Martin Zech war mit Herrn Lehmann zwei Jahre auf Weltreise. Viele Medien haben danach über ihn berichtet und der Film „Herr Lehmanns Weltreise“ lief später in den Kinos. Gerade ist Martin wieder zu einer längeren Reise aufgebrochen, mit MR PINK und seiner Freundin Teresa geht es Richtung Asien. Wir haben mit ihm über seine Reisen und den Ausbau der beiden Fahrzeuge gesprochen.
Wie bist du auf die Idee zu deiner Weltreise gekommen?
Nach zwei Urlauben mit unserem Mitsubishi L300 war uns klar, dass wir mehr von der Welt sehen wollten. In dieser Zeit haben wir viele Reisebücher gelesen unter anderem „In 16 Jahren um die Welt“ von Klaus Schubert. Innerhalb eines Jahres haben wir dann aus der Idee einen Plan entwickelt und angefangen zu sparen.
Wie habt ihr euch auf die Reise vorbereitet?
Wir haben viel im Internet recherchiert, Erfahrungsberichte von anderen gelesen und versucht herauszufinden, was man auf einer Weltreise braucht. Auch, was das Auto können sollte, wussten damals noch nicht. Ebenso war uns nicht klar, wie groß die Reiseszene in Deutschland wirklich ist. Bisher waren wir auf keiner Offroad- oder Outdoor-Messe gewesen. Wir wollten unsere eigenen Erfahrungen machen und unvoreingenommen an die Sache heran gehen.
Wir haben die gemeinsame Mietwohnung aufgelöst und die wenigen Möbel bei unseren Eltern eingelagert. Es fiel uns nicht schwer, uns von den materiellen Dingen zu trennen. Sämtliche Versicherungen wurden gekündigt (auch Rentenversicherung bei der Künstlersozialkasse) bis nur noch Reisekrankenversicherung bestand. Kathi ließ sich als Lehrerin zwei Jahre unbezahlt beurlauben und meine freiberufliche Tätigkeit lief ohne Einnahmen weiter. Die Steuererklärungen haben wir nachgereicht und somit hatten wir in Deutschland kaum noch Verpflichtungen.
Warum habt ihr euch für Herrn Lehmann als Wagen entschieden? Wie seid ihr zu dem Wagen gekommen?
Das Auto haben wir aus dem Firmenbesitz von Kathis Vater günstig bekommen. Der Mitsubishi L300 wurde scheckheft gepflegt. Zuerst kam der Bus und mit den ersten zwei kurzen Urlauben später erst die Idee zur Reise. Da wir Herrn Lehmann, so haben wir ihn getauft, bereits hatten, stand ein anderer Wagen nicht zur Debatte.
Wie habt ihr Herrn Lehmann ausgebaut?
Den Innenraum haben wir mit einfachsten Mitteln gestaltet. Das Grundgerüst waren Dachlatten und grobe Spanplatten (OSB) aus dem Baumarkt.
Wir haben uns viele VW T3 Busse im Netz angeschaut, aber die Westfalia-Ausbauten haben uns nie gefallen. Da gab es zu wenig Sitzfläche. Eine große Sitzfläche (L-förmig) war für uns wichtig, dafür haben wir auf eine Küche verzichtet.
Wir haben uns entschieden, draußen mit dem Coleman-Benzinkocher zu kochen. Der Innenraum war nach drei Wochen in der Hobbywerkstatt mit einfachen Mitteln urlaubsbereit.
Bis der Bus aber endgültig weltreise- bzw. offroadtauglich war, dauerte es eineinhalb Jahre. Für den Mitsubishi gibt es kaum Zubehör. Vieles haben selbst entwickelt. Im Eigenbau ist zum Beispiel die Höherlegung entstanden. Dazu kamen 215er Offroad-Reifen von einem Jeep, ein umgebauter Kuhfänger, ein verstärkter Dachgepäckträger mit A-Säulen-Schutz, ein Wassertank und 60-Liter-Diesel-Zusatztank, den wir selbst geschweißt haben.
Statt Offroad-Sandblechen haben wir einfache Alurampen genommen. Trotz der kleinen Größe hatten wir viele Annehmlichkeiten so unsere 200-Watt-Solarplatten aus der Haustechnik, 220-Volt-Stromversorgung, Aktivkohle-Wasserfilter und Waeco-Kühlbox.
Das war alles kein Zubehör vom teuren Offroad-Spezialisten, sondern alles gebraucht von Ebay oder selbst ausgedacht. Der Ausbau von Herrn Lehmann hat komplett 5.000 Euro gekostet. Mit nur 2.470 Kilo ist er ein Leichtgewicht unter den Offroad-Autos und zwar vollbeladen inklusive zwei Personen.
Wie habt ihr die Reise finanziert? Wie viel habt ihr durchschnittlich im Monat ausgegeben?
Wir haben uns vor der Reise finanziell eingeschränkt und 35.000 Euro gespart. In Deutschland hatten wir zu Reisebeginn keine laufenden Fixkosten mehr. Im Monat haben wir 1.500 Euro ausgegeben, inklusive aller Kosten. Mit dabei waren die drei Auto-Verschiffungen und Flüge. Der Sprit war darin der größte Posten.
Meine Frau Katherine und ich waren von 2012 bis 2014 unterwegs, ingesamt 22 Monate. Wir haben Nord-, Südamerika und Asien bereits. Das waren circa 25 Länder, in denen wir 75.000 Kilometer gefahren sind, davon 30.000 km unbefestigt.
Was hattet ihr dabei, was sich später als völlig unnütz herausgestellt hat?
Da wir Gewicht sparen wollten, haben wir sehr sparsam gepackt. Aber alles Notwendige war dabei, inklusive Akkuschrauber und Lötkolben. Nichts, von dem was wir mithatten, war überflüssig.
In wie weit habt ihr die Reiseroute im Vorfeld geplant?
Gestartet sind wir mit der Verschiffung nach Nordamerika, wir wussten, dass wir nach Süden wollen, aber alles andere war zu Reisebeginn offen. Von da an haben wir uns Stück für Stück voran getastet.
Wie habt ihr auf der Reise navigiert?
Mit dem Tablet: „Map Factor Navigator Free“, die Karten sind nach dem kostenlosen Herunterladen offline verfügbar und sehr detailliert inklusive Feldwegen.
Welche Länder haben dich am meisten fasziniert?
In Patagonien habe ich die „Endlose Weite“ gefunden und genossen. Eben diese habe ich später in der Mongolei gefunden. Deshalb ist die Mongolei auch das Ziel unserer momentanen Reise mit MR PINK.
Was war das Schönste, dass du auf der Reise erlebt hast?
Es gab eine Million wunderbare Eindrücke, da kann ich mich nicht auf einen festlegen.
Gab es auch Situationen, in denen du richtig Angst hattest?
Zwei oder drei mal sind wir nachts aus dem Schlaf hochgeschreckt. Zum Beispiel hat uns in unserer ersten Nacht in Asien (Malaysia) ein Polizist unsanft geweckt, indem er unser Seitenfenster öffnete und hinein geleuchtet hat. Aber nach Kathis beherztem Schrei und meinem Griff zum Pfefferspray hatte er wahrscheinlich mehr Angst als wir. Ansonsten ging immer alles gut aus und es gab nie ernst zu nehmende Bedrohungen.
Du hast den Film „Herr Lehmanns Weltreise“ als Kinofilm herausgebracht. Hattest du schon vor der Reise diesen Plan?
Als Filmemacher lag es natürlich nahe, die Kamera mitzunehmen. Ich wollte mich ausprobieren und die gesamte Reise über stellte ich mehrmals im Monat Videopodcasts ins Netz, die großen Anklang fanden. Ab der Hälfte der Reise wusste ich, dass ich genügend Material hatte, um etwas Längeres zu produzieren. Nach der Reise arbeitete ich dann Full-time vier Monate an der Fertigstellung meiner ersten langen Dokumentation „Herr Lehmanns Weltreise – auf 4 Rädern um den Globus“ bis zur Kinopremiere im November 2014.
Du machst gerade eine weitere Reise. „MR PINK goes Asia“ heißt das Projekt. Warum bist du nicht mehr mit Herr Lehmann unterwegs?
Herr Lehmann war ein wunderbares erstes Auto für die Weltreise, gewachsen aus meinen damaligen Möglichkeiten, aber man entwickelt sich bekanntlich weiter.
Ich wollte etwas Größeres, vorrangig um ein neues Fahrzeug als Projekt zu entwerfen und zu bauen. Herr Lehmann darf die Familie aber nicht verlassen und fährt in den Händen meines Bruders weiter.
Als Mitsubishi-Fan wollte ich unbedingt wieder einen L300, dieses Mal mit Wohnkabine. Schon zwei Wochen nach der Weltreise stand MR PINK, eine L300-Pritsche, auf dem Hof.
Zweieinhalb Jahre Arbeit, viele Motoren, zwei Kabinen und einen Allradumbau später fährt uns MR PINK momentan als absolutes Einzelstück durch Russland. Da es die Pritsche in Europa nicht als Allrad gab, habe an diesem Auto wirklich jede Schraube angefasst.
Als Filmemacher hatte ich Herrn Lehmann nach dem Buch „Herr Lehmann“ von Sven Regener benannt. Auch der Name MR PINK bezieht sich auf ein Filmzitat aus dem deutschen Film „Lammbock“. Zusammen mit meiner neuen Freundin Teresa möchten wir ein halbes Jahr durch Asien touren also Russland, Mongolei, Kasachstan und Iran.
Was glaubst du, welche Eigenschaften braucht man um auf so eine lange Reise zu gehen?
Aufgeschlossenheit, eine große Portion Toleranz und den Mut, das sichere Deutschland mit Job, finanzieller Sicherheit und dem Durchschnittsleben zurückzulassen.
Was würdest du jemandem raten, der auch den Traum hat, eine Weltreise zu machen?
Ich zitiere einen guten Weltreisefreund: „Einsteigen, losfahren“. Nicht zu viele Gedanke machen, es wird dir überall geholfen.
Über Martin Zech: Martin ist gerade dreißig geworden und lebt in Dresden. Er hat Film- und Fernsehen studiert und ist als selbständiger Filmemacher auf Werbefilme spezialisiert.
„9 to 5“-Job wäre nichts für ihn und er war schon immer interessiert an anderen, unkonventionellen Lebensmodellen. Seine Freiheit musste er sich hart erarbeiten und immer wieder verteidigen, da es in Deutschland nicht der Norm entspricht.
Die Video-Podcasts von seiner aktuellen Reise „MR PINK goes Asia“ könnt ihr auf Youtube ansehen.
Fotos: Martin Zech