominöse Unbekannte. Der Gesichtlose. Verflixt noch mal. Wer ist das? Heimlich schleicht er sich immer wieder in deine Texte. Insbesondere, wenn du deinen Lesern Tipps geben möchtest. Kurz nicht aufgepasst und zack schon sitzt er mitten im Satz und grinst.
Ein paar Beispiele:
- „Von hier oben hat man einen tollen Ausblick.“
- „Man kann hier viele handgefertigte Waren kaufen.“
- „Man ist hier gegen Mücken nicht gefeit. Am besten packt man Mückenspray ein.“
Mans begegnen uns überall. Aber wer ist das denn überhaupt?
- „Von hier oben hatten wir einen tollen Ausblick.“
- „Touristen können hier viele handgefertigte Waren kaufen.“
- „Reisende sind hier gegen Mücken nicht gefeit. Am besten packt ihr Mückenspray ein.“
Mit etwas Nachdenken kommst du schon darauf, wie du den „man“ ersetzen kannst.
Sprache Quick-Tipps
Verwende aussagekräftige Verben statt Adjektiven.
Nicht gut: „Das Auto fuhr langsam den Berg hinauf.“
Besser: „Das Auto schlich den Berg hoch.“ Oder „Das Auto kletterte die hügelige Straße nach oben.“
Benutze Aktiv statt Passiv.
Nicht gut: „In einer kurzen Aktion wurde das ganze Gestell wieder auf das Fahrzeug montiert und der Wagen geparkt.“
Besser: „Zwei aus unserer Gruppe nahmen den Dachgepäckträger und montierten ihn wieder auf den Defender.“
Vermeide Verhauptwortung.
Häufig lese ich in Reiseberichten Wörter die auf „-ung“ enden. In diesen Hauptwörtern hat sich tatsächlich ein Verb versteckt.
Nicht gut: „Gegen Mittag setzten wir uns in Bewegung.“
Besser: „Gegen Mittag nahmen wir die Piste nach Süden.“
Nicht gut: „Michael gab noch einmal genaue Anweisungen.“
Besser: „Michael wies uns an, die Dünen besonders steil anzufahren.“ Oder „Michaels Stimme dröhnte aus dem Lautsprecher des Funkgerätes: ‚Nehmt die Dünen steil von vorne und …“
Spar dir die Füllwörter.
Oft benutzen wir zu viele Worte. Wir wollen unseren Standpunkt verdeutlichen oder unsere Texte emotionaler wirken lassen. Deshalb füllen wir sie mit Wörtern, deren Aussage gering ist, unseren Text abschwächt und ihn seiner Klarheit beraubt.
Beispiele:
- „Ich war ein bisschen hungrig.“
- „Das ist gar nicht so lustig.“ (gleich zwei Füllwörter)
- „Das war ja mal wieder typisch.“ (gleich zwei Füllwörter)
- „Das ist wirklich schlimm.“
Schauen wir uns an, wie die Sätze ohne die Füllwörter wirken:
- „Ich war hungrig.“
- „Das ist nicht lustig.“ Oder sogar „Das ist ärgerlich.“
- „Das war typisch.“
- „Das ist schlimm.“
Du siehst, manchmal ist weniger einfach mehr.
Wörtliche Rede
Wörtliche Rede lässt deine Charaktere und Begegnungen zum Leben erwachen. Statt zu sagen: „Ein alter Mann erzählte uns von seiner Kindheit in der Stadt“, könntest du schreiben: „Der alte Mann lächelte und sagte mit einem Funken in den Augen: ‚Als ich noch ein Junge war, spielten wir den ganzen Tag auf diesen Straßen.'“. Durch direkte Zitate fühlt sich der Leser, als wäre er direkt vor Ort und könnte das Gespräch mithören.
Sei präzise.
Nenne präzise Beispiele und konkrete Details. Je genauer du beschreibst, desto lebendiger wird die Szene. Statt „Ich aß das leckerste Essen meines Lebens“ könntest du schreiben: „Das butterzarte Lammfleisch, gewürzt mit einer Mischung aus Kreuzkümmel und Koriander, zerging auf meiner Zunge.“
Nicht gut: „Wir picknickten unter einem großen alten Baum.“
Besser: „An der Straße stand eine uralte Eiche. Ein wunderbar schattiges Plätzchen für ein Picknick.“
Bildhafte, metaphorische Sprache
Mit Metaphern und einer bildhaften Sprache verleihst du deinem Text Tiefe und Farbigkeit. Eine Metapher bzw. ein bildhafter Vergleich ist zum Beispiel: „Die Gipfel ragen in den Himmel wie stumme Wächter, die seit Ewigkeiten über das Land blicken.“ Oder: „Die Dünen waren goldenen Wellen in einem stillen Ozean aus Sand.“ Mit solchen Bildern weckst du die Emotionen deiner Leser, wodurch sich rasch Vorstellungen in ihren Köpfen bilden.
Tatsächlich ist es nicht leicht, treffende Metaphern zu finden, die nicht abgedroschen klingen, weil sie so häufig verwendet werden. Methapern sind die Kür in jedem Reisebericht. Wenn du die anderen Punkte weitestgehend umsetzt, dann wirst du in jedem Fall einen guten Reisebericht schreiben, auch ohne Metaphern.
Lies deinen Text laut vor
Wenn du denkst, dass dein Text fertig ist, lies ihn dir laut vor. So hörst du, wo der Text stockt, wo Sätze zu lang oder kompliziert sind und der Rhythmus nicht stimmt. Die Melodie eines gut geschriebenen Textes ist genauso wichtig wie sein Inhalt. Wenn beide harmonieren, wird dein Reisebericht nicht nur gelesen, sondern auch gefühlt und erlebt.
Fazit
Merke dir: Nicht nur die Geschichte eines Reiseberichtes zählt, sondern auch wie du sie erzählst. Du kannst die tollste Geschichte haben, doch niemand wird sie lesen, wenn die Sprache deines Textes langweilig oder anstrengend ist. Also lies deinen Text am Ende noch mal durch und achte auf Abwechslung, richtige Wortwahl und schau, dass du alle Füllwörter, mans und Passivsätze in deinem Text streichst.
Gute Reiseberichte sind Kunstwerke aus Worten. Sie nehmen den Leser mit auf deine Reise, lassen ihn fremde Orte und Kulturen spüren, riechen und schmecken. Mit den richtigen Techniken und etwas Übung kannst auch du gute Reiseberichte schreiben. Denk immer daran, dass du nicht nur Informationen vermittelst, sondern vor allem Emotionen. Setze die oben genannten Tipps um, und du wirst sehen: Deine Geschichten werden lebendiger, farbenfroher und einprägsamer. Viel Spaß dabei!
Und jetzt du!
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Titelbild: oneinchpunchphotos, Envato Elements