Der Rubicon Trail – Kein Video, keine Präsentation aus den USA, wo es um Offroad geht, in dem nicht der Rubicon Trail eine Rolle spielt. Jeep stellt dort jedes Jahr bei der Easter Safari seine neuen Prototypen vor. Nico Garcia Vogel und Alexis del Sol stellen uns diesen berühmten Pfad vor.
Der Rubicon Trail startete sein Leben als McKinney Road. Sein Ursprung führt zurück ins 19. Jahrhundert als im El Dorado County, mitten in Kalifornien, eine Verbindungsstrecke zwischen dem Lake Tahoe und Georgetown erschaffen wurde. Sie sollte den Postkutschen eine sichere Überquerung der kalifornischen Bergkette, die Sierra Nevada, ermöglichen und gleichzeitig den Tourismus in die nahegelegenen Kurorte bringen.
Jahrzehnte später waren die Hotels längst verschwunden und der Verkehr auf die neuen Straßen ausgewichen. Die ehemalige Postroute verwilderte und geriet in Vergessenheit. Dies sollte sich im Jahr 1953 ändern als eine Gruppe von Allradfans die historische Route zum Austragungsort ihres jährlichen Treffens, der Jeepers Jamboree, wählte. Dies war der Startschuss einer langen Erfolgsgeschichte.
Über die nächsten Jahrzehnte stellten immer mehr Verrückte ihre Geländewagen auf der Strecke auf die Probe und es dauerte nicht lange bis sie zur härtesten Offroadstrecke der Welt gekürt wurde. Und das obwohl sie kaum mehr als 30km zurücklegt. Heute hat der Rubicon Trail rechtlich den Status einer nicht gewarteten Landstraße, in der Allradcommunity den einer Legende.
4x4proyect ist eine Fahrwerksschmiede aus Spanien mit Sitz in Saragossa. Die Leidenschaft ihres Gründers führte zur Spezialisierung auf alles rund um das Geländefahrwerk. Aus dieser Leidenschaft gepaart mit einem Hang zum Perfektionismus entstand eine enge Zusammenarbeit mit dem deutschen Fahrwerkshersteller Bilstein. Da es keine bessere Bewährungsprobe für Neuentwicklungen gibt, als diese unter härtesten Bedingungen an ihre Grenzen zu bringen schickte 4x4proyect den eigenen Jeep Wrangler LJ Rubicon in die USA, stattete ihn dort bei Bilstein aus und steuerte den legendären Rubicon Trail an. Hier der Bericht dazu.
Anreise zum Rubicon Trail: Ankunft am Lake Tahoe
Mehrere Tage sind wir schon in der kalifornischen Sierra Nevada unterwegs. Unsere Route führte uns über den atemberaubenden Yosemite National Park nach Norden bis zum Lake Tahoe. Wir verbringen den Nachmittag entlang der Bundesstraße 89 die dem Seeufer folgt, genießen die Aussicht und halten Ausschau nach einer Unterkunft. Wir werden in einem kleinen Hotel fündig und nutzen den Abend um alle Vorbereitungen für das bevorstehende Abenteuer zu treffen. Unser Jeep wird nochmal gründlich durchgecheckt und vollgetankt und wir statten uns mit Nahrung und Getränke für mehrere Tage aus.
Tag 1: Steiniger Anfang
Es ist früh morgens und der Tag zeigt sich sonnig aber frisch. Immerhin sind wir auf 1.900m ü.n.N. Mit großer Neugier legen wir die wenigen Kilometer Asphalt zurück die Tahoma, unseren Übernachtungsort, vom Anfang (oder Ende, je nach Fahrtrichtung) des Rubicon Trail trennen. Wir treffen auf einen großen Schotterparkplatz. Hier wäre genug Platz um Rast zu machen, zu campen oder auch einen Anhänger abzustellen. Ebenso finden wir ein großes schwarzes Brett vor. Hier gibt es reichlich Infos zur Strecke wie der tagesaktuelle Wetterbericht, Notfallkontakte, usw. Es werden auch die „Hausregeln“ nochmal erläutert. Vor allem die Strecke nicht verlassen um Schäden an der Umgebung zu vermeiden. Daneben steht auch noch eine Box mit Ölbindemittel zum mitnehmen falls doch etwas schief gehen sollte.
Einheimische halten den Rubicon Trail in Schuss
Erwähnenswert ist vor allem, dass die Instandhaltung der Strecke, von Infrastruktur bis Reinigung, komplett von einheimischen Vereinen durchgeführt wird, ehrenamtlich. Dank ihrer harten Arbeit bleibt der Rubicon Trail Jahr für Jahr befahrbar. Zweifelsohne ein Beispiel, von dem man sich viel abschauen sollte. Wir passen unseren Reifendruck an, entkoppeln den vorderen Stabi und setzen unser Funkgerät auf den Notfallkanal, für alle Fälle. Noch ein schnelles Erinnerungsfoto und es kann losgehen.
Eine gemütliche Schotterpiste führt uns durch unendlich erscheinende Nadelwälder. Zwischendurch immer wieder Lichtungen mit Granitfelsen und idyllischen Seen. Vereinzelte Steine auf dem Weg sind Vorboten von dem, was uns die nächsten Tage erwartet. Alles um uns herum strahlt Ruhe aus und wir staunen darüber, dass alles tipp topp sauber ist. Und das obwohl tausende Allradler jedes Jahr die Strecke zurücklegen. Diese Tatsache allein zeugt vom vorbildlichen Umgang der einheimischen Geländefahrer.
Die Piste windet sich weiter durch den Wald und es liegen immer mehr Steine auf dem Weg, deren Größe unaufhaltsam zunimmt, bis wir an einer größeren Stufe ankommen. Zeit die Untersetzung einzulegen. Noch ahnen wir nicht, dass der Wahlhebel unseres Verteilergetriebes diese Stellung für drei Tage nicht verlassen wird.
Es geht langsam los
Die ersten Felsen, die Kategorie Stein scheint nicht mehr angemessen, tauchen auf und alles was man nicht umfahren kann muss erklettert werden. Der kurze Radstand unseres Wranglers kommt uns zu Gute und wir freuen uns über die Verschränkungsfreudigkeit des Fahrwerks, welches mühelos alle Viere auf dem Boden hält. Es dauert nicht lange bis uns die ersten Fahrzeuge entgegenkommen. Die meisten mit Umbauten die jeden deutschen TÜV-Ingenieur in Ohnmacht fallen lassen würden. Wir werden von jedem einzelnen gegrüßt, unabhängig vom, Fahrzeugtyp oder Umbau.
Als sie sehen, dass wir alleine unterwegs sind werden wir sofort gefragt ob wir Hilfe benötigen. Das gemeinsame Hobby schweißt zusammen. Wir arbeiten uns weiter durch das Felsenmeer und bestaunen Fahrzeuge und Landschaft.
Opfer auf der Strecke zeugen von der Härte
Ein wenig später finden wir das erste Opfer der Strecke. Es ist ein Dodge Ram dessen Lenkgetriebewelle gebrochen ist. Der harte Granit ist gnadenlos und verzeiht keine Fehler. Mitten im Nichts blieb dem Fahrer keine andere Option als sein Fahrzeug abzustellen und auf die Hilfe Anderer zu hoffen. Da abschleppen hier schlicht unmöglich ist führt an einer Reparatur vor Ort kein Weg vorbei. Es wird uns erneut Bewusst, dass maximale Vorsicht geboten ist.
Im Schritttempo stellen wir weiter unser Fahrwerk auf die Probe und erreichen eine Lichtung am oberen Ende des Cadillac Hill. Dieser Hang wurde nach dem Fahrzeug benannt das dort verunglückte und wie ein Mahnmal an Ort und Stelle verlassen werden musste.
Wir sind schon einige Stunden unterwegs und entscheiden uns für eine kurze Pause. Unsere einfache Mahlzeit schmeckt bei dem herrlichen Anblick doppelt so gut. Um uns herum erstrecket sich eine unendliche Hügellandschaft die von Tannenwäldern, Granitfelsen und Seen übersäht ist. Hier und da sichten wir ein Paar Fahrzeuge die sich langsam durch die Felslandschaft arbeiten.
Gesättigt lassen wir unseren zuverlässigen 4.0l an, legen den ersten Gang ein und machen uns an den Abstieg. Es folgt eine Mischung aus staubigen Querrillen, losen Steinen und großen Felsen. Das alles steil bergab mit einer Böschung zu unserer Linken. Der gute Grip des steinigen Untergrunds und die Untersetzung von 1:4 sind ein Segen.
Im ersten Gang brummt der Reihensechser im Leerlauf vor sich hin. Am Fuße des Hangs liegt der Friedhof des Rubicons als letzte Ruhestätte verschiedener Persönlichkeiten dessen Geschichten mit der der Strecke unzertrennbar sind. Auch er warnt vor Übermut.
Im Shop gibt es Lebensmittel, Werkzeug und Teile
Es geht über einen engen und staubigen Waldweg weiter der uns nach Rubicon Springs führt. Dieser idyllische Ort liegt direkt am Rubicon Fluss. Hier gibt es einen einfachen Campingplatz und eine Hütte in der man die wichtigsten Dinge erwerben kann. Ebenfalls eine gute Auswahl an Leihwerkzeug sowie einige der üblichen Ersatzteile und ein Schweißgerät falls der Tag nicht so wie geplant verlief. Zum Glück benötigen wir nichts davon und genießen den Nachmittag am Wasser. Wir stellen unser Zelt auf und bereiten am Lagerfeuer unser Essen vor. Den Abend lassen wir am Lagerfeuer mit anderen Gleichgesinnten ausklingen.
Tag 2: noch mehr Steine
Bei Sonnenaufgang nehmen wir ein kurzes Frühstück zu uns und räumen das Lager. Nichts darf zurückbleiben, vor allem kein Müll. „You bring it in, you take it out“ lautet die Divise. Wir verlassen unseren Übernachtungsplatz und folgen dem Fluss Richtung Süden. Das nächste Hindernis lässt nicht lange auf sich warten und so finden wir uns in einem Felsspalt wieder.
Wir müssen Unebenheiten mit Steinen auslegen um zu vermeiden, dass sich der Jeep zu weit seitlich neigt und der Dachträger mit den Felsen auf Tuchfühlung geht. Wenig später erreichen wir die bekannte Brücke über den Rubicon Fluss. Ein kurzer Stopp und ein Erinnerungsfoto sind Pflicht. Erneut bestaunen wir die Arbeit der Clubs die das Material für den Bau der Brücke mit ihren eigenen Allradlern hergebracht haben und sich um die Instandhaltung kümmern.
Big Sluice
Nach der kurzen Pause durchqueren wir ein Stück Wald und eine scharfe Rechtskurve später liegt der sogenannte Big Sluice vor uns. Dieses Hindernis ist ein kurzer aber steiler Aufstieg von nur wenigen hundert Metern der ausschließlich aus großen Felsen besteht. Damit nicht genug, ist die Passage zusätzlich so eng, dass aneinander vorbeimanövrieren unmöglich ist.
Wir warten unten während eine Gruppe in entgegengesetzter Richtung den Big Sluice hinabklettert. Einer der Fahrer ignoriert in einem Anflug vom Übermut die Anweisungen seines Beifahrers und bleibt Sekunden später zwischen den Felsen stecken. Die Bergung stellt sich komplex dar und uns bleibt nichts Anderes übrig als die Zeit zu nutzen um Fahrzeuge und Strecke zu begutachten.
Fast zwei Stunden später geht es endlich weiter und wir arbeiten uns Meter für Meter den Hang hoch. Vorsichtig manövrieren wir unseren Jeep um und über die Felsen. Der Umbau, 3,5″ Höherlegung und 33″ Reifen ist auf Reisen und nicht auf Trial ausgelegt. Das zwingt uns mit viel Umsicht zu agieren. Geduld und Präzision sind die Lösung. Ich sitze am Steuer und sehe wegen des steilen Anstiegs meist nicht den Boden, nur blauen kalifornischen Himmel und die Zeichen meines Beifahrers. Dank seines Könnens und der guten Verschränkung unseres Jeep Wranglers schaffen wir es unbeschadet und ohne stecken zu bleiben bis nach oben. Wieder einmal ein Beweis, dass ein gutes Team mehr Wert ist als viele Technik.
Abkühlung im Buck Island Lake
Wir befinden uns jetzt auf einer Anhöhe und können schon Buck Island Lake sehen. Wenige Felsen trennen uns von diesem wunderschönen See und am Ufer treffen wir auf mehrere Geländefahrzeuge die hier Rast machen. Wir tun es ihnen gleich, machen Mittag und gehen in dem glasklaren Wasser eine Runde Baden. Das wir aus Europa bis hierher gekommen sind freut die Einheimischen sichtlich. Nach einem kurzen Wortaustausch sitzen wir beisammen und teilen Speis und Trank. Gastfreundschaft wird hier groß geschrieben.
Erholt und erfrischt nehmen wir ein steiniges Hochplateau unter die Reifen. Eine Stunde lang geht es recht gemütlich voran bis wir an einer Flussdurchquerung ankommen. Ein kurzer Check zu Fuß stellt klar, es besteht keine Gefahr. Wir kommen an einer der wenigen flachen Stellen vorbei und entscheiden uns hier unser Nachtlager aufzustellen. Unter einem unglaublichen Sternenhimmel genießen wir unser Abendessen. In der Ferne sieht man noch vereinzelte Lichtkegel von Fahrzeugen die es noch nicht ans Ziel geschafft haben. Es dauert nicht lange bis wir die Wärme unseres Zeltes aufsuchen. Wir sind auf über 2.000m und die klare Nacht ist kalt.
Tag 3: Steiniges Ende
Wir stehen im Morgengrauen auf. Nach der kalten Nacht zeigt sich der Tag von seiner besten Seite. Wir genießen die ersten Sonnenstrahlen, packen zusammen und nehmen uns das letzte Stück unseres Abenteuers vor. Es geht los mit einem Aufstieg über große Granitplatten. Da wir bis auf den Dachträger beladen sind konzentrieren wir uns darauf starke Seitenneigungen zu meiden. Jeder Meter stellt die Stabilität unseres Fahrwerks auf die Probe. Die Balance aus Flexibilität und Stabilität stellt sich als sehr gelungen heraus.
Wir erklimmen unzählige Felsstufen bis wir die enge Passage namens Little Sluice erreichen. Kurz danach steht der Abstieg über Walker Hill an. Es ist Freitag und man merkt es, denn wir treffen heute auf deutlich mehr Fahrzeuge. Hin und wieder müssen wir sogar kurz warten bis eine Gruppe das bevorstehende Hindernis gemeistert hat. Doch die Wartezeit stört uns nicht und wir genießen das Spektakel bei dem Mensch und Maschine auf die Probe gestellt werden.
Zum Ende noch ein paar Schwierigkeitsgrade
Der Abstieg über Walker Hill ist nochmal spannend. Die mittlerweile normale Mischung aus Steinen in allen Größen, Hohen Stufen und tiefen Querrillen fordern erneut das Fahrer-Beifahrer Team heraus um Schäden am Wagen zu vermeiden. Letztendlich meistern wir den Hang ohne Zwischenfälle und erreichen Granite Bowl.
Granite Bowl ist, wie der Name vermuten lässt, eine Senke die aus Granitplatten besteht. Bis auf eine Hand voll steiler Stellen bietet sie keine Schwierigkeiten und so kreuzen wir gemütlich den riesigen Suppenteller aus grauem Gestein und genießen den Ausblick. Im Anschluss geht es noch einmal durch einen Wald. Der enge Weg ist mit großen Felsen gespickt und riesige Bäume auf beiden Seiten schränken den Rangierraum deutlich ein.
Farbreste an dem einen oder anderen Stamm zeugen davon, dass sie bei Kontakt nicht nachgeben werden. Wir suchen die Ideallinie und der Beifahrer steigt noch ein letztes mal aus um Präzisionsarbeit zu leisten. Fast eine Stunde manövrieren wir uns durch das kurze Stück Wald. Am anderen Ende erwartet uns eine Schotterpiste die uns in einem knappen Kilometer bis Loon Lake bringt. Am Ufer des Sees finden wir ein Schild mit der Aufschrift „Rubicon Trail“. Es markiert den Anfang für diejenigen die das Abenteuer in die andere Richtung wagen. Ein Paar Meter weiter betreten wir zum ersten mal in drei Tagen Asphalt. Wie ein Seemann bei Landgang überkommt uns dabei ein seltsames Gefühl.
Die offizielle Webseite des Rubicon Trails: Eldorado County.
© Fotos: Nico Garcia Vogel & Alexis del Sol