Përshëndetje! Die albanische Sprache rollt lange über die Zunge. Sie klingt als breche ihr Klang an den schroffen Felsen der Küste und fließt am Ende ins tiefblaue Meer. Scheinbar kurze Wörter verzerren sich ins Unendliche. Përshëndetje heißt „Hallo!“ und kaum das es den Mund verlassen hat, schnellt noch eine Hand in die Höhe! Denn die Albaner Grüßen gerne. Aber erst einmal von vorne, es geht um die die Premiere der Five Mountains Tour…
Wir beginnen unser Offroad-Abenteuer der Five Mountains Tour in Slowenien. Das am Vorabend frisch ausgehändigte Roadbook las sich wie eine Mischung aus Wegweiser und Motivationslektüre bei langsam einsetzender leichter Verzweiflung meinerseits. Ich hab so ein Teil nämlich noch nie gesehen, geschweige denn, dass ich danach einmal gefahren wäre. Ich sag nur: „Google Maps“. Vielleicht sollte ich mal einen unserer Navigationskurse bei AWo buchen.
Es wurde aber toll erklärt, wir bekamen einen Tracker, mit dem wir nicht verloren gehen und über den man im Notfall Hilfe rufen konnte. Außerdem gab es ein Handfunkgerät und ein Smartphone mit Navigation. Selbst wenn man nichts dabei hatte und – wie ich – noch nie nach Roadbook gefahren ist, hatten wir sehr große Chancen anzukommen. Wir konnten nicht nicht ankommen.
Five Mountains heißt fünf Berge
Über fünf Berge, durch fünf Länder, über 100 Geländewagen, Vans und Pick-ups, meistens mit aber auch ohne Allradantrieb, am Start, bei einer Strecke von rund 1.600 Kilometern, gefahren mit ein und demselben Roadbook. Klingt das für dich wahnsinnig oder eher sportlich?
Ambitioniert würde ich sagen. Die Organisation war toll. Gerade auch was das Roadbook und die Betreuung anging, haben sich die Macher wirklich sehr ins Zeug gelegt. 4×4-Medi-Van, Berge-LKW, beides über den Tracker abrufbar, alles schön dezent im Hintergrund, aber immer da, wenn man Hilfe brauchte.
Der Mut wurde belohnt
Den Schneid so ein Event zu veranstalten, muss man erst mal haben. Andreas Pflug, besser bekannt als „Flashi“, Admin des Offroad-Forums, hat diesen Schneid und kann sich glücklich schätzen so ein tolles Team an seiner Seite zu haben. Ich liebe Menschen mit Visionen und Leidenschaft. Daher kann ich nicht oft genug sagen: geiler Scheiß! Ihr habt es gerockt!
Das wird jetzt kein Reisebericht
Hier folgt jetzt kein detaillierter Reisebericht, sondern ich möchte euch Impressionen der Five Mountains Tour zeigen und allen unentschlossenen für die nächste Auflage raten, diesen Riesenspaß auf keinen Fall zu verpassen!
Um Missverständnissen vorzubeugen – ein rollendes Offroad-Festival ist keine Offroad-Reisegruppe im eigentlichen Sinn. Rollendes Offroad-Festival? Ja, das ist die Idee hinter der Five Mountains Tour. Nachdem Andreas Pflug mit seinen erfolgreichen OF-Series-Veranstaltungen in der Lausitz nicht weitermachen durfte, kam ihm die Idee des rollenden Festivals. Wenn es keinen festen Ort für soetwas gibt, dann vielleicht ganz viele, denn es geht ja um den Spaß am Fahren.
Und ja, da wird man schmutzig, da gibt es hier und da ein verstopftes Klo und das Essen wird auch schon Mal kalt an deinem Tisch serviert. Kein böser Wille. Einfach ein Ding das passiert, wenn viele Menschen versorgt werden müssen. Passt aber trotzdem, den so etwas gehört dazu. AWo sagt immer „If it runs according to the plan, it isn’t called adventure!“ Die ganze Sache geht auch ein bisschen aufs Material, aber es passiert viel weniger, als wenn ihr euer Fahrzeug mit dicker Schlamm-Mocke voll laufen lasst. Auf der Tour ist eher mit klarem Wasser zu rechnen. Und Staub.
Auf der anderen Seite weht euch das Gefühl von Freiheit um die Nase. Ihr könnt selbstbestimmt die Tour absolvieren. Tempo, Übernachtungen bis auf wenige Ausnahmen, Strecke, Gruppe oder alleine oder jeden Tag anders, alles könnt ihr selbst bestimmen. Das Roadbook kann der Leitfaden sein, muss es aber nicht. Das Teilnehmerfeld zieht sich weit auseinander. Über lange Strecken seid ihr alleine unterwegs oder ihr bleibt in einer Gruppe. Und dennoch habt ihr die Sicherheit, dass euch im Falle eines Falles geholfen wird, wie unsere Gruppe selbst noch erfahren wird.
Aber wozu waren wir noch mal hier…?
Richtig: OFFROAD-Fahren. Fahren, fahren, fahren und dann war da noch ein wenig fahren.
Von den gut 1.600 km Strecke waren schlappe 60% unbefestigte Wege. Pisten in allen Variationen: mit Schotter, Steinen, ausgewaschen, kaputter Asphalt, Schlamm und Sand. Also alles, was das tolle neue Fahrwerk richtig fordert. Das war schon krass viel Durchrüttelung.
Trotzdem gab es zwischendurch die ein oder andere Hotelübernachtung in einem landestypischen Sternetempel mit sauberer, blütenweißer Bettwäsche und einer heißen Dusche. Hätte ich jetzt nicht unbedingt gebraucht, aber getreu Andreas Motto „Wer das Abenteuer sucht, darf den Luxus nicht fürchten!“, war ich dann doch dankbar mal ohne schwarze Füße und Wärmflasche ins Bett schlüpfen zu können. Immerhin waren wir im Oktober in Höhen über 1.000 Meter im Osten Europas unterwegs, da kann das Thermometer sich vor Kälte schon mal selbst in den einstelligen Bereich zurückziehen.
Qual der Wahl
Bis auf die Hotelübernachtung im schönen Mostar, Bosnien-Herzegowina, konnte jeder entscheiden wann und wo er für die Nacht stoppt. Ok, wir fuhren auch Mal in die Nacht hinein, um noch einen Stellplatz an einem recht einsamen See zu ergattern, aber das kommt auf das „War-Geil-Konto“. Seitens der Organisation und von den Sponsoren der Tour jedenfalls, wurden zwei Camps angeboten, die jeder anfahren konnte. Dort war auch immer Zeit für ein Plausch mit Nadine oder Andreas, den guten Geistern der Orga. Ob wir nur unsere Eindrücke schildern wollten, Lob, Fragen oder Kritik hatten, stets nahmen sie sich die Zeit für uns.
Merke 1: Bei Staub Fenster zu – wenn man welche hat
Zurück zum Fahren, vornehmlich auf Pisten. Staubigen Pisten, was zumindest für schönes Wetter spricht. In der ein oder anderen Staubwolke hatte ich vergessen die Fenster zu schließen. Naja. Irgendwo zwischen Kroatien und Bosnien-Herzegovina war mein Auto somit auch innen voller Balkan-Glitzer. Bei jedem getroffenem Schlagloch wirbelten kleine Staubtornados vom Armaturenbrett auf. In der Cubbybox, hinter der Sonnenblende, unter der Bettdecke: Staub. Auf meiner Haut: Staub. Später dann: Mischung aus Staub und Schweiß. Noch viel später: Kruste. Wie gesagt, duschen war dann doch ganz ok.
Mein ganz persönliches Armageddon
4:00 Uhr, Albanien. Dicke Tropfen knallten klatschend auf mein Autodach. Der Fluss, der am frühen Abend noch einem Rinnsal glich, gurgelte bedrohlich ins Tal hinab. Natürlich wissen wir, wie gefährlich eine Übernachtung am Fluss ist – trotzdem war der Platz verlockend und nach einer Ewigkeit der erfolglosen Suche erschien er uns perfekt. Kein Wölkchen am Himmel, das uns verriet das da was im Anmarsch ist. Und ja: auch wenn es nicht direkt über uns regnet, kann ein lausiges Flussbett in null Komma nix zu einem Amazonas werden! Das wissen wir. Eigentlich. Das war mein persönliches Armageddon. Die Zombie-Apokalypse. Ich hasse Wasser. Und Nachtblind bin ich auch.
Starkregen setzt ein
An diesem Abend hatten wir allerdings nur noch Hunger und sehnten uns nach einem gemütlichen Zusammensein am Lagerfeuer. Also machten wir ein Kiesbett ausfindig, welches noch als Ufer und nicht als Insel lockte. Nachdem wir uns alle schon in den Schlafsäcken lümmelten und der Regen begann, sahen die Männer immer wieder nach dem Wasserstand, fanden aber nichts beunruhigendes. Auch die kleine Pfütze durch die wir tagsüber zu unserem Stellplatz fuhren, sah zunächst unkritisch aus. Außerdem hatte keiner hatte Lust, in dem kalten Gepladder wirklich alles einzupacken. Das Prinzip Hoffnung eben.
Merke 2: Wasser steigt auch wenn es gerade nicht regnet
Nachdem es nach gut drei Stunden endlich aufgehört hat zu regnen, waren wir endgültig beruhigt. Bis erst Sven AWo und dann beide zusammen alle wach machten. Mittlerweile regnete es wieder und unser Uferplatz war zu einer Insel geworden. Zu beiden Seiten strömte nun das Wasser schnell vorbei. Jetzt nur keine Zeit verlieren. Zum Glück hatten wir tagsüber gesehen, dass es auf der anderen Seite des Flusses eine sehr flache Böschung gab, die wir nun bequem rausfahren konnten, auch wenn der Fluss mittlerweile auf gut auf 50 Meter Breite angewachsen ist.
Leider erwies sich dieser Weg als eine Sackgasse und das ganze Team musste wieder zur Insel zurück und dann ans rettende Ufer. Dazu mussten wir aber auch durch die auf radtiefe angestiegene, strömende ehemalige Pfütze. Alex vom Team Nakatanenga, machte dann erst den Leuchtturm und dann das Bergetaxi für uns. Zuerst platzierte er sich auf der Stellplatzinsel, damit jeder ein Ziel für die Flussdurchfahrt bei völliger Dunkelheit hatte, dann leinte er jeden Wagen einzeln an. Sollte die rettende Böschung zu steil sein oder werden, konnte er so nötigenfalls das Auto ziehend unterstützen. Bis gut 06:00 Uhr waren dann alle übergesetzt und wir kochten uns erst einmal einen heißen Kaffee. Alle? Nein, einer fehlte.
Da waren es nur noch 7…
Sven verlor bei der Rettungsaktion einen Luftbalg und wir somit Sven, der auf der anderen Seite des Flusses zurück blieb um auf das Bergeteam zu warten. Um 05.10 ging sein satellitengestützter Ruf nach technischer Hilfe raus, 10 Minuten später erfolgte der Rückruf. Die Orga wachte über uns! Die Bergung wurde für den nächsten Morgen vereinbart und wir fuhren mit schlechtem Gewissen weiter.
Teamgeist zählt
Wir waren bereits zwei Stunden im Morgengrauen unterwegs Richtung Ziel, als Alex, Sebastian und ich die Gruppe verließen und kehrt machten. Von Sven kam die Nachricht das er seinen geliebten Anhänger zurück lassen müsse und ob wir ihm helfen können. In Absprache und Koordination mit der Orga scherten wir also aus dem Matsch&Piste-Team aus und machten uns auf den Weg, den Anhänger zu holen.
Ende gut, alles gut
So wurde das letzte Kapitel dieses genialen Roadbooks für uns eine Challenge innerhalb der Challenge. Denn wenigstens den Anhänger wollten wir für Sven über die Ziellinie ziehen, wenn er selbst schon nicht dabei sein konnte. Und dafür mussten wir innerhalb einer bestimmten Zeit in den letzten Track einsteigen. Diese ganze Aktion mit Svens Anhänger brachte uns den Fairness-Preis der Five Mountains Tour ein.
Dann endlich! Einrollen zwischen zwei Fähnchen am Strand von Golem, Albanien. Geschafft und wiedervereint!! Ich sehe viele strahlende Gesichter. Erleichterung und Freude darüber, es geschafft zu haben.
Auf dem Weg dahin winken uns wieder alle zu. Ob aus Amüsement über komische deutsche Menschen, die den Motor am Strand laufen lassen und sich wie die Kinder in voller Montur in die Wellen schmeißen? Wir wissen es nicht. Ich fand diese Eigenschaft jedenfalls nett und hab mich gefreut überall so freundlich gegrüßt zu werden.
Mache ich Zuhause jetzt auch so. Winken oder wild mit den Händen wedeln und laut „Hallo“ rufen!
Der Strand war genau der richtige Ort, diese gelungene Premiere der ersten Five Mountains Tour zu beenden. Wir kommen im nächsten Jahr wieder.
Die Five Mountains Tour – Eindrücke, die vertieft werden wollen
Den Machern der 5M-Tour Pisten ein ganz fettes Lob. Sie führten uns durch wunderschöne Täler und über Pässe. Es war wirklich atemberaubend. Das Wetter spielte wunderbar mit und so kamen wir von einem Fotostopp zum nächsten. Bosnien und Montenegro sind Länder, die ich auf jeden Fall noch einmal in Ruhe bereisen möchte. Da gab es wildromantische Bergformationen, aufgelockert in steppenartige Graslandschaften, tiefschwarze Seen, glasklare Flüsse. Und noch mehr Staub.
Aber lieber Staub, denn bei Regen hätte ich die ein oder andere Passage nicht fahren wollen. Im Großen und Ganzen würde ich den Schwierigkeitsgrad des Festivals auf einfach bis mittelschwer skalieren. Bei dem ein oder anderen Streckenabschnitt war vielleicht ein bisschen mehr Konzentration gefordert, wirklich schwierig war es aber nicht. Und das war gut so, den so konnten wir das Land und die Landschaften genießen und auch den Blick immer wieder von der Piste nehmen.
Anstrengend fand ich es zwischendurch trotzdem. Es waren teilweise sehr lange Abschnitte mit bis zu 10 Stunden bis zum Tagesziel. Wir hätte diese umfahren oder irgendwo aus dem Track aussteigen können – am Ende packt einen aber ja doch der Ehrgeiz und man will es schaffen! Trotzdem ließen wir es uns nicht nehmen, zwischendurch einfach mal in die Adria zu hopsen und uns ein bisschen abzukühlen. Jeder hatte es selbst in der Hand.
Die erste Five Mountains Tour in Zahlen
Nicht schlecht! Andreas Pflug kann zufrieden und Stolz sein. Innerhalb weniger Wochen buchten 100 Teams mit 209 Personen und 103 Fahrzeugen die Tour. Eine kleine Besonderheit war sicherlich ein Schweizer Team, welches es sich nicht nehmen lies, mit seinen Quads aus der Schweiz anzureisen. Nur ein Teilnehmer hatte Pech und schaffte es nicht zum Start, weshalb am Ende 99 Teams in Slowenien starteten. Es wurden ganze 5.212 Info-SMS während der Tour verschickt, zum Glück nicht alle an jeden einzelnen Teilnehmer. Es gab keine ernsthaften Einsätze für das medizinische Team. Der Berge-LKW kam zweimal zum Einsatz. Alles in allem kann ich für mich und mein Team Matsch&Piste am Ende nur noch Danke für dieses tolle Erlebnis sagen.
Impressionen
© Fotos: Doreen Kühr, Unternehmensfotografie NRW