Christian Weinberger reist seit einigen Jahren mit seinem Defender durch Südamerika. Der gelernte Koch ist begeistert von den Menschen und der Landschaft auf dem Kontinent. Uns hat er etwas über seine Reise und von einigen seiner Begegnungen erzählt.
Wieder haben wir bei Matsch&Piste einen Overlander zum Interview gebeten. Diesmal erzählt uns der Österreicher Christian Weinberger von seiner Südamerikareise.
Magst du dich mal kurz vorstellen?
Ich heiße Christian Weinberger, kurz Weindi. Demnächst feiere ich meinen 42. Geburtstag. Ich komme aus Hochburg-Ach, den österreichischen Grenzort der bayrischen Stadt Burghausen. 2003 hat mich ein Freund meines Vaters mitgenommen nach Taiwan. Er war dort beruflich tätig. Damit hatte er ein Reisefieber in mir ausgelöst. Arbeitend in der Gastronomie war Zeit natürlich ein knappes Gut, aber an unseren Betriebsurlauben habe ich jede Minute fürs Reisen ausgenützt. Hauptsächlich Asien, aber auch die beiden Amerikas waren meist Ziel meiner meist dreiwöchigen Reisen.
Gelernt hatte ich im Hotel Goldener Hirsch in Salzburg, eines der zwei besten der Stadt. Insgesamt habe ich 17 Jahre im elterlichen Gasthaus in Ach gearbeitet, die letzten 4 Jahre hatte ich es von meinen Eltern übernommen und selbstständig betrieben, durch eine glückliche Fügung ergab sich ein Verkauf im Januar 2013. Reisestart war dann Juni 2013.
Wie bist du auf die Idee zu der Reise gekommen? Wie konkret war deine Route und Reisezeit zu Anfang?
Reisen hat mich schon ein paar Jahre interessiert. Als der Verkauf fast abgeschlossen war, beschloss ich mit einem Fahrzeug auf eine längere Reise zu gehen, da sich dadurch auch die finanziellen Mittel ergeben hatten. Weiters habe ich zwei Freunde, die gleich bei mir ums Eck leben, ungefähr 5 Kilometer entfernt, die 2011 ebenfalls eine Weltreise starteten. Bea und Helle – www.timetoride.de. Wir sind sicher seit 15 Jahren befreundet. Sie waren der Grund, dass ich meine Reise in Südamerika begann. Sie waren zwei Jahre vorher gen Osten aufgebrochen, so dass ich sie unmöglich einholen konnte. Ich wollte aber eine Zeitlang mit ihnen reisen. Deshalb bin ich ihnen quasi entgegengefahren. Wir trafen uns dann ja auch zweimal, einmal Chile, Argentinien, dann verbrachten wir dreieinhalb Monate zusammen in Kolumbien, wo wir auch unser Reisekochbuch zusammen schrieben.
Pläne hatte ich generell nicht viel, außer dass es so im groben 5 Jahre – 5 Kontinente werden sollten. Nach kurzer Reisezeit hatte ich diesen Plan – wie später noch öfter – geändert, beschloss, dass das langsame Reisen erfüllender ist, als überall nur schnell durchzurasen. Reisen ist mehr als nur ein paar Sehenswürdigkeiten abzufotografieren. Reisen heißt auch Begegnungen, Menschen kennenlernen, das geht besser, je langsamer man reist. Heute ist das Ziel 5 Jahre – ein Kontinent. Für Anfang 2018 ist die Rückkehr geplant. Im Sommer 2018 möchte ich bei Möglichkeit ein Overlandtreffen mit allen Reisenden, die ich unterwegs getroffen habe, veranstalten.
Wie hast du dich auf die Reise vorbereitet? Hast du alles verkauft? Hast du vorher säckeweise Reiseführer gelesen?
Generell wenig, da ich wegen des Verkaufs und vielen damit verbunden Tätigkeiten wenig Zeit hatte. Hauptsächlich hat sich das um den Defender gedreht. Ein knappes Jahr ging ins Land, bis er präpariert war. Teilweise mit Hilfe von Firmen, teilweise mit Freunden. Zuhause besitze ich eine ganze Bibliothek an Reisebüchern und Bücher über Länder, Gebirge, von historischem bis Abenteuer. Für Südamerika war eine Vorbereitung auch nicht wirklich nötig, es ist sicher der am einfachsten zu bereisenden Kontinent. Es sind kein Carnet und keine Visa nötig, nur ein Ticket für das Schiff. Für die nötigen Impfungen besuchte ich einen Tropenmediziner in Salzburg. Das war’s dann eigentlich auch schon. Ich hatte nicht mal wirklich Zeit für eine Erprobungstour, dafür musste zwei Wochen vor Abfahrt der Besuch der Abenteuer Allrad herhalten.
Warum hast du dich für den Defender als Reisemobil entschieden? Was hast du vor der Reise an dem Wagen gemacht? Hast du den Defender innen ausgebaut?
Meinen Defender hatte ich schon 2009 gekauft, es war mein zweiter. Bis zum Beginn des Umbaus 2012 hatte er mir treue Dienste erwiesen, hatte keine Macken und ich hatte auch schon einiges in Pflege und Instandhaltung investiert zum Beispiel Konservierung, Leistungssteigerung…
Es ist ein Doppelkabine Pick-up Defender 110 TD5 HCPU. Das ist fürs Reisen eventuell etwas ungewöhnlich, aber ich dachte, wenn ich jetzt einen anderen kaufe, kenne ich das Auto nicht, weiß nicht, was gemacht ist, welche Macken er hat. Aber da ich alleine bin, passt das ganz gut.
Folgendes habe ich geändert: 3 Batterien, Solar, Kühlbox, Wassertank, Inverter auf 230V, bequemere Sitze, hinten Staufächer und Küche, 2 Gasflaschen. Schlafen im Dachzelt, Bergeequipment wie Seilwinde an anderer Stoßstange, Sandbleche, Klappbare Tische außen, Fahrwerk höhergelegt 5 cm, Unterfahrschutz, größere Reifen, Led Hauptbeleuchtung, 4 Zusatzscheinwerfer, Dachboxen, Leistungssteigerung auf 160 bis 170 PS, Markise. Das wäre das Wichtigste.
Wie lange bist du schon unterwegs. Wie war deine bisherige Route?
Unterwegs bin ich seit Juni 2013, sind also dreieinhalb Jahre. Etwas über ein Jahr kommt noch hinzu.
Mein bisheriger Routenverlauf war: Hamburg- Montevideo per Schiff, dann Uruguay -Südbrasilien – Paraguay – Argentinien (ganz nach Süden bis Ushuaia) – dann immer im Wechsel Chile, Argentinien nach Norden, nochmal Paraguay, dann zurück nach Chile – Peru – Ecuador – Kolumbien.
Dann wollte ich via Venezuela nach Brasilien rüber, um die Runde komplett zu machen. Das ging aber nicht, da seit Mitte 2015 die Grenzen zwischen Kolumbien und Venezuela wegen eines Konfliktes geschlossen sind.
Dann wieder Richtung Süden, von Kolumbien wieder nach Ecuador – Peru – Chile – Bolivien – Argentinien. Jetzt bin ich wegen der Sommersaison wieder auf dem Weg ein zweites Mal Patagonien zu besuchen. Dort will ich bis zum Wintereinbruch bleiben.
Für die Zukunft soll es dann wieder nach Paraguay gehen, via Chaco nach Bolivien Osten, dann ins Pantanal nach Brasilien. Anschließend werde ich mich seelisch auf das Heimkommen vorbereiten. Nach Möglichkeit werde ich wieder mit dem Schiff mitfahren.
Mit welchen Mitteln navigierst du?
Für die Navigation verwende ich eine Mischung aus Navi-App für Android (Scout und Mapsme). Keines ist perfekt, aber sie ergänzen sich gut. OSM hat fast alle noch so kleinen Straßen im System. Für den Überblick verwende ich Papierkarten, wenn möglich von dem bereisten Land. Führend hier ist sicher Chile mit den Karten und Führern der Copec-Tankstellen. Ansonsten gibt’s oft Karten und Führer beim Automobilklub oder an Mautstellen.
Was hast du am häufigsten bisher reparieren müssen?
Reparaturen am Land Rover ist ein Kapitel für sich. Ich fahre viel offroad, deshalb geht auch viel kaputt – wo gehobelt wird, da fallen Späne. Überdurchschnittlich oft muss ich unterm Auto ran. Alles von den Achsen, Bremsen, Reifen, bis zu den Aufhängungen und Gummilagern. Leider hat es mich bisher zweimal Mal gröber erwischt, einmal ein gebrochenes Frontdifferenzial und einmal ein beinahe-Motorschaden. Das war in Peru und ich musste sogar schnell heimfliegen, um Teile zu besorgen. Dabei waren mir zwei große Händler in Deutschland eine große Hilfe: Nakatanenga und FWD GmbH.
Abgesehen von den gröberen Sachen, sehe ich aber kein Problem mit den Werkstattaufenthalten. Dabei durfte ich oft sehr nette Menschen kennenlernen, deren Kontakt über das Reparieren des Schadens oft hinausging.
Wie viel gibst du durchschnittlich im Monat aus und wie finanzierst du deine Reise? Arbeitest du auch während der Reise?
Im Großen und Ganzen finanziert sich meine Reise durch den Verkauf des Gasthauses. Die dabei benötigen Geldmittel für die Ausgaben vor Ort (Essen, Trinken, Treibstoff, Service Landy, Eintritte, Hygiene, Maut, Übernachtungen) schwanken zwischen 600 und 1.500 Euro pro Monat – Außer Peru und Bolivien liegt das Preisniveau in Südamerika nur leicht unter dem Europäischen. Wenn ich Verschiffung, Flüge, Versicherungen und weiterlaufende Kosten daheim mitrechne, kommt noch ein Tausender dazu. Generell spare ich beruflich bedingt nicht bei der Qualität des Essens. Ich esse auch oft auswärts um die lokalen Küchen kennenzulernen.
Die Arbeit am Kochbuch könnte man als Arbeit bezeichnen. Außerdem habe ich in einem bekannten deutschen Camping und Café in Ecuador zwei lang Monate für Kost und Logis mitgeholfen.
Was schätzt du am Reisen alleine? Gab es Situationen, in denen sich das Alleinreisen als gefährlich rausgestellt hat? Sorgst du irgendwie für deine Sicherheit?
Ich habe ein Satellitentelefon dabei, das ist aber nur in den ganz einsamen Gegenden aktiv, da es sonst zu teuer ist. Sicherheitstechnisch hatte ich wenig Probleme. Einmal eine Kleinigkeit gestohlen, das kann daheim auch passieren. Das gröbste Problem war eine eingeschlagene Scheibe und der Verlust von einigen Campingutensilien. Generell bin ich vorsichtig und lasse seither den Landy auch nicht ungeschützt irgendwo in einer Großstadt am Straßenrand stehen. Auch bei Campen im Strand bin ich vorsichtig. Während meines Aufenthalts in Peru hatte ich vier Reisefahrzeuge getroffen, die in Peru am Strand mit Waffengewalt überfallen wurden. Dort muss man sich dann auch nicht hinstellen. Ansonsten schätze ich das Reisen in Südamerika als nicht unsicherer als in Europa ein.
Das Alleinreisen bietet große Möglichkeiten. Man muss nur offen sein und auf andere zugehen können. Alleine sucht man immer Anschluss, fragt ob man sich dazusetzen darf. Dann fängt eine Unterhaltung an. Das hat schon oft nette Kontakte ergeben. Ich bekam auch viele Einladungen, bei jemandem privat in einem Haus zu übernachten oder an einem Grillabend oder Party teilzunehmen. Für einen Esser und ein Bett ist immer gesorgt. Ich brauche auch keine Route auszudiskutieren, ich mache was mir gefällt. Es hat mehr Freiheit. Und wenn man offen ist, dann ist man auch nicht oft alleine. Für mich passt diese Mischung.
Gab es Situationen, in denen du auch mal richtig Angst hattest?
Zwei bis drei Situationen hatte ich, wo mir unwohl war. Oft ist man ja nicht alleine in der Nacht, man hört Geräusche, die man nicht einordnen kann, dann liegt man kurz wach und lauscht.
Einmal, ich hab unten im Auto geschlafen, weil ich zum Sonnenaufgang auf einen Pass hinauffahren wollte, da hab auf das Dachzelt verzichtet. Dann schreckte ich hoch, weil mir eine grelle Taschenlampe mitten ins Gesicht geleuchtet hat. Ich konnte absolut nichts sehen. Es stellte sich heraus, dass es nur die Polizei war, die mir mitteilen wollte, dass alles sicher sei, sie patrouillierten hier. Oder einmal begann das Auto zu wackeln, ich schreckte hoch und sah aus dem Zelt, da war nur eine Kuh, die sich ihre Flanke an meiner Heckleiter gerieben hatte.
Was war dein schönstes oder deine drei schönsten Erlebnisse auf der Reise? Was hat dich auf der Reise am meisten beeindruckt?
Ein schönstes Reiseerlebnis aus dreieinhalb Jahren herauszupicken ist schwierig. Lass es mich in zwei Rubriken aufteilen:
1. Die Natur, da kann ich drei Regionen nennen, in denen ich überwältigt war, von dem was die Natur zu bieten hat.
- Patagonien. Diese Rauheit, das extreme Wetter und die steilen, schroffen Berge mit den gewaltigen Gletschern suchen ihresgleichen.
- Das Berggebiet im Bereich Nordargentinien, Nordchile und dem Altiplano von Bolivien, die einsame, weitläufige Bergwüste wartet mit bunten spektakulären Farben auf und ist durchzogen von Vulkanen und Lagunen mit tausenden Flamingos. Dabei bewegt man sich ständig zwischen 4000 und 5500 Metern.
- Die Cordillera Blanca in Peru. Ein Gebirgsmassiv vergleichbar wie den Schweizer Westalpen, nur höher. Auf 180 Kilometern erheben sich mehr als 60 Schnee und Eisbedeckte Gipfel mit über 5700 Meter Höhe, einer schöner als der andere. Durch die Klimaänderung stellt sich die Frage, wie lange noch?
2. Das Menschliche. Diese Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft der Menschen hier und was so ein Treffen bewirken kann.
- Ich wurde in Brasilien von einer armen Familie mit 13 Kindern eingeladen und wurde tagelang verwöhnt, sie teilten das wenige was sie hatten mit mir. Die Mutter, leidenschaftliche Köchin hatte nicht mal ein richtiges Küchenmesser. Als Dank zum Abschied schenkte ich ihr eines von den meinen. Die Freude war riesig. Die Kommunikation mit ihnen war schwierig, da sie nur portugiesisch sprachen und mein Spanisch noch in den Startlöchern stand. Einige Monate später schrieb mir ihr ältester Sohn auf Englisch. Durch meinen Besuch begann er die Sprache zu erlernen.
- In Kolumbien durfte ich zwei Monate im Haus einer Familie verbringen, an Ausflügen teilnehmen und ihre Weihnachtsbräuche kennenlernen.
- Hier in Nordargentinien hatte ich mir die Antriebswelle gebrochen und brauchte Ersatzteile. Der hiesige Mechaniker sagte mir, dass es diese Teile für mein Model in Argentinien nicht gibt, ich müsste nach Paraguay fahren. Ich kontaktierte einen Bekannten, den ich in einem Landroverclub vor zwei Jahren kennengelernt hatte. Er klemmte sich tagelang dahinter, konnte die Teile auftreiben und schickte sie mir per Bus durch das halbe Land nach Salta. Unglaubliche Hilfsbereitschaft.
Wann willst du wieder zurück und hast du schon einen Plan für dein Leben nach der Reise? Oder geht es dann bald wieder los?
Anfang 2018 werde ich meine Südamerikareise beenden und nach Hause zurückkehren. Was dann alles passiert, bleibt mal offen. In irgendeiner Form wird es auch später Reisen geben, eventuell werde ich Vorträge planen, ein Treffen veranstalten, vielleicht ergibt sich die Möglichkeiten Reisen und Arbeit irgendwie zu verbinden. Darüber zerbreche ich mir aber erst später den Kopf.
Was würdest du jemandem raten, der auch vorhat eine Weltreise zu machen?
Lasst eure Träume wahr werden! Meist ist es Bequemlichkeit, oder die Unsicherheit dessen, was einen auf so einem Trip erwarten kann, was die Menschen zögern lässt. Dabei ist es so einfach: ins Auto einsteigen, Schlüssel umdrehen und fahren. Probier offen zu sein und lass dich treiben. Es ist doch spannend, wenn du nicht weißt, was du morgen erleben wirst oder welchen Menschen du begegnen wirst. Und in der heutigen vernetzten Welt ist etwaige Information, Hilfe und Unterstützung auch nur einen Mausklick entfernt. Es muss ja auch nicht gleich eine Weltreise sein. Es kommt auf das Tun an, egal ob eine Woche, ein Jahr oder das restliche Leben.
Wer mehr über Christian Weinberger und seine Tour lesen möchte, der kann das auf seiner Webseite Weindis-Worldtour tun.