Marion, Frank und Hund Benni waren mit ihrem 130er Land Rover Defender mit Wohnkabine drei Monate lang in Russland, der Mongolei und in Zentralasien unterwegs. Im Interview bei uns erzählen sie, wie sie sich auf die Offroad-Reise mit Hund vorbereitet haben und wie es sich mit einem großen Hund so reist.
Wie seid ihr auf die Idee mit der Offroad-Reise mit Hund gekommen?
Die meisten unserer Reisen reifen langsam und manchmal über Jahre. Am Anfang stand auch bei dieser Reise ein Sehnsuchtsziel: die Mongolei. Dann haben wir geschaut, welche Möglichkeiten es gibt und was so Interessantes auf dem Weg liegt. Wo wollten wir immer schon mal hin? So standen schließlich die Eckpfeiler Baikalsee, Mongolei mit der Gobi, der Altai, der Pamir-Highway in Tadschikistan und die alten Städte der Seidenstraße in Usbekistan.
Mit welchem Fahrzeug seid ihr unterwegs und wie habt ihr das reisetauglich gemacht?
Wir reisen in einem 14 Jahre alten Land Rover Defender 130CC mit aufgesetzter Wohnkabine. Bei Reisebeginn hatte der Landy bereits 330.000 Kilometer auf der Uhr. Für diese Reise haben wir ihm einen 70-Liter-Zusatztank und eine Generalüberholung gegönnt. Das war es im Wesentlichen.
Wie und wie lange habt ihr euch auf die Offroad-Reise mit Hund vorbereitet? Also Versicherungen, Vollmachten, Visa usw.
Im Grundsatz begann die Planung mit den ersten Ideen bereits vor einigen Jahren. Wirklich los ging es dann etwa ein Jahr vor Abreise. Die größte Herausforderung hierbei war es, als abhängig Berufstätige, unsere Kollegen und Vorgesetzten von der Reise zu überzeugen. Eine Auszeit von 3 Monaten ist ja nicht selbstverständlich. Auch nicht, wenn man sie, wie wir, ausschließlich mit Urlaubsansprüchen und Überstunden in Anspruch nehmen will.
Letztlich willigten aber dann doch alle ein. Dass eine derartige Reise von etwa 30.000 Kilometern in nur 3 Monaten – vorsichtig ausgedrückt – sehr ambitioniert ist, war uns natürlich klar. Mehr an Zeit war aber leider nicht durchzusetzen. Über das enge Zeitfenster (unter anderem) stolperten dann letztlich auch die Länder Turkmenistan und Iran. Somit hatten wir auch relativ wenig Probleme mit den bürokratischen Vorbereitungen. Nachdem Usbekistan vor wenigen Monaten die Visapflicht abgeschafft hatte, blieben nur noch Tadschikistan mit der autonomen Provinz Berg Badachschan und Russland. Der Aufwand war also überschaubar. Gängige Vollmachten haben wir auf unsere beiden Jungs ausgestellt, eine Auslandskrankenversicherung über den ADAC abgeschlossen, und das war es auch schon. Für Russland und die Länder Zentralasiens haben wir dann jeweils vor Ort Autoversicherungen abgeschlossen.
Inwieweit habt ihr den Verlauf der Reise im Vorfeld geplant? Konkret, welche Länder wann, Sehenswürdigkeiten, Routen … Oder lasst ihr alles auf euch zukommen?
Die Planung war schon relativ konkret, da wir ja rechtzeitig wieder daheim sein mussten. Wir hatten allerdings immer wieder Puffertage eingeplant. Friedl von aroundtheearth.world schrieb uns allerdings vor einigen Tagen so treffend: „Der Plan ist der Ersatz des Zufalls durch den Irrtum.“ Dank eines Rahmenbruchs auf über 3.000 Metern im Niemandsland des Tien-Shan-Gebirges Kirgistans war ab Tag 51 der Reise jegliche Planung Makulatur.
Wie ist das Reisen mit Hund? Läuft das problemlos oder gibt es Hürden?
Im Allgemeinen ist das Reisen mit Hund, auch mit einem solchen Riesen wie unserem, kein großes Problem. Es erfordert allerdings die Bereitschaft, auf Vieles zu verzichten. So sind nicht nur die meisten Sehenswürdigkeiten mit Hund nicht zugänglich. Auch Restaurants etc. akzeptieren in den Ländern des Ostens keine Hunde. Besonders problematisch wurde es allerdings in Jekaterinenburg, wo wir unser Auto für mehrere Tage verlassen mussten und uns alle Hotels und Appartements den Zugang mit Hund verweigerten. Letztlich lebten wir in einer leerstehenden Wohnung in einer großen Plattenbausiedlung. Eine der wichtigsten Erfahrungen auf Reisen hat sich auch hier bestätigt: Es gibt immer eine Lösung.
Nicht ganz einfach war das Sammeln von Informationen zu Einreisebedingungen im Vorfeld. Die prognostizierten großen Probleme an den Grenzen haben sich dann überwiegend nicht bestätigt. Zwar ist das Grenzprozedere aufgrund der Einbindung eines Veterinärs hier und da noch ein wenig langwieriger und aufwendiger als es ohnehin schon ist, aber das ist durchaus machbar. Extrem wichtig sind allerdings einwandfreie Dokumente und Impfnachweise für den Hund! Aber Achtung: Das hier geschriebene gilt nur für die von uns bereisten Länder. Je nach Reiseziel kann es natürlich auch anders aussehen.
Wie finanziert ihr die Reise und wie viel gebt ihr durchschnittlich im Monat aus?
Unsere Reisen werden ausschließlich mit unserem Ersparten finanziert. Dementsprechend sind wir auch extrem sparsam unterwegs. Wir sind weitestgehend Selbstversorger. Da Lebenshaltungskosten und Kraftstoff in Russland, der Mongolei und den Ländern Zentralasiens deutlich günstiger sind als bei uns und wir überwiegend frei übernachten, leben wir eher günstiger als Zuhause. Ohne die Reparaturen an unserem Landy waren wir trotz hoher Kilometerleistung mit deutlich unter 1.500 Euro im Monat unterwegs.
Sicher gab es hunderte toller Momente bisher auf eurer Offroad-Reise mit Hund. Gibt es einen oder zwei, die euch besonders in Erinnerung geblieben sind?
Das ist wirklich schwer zu beantworten. Wir haben so viel Außergewöhnliches erleben dürfen und so viel einzigartige Bekanntschaften geschlossen, dass man ein Buch damit füllen könnte. Besonders eingeprägt haben sich sicher die Begegnungen in den größten Krisen. Evgeni und seine tolle Familie in Jekaterinenburg, die uns völlig selbstlos bei sich aufgenommen haben und Unmögliches möglich gemacht haben. Und natürlich die Zeit bei der Nomadenfamilie am Son-Kul inmitten des Tien-Shan auf über 3.000 Metern, wo wir mit gebrochenem Rahmen gestrandet waren.
Muss man auf einer solchen Reise an der ein oder anderen Stelle Angst haben? Oder sollte man eher auf das Gute vertrauen? Wie ist da eure Devise?
Zunächst einmal: Angst ist immer ein schlechter Berater. Eine gewisse Vorsicht ist sicher angebracht. Aber mit guter Vorbereitung und einem gesunden Menschenverstand lässt sich das Risiko deutlich minimieren. Wir haben in allen bereisten Ländern weitestgehend frei übernachtet. Und hatten nie ein ungutes Gefühl. Mit einer Ausnahme wurden wir nie belästigt oder gestört.
Die Hilfsbereitschaft und Gastfreundlichkeit der Menschen in den bereisten Ländern hat uns wirklich überwältigt. Mehr als einmal mussten wir uns völlig fremden Personen blind anvertrauen. Und nie haben wir es bereut. Nur wenige der Warnungen im Vorfeld haben sich bestätigt. So gab es für uns an keiner Grenze Probleme mit Korruption oder unkorrektem Verhalten. Auch die Polizeikontrollen in Russland verliefen ohne Probleme. In Kasachstan und vor allem in Kirgistan haben wir leider auch andere Erfahrungen mit den Uniformträgern sammeln dürfen. Die vielen positiven Erfahrungen mit der Bevölkerung machen das aber mehr als wett. Es gilt wie immer im Leben: Wer offen und ehrlich auf die Menschen zugeht, macht selten schlechte Erfahrungen. Wir haben die Menschen der ehemaligen Sowjetländer jedenfalls in unser Herz geschlossen und so manches Vorurteil abgelegt.
Welche Eigenschaften sollte jemand haben, der eine Weltreise machen will?
Kompromissbereitschaft, Offenheit, Vertrauen, Improvisations-Talent, manchmal ganz viel Geduld, ein gehöriges Maß an Leidensfähigkeit. Die Bereitschaft, sich täglich neu auf Unvorhersehbares einzulassen. Und ganz wichtig: keine Vorurteile gegenüber anderen Völkern, Kulturen, Religionen etc. Diese Vorurteile werden eh eine solche Reise nicht überstehen. Und aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Ein wenig handwerkliches Geschick und ein paar Schrauberfähigkeiten können sehr hilfreich sein.
Was würdet ihr jemandem raten, der den Wunsch hat, eine Weltreise zu machen?
Sich trauen. Und wenn eben möglich einfach machen. Wir haben den richtigen Zeitpunkt (zunächst) verpasst. Es gab in all den Jahrzehnten immer Gründe, nicht zur ganz großen Reise aufzubrechen: das liebe Geld, der Beruf, die Familie, die Kinder, und und und. Gerade hier auf Matsch & Piste tummeln sich ja einige Protagonisten, die uns beweisen, dass es immer einen Weg gibt. Wir steuern nun stramm auf die Pension zu. Ja, und dann…
Habt ihr ein Motto?
Frei nach Augustinus Aurelius: „Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, liest davon nur eine einzige Seite.“
Und natürlich der Klassiker von Alexander von Humboldt, gerade jetzt, wo die rechte Brut sich europa- und weltweit immer deutlicher positioniert: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.“
Mehr über die komplette Offroad-Reise mit Hund der drei könnt ihr auf ihrem Blog greenroverlandy.de lesen.
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