Individuelle Geländewagenausbauten – Gibt es die noch? Natürlich werden gute Konzepte immer wieder übernommen, aber dennoch unterscheiden sie sich. Details in der Ausführung, im Material und auch immer wieder coole Eigenbaulösungen enden wohl nicht. So haben auch Carena und Linus ihrem Defender Innenausbau die persönliche Note gegeben.
Wie alles begann
2019 im Frühjahr fing alles mit ein paar Youtube Videos an. Angefixt wurden wir durch ein Paar, das einen Land Rover Defender zu einem Camper umbaute, nach Kanada verschiffte und dort herumreiste. Die Rede ist natürlich von TheSunnyside. Immer mehr reifte der Wunsch nach einem eigenen Reisemobil, aber sollte es wirklich ein Defender werden?
Carena war eher für einen klassischen Van, Linus aber kaum noch vom Landy abzubringen. So kam es, dass wir beschlossen einen Probeurlaub zu machen, wir einen minimal ausgebauten Defender mit Dachzelt für zwei Wochen ausliehen und damit durch Österreich und Italien fuhren. Und schon war es auch schon um uns geschehen, wir waren absolut verliebt und überzeugt.
Knappe zwei Monate später fuhren wir mit unserem eigenen Landy auf den Hof. Wir hatten keinerlei Ahnung von Autos und vor allem nicht vom Defender, daher können wir von Glück sprechen, dass uns ein erfahrener Freund begleitet und beraten hat. Es wurde ein schwarzer Td5 110er, Baujahr 2003 mit 122 PS und bereits einigen Extras, von denen wir dachten, sie könnten nützlich sein.
So war zum Beispiel ein Kompressor verbaut und eine ältere Webasto-Standheizung inklusive. Es stellte sich allerdings schnell heraus, dass das Meiste, was die Vorbesitzer am Auto verbastelt hatten, für uns nicht von Nutzen sein würde. Also war Schritt Nr. 1 „Alles muss raus“.
Nachdem sich einige Schrauben und Bauteile stark gewehrt hatten, war der Landy von Innen ziemlich nackig und Linus begann mit der Planung. Während dessen hat unser Wagen auch noch einen Rundum-Service bekommen: die vordere Steckachse samt Homokineten, sowie alle Radmitnehmer, Öle/Filter und sämtliche Dichtungen wurden ausgetauscht.
Planungsphase Defender Innenausbau
Man muss sagen, dass sich Linus bei der Planung wirklich allergrößte Mühe gegeben hat. Er hat zig Defender-Ausbauten angeschaut, Foren durchstöbert, sich mit anderen ausgetauscht und viel Zeit mit Papier und im CAD verbracht. Insgesamt hat sich die Planung mit Aufbereitung des Wagens bis zum eigentlichen Ausbau über 8-10 Monate hingezogen. Dabei war uns wichtig, dass es keine „offenen“ Flächen gibt, sondern alle Schränke eine Tür haben, um einen sauberen Look zu haben.
Daher findet man bei unserem Ausbau auch keine von außen sichtbaren Schrauben bzw. Verbindungen. Natürlich war auch elementar, den kleinen Raum bestmöglich für Stauraum zu nutzen, aber auch den wohnlichen Touch nicht zu vergessen. Während der Planung kamen auch immer wieder Sachen des alltäglichen Lebens dazwischen, doch im Oktober 2020 legten wir so richtig mit dem Holzausbau los.
Umsetzung
Für die gesamte Grundkonstruktion nutzten wir 12 mm Multiplex Birke und begannen erst mal damit, die Radkästen zu verkleiden und eine Bodenplatte zuzuschneiden. Denkt beim Td5 dabei immer an eine Revisionsklappe über der Dieselpumpe! Danach wurde der Kühlschrank auf Schwerlastauszügen eingebaut, da dieser die Höhe der restlichen Flächen vorgab. Nach und nach fügten sich die Puzzleteile zusammen. Allerdings gab es auch immer wieder Sachen, die sich nicht so umsetzen ließen wie gedacht, dann musste das Werkeln unterbrochen und erst mal neu überlegt werden.
Wir wurden zum Glück tatkräftig von Linus‘ Vater unterstützt, der gelernter Tischler und Holztechniker ist und von dessen Expertise wir viel lernen konnten. Wir beide hatten vorher nämlich wenig (Linus) bis gar keine (Carena) Ahnung von Möbelbau. Bei der Elektrik mit dem Doppelbatteriesystem bekamen wir netterweise Hilfe von Tobi und Pia von Defenderexplorethenorth, denn hier wollten wir auf Nummer sicher gehen, damit unser Schätzchen nicht eines Tages einfach in Flammen aufgehen würde. Als dann grundsätzlich alle Holzteile eingebaut waren und alles passte, schraubten wir alles komplett wieder raus um zu schleifen und zu beschichten.
Roomtour
Wenn man durch die Hecktür in den Defender schaut, haben wir links die „Küchenzeile“ mit einer Eichenholzplatte mit Epoxidharz-Details, sowie zwei Staufächern unter der Decke. Unter der Platte befinden sich zwei weitere Staufächer für Kochutensilien und Lebensmittel. Die unteren farbigen Fronten werden über die Lederlaschen geöffnet, dann kann man die Auflagefläche mit abnehmen und erreicht links unseren 12 l Wasserkanister. Das kleine Heckfenster auf der Küchenseite haben wir ebenfalls verkleidet und mit Ikea-Utensilien zu einer kleinen Organizer-Wand gemacht.
Was eventuell etwas ungewöhnlich ist, dass wir unter unseren Wasserhahn keine Spüle eingebaut haben. Uns hat die Tischplatte einfach so gut gefallen, dass wir kein riesiges Loch hineinschneiden wollten. Wir stellen einfach eine kleine faltbare Schüssel unter den Wasserhahn. Ganz links unter der Tischplatte befindet sich der Schalter für die 12V-Pumpe, die 230V-Steckdose und der Schalter für unsere Heckbeleuchtung, die wir dank Tobi auch vom Dachzelt aus steuern können.
Rechts befindet sich die Sitzbank, deren Sitzfläche und Lehne zur Notfallliegefläche werden können. Die Sitzbank dient natürlich als Stauraum und auch der kleine Raum hinter der Lehne ist mit länglichen Fächern bis in die letzte Ecke ausgenutzt. In der rechten hinteren Ecke verbauten wir einen kleinen Schrank mit gefilzten Fächern, deren Öffnungen wir mit Gummibänder gesicherten haben, sodass die Bücher und kleineren Teile während der Fahrt nicht durch die Gegend fliegen. Die Front des
Schranks ist auch unsere elektronische Schaltzentrale, denn dort haben wir unsere Bedienpanele der Standheizung, für den Wechselrichter und die Anzeige des Mess-Shunts.
Links hinter dem Fahrersitz ist der Kühlschrank (Engel MT-35) auf Schwerlastauszügen verbaut, man kann ihn aber auch von innen befüllen/entleeren. Unterhalb des Kühlschranks befindet sich eine Schublade, die auch als Tisch genutzt werden kann. Oberhalb des Kühlschranks haben wir einen Schrank bis unter die Decke gezogen, an den man sowohl von Innen als auch von Außen kommt. Das Fach darunter nutzen wir für unseren Wasserfilter, Wasserschlauch und kleineres Werkzeug, das man immer mal wieder braucht.
Die Dachkonsole ist ein sehr nützliches, aber auch optisch gut aussehendes Feature. Sie ist nicht nur ein Ablageort für Sonnenbrille, Kartenmaterial und co., sondern dient auch als Steuereinheit für unsere Außenbeleuchtung. Ein Schleudersitz-Schalter darf da natürlich nicht fehlen.
Um die Dachkonsole in den Ausbau optisch gut zu integrieren, haben wir sie nach der Fertigstellung der Holzkonstruktion passend zum Dach mit Filz bezogen. Wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden und da es so gut ins Gesamtkonzept passt, wurden wir bereits von vielen angesprochen, die nicht Defender vertraut sind, ob die Dachkonsole serienmäßig vom Hersteller eingebaut wird.
Hinter der Konsole ist die Elektronik für die Innenbeleuchtung platziert. Die Innenbeleuchtung läuft über 12V und ist stufenlos über eine Fernbedienung dim- und steuerbar. Besonders sticht dabei die LED Leiste entlang der innenliegenden Dachverbindungsschiene als Ambientebeleuchtung hervor.
Unsere Außenküche besteht aus klappbaren Sandblechhaltern an Airlineschienen und einer selbst-konstruierten Arbeitsplatte. Linus hat diese in CAD selbst entworfen und konstruiert und konnte sie über seinen damaligen Arbeitgeber fertigen lassen. Dabei haben wir direkt die Möglichkeit genutzt und den Namen unseres Defenders einlasern lassen. Wenn der Tisch runter geklappt ist, können wir unser Explore Glazing Gullwing öffnen und von draußen beispielsweise den Wasserhahn erreichen. Außerdem hat Linus die Platte so konstruiert, dass wir insgesamt drei Windschutzwände für den Gaskocher einsetzen können. Zudem sind an der Tischplatte passgenau unsere Maxtraxs befestigt.
In die Holzverkleidung der Hecktür integriert haben wir einen kleinen Klapptisch mit Aluminiumplatten verbaut, der uns als Kochfläche dient. Darüber reihen sich unsere Gewürzgläser. Um unsere Jacken platzsparend zu verstauen, haben wir Rallye-Netze zusammen genäht und diese über Loxx-Verschlüsse an der Hecktür über der Scheibe befestigt.
Fazit zum Defender Innenausbau
Die Wochen und Monate zogen ins Land und so war es August 2021, als der Defender von Innen und Außen soweit fertig war, dass wir auf unsere erste große Tour gehen konnten. Mit dem Endergebnis sind wir wirklich total zufrieden. Alles funktioniert so wie es soll und die Gemütlichkeit ist dabei auch nicht zu kurz gekommen.
Wie viele Arbeitsstunden wir letztendlich investiert haben, können wir nicht sagen, aber es waren viele. Vor allem, wenn man die Planungszeit mit einberechnet. Die Ausgaben lassen sich nur grob schätzen. Allein für den Innenausbau mit Elektronik (also ohne äußere Anbauten wie neue Reifen, Dachzelt etc.), schätzen wir so um die 10.000 Euro. Wir würden das Geld aber jederzeit wieder in die Hand nehmen und uns diesen Traum erfüllen. Der Defender bringt uns nicht nur an fantastische Orte, durch ihn haben wir auch viele tolle neue Freunde kennen gelernt!
Auto und Zubehör (außen)
- Modell: Land Rover Defender 110 Station Wagon
- Baujahr: 2003
- Farbe: Schwarz
- Motor: Td5
- Reifen/Felgen: Toyo Open Country MT’s (255/85/16), Wolf Felge
- Unterfahrschutz: Offroad Service
- Schnorchel mit Zyklonfilter: Ex-Tec
- achträger: Frontrunner Slimeline
- Dachboxen: 2x95l Dachboxen von adefenderstory
- Dachzelt: Ocean Cross Gobi 140 (Plane von Campwerk)
- Markise: 2,50m x 2,50m von Campwerk
- Riffelbleche auf der Motorhaube und Kotflügel: Britpart
- Rundherum LED-Beleuchtung: Osram
- Außenklapptisch: Halter von Offraod-Tec / Tischplatte Eigenkonstruktion
- Maxtraxs in schwarz
- Gullwing-Fenster: Explore-Glazing
- Reserveradträger: Brittpart
- Hauptscheinwerfer auf LED umgerüstet
- Reserverad-Grill: Frontrunner
- Reserveradrucksack: Trasharoo
- Kajak: Thaja von Gumotex
- Airlineschinen mit 2x Kannisterhalter: Offrad-Tec
- 2x 20l Frischwasserkanister von Frontrunner
- verlängerter Spiegelarm mit größeren Außenspiegeln
- 4 Zoll Höherlegung: Terrafirma4x4
Campingausbau
- Standheizung: Planar Air 2D
- Kompressor Kühlbox: Engel MT35
- Doppelbatteriesystem
- Unterspannungsschutz, Messshunt, MPPT-Laderegler: Victron
- Wechselrichter-500W: Ective CSI5
- Innenraumbeleuchtung stufenlos per Fernbedienung dimmbar, Amazon
- kompletter selbstgebauter Holz-Innenausbau aus Multiplex Birke 12 mm & 6,5 mm
- Wassertank: 12l Wasserkannister, Amazon
- Decken-Spots: Amazon
- Polster: Topschaum
- Bezüge und Vorhänge selbst genäht
- Tischplatte: Holz aus Eigenbestand, gefertig von BBTischwerk
- Filz: bus4fun in anthrazit
- Kippschalter in der Dachkonsole: Mudparts
- Ledergriffe und Wasserhahn: Amazon
Über die Autoren: Die Autoren sind Carena, 24 Jahre und Linus, 25 Jahre alt. Wir sind beide Studenten, allerdings in sehr unterschiedlichen Bereichen. Linus studiert nach einer Ausbildung zum technischen Produktdesigner nun Industrial Design und hat unseren Defender Ausbau sogar in seine Bewerbungsmappe eingebaut. Carena studiert Humanmedizin und kümmert sich meistens um alles Organisatorische. Vor etwa fünf Jahren haben wir das erste mal gemeinsam einen Pauschalurlaub gemacht und festgestellt, dass das absolut nichts für uns ist. 2018 haben wir uns für zwei Wochen einen Defender mit Dachzelt und minimalem Ausbau gemietet und sind damit durch Österreich und Italien getourt. Wir haben uns so in diese Art zu reisen verliebt, dass wir beschlossen haben uns selber einen Defender zu kaufen. Keine zwei Monate später stand Denali auch schon auf dem Hof und die Planung begann.
Tja und der Rest ist Geschichte.
Hier findet ihr die beiden im Internet:
© Fotos: Carena & Linus