Der Fünfzylinder-Reihenmotor – geliebt oder gehasst, zumindest von Ingenieuren. Wer die Herausforderung annahm und meisterte hat tolle Autos, ja sogar Legenden geschaffen. Wer scheiterte, ließ frustriert von dieser Maschine ab und fasste sie nie mehr an. Lest, was das besondere an diesem schönen Stück Technik ist.
Wenn der Fünfzylinder-Reihenmotor einen klingenden Namen hervorgebracht hat, der auch noch etwas mit Offroad zu tun hat, dann ist das Audi quattro. In dessen Sport-Varianten S1 und E2 fuhr Walter Röhrl seine legendären Rennen in der gnadenlosen Gruppe B und alle anderen in Grund und Boden. Auf dem Pikes Peak stellte er 1987 mit diesem Fahrzeug einen Rekord auf. Nur 10:47.850 Minuten brauchte er um 19,984 km und 156 Kurven hinter sich zu lassen. Er saß im 600 PS starken und 1.000 kg leichten Audi quattro S1, dem „Biest“, und jagte diese gefährliche Strecke mit schlafwandlerischer Sicherheit hinauf. Schaut man sich das Video seiner Pedalarbeit auf dem Pikes Peak an, kann einem nur schwindelig werden.
Auch andere Legenden wie Michèle Mouton oder Hannu Mikkola feierten Erfolge mit diesem unglaublich kraftvollen Wagen. Von je her angetrieben mit einem Fünfzylinder-Turbomotor. Zuerst mit 10, später mit 20 Ventilen, die ihn auf bis zu 650 PS Leistung anschwellen ließen.
Seinen ersten Auftritt hatte der Motor mit fünf Kolben allerdings in einem erfolgreichen Serienfahrzeug und Legende seiner Klasse. 1974 trieb der Mercedes OM617 (Ölmotor 617) den unverwüstlichen „Strich 8“, den Mercedes 240 D, nach vorne. Seinerzeit der stärkste PKW-Diesel am Markt, mit sage und schreibe 59 kW (80 PS). Man könnte sagen, er machte der Wanderdüne, wie der /8 auch genannt wurde, mal richtig Beine, auf ganze 150 km/h! Der OM617 war lange Zeit in zahlreichen anderen Mercedes-Fahrzeugen zu finden, wie im Transporter T1 209D, 309D und 409D. Sein Nachfolger wurde der OM602, der u.a. in der E-Klasse zu finden war. Es folgten weitere: OM612 und OM647.
Den Volvo Kult-Kombi 850 gab es nur mit Reihenfünfzylinder zu kaufen. Ansonsten war er auch im Volvo V70 zu haben. Weniger bekannt dagegen sind die Motoren im Fiat Bravo HGT und Stilo. Auch Lancia und Alfa nutzen das 2,4 Liter Aggregat von Fiat. Weitere Beispiele für erfolgreiche Vertreter sind der Ford Focus ST und der Mk2. Bereits nicht mehr verfügbar aber ebenso beliebt, der Ford Ranger 3,2 Liter TDCi Duratorq.
Selbst BMW, die Sechszylinder-Propheten schlechthin, hatten einen Fünfzylinder. Der war nicht ganz ihr eigener und er kam in der ziemlich unbekannten BMW Marine-Sparte zum Einsatz. Die Basis wurde damals von der italienischen VM Motori eingekauft. Das war die 3,0 Liter Fünfzylinderversion des 3,6 Liter Sechszylinders und wurde als D 530 vermarktet. Allerdings schien das kein sehr erfolgreicher Motor gewesen zu sein. 1987 begann der Verkauf der Sparte an Mercury und BMW klappte dieses Kapitel zu.
Aber gerade Audi ist für den Ruf des Fünfzylinders als erfolgreicher Sportmotor verantwortlich und nicht wenige glauben, dass Audi ihn auch erfunden hat. Nun, richtig ist das nicht, denn es war ja Mercedes, aber eine interessante Verbindung gibt es schon. Am Mercedes OM617 hat damals ein gewisser Ferdinand Piëch mitgearbeitet, der zu dieser Zeit als Ingenieur in Stuttgart ansässig war. Er ist besser als langjähriger Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzender der VW AG bekannt, zu der bekanntlich auch Audi gehört.
Fünfzylinder-Reihenmotor im Gelände
Bei Geländewagen finden wir diesen Motortypen auch, wenn auch seltener. Der OM602, lief bei Mercedes auch im sehr beliebten G 300 GD. Das er ein Langläufer sein kann, zeigte der kürzlich verstorbene Gunther Holtorf. 24 Jahre lang fuhr er mit seinem G 300 GD „Otto“ in alle Ecken der Welt.
Land Rover nutzte einen Fünfzylindermotor in zwei Modellen, der wie viele andere Dieselmotoren mit Hilfe der europäischen Motorenschmiede AVL entwickelt wurde. Der Td5 genannte Motor mit 2,5 Litern Hubraum kam in den Modellen Discovery II und später im Defender zum Einsatz. Er arbeitet nach dem Pumpe-Düse-Prinzip, es gab also nicht eine Einspritzpumpe, sondern jede Düse ist ihre eigene Pumpe. Der Td5 war der erste Motor mit vollelektronischer Steuerung bei Land Rover, was ihm viel unberechtigte Kritik einbrachte. Zumindest am Anfang hatte der Motor Probleme, die aber nicht von der Elektronik herrührten. Gut gewartete und gepflegte Td5 schaffen ohne Probleme die 500.000 km.
Einer der fähigsten Geländewagen ist der Steyr-Puch Pinzgauer. Er besaß ab 2003 einen von VW gebauten Fünfzylinder-Turbodiesel. Einen Benziner in der Riege gibt der Vortec-Motor von General Motors ab. Er wurde im Hummer H3, dem Isuzu i-Series Pick-up, der auch unter der Bezeichnung GMC Canyon lief und weiteren GMC und Chevrolet Pick-ups verwendet. Nur um einige zu nennen, die Liste ist nicht vollständig.
Warum der Fünfzylinder relativ spät auf den Markt kam
Trotz seiner Vorteile, realisierten die Hersteller erst vergleichsweise spät Motoren mit fünf Zylindern. Der Grund hierfür ist, dass früher, bei den im PKW-Bereich ehemals führenden Benzinern, Vergaser zum Einsatz kamen. Die ungerade Anzahl der Zylinder macht dabei große Probleme bei einer ausbalancierten Befüllung der selbigen mit dem notwendigen Gemisch aus Luft und Benzin. Man hatte die Wahl zwischen einem, zwei oder gar drei Vergasern. Aber das konnte die Probleme nicht lösen.
Der Durchbruch kam erst mit dem zunehmenden Einsatz von Einspritzpumpen. Das erklärt auch, warum die überwiegende Anzahl an Fünfzylindern Dieselmotoren sind, da ein Diesel immer mit Einspritzung arbeitet.
Die Vorteile des 5-Zylinder Triebwerks
Warum nahmen einige Hersteller die Herausforderungen an, die der Fünfzylinder bereit hält? Hätten sie sich nicht auch für einen Sechszylinder entscheiden können, der zudem in der Reihenversion einer der geschmeidigsten und ausgewogensten Aggregate überhaupt ist? Was macht den Fünfzylinder so attraktiv, dass er auch in aktuellen Fahrzeugen zu finden ist?
Platz und Kosten
Es gibt ökonomische Gründe, die für den Fünfer sprechen. Wer in seinem Automodell keinen Platz für einen Reihensechszylinder hat, kann auf den Motor mit einem Zylinder weniger setzen und erhält immer noch eine bessere Laufruhe und Leistung als beim Vierzylinder. Und das zu gering höheren Kosten, denn viele Teile des Vierzylinders können übernommen werden. Der Reihensechszylinder hingegen braucht mehr Platz und ist nochmals teurer als Vier- und Fünfzylinder. Oft wird auch bei ihm auf gleiche Teile wie bei den Vierzylindern geachtet. Das hängt nicht nur mit den Kosten zusammen, sondern auch mit dem Versuch das ideale Maß von ungefähr 0,5 Liter Hubraum pro Zylinder einzuhalten. Nicht ohne Grund haben Vierzylinder meistens 2,0, Fünfzylinder 2,5, Sechszylinder 3,0 und Achtzylinder 4,0 Liter Hubraum. Aber, das lässt ihn für manche Einbausituationen einfach zu groß werden.
Bliebe noch der V6, der käme durchaus mit weniger Platz aus, wenn die Rahmenbreite bzw. die Aufnahmesituation des Motors es noch hergeben. Benziner sind was den Platz angeht im Vorteil, da sie höhere Drehzahlen erreichen können als Dieselmotoren und deshalb mit kürzerem Hub und kleinere Kolben auskommen. Das trifft auf die 2,6 und 2,8 Liter Motoren zu. Der Nachteil der V6-Benziner ist aber, dass die Leistung erst bei höheren Drehzahlen zur Verfügung steht, also für den Fahrer im Normalbetrieb schwerer abrufbar ist.
Beim V6-Diesel greift man zu 3,0 Liter oder etwas größere Hubräume, um die Leistung über mehr Drehmoment zu erreichen, da die Drehzahlen nach oben begrenzt sind. Für alle V6 gilt aber, dass durch zwei Zylinderbänke aufwendigere Ansaug- und Abgasnachbearbeitungssysteme notwendig werden. Etliche Teile werden doppelt so oft benötigt, wie Nockenwellen, Zylinderköpfe usw. Das ist der Hauptfaktor, gerade wenn kein V6 bereits im Programm ist: Kosten. Bei weniger oder gleichem Platzbedarf ist der V6 immer teurer als der Fünfzylinder-Reihenmotor.
Was bewog denn nun Audi seinerzeit beim 100 5E auf die krumme Zahl zu setzen um Mercedes und BMW Paroli zu bieten? Ursächlich waren genau solche Probleme, denn der Audi 100 war Frontgetrieben. Das schloss einen Reihensechszylinder aus. Mit dem Fünfzylinder, die Basis war übrigens der aus dem Golf bekannte VW EA827 Vierzylinder, konnte der Frontantrieb tatsächlich im Längseinbau realisiert werden, was zum typischen Audi-Look, dem lang nach vorne überhängende Front führte. Das war schon etwas besonderes. Zu der damaligen Zeit waren Quermotoren noch kein großes Thema, aber selbst das wäre gegangen, ein weiterer Vorteil. Für Fahrzeughersteller, die einen Wagen mit Frontantrieb und Quermotor bauen wollen, ist er somit eine gute Alternative zum Sechser.
Laufruhe
Die Laufruhe? Ist nicht gerade der Fünfzylinder-Reihenmotor als ruckeliger, vibrationsstarker Zeitgenosse verschrien? Dann liegt es daran, dass sein schlechtes Schwingungsverhalten mit der gleichmäßigeren Kraftabgabe an das Getriebe in einen Topf geworfen wird. Denn vom Grundsatz her gilt, je mehr Zylinder ein Motor hat, desto ruhiger dreht er und desto gleichmässiger ist die Kraftabgabe.
Wer also mehr Laufruhe als bei einem Vierzylinder haben möchte, aber aus Kosten- oder Platzgründen keinen Reihen-Sechszylinder nehmen kann, ist mit einem Fünfzylinder gut bedient. Seine schneller aufeinander folgenden Zündungen erzeugen eine größere Laufruhe als bei einem Vierzylinder, denn er muss nur 24° Kurbelwellendrehung ohne Kraftentwicklung überbrücken.
Laufruhe und Zylinderanzahl
Warum laufen Motoren mit mehr Zylindern gleichmäßiger als solche mit weniger Zylindern?
Solange es sich bei dem Motor um einen Viertakt-Motor handelt, gilt unabhängig von der Zylinderanzahl immer folgende Regel: Für einen vollständigen Zyklus durch alle vier Takte, muss der Motor zwei volle Umdrehungen gemacht haben, also 720° drehen. Warum ist das so? Jeder Takt dauert eine halbe Umdrehung, also jeweils 180° für Ansaugen, Verdichten, Arbeitstakt und Ausstoßen der Abgase. Das macht in Summe 720°.
Demnach hat ein Einzylinder-Viertaktmotor nur alle zwei Umdrehungen einen Arbeitstakt, in dem er aktiv Kraft erzeugt (720° / 1 = 720°). Die langen Pausen zwischen den Kraftimpulsen verantworten den ruckeligen Lauf. Das bedarf einer längeren Überbrückung der anderen drei Phasen, die ja nur Kraft kosten. Diese Überbrückung, bzw. Glättung der Drehung wird hauptsächlich mittels Schwungmassen am Ende der Kurbelwelle erreicht: Das Schwungrad mit dem Zahnkranz für den Starter, an dem auch die Kupplung befestigt ist.
Ein Vierzylinder-Motor kommt schon alle 180° auf einen Arbeitstakt (720° / 4 = 180°), also vier Mal innerhalb eines Zyklus. Er läuft deshalb schon ruhiger, da die kraftentwickelnden Phasen zeitlich enger beieinander liegen, nämlich jede halbe anstatt erst nach jeder zweiten Umdrehung.
Jetzt ist es aber so, dass die Kraftentwicklung des Arbeitstakts im Durchschnitt nach 120° Drehung seine Wirkung verliert. Genauer gesagt, das Ende des Arbeitstaktes ist definiert als der Moment, in dem das Auslassventil öffnet. Üblicherweise ist das ungefähr ab 120° Drehung nach Beginn des Arbeitstakts. Ein Viertaktmotor mit vier Zylindern muss also die folgenden 60° Drehung ohne Kraftentwicklung bis zum nächsten Arbeitstakt mittels Schwungmasse überbrücken. Zur Erinnerung beim Einzylinder ist das gut das 10-fache.
Bei einem Fünfzylinder gibt es schon alle 144° einen Arbeitstakt (720° / 5 = 144°). Es müssen nur noch 24° Drehung überbrückt werden. Eine wichtiger Punkt ist zusätzlich die 180° Marke wenn der Kolben den unteren Totpunkt (UT) erreicht. Ab dann benötigt er Kraft und liefert keine mehr. Hier hat der Fünfzylinder-Reihenmotor eine 36° Überlappung im Vergleich zum Vierzylinder. Das bedeutet, bereits 36° bevor ein Kolben den Arbeitstakt am UT verlässt und Anschub braucht, zündet bereits der nächste Zylinder. Für den nun auffahrenden Kolben steht wieder Kraft zur Verfügung. Das sorgt für eine gleichmäßigere Abgabe des Drehmoments und das fehlt dem Vierzylinder.
Beim Sechszylinder liegen die Kraftphasen schon nahtlos aneinander, da er alle 120° zündet. Der Achtzylinder hat dann überlappende Kraftphasen, er zündet alle 90° und liegt somit innerhalb der durchschnittlichen Wirkdauer des Arbeitstakts von 120°, es sei denn, es ist ein V8. Bei V-Motoren verhält es sich generell anders. Dazu aber mehr in einem Artikel über den Massenausgleich.
Das Bild stellt dar, wie die Überlappungen bei einer Umdrehung der Kurbelwelle liegen. Die Farben rot, blau, gelb und schwarz sind die Abstände der Zündungen während einer Umdrehung. 180°, 120°, 90° und beim Fünfer 144°. Dazu ist die Wirklänge einer Zündung von 120° dargestellt. Gut zu erkennen ist, wie die nicht abgedeckten Bereiche, ohne Kraftentwicklung immer kleiner werden, bis hin zur Überlappung, wenn die Zylinderanzahl steigt.
Klingt wie ein großer
Was insbesondere motoraffinen Menschen gefällt, ist der besondere Klang des Fünfzylinder-Motors. Er klingt besonders rau, für manche sogar wie ein V8, wenn er in den unteren Drehzahlen bleibt, so um die 1.900 U/min-1. Auf jeden Fall klingt er besonders. Das liegt primär an der Anzahl und der Verteilung der Zündungen. Der Grundton entsteht durch die Anzahl der Zündungen bei einem Durchlauf durch alle vier Takte, also zwei Umdrehungen: 5. Das ergibt ein Frequenzverhältnis 5:2. Dieses Verhältnis kommt in der Musik, die wir im allgemeinen als angenehm empfinden, nicht vor. Was den typischen rauhen, kernigen und so beliebten Klang des Fünfzylinders nun ausmacht ist, dass er in bestimmten Drehzahlbereichen sehr viele zusätzliche Oberwellen, als Vielfache seiner Grundfrequenz erzeugt. Die Grundfrequenz ergibt sich aus der aktuellen Drehzahl und den 2,5 Zündungen pro Umdrehungen des Motors. Die Oberwellen stammen hauptsächlich von der Zündreihenfolge 1-2-4-5-3. Das ist absolut charakteristisch für diesen Motor.
Die Vorteile zusammengefasst
Summa summarum bietet der Fünfzylinder nicht den Komfort und die Stärke eines Reihensechszylinders, aber er kann mehr bieten als ein Reihen-Vierer und ist günstiger als Motoren mit noch mehr Zylindern. Zudem kann er in beiden Einbaulagen verwendet werden. Das macht ihn für Hersteller, die sich mit den im Folgenden beschriebenen Problemen auseinandersetzen, so attraktiv.
In Bezug auf Emissionen kann der Fünfzylinder-Reihenmotor auch dem Hersteller die Möglichkeit geben, einen sportlichen Wagen zu produzieren, ohne dabei die Emissionen und den Verbrauch eines Sechszylinders in Kauf nehmen zu müssen.
Die Probleme des Fünfzylinder-Reihenmotors
Was sind aber die Herausforderungen und Nachteile dieses Motors? Warum hat er sich nicht gegen die anderen Maschinen in großer Zahl durchgesetzt, wenn er doch scheinbar nur Vorteile gegenüber dem Vierzylinder und zumindest einige Vorteile gegenüber dem Sechszylinder besitzt? Das liegt daran, dass der Fünfer ein ziemlich unruhiger Kamerad in Bezug auf die Vibrationen und Bewegungen des Motors ist, die nur mit Aufwand in den Griff zu bekommen sind oder akzeptiert werden müssen. Die Ursache dafür ist seine ungerade Anzahl an Zylindern, wie im folgenden noch näher erklärt wird.
Massen, Kräfte und Massenmomente
Der normale Fahrzeugmotor gehört zur Klasse der Hubkolbenmotoren. Diese Motoren verwandeln eine oszillierende (lat. oscillare = schaukeln) Auf- und Ab-Bewegung (Hub) in eine Drehbewegung (Rotation). Dabei entstehen durch Massenträgheit und Fliehkräfte freie Massenkräfte und deren Massenmomente, die ambivalent sind. Mit anderen Worten, sie sind sowohl gewünscht als auch unerwünscht. Oben habt ihr bereits gelesen, dass Massen und ihre Momente genutzt werden, um den Motorlauf zu glätten. Das ist erwünscht. Nicht erwünscht sind solche Kräfte, die versuchen den Motor senkrecht und waagerecht zu bewegen und zum Kippen über die Längsachse zu bringen. Letztendlich sind diese Kräfte auch für den Vortrieb verloren und verzehren Leistung.
Diese freien Kräfte und Momente gilt es beim Motor auf verschiedene Arten auszugleichen. Das wird über entgegengesetzte Kräfte und Momente oder durch schiere Masse erreicht. So klingt es erst einmal einfach, aber dahinter steckt ein hochkomplexes Thema, das hier nur vereinfacht wiedergegeben wird.
Es werden je nach Motortyp, Zylinderanzahl, Zündreihenfolge und Takt nicht alle dieser freien Kräfte ausgeglichen. In der Praxis müssen immer Kompromisse gemacht werden. Der Fünfzylinder nimmt hier eine besonders ungünstige Stellung aufgrund seiner ungeraden Anzahl an Zylindern ein.
Letztendlich bleibt auch zu beachten, dass selbst wenn der Ausgleich nach außen für einen scheinbar vibrationsfreien Motor sorgen, zahlreiche Kräfte am Kurbeltrieb auftreten. Sie zerren und drücken ständig an der Kurbelwelle, die sich ihrerseits der Verformung widersetzt. Sie stützt sich dabei an den Lagern ab und überträgt diese Kräfte über die Lager und Lagerböcke an das Kurbelwellengehäuse. Das ist kein alleiniges Problem des Fünfzylinders, auch der Vierzylinder läuft im Vergleich zu anderen Motortypen nicht schwingungsarm. Das erfordert insgesamt ein Material und eine Konstruktion, die diese Belastungen über eine lange Betriebsdauer aushalten.
Auf dem Bild sind gut die Lager der Kurbelwelle, mit den Nummern 1-5 und die dazwischen liegenden Kurbelwellenkröpfungen, deren Gegengewichte und die Unterseiten der Pleuellager zu sehen.
Die freien Kräfte und ihre Kompensation – vereinfacht
Massen, die eines Ausgleichs bedürfen, gibt es bei den Kolben, Pleuel und der Kurbelwelle. Sie entstehen durch Hub-, Schwenk- und Drehbewegungen. Grob gesagt, die Kurbelwelle rotiert, die Kolben oszillieren und die Kolbenpleuel machen beides und schwenken zudem.
Rotation
Die Rotation der Kurbelwelle erzeugt Fliehkräfte an den Kröpfungen. Dort ist Masse aus der rotierenden Mitte genommen und zieht nach außen. Sie sind vergleichsweise einfach einzufangen, simpel durch ein nah an der Kröpfung liegendes mitlaufendes Gegengewicht. Die Kurbelwelle für sich alleine genommen, kann vollständig momentfrei sein. Aber es kommen weitere Faktoren hinzu, die das verhindern, wie wir später beim Pleuel sehen werden.
Oszillation
Etwas schwieriger wird es bei den oszilierenden Kräften. Sie werden in verschiedene Ordnungen eingeteilt. Kräfte 1. Ordnung ändern ihre Kraft im Verhältnis zu der Kurbelwellendrehzahl und ändern pro Umdrehung einmal ihre Richtung. Das trifft z.B. auf den Kolben zu. Er startet am oberen Totpunkt (OT) schnellt nach unten zum unteren Totpunkt (UT), ändert seine Richtung und fährt wieder nach oben. Damit wäre eine Drehung abgeschlossen, dargestellt durch die rote Linie im Diagramm. Es gibt noch höhere Ordnungen, wobei in der Praxis nur noch die zweite betrachtet wird, zu der wir noch kommen.
Wenn sich am OT und am UT jeweils die Laufrichtung des Kolbens extrem schnell ändert, möchte seine Masse aber gerne in der gleichen Richtung weiterlaufen, in der sie gerade unterwegs war. Es entstehen Trägheitskräfte, die am OT weiter nach oben zerren und am UT weiter nach unten drücken, je nachdem wo der Kolben gerade hin unterwegs war. Das sind freie Massenmomente, die den Motor bewegen wollen und da sie periodisch auftreten letztendlich zu Vibrationen führen.
Diese Kräfte können ausgeglichen werden, wenn man ihnen die gleichen Gegenkräfte entgegensetzt. Das ist vergleichsweise einfach, da die Kräfte mit der Umdrehungsgeschwindigkeit der Kurbelwelle auftreten. Schön zu sehen ist das beim Vierzylindermotor. Während beispielsweise die zwei außenliegenden Kolben nach unten schnellen, tun dies die inneren nach oben. So gleichen sich ihre Trägheitskräfte gegenseitig aus.
Motorkippeln
Die Kurbelwelle bildet durch ihre Länge zudem einen Hebel, an deren Enden die Trägheitsmomente der Kolben eine Hebelkraft erzeugen. Dadurch das beispielsweise beim Vierzylinder die äußeren und die inneren Kolben jeweils ein parallel laufendes Paar bilden, entstehen dort keine unkompensierten Kräfte. Andernfalls würden den Motor über seine Längsachse kippen wollen. Auch die Trägheit der Motormasse, seine stehende Bauweise und die Masse durch Kupplung und Getriebe wirken an der Kompensation mit.
Rotation, Oszillation und Schwenkung
Bleibt das Pleuel übrig. Es nimmt eine Sonderstellung ein, denn es oszilliert und dreht gleichzeitig mit sich ständig ändernden Kräften und Richtungen und ein Teil schwenkt. Das ist schwer zu erfassen und auszugleichen. Zur Vereinfachung werden daher üblicherweise 1/3 des Gewichts des Pleuels der oszillierenden und 2/3 der rotierenden Masse zugeordnet.
Der rotierende Anteil des Pleuels ist an der Kurbelwelle angeordnet. Damit fällt es den Gegengewichten der Kurbelwelle zu, diese Kräfte zu kompensieren. Da sich aber der Wert und die Richtung dieser Kraft je nach Stellung des Pleues ändert, das Gegengewicht aber statisch ist, können sie nicht vollständig getilgt werden. In der Praxis werden 50% Ausgleich angestrebt. Das ist ein Beispiel für Kräfte der 2. Ordnung, dargestellt als blaue Linie im oberen Diagramm. Sie ändern ihre Kraft mit doppelter Rotationsgeschwindigkeit und ändern vier mal ihre Richtung pro Umdrehung. In manchem Motoren, die ebenfalls stärkere Kräfte 2. Ordnung entwickeln, insbesondere bei Benzinern die höhere Drehzahlen als Diesel ermöglichen, wirken gegenläufige Ausgleichswellen zur Kompensation. Wenn es geschickt gemacht wurde, übernehmen sie auch andere Aufgaben, wie den Antrieb der Ölpumpe.
Ohne Kompensation müssen diese Kräfte 2. Ordnung durch Masse abgefangen werden, also durch den gesamten Block vom Motor bis zum Getriebe. Genau das passiert oft, der Hersteller verzichtet auf den Ausgleich und so bleibt es dem gesamten Werk aus Motormasse, Motorlagerung, Kupplung, Getriebe und Getriebelagerung mittels ihrer Trägheit diese Schwingungen abzudämpfen. Das verlangt eine robuste Bauweise. Dies ist einer der Gründe für das schlechte Image des Fünfzylinder-Reihenmotors.
Das Problem der zweiten Ordnung
Diese Kräfte 2. Ordnung machen dem Fünfzylinder-Reihenmotor schon größere Probleme. Hier tritt der Nachteil besonders zu Tage. Bei der Zündfolge von 1-2-4-5-3 treten große Kräfte zweiter Ordnung auf, denen nichts gleichlaufendes entgegengesetzt werden kann. Diese wirken durch die unterschiedlich laufenden Kolben entlang der Kurbelwelle und versuchen sie je nach Position der einzelnen Kolben in die unterschiedlichsten Richtungen zu bewegen. Das führt zu einem regelrechten herumeiern, würde dem nichts entgegenstehen.
Es gibt Motoren, die eine Ausgleichswelle besitzen, die mit doppelter Geschwindigkeit der Kurbelwelle dreht, um dem entgegen zu wirken. Aber das ist aufwendig, kostet und erhöht die Massen, die beschleunigt und angetrieben werden müssen. Deshalb überlassen die meisten Hersteller die Dämpfung, zumindest beim langsamer drehenden Diesel, der Motormasse und einer entsprechend steifen und belastbaren Verbindung zum Kupplungsgehäuse und dem Getriebe.
Gerade diese Kräfte 2. Ordnung bescheren dem Fünfzylinder-Reihenmotor den schlechten Ruf. Auch der Vierzylinder ist von Kräften 2. Ordnung geplagt, aber sie sind nicht so ausgeprägt. Als günstigster Massenmotor ist er daher für die meisten Anwendungen der beste Kompromiss.
Viele Ideen, keine Lösung
Ein Blick zurück in der Zeit, lässt auch erahnen, welche Schwierigkeiten die Entwicklung eines ruhigen Fünfzylinders gemacht hat. Als in den 1930er Jahren intensiv daran gearbeitet wurde, gab es Konstruktionen mit unterschiedlichen Kolbenabständen oder ungleichmäßigen Kröpfungswinkeln, also mehr und weniger als 144° Versatz auf einer Kurbelwelle. Alle diese Maßnahmen konnten freie Kräfte der 1. und 2. Ordnung punktuell verhindern, verursachten aber dafür woanders Probleme oder erforderten zusätzlichen hohen konstruktiven Aufwand, so dass sie aufgegeben wurden.
Die Unruhe durch ungeraden Zylinderanzahlen
Gerade haben wir gesehen, dass ungewollte freie Kräfte nach Möglichkeit durch Ausgleichsmassen neutralisiert werden. Durch Gegenrotation oder Gegenoszillation gleicher Massen. Bei den Kolben geschieht das durch das Bilden von gleich und gegenläufigen Paaren. Damit wären wir bei der letzten Ursache für den ruppigen Ruf des Fünfzylinder-Reihenmotors. Dank der ungeraden Anzahl an Kolben fehlen seinen Kolben die Ausgleichspartner.
Beim Vierzylinder sind jeweils zwei Kolbenpaare um 180° versetzt angeordnet. Jeweils zwei Kolben gleichen sich immer aus. Das spielt auch eine Rolle auf die Länge der Kurbelwelle gesehen, die von Ende zu Ende des Motors einen Hebel bildet. Hat jeder Kolben einen gegenlaufenden Partner spiegelbildlich auf der Kurbelwelle angeordnet, gleichen sich diese Kräfte aus und es entsteht keine Hebelkraft über die Länge der Kurbelwelle, die ein Kippeln und Schlingern des Motors erzeugen würden.
Beim Sechszylinder ist die Anordnung noch besser. Die Kolben sind mit 120° Versatz über einen Kreis von 360° und über die Länge der Kurbelwelle gleichmässig verteilt und die Kräfte wirken zu jeder Zeit gleichmässig in drei Richtungen, wie bei dem Rotor eines Windrades. Jeder Kolben hat aufgrund der gerade Anzahl einen mitlaufenden Partner und zwei um 120° und 240° versetzte gegenlaufende Partner, wie auf dem Bild der Sechszylinder-Kurbelwelle gut zu sehen ist. Wellen von Sechszylinder-Reihenmotoren sind deshalb absolut frei von ungewollten Kräften und Massenmomenten. Die Kräfte heben sich in der Mitte gegenseitig auf. Das macht den Reihensechszylinder zum schwingungs- und vibrationsärmsten Motor von allen.
Beim Fünfzylinder-Reihenmotor, deren Kolben mit 144° Versatz angeordnet sind, finden Dank seiner ungeraden Anzahl von Zylindern, die Kolben keinen exakt entgegen laufenden Partner, mit denen die oszillierenden und die sich ändernden rotierenden Kräfte (Pleuel) ausreichend getilgt werden könnten. Das ist auf dem Bild gut zu sehen, kein Kolben steht auf der gleichen Höhe wie ein anderer und es gibt keine Kolbenpaare die exakt gleich stehen. Deshalb entstehen freie Kräfte und Massenmomente, die zudem zu verschiedenen Zeitpunkten in verschiedenen Größen an verschiedenen Stellen auftreten.
Und dennoch, in vertikaler Richtung läuft der Fünfzylinder überraschenderweise recht ruhig, wenn als Zündreihenfolgen 1-2-4-5-3 zum Zuge kommt. Das ist so gut wie immer so, es ist die einzige Zündreihenfolge, die beim Fünfzylinder-Reihenmotor in der Praxis funktioniert. Bei dieser Zündreihenfolge laufen die äußeren Kolben 1 und 5 und die folgenden 2 und 4 fast paarweise. Zuletzt zündet dann Zylinder 3 in der Mitte, so dass nur mittig auf die Kurbelwelle eine Kraft wirkt. Es entsteht keine einseitige Hebelwirkung.
Vom Aussterben bedroht
Vom möglichen Ende des Verbrennungsmotors abgesehen, fällt der Fünfzylinder zunehmend dem Downsinzing im Motorenbereich zum Opfer. Mercedes verbannte ihn endgültig 2006 aus ihren Fahrzeugen. Zumindest Audi, bei denen er ehemals den Sechszylindern von Mercedes und BMW entgegen trat, hält ihm noch die Treue. Der aktuelle Audi RS 3 hat einen im Bug. Der leistet ganze 298 kW (400 PS) und 500 Nm. Seat bedient sich dieses Motors ebenfalls, im Cupra Formentor. Ganz klar, die sportliche Kundschaft soll angesprochen werden.
Aber aufgeladene Vierzylinder sitzen ihm im Nacken. Sie leisten fast genauso viel und kratzen an der 400 PS Grenze. Der Mercedes AMG C45 hat sie mit 421 PS sogar geknackt. Vierer sind eben kompakter und günstiger. Und sie sind selbst vom Aussterben bedroht.
Und dennoch ein Fünfzylinder?
Ich gebe es zu, ihr habt es vielleicht schon gemerkt, ich gehöre zu der Gruppe, die den Fünfzylinder-Reihenmotor mag. Ich selbst fahre einen (und denselben) schon seit über 12 Jahren und bin sehr zufrieden damit. In unserem Hause gibt es auch einige andere Motoren, vom V8 bis zum langhubigen, großvolumigen Vierzylinder. Aber keiner macht mir so viel Spaß, wie der Fünfer. Ja, er hat seine Nachteile, die wir hier gerade beschrieben haben, wenn man ihn nicht gerade auf ein Entwicklungslevel hebt, wie es Audi getan hat. Obwohl als V8 des kleinen Mannes herabgewürdigt, fand er dennoch seine Freunde. Denn genau dieses ungehobelte macht seinen Charme und seinen Charakter als unrundes, eckiges und raues Aggregat aus. Er sticht eben aus der Masse der geschliffenen Motoren heraus und zeigt, wie selbst seine immanenten Nachteile gut in den Griff zu bekommen sind und langlebige, effiziente Motoren dabei herauskommen.
Die Hersteller, die mit ihren Konstruktionen am Markt Erfolg hatten, haben einen hervorragenden und dankbaren Antrieb geschaffen, der bis heute in vielen Fahrzeugen seinen Dienst versieht. Ob es neue Fünfzylinder geben wird? Das ist für mich nur schwer vorstellbar. Die Lücke, die er füllte verschwindet, es wird entweder Downsizing betrieben oder es kommt gleich ein größeres Aggregat rein. Sicherlich wird er uns noch eine Weile begleiten, gerade im sportlichen Bereich, aber ich glaube, dass wir uns von ihm verabschieden werden müssen.