Emma und Andy sind zwei Abenteurer, deren Ziel es ist, mit ihrem 22 Jahre alten Hilux die Welt zu umrunden. 858 Tage waren sie bereits unterwegs. 130.316 Kilometer haben sie dabei zurückgelegt. Uns erzählten sie, wie sie nach einem derben Rückschlag im Iran doch weiterreisen konnten und was sie anderen Overlandern empfehlen.
Was hat euch zu eurer Weltreise inspiriert?
Emma war für die Produktion einer TV-Dokumentation bereits in Saudi-Arabien, Jordanien und im Jemen gewesen. 2010 brauchte ich dringend Urlaub und wir machten einen 10-Tages-Trip durch die Vereinigten Arabischen Emirate und den Oman. Es stellte sich schnell heraus, dass wir gut zusammen vereisen konnten. Etwas später unterhielten wir uns über Skype und wir überlegten, wann wir unsere nächste gemeinsame Tour machen wollten. Einer von uns beiden witzelte: “Lass uns um die Welt fahren!”. Ein halbes Jahr später fuhren wir los.
Wie lange habt ihr für die Vorbereitungen gebraucht?
Wir haben eineinhalb Jahre in die Planung gesteckt. Viel Zeit haben wir damit verbracht, im Internet nach Reisen zu schauen, die andere bereits unternommen hatten. Dabei haben wir den Begriff “Overlanding” entdeckt. Bis dahin hatten wir das einfach „mit dem Auto verreisen“ genannt. Wir wussten nicht, dass es dafür eine Bezeichnung, Webseiten und sogar eine große Community gab.
Warum habt ihr euch für den Toyota entschieden?
Andy hat zum Thema Offroad-Reisen sehr gewissenhaft recherchiert und hat dann eine Liste mit in Frage kommenden Fahrzeugen erstellt. Wir haben uns für den Toyota entschieden, weil gebrauchte Hilux Surf sehr günstig sind. Besonders welche, die 22 Jahre alt ist. Außerdem hat der Wagen nur ein sehr einfaches elektronisches Steuergerät, so dass man keine Spezialsoftware oder einen Computer braucht, um es zu reparieren.
Ein anderer Grund für unsere Entscheidung war, mal abgesehen davon, dass wir uns keinen Land Cruiser aus der 70 oder 80 Serie leisten konnten, dass wir auf unserer Tour gut an Ersatzteile herankommen wollten. Der Hilux Surf hat viele Ersatzteile mit anderen Toyota-Modellen gemeinsam vor allem mit dem 4Runners, Hilux Pick-ups, einigen “Land Cruiser”-Modellen und einer Reihe von ganz obskuren Modellen, die nur in Südost-Asien erhältlich sind.
4Runners sind in Europa weit verbreitet. Surfs und Land Cruiser Prado, die den gleichen 1KZ-TE-Motor haben, gibt es häufig in Russland, Zentralasien und Südost-Asien. Das einzige Land, durch das wir gefahren sind, und in dem wir kaum alte Toyota gesehen haben, war Indien.
Wie finanziert ihr eure Reise?
Wir haben alle Besitztümer verkauft, haben beide gearbeitet und sind wieder bei unseren Eltern eingezogen, um Geld zu sparen. Außerdem arbeiten wir während wir reisen. Wir schreiben Artikel für Magazine und machen gelegentlich Grafik-Design-Arbeiten. Unser Geld strecken wir mit Gelegenheitsjobs, die wir über die Seite workaway.info finden.
Wie viel gebt ihr pro Monat aus?
Die Kosten variieren pro Monat. Das ist abhängig davon, wo wir sind, wie viele Jobs wir annehmen und natürlich von einigen anderen Faktoren. Aber durchschnittlich kostet so eine Reise, wie wir sie machen, ungefähr 0,32 Euro pro Meile (1,6 Kilometer).
Mit welchen Hilfsmitteln navigiert ihr?
Anfangs hatten wir ein Garmin Handheld GPS 60csx. Das wurde uns allerdings in Teheran geklaut, als unser Auto aufgebrochen wurde. Wir benutzen zusätzlich die App Galileo auf dem iPhone. Die funktioniert auch offline und benutzt Opensource-Karten. Eine ähnliche App benutzen wir auf dem Android, sie heißt Maps.me. Beide Programme sind prima, aber wir werden in Kürze auf ein iPad für die Navigation umsteigen. Eine andere großartige App ist iOverlander. Wir haben aber auch immer Papierkarten dabei, die sind für die Routenplanung und zur Orientierung im Land einfach besser geeignet.
Welches waren eure schönsten Erlebnisse auf der Reise?
Das Highlight war für uns durch Zentralasien zu fahren, insbesondere der legendäre Pamir Highway hat es uns angetan. Viele Overlander haben einen Heiligen Gral, einige wollen die “Death Road” in Bolivien fahren, andere die “Road of Bones” in Sibirien. Bei uns stand der Pamir Highway lange ganz oben auf der Liste. Er ist die zweithöchste internationale Straße der Welt und die Strecke ist weitgehend nicht asphaltiert. Sie geht durch das Pamirgebirge, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan und Afghanistan bis auf 4.655 Meter Höhe.
Die Straße geht zudem durch die Autonome Provinz Berg-Badachschan, für diesen Teil brauchten wir eine spezielle Genehmigung. Die Landschaft war im wahrsten Sinne des Wortes wild. Wir erlebten Bergstürze, Steinrutsche, Erdbeben, Überflutungen, starke Stürme und politische Unruhen. All diese Faktoren qualifizieren die Straße mit Sicherheit für eine der gefährlichsten Straßen der Welt.
Gab es auf eurer Reise auch Rückschläge? Oder gab es Situationen, in denen ihr wirklich Angst hattet?
Auf allen Langzeitreisen wird es Rückschläge geben. Unser Trip hatte viele. Während wir in der Zentralmongolei waren, erfuhren wir, dass Andys Eltern beide Krebs hatten. Wir entschieden uns, dass es das Beste wäre, sofort nach Hause zu fahren, solange das mit unseren Visa noch so einfach möglich war. Wir drehten um und fuhren in 15 Tagen auf direktem Wege zurück nach Großbritannien. Das hat uns sehr viel Geld gekostet, wenn man den Sprit, die verlorene Krankenversicherung und das Geld für diverse Carnet-Gebühren miteinrechnet.
In der Türkei hatten wir einen Riss im Zylinderkopf und der Motor hat sich überhitzt. Das war eine teure Reparatur, die uns zudem mehrere Monate gekostet hat. Im Iran wurde unser Auto geplündert und wir haben sämtliche Dinge in unserem Fahrzeug verloren.
Aber wir hatten niemals Angst, obwohl wir mehrere Beinahezusammenstöße hatten und einigen Unfällen nur knapp entgangen sind, die durch andere Fahrer verursacht wurden. Auch sind wir vielen wilden Tieren begegnet darunter Schlangen, Leoparden und Elefanten.
Euer Auto wurde in Teheran aufgebrochen und eure gesamte Habe gestohlen. Könnt ihr erzählen, was passiert ist und wir es geschafft habt, weiter zu reisen?
Es war schon eine ironische Laune des Schicksals, dass wir ausgeraubt wurden, während wir in Iran eine Dokumenation über die Großherzigkeit der Iraner drehten. Immer haben wir unsere Sicherheit unseren Führern oder Förderern anvertraut und unseren selbst auferlegten Regeln. Das hat uns sicher durch 45 Länder gebracht. Wir fahren niemals nachts, lassen den Wagen niemals längere Zeit am gleichen Ort stehen und wenn wir im Hotel schlafen oder in einer Stadt sind, parken wir den Wagen nur auf einem bewachten Parkplatz.
Unglücklicherweise war die Situation in Teheran anders und wir hatten nicht die Kontrolle über einige Dinge. Unser iranischer TV-Direktor beteuerte, dass die Gegend sicher wäre, aber es leider dort keinen bewachten Parkplatz gäbe. Sehr zu unser Unzufriedenheit hatten wir keine Wahl, als das Auto an der Straße stehen zu lassen.
Um 6:00 Uhr morgens mit der Nachricht geweckt zu werden, dass die Scheibe unseres heißgeliebten Zuhauses eingeschlagen wurde, war keine schöne Erfahrung. Im Halbschlaf hatte ich gar nicht realisiert, dass wir möglicherweise beraubt worden waren. In meiner Naivität hatte ich angenommen, die Scheibe sei eingeschlagen worden, nur weil wir Briten sind.
Wir haben sofort die Polizei gerufen. Dann verbrachten wir herzzerreißende eineinhalb Stunden damit, das Ausmaß der Katastrophe zu prüfen.
Zwei iranische Motorradpolizisten kamen und erklärten uns ohne Mitgefühl, dass der Raub unsere eigene Schuld sei, weil wir an der Straße geparkt hätten. Sie schrieben unsere Personalien auf, schickten uns zur nächsten Polzeistation und verschwanden auf ihren Motorrädern.
Und dann begann die lange, schmerzhaft langsame und deprimierende Arbeit der Aufnahme des Polizeiberichtes in einem fremden Land. Die gesamte Prozedur, mit langen Diskussionen in Farsi, von denen nur wenige Worte ins Englische übersetzt wurden, dauerte vier ganze Tage. Während dieser Zeit wurden wir mehrfach zwischen vier Polizeistationen hin und her geschickt, um die benötigten Stempel, Formulare und Unterschriften zu organisieren, damit die Ermittlung beginnen konnte. Was ärgerlich, aber irgendwie auch zu erwarten, war: Wir haben nie wieder etwas davon gehört.
Oben drauf kam noch ein Tag, um ein Ersatzfenster zu finden und dann noch einen Tag, um das Glas einzusetzen. Also war eine Woche unserem Visums vergeudet, nur um mit Behörden zu sprechen und unseren Wagen wieder sicher zu machen. Völlig entmutigt, dachten wir, dass dieses Verbrechen zu einem vorzeitigen Ende unseres Traumes werden würde.
Die Diebe hatten uns sechs Flatdog Wolf Boxes geklaut. Darin waren Kleidung, Ersatzteile, Erste-Hilfe-Ausstattung, unsere Camping-Ausrüstung und viele persönliche Gegenstände. Traurigerweise war darunter auch eine Kiste mit Emmas Reisetagebüchern, all unsere alten Karten, Bücher und jedes rührselige Souvenir und Geschenk, das wir auf der Reise gekauft hatten. Außerdem haben sie auch einige größere Dinge mitgenommen, wie meine Werkzeugtasche, die Bergeausrüstung, das Toilettenzelt und den Kocher.
Wir hätten 6.500 Britische Pfund benötigt, um alle Dinge zu ersetzen, die uns gestohlen worden waren. Der finanzielle Schaden war verheerend, aber die Schwierigkeiten und die verschwendete Zeit waren wirklich problematisch.
Wenn du reist, hat jedes Ding, das du dabei hast, einen Zweck. Wir haben ziemlich viel Zeit damit zugebracht, die Dinge auszuwählen, die wir schließlich mitnehmen wollten. Einige unserer unverzichtbaren Dinge im Iran zu ersetzen, erwies sich als nahezu unmöglich. Insbesondere, da unsere Visa immer mehr verstrichen. Der Stress, der in den nächsten Tagen folgte, war lähmend. Immer wieder durchlebten wir alle Details des Verlustes und die Ungewissheit, ob wir unseren Trip überhaupt zu Ende bringen könnten.
Dankenswerterweise zeigten die Menschen im Iran und zu Hause, wie großartig sie sind. Sie halfen uns die verlorenen Dinge zu ersetzen. Unsere Freunde in England haben eine Spenden-Webseite für uns aufgesetzt und die Leute spendeten genug, dass wir weitermachen konnten. Glücklicherweise hat der Raub unsere Abenteuerlust nicht gedämpft.
Welche Länder gefallen euch am besten? In welche Länder würdet ihr nicht noch einmal fahren?
Die mongolische Wildnis haben wir sehr geliebt. Das Fahren war dort unglaublich und die Menschen sind ungemein freundlich. Marokko ist toll, weil es nicht so weit weg ist, aber man dort so viel sehen und machen kann. Die Landschaft und der Boden sind sehr vielfältig von sandigen Wüsten und hohen Bergen bis hin zur Atlantikküste und üppig grünen Tälern. Komplett Zentralasien war unglaublich, vor allem der Pamir Highway. Wir mögen auch Thailand. Andy würde gerne noch einmal nach Russland fahren und dort den abgelegenen Nordwesten bereisen.
Am ersten Mai war euer achthundertster Tag auf eurer Reise. Eure Seite heißt “In 800 Tagen um die Welt”. Waren die 800 Tage wirklich ein Ziel? Warum habt ihr den Namen für die Seite ausgesucht?
Der Name der Reise war inspiriert von Jule Vernes Buch “In 80 Tagen um die Welt”. Wir lieben es, uns Zeit zu nehmen und haben deshalb einfach eine “0” angehängt. Unser Ziel ist es, so viele Länder wie möglich zu sehen. Wir hatten einige Rückschläge, trotzdem 800 Tage unterwegs zu sein, war schon eine große Sache für uns.
Ist da Ende der Reise in Sicht? Oder ist Overlanding jetzt euer Leben?
Die derzeitige Phase unserer Reise nähert sich dem Ende, denn wir haben kein Geld mehr. Wir werden im Juli zurück nach England gehen. Momentan machen wir Pläne, in Südamerika weiterzumachen. Das hängt allerdings von vielen Faktoren ab. Wir sind seit 2012 mit kurzen Unterbrechungen unterwegs und beide ein bisschen müde. Wir haben viele Ideen wie wir in Großbritannien Geld verdienen möchten, die mit Overlanding zu tun haben. Der Traum ist es, genug Geld zu verdienen, diesen Lebensweg weiter zu gehen.
Welche Charakterzüge sollten Overlander haben?
Hartnäckig, widerspenstig, gute Problemlösungsfähigkeiten, ein bisschen mutig, ein bisschen verrückt und vor allem ehrgeizig.
Welchen Rat würdest du Menschen geben, die eine Weltreise machen wollen?
Warte nicht. Leute finden zu viele Ausreden, nicht ihren Träumen zu folgen. Tu es einfach. Auch wenn du denkst, dass du es nicht kannst und du nicht genug Geld hast, fahr einfach. Du wirst ein Abenteuer erleben, und wenn es dich das Leben kostet.
Fahre niemals in der Nacht. Lasse niemals deinen Wagen am gleichen Ort für eine längere Zeit stehen. Halte deinen Wagen in Schuss.
Über Emma und Andy:
Andy ist 40 Jahre alt und ist Künstler, der bereits weltweit ausgestellt hat. Dazu ist er ein leidenschaftlicher Grafikdesigner. Er hat ein großes Interesse an allen kreativen Dingen, vor allem aber an Architektur.
Emma ist 38 und Biologin. Sie hat sich auf Süßwasserfische und Artenschutz spezialisiert. Sie hat als Produktionsmanagerin für eine Tierdokumentation gearbeitet. Außerdem plant und organisiert sie Ausstellungen in Saudi-Arabien, Jordanien und im Jemen.
Nach 858 Tagen und 130.316 Kilometern sind Emma und Andy nach Großbritannien zurückgekehrt. Über ihre Abenteuer könnt ihr in ihrem Blog lesen.