Zwei Wochen waren wir in Schweden unterwegs. Nach einer Woche Rumlümmeln am See in Südschweden zog es uns weiter nach Norden. Genauer nach Nornäs in Darlana, das so gar nicht dem südlichen Schweden aus den Kinderbüchern von Astrid Lindgren ähnelt. Hier gibt es noch Menschen, die im Einklang mit der Natur leben und Elche, Wölfe und Bären.
In der Ferne hören wir die Kraniche rufen. Über dem Lagerfeuer dampft an einer Kette ein Dutch Oven. Die Sonne verschwindet langsam hinter den Bergen. Martin von weiterweg.de gibt uns noch einige Tipps für die Tour morgen, die uns einige Kilometer entlang eines Flusses führen wird. Die Kinder haben wir den ganzen Nachmittag schon nicht mehr gesehen, die sind gleich mit einem Pulk von anderen im Wald verschwunden. Wir sitzen am Lagerfeuer und genießen die Stille im Camp von weiterweg.de
Auf Schnitzeljagd
Als wir am nächsten Tag die Strecke fahren, die Martin uns empfohlen hat, kommen wir an einem alten Sägewerk vorbei. Mittlerweile stehen die meisten kleinen Sägewerke leer. Drinnen sieht es so aus, als würde hier morgen weitergearbeitet. Der Holzstaub auf den Maschinen scheint fast frisch. Vor dem Schuppen stehen zwei Volvo-LKW als würden sie auf ihre nächste Tour warten. Wären sie nur nicht schon so alt und lädiert. Wir reißen uns los, von dem fast traurigen Anblick und fahren die Schotterpiste Richtung Fluss.
„Nach der Schranke rechts auf die rote Schotterpiste“, lautet die Anweisung auf dem Zettel, den wir von Martin bekommen haben. Also halten wir nach einer Schranke Ausschau, was sich fast wie eine Schnitzeljagd anfühlt.
Spuren im Sand
Auf der richtigen Straße angekommen, genießen wir die tolle Aussicht. Es soll hier mehrere Stichstraßen geben, die direkt zum Fluss führen. Nach einigen Kilometern halten wir an und klettern zum Fluss herunter.
Das breite Flussbett lässt erahnen, dass der Fluss mehrfach im Jahr aufgestaut wird und die ganze Ebene überflutet. Alte Baumstümpfe, die an einen Wald erinnern, der hier vor Jahrzehnten gestanden haben muss, schimmern silbern im Licht.
Im Sand finden wir Spuren. Wir sind sicher, dass das nur Elche gewesen sein können und die zweite Spur ganz sicher von einem Luchs stammt. Da wir keine Fährtenleser sind, müssen wir uns da auf unsere Fantasie verlassen.
Von der Schotterpiste gehen Reifenspuren ab, die Einfahrt zum Fluss kann nicht mehr weit weg sein. Und tatsächlich, nach wenigen hundert Metern finden wir die Einmündung. Wir folgen dem Track zum Fluss.
Offroad fahren in Schweden
Offroad fahren in Schweden ist so eine Sache. Im Prinzip darf man hier jede Straße oder Piste fahren, es sei denn an der Einfahrt steht eine Schranke oder ein Verbotsschild. Geregelt ist das im schwedische Jedermannsrecht (allemansrätten), jeder in Schweden hat das Recht sich in der Natur zu bewegen, sogar auf Gebieten, die jemand anderem gehören.
Zu den Pisten gehören auch alte Wege, die kaum noch als Pisten zu erkennen sind und in der Mitte mit Gras bewachsen sind. In Schweden ist Offroad fahren quer durch den Wald, wie auch in den meisten anderen Ländern, tabu. Denn auch hier gilt: „Nicht stören, nichts zerstören.“.
Wild Campen oder Freistehen in Schweden
Auch Übernachten in der freien Natur neben der Straße ist erlaubt, sofern ihr 500 Meter Abstand zum nächsten Haus habt oder außer Sichtweite seid. Stühle auspacken, Markise rausfahren und den Grill aufstellen, gehört nicht mehr zur Übernachtung im eigentlichen Sinne.
Vermutlich wird euch niemand daraus einen Strick drehen. Wer in der Nähe eines Hauses übernachten will, der sollte der Höflichkeit wegen den Besitzer fragen. Die meisten Schweden sind überaus gastfreundlich und werden nichts dagegen haben.
Ein kleines Feuer dürft ihr anzünden, wenn ihr vorsichtig seid und gerade keine Waldbrandgefahr besteht. Ist das der Fall, wird die lokale Feuerwehr ein Feuerverbot (eldningsförbud) verhängen. Auf der Karte vom SMHI (Swedish Meteorological and Hydrological Institute) könnt ihr die aktuell gefährdeten Gebiete sehen.
Auf Felsen und Klippen Feuer zu machen, ist übrigens nie eine besonders gute Idee, da manche Steine unter Einwirkung von großer Hitze platzen können.
Zurück im Camp
Abends sitzen wir wieder mit einigen anderen am Lagerfeuer. Der Whiskey in unseren Gläsern scheint fast die Farbe der Flammen anzunehmen. Wärmen tut er auch, allerdings von innen. Einige blicken einfach nur in die Ferne und lassen sich von den Farbenspielen am Horizont einnehmen.
Die Marshmallows über dem Feuer beginnen bereits zu schmelzen. Mit klebrigen Fingern stopfen sich die Kinder schmatzend die süße Masse in den Mund. Jeder kommt hier heute auf seine Kosten. Auch die Kleinen hatten einen anstrengenden Tag. Die Ausflüge zum See, das Angeln und das Erforschen des Waldes lassen sie rasch müde werden.
Wir lauschen den Geschichten unserer Camp-Nachbarn. Auch wenn wir uns alle durch Zufall im Camp von Kati und Martin kennengelernt haben, so fühlt man sich doch unter Gleichgesinnten, egal ob der Andere mit einem Defender, Hilux, Dodge oder Crafter mit Wohnwagen da ist. Die Faszination an der Wildnis und der wunderschönen Landschaft in Darlana ist allen gemein.
Morgens finden wir im Duschraum angeschlagen eine Karte mit zwei schönen Routen, die Martin Abends noch eingezeichnet hat. Die Duschhütte und alles andere ist hier mit sehr viel Liebe zum Detail eingerichtet worden. Meine Augen suchen ständig die nächste schöne Idee, sei es der Schäkel als Türgriff oder alte Holzski als Trennwand. Wir haben uns entschieden heute einen Elchtag einzulegen. Vormittags wollen wir in den Elchpark und abends Elche in freier Wildbahn erspähen.
Wir sind auf Elchjagd
Bevor wir zur „Elchjagd“ aufbrechen, fahren wir noch in eine alte Sennerei, die in der Nähe von Nornäs liegt. Die alten Geräte stehen noch in der Scheune und im großen Haus liegen auf der Bank noch alte Zeitungen. Die Inschriften auf den Wänden zeugen von einer bewegten Vergangenheit.
Über eine alte Eisenbahnstrecke fahren wir vom Camp zum Elchpark Bosse & Friends in der Nähe bei Särna. Der Park wird von einem deutschen Ehepaar geführt, die neben 5 Elchen, 3 Rentieren auch über 50 Huskys haben.
Gestärkt mit den obligatorischen Waffeln machen wir uns auf die eineinhalbstündige Führung zu Fuß durch den Park. Detlef erzählt uns einige Anekdoten und wir dürfen die Elche füttern. Das Highlight war natürlich die beiden zwei Monate alten Jungtiere, die noch Milch mit der Flasche bekamen.
Es ist Abend geworden. Wir wollen eine Strecke fahren, auf der Martin uns gute Chancen bescheinigt hat, Elche zu sehen. Unser Camp-Nachbar, der Jäger ist, lächelt müde, als wir ihm von unserem Unterfangen erzählen. Er sagt, dass er seit zwanzig Jahren nach Schweden fährt und bisher noch keinen frei lebenden Elch gesehen hat.
Egal, wir finden heute ist ein guter Tag für Elche. Es ist 20:00 Uhr und taghell. Aber von Elchen keine Spur. Wir fahren im Schritttempo über die Schotterpiste, den Blick starr in den Wald gerichtet. War das ein Elch? Oder doch nur eine Wurzel. Eine gute halbe Stunde vergeht und es passiert nichts.
Plötzlich rufen die Kinder vom Rücksitz, dass es sie etwas gesehen haben wollen. Tatsächlich mit dem Fernglas sehen wir einen Elch im Wald stehen. Irgendwie aber zu weit weg für Fotos. Aber niemand wird uns glauben ohne Fotos! Der Elch und wir starren uns eine Weile gegenseitig an und dann dreht er sich um und verschwindet in den Wald.
Mittlerweile ist es halb zehn. Es ist bereits deutlich dunkler und wir müssen die Augen schon mehr anstrengen, wenn wir etwas im Wald erkennen wollen. Und dann steht da plötzlich ein Elch neben uns im Wald. Ganz gelassen blickt er abwechselnd zu uns und nach vorne. Nach dem er sich einige Minuten bereitwillig hat fotografieren lassen, wird es ihm wohl zu langweilig und er geht. Langsam trabt er davon, gerät noch ein-, zweimal ins Blickfeld. Dann hat der Wald ihn wieder verschlungen.
Wanderung durchs Bärenrevier
In der Nähe des Camps gibt es einen schönen Rundwanderweg durch ein Bärenreservat. Weil es zu Fuß dorthin doch etwas zu weit ist, parken wir unseren Wagen am Anfang des Weges im Wendehammer. Zum Glück hatte uns eine Familie im Camp schon den Tipp gegeben, am Schild direkt links zu gehen und den orangen Markierungen an den Bäumen zu folgen. Den kleinen Pfad hätten wir sonst sicher übersehen.
Der Weg führt über einige Planken durchs Moor und dann hinein in einen lichten Kiefernwald. Immer wieder können wir wie Korkenzieher gedrehte Kiefern sehen, die zwischen den riesigen Felsblöcken stehen, über die der Weg führt.
Während der kleinen Wanderung erleben wir die typische Landschaft Schwedens. Steine, Moor, Kiefern, Birken und Fichten. Überhaupt die Steine. Sie liegen überall, zumeist nur wenige Zentimeter tief unter der Erde. Die Schweden wissen davon ein Lied zu singen, haben sie doch so gut wie bei jedem Bauvorhaben mit diesen Steinen zu kämpfen.
Die Steine sind mit Flechten bewachsen, die zum Teil unglaubliche Muster ergeben. Und dabei wachsen diese Flechten nur 1 Zentimeter in 100 Jahren. Wir kommen vorbei an einem See mit einer kleinen Grillhütte. Irgendwann endet der Pfad wieder am Ausgangspunkt.
Flammlachs im Camp
Heute Abend soll es im Camp Flammlachs für alle geben. Auch wenn für den Abend Sturmböen angesagt sind, lässt sich Martin in seinem Vorhaben nicht stören. Er nagelt die frischen Lachse, die in der Umgebung gefangen wurden, auf einfache Holzbretter. Noch etwas Salz und Zitronenpfeffer drauf. Fertig. Die Bretter können einfache ungeleimte Bretter aus dem Baumarkt sein.
Ein Blech dient zum Anlehen der Bretter und als Windschutz. Davor entzündet Martin ein langes Feuer, mitten im Regen. Egal, jetzt nur nicht einknicken. Keine halbe Stunde später ist zuerst der Regen fertig, dann der Lachs. Dazu gibt es Pellkartoffeln und Quark mit Dill. Was für ein Genuss.
Der größte Wasserfall Schwedens
Den letzten Ausflug vom Camp aus machen wir zum Njupeskär, der mit 125 Metern Höhe der größte Wasserfall Schwedens ist. Der Wasserfall liegt an einem knapp zweistündigen Rundwanderweg im Fulufjället Nationalpark.
Der abwechslungsreiche Wanderweg, an dem zahlreiche Hinweisschilder zu Flora und Fauna stehen, führt vorbei an alten Kiefern, Flüssen und übers Moor. Eine schöne kleine Wanderung, wobei hier einiges los ist.
Bemerkenswert ist auch, das viele dieser Naturangebote vollkommen kostenlos sind. Sowohl das Parken als auch der Besuch. Bei den überall angelegten Grillhütten steht oftmals sogar das Feuerholz in großen Säcken fix und fertig bereit. Ebenfalls Kostenlos.
Herumliegenden Müll, Plastiklaschen oder Bierdosen haben wir so gut wie keine gefunden. Das hat uns sehr positiv überrascht. Wir haben daher auch peinlichst darauf geachtet, dass es nach unserem Aufenthalt so blieb.
Abschied
Nun ist es an der Zeit auf Wiedersehen zu sagen, Schweden und natürlich Kati und Martin von weiterweg.de
Die letzte Nacht verbringen wir nicht mehr im Camp, sondern alleine im Wald mit großartiger Aussicht auf einen Fluss. Wir lassen den Abend, sowie den Urlaub in Ruhe ausklingen. Die Füße im Wasser baumelnd überlegen wir, wann wir wiederkommen.
Fotos: Nicole Woithon-Dornseif
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