Franzi und Philip haben beide bereits die Welt erkundet. Nun haben sie die Elternzeit genutzt, um mit ihrer sechs Monate alten Tochter Mila und mit Bo, ihrem Land Rover Forward Control, durch Europa zu fahren. Dabei haben sie gemerkt, dass Reisen mit Baby richtig gut funktioniert, sofern man eine wichtige Regel beachtet.
6 Wochen Europa
Schon vor der Geburt unserer Tochter war klar, dass wir uns die Elternzeit zum Reisen nutzen wollen. Unser Tochter Mila ist jetzt sechs Monate alt und ich hatte bereits Elternzeit bei meinem Arbeitgeber eingereicht. Franzi hatte sich ein Urlaubssemester genommen. Mit unserem neuen, alten Familienwohnmobil, einem Land Rover 101, wollen wir in Richtung Schweden losfahren. Den Landy hatten wir dazu vorher noch zusammen mit meinen Eltern (der Firma Offgemöbelt) als Wohnmobil umgebaut.
Statt Norden, lieber nach Süden
Es ist eine Woche vor der Abfahrt. Unser Forward Control (genannt Bo) ist gerade fertig geworden. Doch die Wettervorhersage will uns einen Strich durch die Rechnung machen, denn in Schweden soll es in den nächsten Tagen nur 16 Grad werden.
Mit Mila ist uns das zu kalt. Also entscheiden wir uns kurzerhand Richtung Süden zu fahren. Das erste grobe Ziel ist Italien und von dort wollen wir nach Kroatien.
Erster Stopp Streichelzoo
Mit unserem Land Rover 101 haben wir eine gute Durchschnittsgeschwindigkeit. Mit dem V8 liegen wir meist bei 90 bis 95 km/h, gelegentlich auch mal 100 oder 110 km/h. Eine echt entspannte Reisegeschwindigkeit. Da wir noch nie lange Strecken mit Mila gefahren sind, machen wir unsere erste Station noch in Deutschland.
Irgendwo hinter Ulm finden wir einen Bauernhof-Campingplatz mit Streichelzoo. Zum ersten Mal erlebt Mila Kühe, Schafe, Pferde und Schweine aus nächster Nähe. Dabei stellt sie verwundert fest, dass Kühe, die man versucht zu lecken, gerne mal zurück lecken. Das scheint ihr nicht so ganz geheuer zu sein.
Venedig wunderschön aber Alptraum mit Kinderwagen
Über Salzburg fahren wir in einer Monster-Etappe nach Venedig. Mit dem Forward Control und Mila fahren wir sonst max 400 Kilometer pro Tag. Einem guten Tipp folgend finden wir einen Campingplatz direkt gegenüber der berühmten Stadt in der Lagune.
Von hier aus nehmen wir ein Boot nach Venedig. Wir schlendern durch die kleinen Gässchen und besuchen einige Kirchen, historische Bauwerke und Plätze. Die Bewunderung beschränkt sich allerdings nur auf die Fassade, denn Venedig ist zwar wunderschön, aber auch sehr teuer.
Für einen Städtetrip mit Baby ist Venedig allerdings nur bedingt geeignet. Denn fast alle der kleinen Brücken und Übergänge bestehen komplett aus Treppenstufen. So tragen wir den Kinderwagen überwiegend, samt Baby versteht sich. Ein Kinderwagen, der getragen werden muss, ist übrigens eine prima Möglichkeit Bettlern nicht einfach Geld zu geben, sondern auch eine Gegenleistung zu bekommen.
Ein bisschen Militärgeschichte in Pivka, Slowenien
Von Venedig aus fahren wir weiter nach Slowenien. Der Forward Control hat an den Bergen drei Tage lang mit Gegenwind, dem adriatischen Bora, zu kämpfen.
In Slowenien können wir an einem wirklich spannenden Ort, dem Park der Militärgeschichte Pivka, übernachten. Im Museumseintritt ist sogar der Wohnmobilstellplatz enthalten. So gelingt es mir, als der hauptsächlich Interessierte, meine beiden Mädels in ein Panzermuseum bekommen.
Eine Woche Kroatien
Über Slowenien, das auf jeden Fall nochmal einen Besuch wert ist, fahren wir weiter nach Kroatien. Unser Ziel ist Istrien und der nördliche Zipfel Kroatiens. Dort bleiben wir gut eine Woche, in der wir einmal um Istrien herumfahren.
Camping in Kroatien ist schön, aber die Campingplätze sind, verglichen zu den sonstigen Preisen und den Ferienwohnungen, extrem teuer. Unter 35 Euro pro Nacht haben wir keinen Platz gefunden.
Weiter geht’s nach Ungarn
Die Campingplätze und auch die Sanitäranlagen auf den Plätzen in Kroatien sind meistens in einem sehr guten Zustand, aber für einen längeren Aufenthalt würde das unser Budget zu sehr strapazieren. Also sind wir von Rovinj in Kroatien zügig an den Plattensee, den Balaton, in Ungarn gefahren.
Mila ist eigentlich auch ein prima Reise-Kind. Während der Fahrt hat sie gespielt oder geschlafen. Mit ihrem Maxicosi direkt hinter dem Fahrersitz war sie jederzeit mit dabei.
Mit Baby wird es manchmal eng
Auffällig ist, wie viel Gepäck so ein kleines Kind hat: Maxi-Cosi, Babystuhl, Kinderwagen, Spieldecke, Spielzeug, Windeln und noch viel mehr. Und fast alles so sperrig, dass man es nicht verstauen kann, sondern immer einfach ins Auto packen muss. So bedeutet ein Tag im Auto immer ein andauerndes Räumen von A nach B.
Insgesamt würde ich aber sagen, dass wir das gut im Griff haben. Schließlich ist noch alles neu in unserem Wohnmobil, das wir erst ein paar Tage vor Abfahrt fertiggestellt hatten.
Unsere Tochter ist der Chef
Unser Fahrrhythmus hat sich im Großen und Ganzen nach den Essenszeiten unserer Tochter gerichtet. Mila ist jetzt der Chef. Aber wenn man das im Hinterkopf behält, ist auch der kleine Chef glücklich.
Jeden Morgen werden wir von einem glücklichen Gegluckse und Gepatsche auf den Schlafsack geweckt, schließlich raschelt der so schön. Dann machen wir Kaffee und frühstücken.
Anschließend wickelt einer, meist Franzi, Mila, zieht sie an und spült, während der andere alle Sachen verstaut und das Auto abfahrbereit macht. Normalerweise sind wir damit in einer knappen Stunde durch.
Los gekommen sind wir trotzdem nie vor halb Elf oder Elf. Dann fahren wir ganz entspannt eineinhalb Stunden, während Mila ihren Vormittagsschlaf hält, inspiriert vom monotonen Brummen des V8 und dem Singen der Reifen auf dem Asphalt.
Wozu ein zu großer Wechselrichter gut ist
So gegen halb Eins, teilweise auch Eins, fahren wir auf einen Rastplatz, auf dem wir dann Mila füttern. An dieser Stelle haben sich das Solarpanel und der eigentlich viel zu große Wechselrichter echt bezahlt gemacht. Denn Milas Fläschchenwärmer braucht 650 Watt, unser Wechselrichter schafft 1500 Watt, passt also.
Je nach dem wie weit wir noch fahren wollen, hat Franzi das Fläschchen auch mal während der Fahrt vorbereitet. Während Mila isst, gibt es für die Eltern einen Kaffee und für Bo Benzin oder auch mal Öl.
Zum Glück ist das Benzin in Kroation und Ungarn deutlich günstiger als in Deutschland. Bei den benötigten 22 Liter auf 100 Kilometern ist eine beachtenswerte Ersparnis.
Nach Milas Mittagessen und unserem Kaffee fahren wir weiter. Mila spielt dann erst noch ein bisschen, schläft aber schnell ein. Nur anhalten ist doof, sobald der Motor aus ist, gehen bei unserem Baby die Augen auf.
Ungarn, ein spannendes Land
Ungarn ist, verglichen mit Italien oder auch Kroatien, ganz anders. Wir können an den Campingplätzen sehen, dass das Land campingmäßig noch nicht wirklich erschlossen ist.
Zwar gibt es Plätze, vor allem am Balaton, aber sie sind häufig alt und nicht mehr gut in Schuss. Dafür sind Land und Leute spannend. Das allgemeine Preisniveau liegt unter dem in Deutschland, trotzdem ist das Lebensmittelangebot ähnlich wie bei uns.
Einer der Tipps, die wir im Vorfeld bekommen hatten, war das Städtchen Tihani am Balaton anzusehen. Das tun wir auch. Tihani ist alter Ort, von dem aus wir einen wunderschönen Blick über fast den gesamten See haben. Interessanterweise machen auch viele Ungarn hier selbst Urlaub.
Die ersten zwei Tage am Balaton lässt das Wetter zu wünschen übrig. Während es am ersten Tag nur etwas kälter und windig ist, regnet es am zweiten Tag fast ununterbrochen.
So verbringen Mila und ich einen Papa-Tochter-Tag im Auto. Ich habe gelesen und mit Mila gespielt, wobei sich unser Baby allerdings auch gut selbst beschäftigen kann. Franzi hingegen hat die Zeit genutzt, um das Wellnessangebot des Campingplatzes auszuprobieren, inklusive Massage und Sauna.
Thermal-Camping in Papa
Vom Balaton fahren wir zum Thermal-Camping in Papa. Im Nachhinein für uns einer der besten Camping-Plätze in Ungarn. Der Platz ist peinlich sauber und die Sanitäranlagen über alle Zweifel erhaben. Das Thermalbad ist gerade für Mila ein super Erlebnis, weswegen wir nahezu den gesamten Tag hier verbringen. Das Babybecken mit Schatten und sehr warmen Wasser gefällt Mila dabei besonders gut.
Ein Abstecher nach Budapest
Das nächste Ziel unser Reise ist Budapest. Franzi und ich haben, Mila eher nicht so, nur Gutes über Ungarns Hauptstadt gehört. Deshalb möchten wir sie einmal besuchen. Auf einem kleinen Campingplatz in der Mitte der Stadt parken wir Bo und laufen einen vollen Tag durch die Stadt.
Auch wenn wir mit der U-Bahn in die Stadt und dort kreuz und quer gefahren sind, merken wir abends wie viel wir auch zu Fuß erkundet haben. Insbesondere die Markthalle, die Burg und die Innenstadt gefallen uns sehr.
Überraschung auf dem Willis-Treffen
Einige Tage zuvor hatten wir uns spontan entschlossen meine Eltern und einige Freunde zu überraschen und doch zum Willys-Treffen an die Mosel zu fahren. Deshalb machen wir uns nach Budapest auf den Weg zurück nach Deutschland.
Als wir in Enkirch auf dem Treffen ankommen, sind unsere Freunde Ralf und Anke mit ihrem Unimog schon da, fest überzeugt davon, dass wir uns noch in Ungarn befinden. Was für eine Überraschung als wir Bo direkt neben ihnen parken.
Bei meinen Eltern hat das mit der Überraschung nicht so geklappt. Die hatten fest mit uns gerechnet. Wir genießen eine Woche mit Gleichgesinnten auf dem Willys-Treffen, sehen uns Autos an, lauschen abenteuerlichen Reiseberichten, fachsimplen und verbringen einfach eine schöne Zeit.
Nach der Reise wollen wir Mila mehr von der Welt zeigen
Wir beschließen die restliche Zeit bis zu unserem Flug nach Tansania an der Mosel zu verbringen. Tansania ist der zweite Teil unserer Hochzeitsreise zu dritt. Denn wir wollen Mila die weite Welt zeigen und vor allem die, in nächster Zeit, letzte Möglichkeit für einen mehrmonatigen Auslandaufenthalt nutzen. Die Elternzeit, vor allem auch das Elterngeld, sind eine ideale Grundlage dafür.
Das Campen mit Baby ist anders, als das Reisen als Paar. Doch nicht unbedingt schlechter, wie wir finden. Da wir uns nach dem Rhythmus unserer Tochter gerichtet haben, klappte auch das Fahren von längeren Strecken gut.
Wir denken, dass gerade viele neue Eindrücke und das ständige Draußensein unserer Tochter sehr gut tun. Sicher hatte unser Kind irgendwann auch keine Lust mehr und war weinerlich, aber das wäre sie zu Hause im Wohnzimmer auch. Deshalb sind wir der Meinung, dass das Reisen mit Baby eine super Sache ist und können es nur allen vorbehaltlos empfehlen.
Fotos: Philip Scherer