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Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug Expeditionsmobil

Follow the Navels im Puch 230G

Greta und Jan mit ihrem selbstausgebautem Expeditionsmobil

Greta und Jan von Follow the Navel haben mehr als ein Jahr ihren Puch 230GE um- und ausgebaut. Sie haben einen eigenen Heckträger geschweißt, eine Dachbox gebaut und den Innenausbau komplett selbst geschreinert. Mittlerweile haben sie 50.000 km in ihrem Puch zurückgelegt und 25 Länder bereist. Was sie antreibt, was sie erlebt haben und was sie auf keiner Reise missen möchten, erfahrt ihr in diesem Interview.

Was habt ihr für ein Fahrzeug und was hat es für eine Geschichte?

Unser Puch 230GE, Baujahr 1994, stammt aus der Schweiz. Wir haben ihn 2020 mit einer Laufleistung von 45.000 km gekauft. Vorbesitzer war das Schweizer Militär. Standardmäßig ist das Fahrzeug mit einem 2,3-Liter-Benzinmotor, „kraftvollen“ 118 PS, einem 4-Gang Automatikgetriebe sowie zuschaltbarem Allrad, Geländeuntersetzung und einer Differentialsperre an der Hinterachse ausgestattet. Klingt nach einer runden Sache für die Schweizer Berge, im Rest der Welt – müssen wir zugeben – ist er das Gegenteil von spritzig.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug Expeditionsmobil

Die Geschichte unseres Fahrzeugs beginnt schon im Vorjahr. 2019 haben wir im Rahmen unseres Sabbaticals die Mongolei mit einem alten russischen UAZ Jeep durchquert, den wir in Ulaanbaatar gekauft haben. Tief in der Wüste Gobi entstand bei uns beiden ein Traum: Irgendwann möchten wir mit einem selbst ausgebauten Expeditionsmobil, von Deutschland aus, erneut auf große Reise gehen und hierher zurückkehren.

Follow the Navals Greta mit Puch und UAZ

Wo schlaft ihr in eurem Fahrzeug? Und wie habt ihr es ausgebaut?

Unser Fahrzeug haben wir komplett in Eigenregie ausgebaut. Von der ersten Skizze bis zum finalen Feinschliff. Tatkräftige Unterstützung hatten wir von Gretas Papa, der – wie wir – Ingenieur ist. Unzählige Stunden haben wir gemeinsam in seiner Manufaktur am Niederrhein gegrübelt und geschwitzt. Insbesondere bei den Metallarbeiten haben wir auf seine professionellen Werkzeuge und seine langjährige Expertise als Schweißfachmann und Konstrukteur zurückgreifen können.

An unserem Fahrzeug gibt es so kaum Bauteile von der Stange, sondern viele individuelle Lösungen. So haben wir z.B. unser eigenes Dachträgersystem konstruiert, um unser Dachzelt (iKamper, Skycamp 2.0) sowie unsere Staubox (Marke Eigenbau) auf dem Dach zu befestigen. Auch unsere Außentische oder unsere Solar-Outdoordusche haben wir selbst entworfen und gefertigt.

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Unser Dachzelt ist mit seiner 4 qm großen Liegefläche der größte Raum des Fahrzeugs. Die Hartschalenkonstruktion trotzt laut Hersteller starken Winden bis zu Windstärke 8. Das können wir bestätigen! Das Zelt hält sehr viel Wind aus, ruhigen Schlaf haben wir in solchen Nächten aber nicht gefunden. Wenn es das Wetter nicht zulässt z.B. bei starkem Wind oder Gewitter oder wenn wir unauffälliger unser Camp aufschlagen möchten, weichen wir ins Fahrzeuginnere aus. Dort haben wir die Möglichkeit mit wenigen Handgriffen eine Liegefläche von 2,20 x 1,10 m aufzubauen. So kann insbesondere Jan mit seinen 1,93 m entspannt ausgetreckt liegen.

Kocht ihr drinnen oder draußen? Was nutzt ihr am liebsten zum Kochen? Habt ihr vielleicht sogar ein Lieblingsrezept?

Wir nutzen, wann immer möglich, unsere Outdoorküche. Auf einem Klapptisch in unserer Hecktüre können wir auf zwei Flammen mit Gas kochen. Wir haben eine herkömmliche 5,5 kg Propangasflasche an Bord, die unseren Primus Tupike speist. Unsere 270-Grad-Markise von Rino Rack schützt uns hierbei vor Sonne und Regen. In seltenen Fällen weichen wir auf eine Notflamme, unseren Primus Primetech im Fahrzeug aus. Zum Kochen reichen uns zwei Töpfe und eine Pfanne locker.

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Wir genießen es, frisch und lokal einzukaufen. Obst und Gemüse gibt es in vielen Ländern frisch vom Erzeuger direkt am Straßenrand. Da Greta Vegetarierin ist, kochen wir auf Reisen ausschließlich ohne Fleisch. Eines unserer Lieblingsrezepte ist Couscous in sämtlichen Varianten, z.B. mit einem Sugo aus Gemüse. Ein Allzweckwunder. Gibt es in jedem Land und geht super schnell.

Wer hat den Ausbau eures Wagens gemacht? Welches Ziel hatte der Ausbau?

Unser Fahrzeug ist 100 Prozent in Eigenleistung entstanden. Obwohl wir aus dem beruflichen Kontext wissen, wie stringentes und effizientes Projektmanagement aussieht, hatten wir lang kein klares Zielbild von unserem Ausbau. Wir hatten viele Wünsche, Ideen und Inspirationen, aber wussten auf Grund mangelnder Erfahren schlichtweg nicht, was wir technisch umsetzen können und was wir überhaupt benötigen.

Bevor wir mit unserem Puch auf unsere Weltreise gestartet sind, waren wir noch nie mit einem Camper unterwegs. Unsere Idee, eine Trockentrenntoilette einzubauen, kam uns beispielsweise erst sehr spät im Prozess. Aber zum Glück kam sie uns noch … Wir haben uns für eine mobile Lösung von kildwick entschieden. An den zahlreichen Grenzen, die wir überquert haben, glaubt uns selten ein Zöllner, dass sich im schlichten Holzwürfel eine Toilette versteckt.

Welche Materialien habt ihr verwendet?

Bei den Materialien war es uns wichtig, auf natürliche Rohstoffe zurückzugreifen. So haben wir im Innenraum viel Holz verbaut oder unsere Sitze mit Lammfell bezogen. Dank unserer gelben Arbeitsfläche scheint auch an grauen Tagen die Sonne bei uns im Inneren. Nicht zu unterschätzen für die Stimmung, wenn man an einem Regentag auf engem Raum gefangen ist.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug - Innenausbau

Wir wollten, wann immer möglich, die Schweizer Seele des Fahrzeugs bewahren. So nutzen wir heute noch die Original Rollos zur Verdunkelung der Scheiben, den Dachlüfter oder die ursprünglich verbauten Schränke. Die schwitzigen Kunstledersitze haben wir mit einem Abstandsgewirke, was wir auch im Dachzelt nutzen, verstärkt. In Kombination mit dem Lammfell eine super Lösung und deutlich günstiger als zwei neue Sitze.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug - Innenausbau

Bei den Polsterstoffen auf unserer Sitzbank und unserem Bett im Innenraum haben wir auf wertigen Kaltschaum und Stoffe in Profi-Qualität von einem befreundeten Polsterer zugegriffen. Eine Ausgabe, die sich bezahlt gemacht hat. Trotz intensiver Sonneneinstrahlung oder vieler staubiger Pisten, sieht alles noch aus wie am ersten Tag.

Könnt ihr noch sagen, wie lang der Ausbau gedauert hat und wie teuer das ungefähr war?

Unser Ausbau hat etwa ein Jahr gedauert. Die meiste Zeit haben wir an Wochenenden oder nach Feierabend investiert. Wir haben das Fahrzeug grundgereinigt, komplett entkernt und in ein individuelles Expeditionsmobil verwandelt. In Summe haben wir für das Fahrzeug und alle Komponenten wie Dachzelt, Lithium Batterie, Ladebooster, usw. etwa 40.000 Euro ausgegeben. Nicht mit eingerechnet sind hier allerdings die vielen Arbeitsstunden, die wir und Gretas Papa eingebracht haben.

Was habt ihr sonst noch am Fahrzeug verändert?

Neben dem Innenausbau des Fahrzeugs haben wir auch außen eine Reihe von Dingen individualisiert. So haben wir unsere Motorhaube mit Alu-Riffelblech verstärkt, seitlich zwei stabile Klapptische installiert, einen Tritt auf unserer Anhängerkupplung zum leichteren Ein-und Austeigen verbaut. Zudem haben wir diverse Airline-Schienen verklebt, an denen wir Dinge wie Wassersäcke oder einen zweiten Ersatzreifen sichern können.

Für sandige Pisten haben wir zwei Bergeboards (MaxTrax MKII) seitlich am Fahrzeug verortet. Unsere Räder-Reifen-Kombination haben wir auf Traglast und maximale Bodenfreiheit hin optimiert. Wir fahren den BFGoodrich All-Terrain 235 85 R16 auf robusten Stahlfelgen. Ein komplettes Ersatzrad sowie einen weiteren Reifen haben wir ebenfalls an Bord. Das Original-Fahrwerk haben wir gegen eine verstärkte Variante von Bilstein getauscht.

In alle Richtungen rund um das Fahrzeug haben wir Zusatzscheinwerfer installiert. Vor allem an Stellplätzen ohne Fremdlicht können wir so die Nacht zum Tag machen. Die meisten nächtlichen Besucher waren allerdings friedliche Straßenhunde, scheue Schlangen oder ein neugieriger Skorpion in Gretas Schuh.

Wo wart ihr mit eurem Fahrzeug bereits unterwegs? Und wie lang?

Mit unserem Puch reisen wir seit Anfang 2022. Kilometermäßig gesehen, sind wir mit ihm bereits mehr als einmal um die Erde gefahren. Europa haben wir von Nord bis Süd bereist. Vom Baltikum im hohen Norden bis zum Balkan tief im Süden. Die schönsten Sonnenuntergang haben wir in Estland gesehen, die spannendste Piste sind wir Nordmazedonien gefahren und dem ersten Bären sind wir im Kosovo begegnet.

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Über Griechenland und die Türkei ging es für uns auf den asiatischen Kontinent. In Georgien haben wir einen ganzen Monat auf Ersatzteile für unser Fahrzeug warten müssen und in Armenien das beste Brot außerhalb von Deutschland gegessen. Ein besonderes Etappenziel und östlichster Punkt unserer Reise war die Mongolei. Der Weg dort hin: kräftezehrend und aufregend. Im Transit durch Russland steckten wir fast drei Wochen in der Republik Dagestan auf Grund eines technischen Defektes fest. In der kasachischen Steppe hatten wir dank des Windes viele schlaflose Nächte im Dachzelt.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug Expeditionsmobil

Trotzdem sind wir guter Dinge und happy. Wir haben es tatsächlich geschafft, unser Fahrzeug auf dem Landweg bis in die Mongolei zu fahren! Dorthin, wo im Jahr 2019 alles mit einer Idee in der Wüste Gobi begann.

Aktuell bereisen wir Zentralasien. Gerade sind wir vom Dach der Welt, dem Pamir Highway zurück. Von Osh in Kirgistan sind wir nach Dushanbe in Tadschikistan gefahren. Abenteuerfaktor 10 von 10, herausfordernd für uns und das Fahrzeug, aber jede Minute Aufregung und Anspannung wert. Leider sind wir auf den engen Bergpisten mit einem entgegenkommenden LKW kollidiert. Ein Souvenir, das wir lieber nicht vom Pamir mitgebracht hätten.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug Expeditionsmobil

Von Usbekistan geht es für uns in den kommenden Tagen in den Iran und durch den Irak weiter auf die arabische Halbinsel. Unser nächstes Etappenziel ist der Oman.

Während unserer Reise besuchen wir wann immer möglich lokale Hilfsprojekte entlang unserer Route. Wir engagieren uns ehrenamtlich für Kinder in Not und unterstützen eine deutsche Kinderhilfsorganisation. Mehr dazu findet Ihr auf unserer Website.

Was sind die drei wichtigsten Dinge, die ihr auf eure Reisen nicht missen wollt?

Unseren Wasserfilter von Albfilter. Dank ihm haben wir aus natürlichen Wasserquellen in Armenien, rostigen Pumpen am Straßenrand in Sibirien oder Brunnen in der Mongolei immer frisches Trinkwasser filtern und auf viele Flaschen Plastik verzichten können. Wir können bis zu 120l gefiltertes Wasser an Bord mitführen.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug Expeditionsmobil

Unsere Solar-Outdoordusche: wir haben an jeder Fahrzeugseite einen Anschluss. Je nach Situation können wir also rechts oder links am Fahrzeug oder sogar theoretisch zeitgleich duschen. 30 Liter Fassungsvermögen reichen uns für mehrere Duschen.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug Expeditionsmobil

Unser externer Stauraum: Für unserer Hecktüre haben wir einen robusten Korb mit zugehörigem Halter, der am Ersatzrad fixiert ist, entworfen. Hier transportieren wir z.B. unseren Müll. Seitdem uns mitten im Nichts in Südostanatolien Jans Schuhe von wilden Hunden geklaut wurden, stellen wir nun auch diese immer sicher dort ab.

Follow the Navals Höhenbeschränkung

Was habt ihr euch extra angeschafft und ist jetzt völlig nutzlos?

Gekauft, aber nie benutzt haben wir unseren mobilen Waschsack. Bis jetzt haben wir immer irgendwo rechtzeitig eine Waschmaschine gefunden. Unser Wasser an Bord nutzen wir ausschließlich zum Kochen, Trinken oder Duschen.

Gekauft, aber absolut nicht zu empfehlen: ein faltbarer Wasserkanister. Bereits nach kurzer Zeit ist der Plastikkanister in den Falten an mehreren Stellen gerissen. Natürlich während der Fahrt im Fahrzeuginnenraum. Das war eine ziemliche Sauerei. Wir haben den Faltkanister durch eine stabile Variante am Heck von frontrunner ersetzt.

Gekauft, aber viel zu selten benutzt habe wir ein riesiges Sonnensegel, das wir an unserem Dachzelt anbauen können. Eine klasse Sache, wenn man längere Zeit an einem Ort steht. Nicht zu empfehlen bei Wind, oder wenn es – wie meistens – schnell gehen muss. Auf Grund von zu langer Rüstzeit Platz und Gewicht nicht mehr bei uns an Bord.

Wenn ihr noch mal neu anfangen würdet, was würdet ihr anders machen? Oder seid ihr komplett zufrieden?

Dafür, dass unser Puch unser aller erstes Ausbau-Projekt ist, sind wir echt zufrieden. Mit unseren individuellen Lösungen haben sich die kreativen Ingenieure in uns an vielen Stellen richtig austoben dürfen. Oft sind wir während der Reise gefragt worden: „Wo habt Ihr Eure Outdoor-Dusche gekauft? Bei welchem Shop kann ich den Hecktritt bestellen? Wer hat Euren Ausbau gemacht?“ Das macht uns natürlich schon ein wenig stolz.

Optimierungspotential sehen wir beim Thema Gewicht und Höhe. Bei einem neuen Ausbau würden wir mehr Gewicht vom Dach weiter unten im Fahrzeug verorten, um unseren Schwerpunkt zu reduzieren. Auch, wenn wir mit 3 Tonnen Gesamtgewicht „leicht“ sind, sind wir mit 2,80 m einfach sehr hoch. Gerade auf Mautstraßen oder Fähren mussten wir auf Grund unserer Höhe oft mehr bezahlen. Ganz zu schweigen von Tunneln, Brücken oder anderen Höhenbeschränkungen, die uns den ein oder anderen Umweg beschert haben.

Follow the Navals Höhenbeschränkung

Außerdem würden wir uns wünschen, elektrisch kochen zu können, um auf Gas im Fahrzeug komplett zu verzichten. Das bedingt aber natürlich ein anderes Set-up unserer Elektrik, insbesondere einem stärkeren Wechselrichter und größerer Batteriekapazität.

Und zu guter Letzt: mehr Leistung! Offroad sind wir bislang mit unserer Motorisierung zufrieden. Mit Allrad und Geländeuntersetzung hatten wir selbst auf dem Pamir-Highway in über 4000 m Höhe keine Probleme. Auf längeren Überlandfahrten oder Asphalt haben wir uns aber oft einfach mehr Power gewünscht.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug - Innenausbau

Mehr zu den beiden:

Hey, wir sind Greta und Jan. Mit unserem alten Puch 230GE und einem Dachzelt reisen wir um die Welt. Mehr als 50.000 km und 25 Länder liegen bereits hinter uns. Du möchtest wissen, was wir erlebt haben? Du findest uns unter @followthenavels auf Instagram. Außerdem teilen wir unsere Reiseabenteuer auf unserem Blog www.followthenavels.com.

Followthenaveils - Puch als Reisefahrzeug Expeditionsmobil

Follow the Navel. @followthenavels auf Instagram und auf ihrem Blog www.followthenavels.com.