Tag 1: Unerschrocken starten wir um 1:00 Uhr nachts mit dem 90er Defender und Dachzelt für eine gute Woche nach Schottland. Über das Wetter in Schottland machen wir uns keine Gedanken. Wetter haben die da oben eh nicht. Den Eurotunnel erreichen wir bereits gegen 4:30. Vor der Schranke noch etwas dösen. Wir nehmen den Zug um 6:15 Uhr und starten gleich durch Richtung Schottland nach Carlisle.
Nach der Nachfahrt sehnen wir uns erst mal nach einem richtigen Bett und übernachten eine Nacht im Premier Inn. Die Zimmer sind sauber, das Personal nett und Ermäßigung für das angeschlossene Restaurant gibt es auch noch.
Tag 2: Weiter geht es zu einer der vielen Touristenattraktionen Schottlands: Gretna Green. Das kleine Örtchen direkt hinter der schottischen Grenze wurde in früheren Zeiten von Jugendlichen genutzt, um dort ohne Einwilligung der Eltern zu heiraten. Die Hochzeit konnte in Schottland jeder durchführen und das erste Haus nach der Grenze war die Schmiede, in der man noch heute heiraten bzw. eine schottische Handfasting-Zeremonie begehen kann.
Im Herbst kann man großartiges Wetter haben oder halt auch nicht.
Auch, wenn man in Gretna Green sicher wunderbare Hochzeiten feiern kann, so besteht der Ort hauptsächlich aus einer Ansammlung von Läden für Touristen. Das kleine Museum ist nett aufgemacht und der Amboss ganz sicher ein schönes Fotomotiv. Für alle Nichtheiratswilligen: Es gibt sicher schönere Orte in Schottland.
Weiter ging es über die A75 von Gretna Green nach Annan, eine der am meisten von Gespenstern heimgesuchten Straßen der Welt. Tagsüber war natürlich dummerweise alles friedlich.
Als nächstes besuchten wir das East End House, ein sehr schönes, verlassenes Haus in Thankerton. Das Gebäude steht in einem kleinen Wäldchen und ist von der Straße nicht zu sehen. Wir kämpften und gut 10 Minuten durch einen kleinen Wald und gingen dann noch einige Meter die Zufahrt zum Haus entlang. Erste Teile des Landsitzes sind auf das 16. Jahrhundert datiert, der Westflügel wurde im Jahre 1851 angebaut. Vor dem Gehen winkten wir noch dann noch einmal freundlich in die Überwachungskameras.
Abends fuhren wir den Clyde Valley Caravan Park an. Offenbar eher ein Wohnort für viele Arbeiter der nahegelegenen Firmen, als ein netter Campingplatz. Kein Platz zu dem ich ein zweites Mal fahren würde.
Tag 3: Auf dem Weg zu Hauptakttraktion des heutigen Tages kommen wir zufällig an der Glengoyne Destillerie vorbei und buchen die Whiskey-Tasting-Tour. Nach der Führung durch die heiligen Hallen und dem Anblick der Masse des eingesetzten Getreides und der Zeit wurde uns schon klar, warum guter Whiskey so teuer ist. Zur Verköstigung bekamen wir 10, 12 und 18 Jahre alten Single Malt. Und wir sahen und schmeckten, wie viel die längere Reifezeit doch ausmachten. Im Shop der Destillerie kauften wir neben einem Fläschchen 12 Jahre altem auch noch schöne Whiskey-Gläser.
Devil’s Pulpit? Ihr seid heute schon die dritten, die danach fragen
Nach dem kleinen Abstecher besuchten wir das eigentlich Ziel des heutigen Tages „Devil’s Pulpit“ in Finnich Glen, das Rednerpult des Teufels ist eine tiefe Schlucht im Wald, in die wir mittels einer sehr langen, steilen Treppe hinunter gestiegen sind. Da wir die genauen Koordinaten nicht kannten, fragten wir einen Angler am Straßenrand, der uns belustigt erklärte, dass wir bereits die dritten Leute heute wären, die nach Devil’s Pulpit fragten.
Wie das so ist, man bekommt lang und breit erklärt, wo man etwas zu finden hat und dann … läuft man los und hat alles vergessen. Also irrten wir eine Weile durch das Wäldchen und suchten die Treppe in die Schlucht. Kurz bevor wir aufgeben wollten fanden wir endlich, was wir gesucht hatten, eine lange, steile Treppe. Deren Steine zum Teil schief, zerborsten oder einfach nicht mehr benutzbar waren. Am Fuße der Treppe war ein R.I.P. für einen kleinen Jungen in einen Stein geschnitzt, der scheinbar den Abstieg über die Treppe nicht überlebt hatte. Wir waren heilfroh, dass es seit Tagen nicht geregnet hatte. Und endlich wurden wir mit einem grandiosen Anblick belohnt.
Das Wasser schien rot wie Blut, Moos und Farn bedeckten die meterhohen Felswände und in einer Flussbiegung sahen wir einen Stein, der tatsächlich wie das Rednerpult des Teufels aussah. Der Ort hatte etwas Magisches und war einer meiner persönlichen Highlights des Schottland-Urlaubes.
Den Rest des Tages fuhren wir auf der A82 am Loch Lomond, dem größten See Schottlands entlang. Der See hat je nach Wasserstand 30 bis 60 Inseln. Von Crianlarich fuhren wir weiter über die A82 über Bridge of Orchny und von dort aus durch ein wunderbares Tal: Das Glen Coe. Hinter Ballachulish übernachteten wir auf dem sehr gut gepflegten Invercoe Campingplatz am Ufer des Loch Leven.
Es kann nur einen geben …
Tag 4: Über die A82 und die A87 fuhren wir heute in Richtung Isle of Skye unserem heutigen Tagesziel. Nicht zu übersehen an der A87 bei Dornie liegt Eilean Donan Castle, das unter anderem als Kulisse für den Highlander-Film diente.
Nach einer Besichtigung der Burg fuhren wir über die Skye-Brücke und in Skulamus auf die A851 bis Ardvasar. Dort schliefen wir im wirklich hübsch eingerichteten Ardvasar Hotel. Der Hotelbesitzer Richard war ein großer freundlicher Mann, der trotz fehlender Reservierung und ausgebuchtem Haus noch ein Zimmer für uns frei machte. Da das Hotel laut Webseite 10 Zimmer besitzt, waren wir schon sehr erstaunt, als wir einen Schlüssel mit der Nummer 11 in die Hand gedrückt bekamen.
Das Zimmer, das es nicht gab, in einem Hotel, das ausgebucht war.
Nicht nur, dass das Hotel eigentlich schon voll war, nein wir bekamen sogar ein Zimmer, das es gar nicht gab. Allerdings schienen Putzfrauen und Handwerker auch nicht zu wissen, dass es dieses Zimmer gab. Die Dusche hatte nämlich nur heißes oder ganz heißes Wasser. Dafür hatten die Scheiben des Zimmers schon länger kein Wasser mehr gesehen.
Das Essen in der Hotel eigenen Bar versöhnte uns dann aber wieder. So ein gutes Essen hatten wir schon lange nicht mehr gegessen, weder in Deutschland noch in Großbritannien. Die schottische Küche ist nämlich im Gegensatz zur englischen Küche ganz hervorragend wie wir während der gesamten Reise feststellen konnten.
Tag 5: Da wir gehört hatten, dass der Besitzer der Morar Bed & Breakfast einige Oldtimer besaß und wir uns eine alte Land Rover Serie erhofft hatten, statteten wir ihm am nächsten Morgen einen Besuch ab. Eine Serie gab es dort nicht, dafür aber ein sehr gemütliches Haus mit tollem Blick aufs Meer und einem sehr netten Besitzer. Fast schon bereuten wir, dass wir nicht dort übernachtet hatten. Aber der Besitzer erklärte uns, dass das Morar auch noch für die nächsten Wochen komplett ausgebucht ist. Die Saison geht hier bis Oktober und Bed & Breakfast, wie auch Hotels sollten frühzeitig reserviert werden.
Zurück auf der A851 fuhren wir in Ostaig Wood (57°5.141’N 5°52.834’W) ab um eine weniger befahrene Strecke zu nehmen. Die Schilder „Für Wohnmobile nicht geeignet“ und „14%“ Gefälle, versprachen so einiges. Anspruchsvolle Strecken haben wir in Schottland keine gefunden, dennoch war diese hier landschaftlich recht reizvoll. Am Ende des Weges landeten wir wieder auf der A851 und machten uns auf in Richtung Suisnish, einem verlassenen Ort auf der Insel Skye. Über die A87 fuhren wir Richtung Broadford und dort über die B8083 Richtung Südwesten. An einer Kreuzung (57°12.513’N 5°59.189’W) fuhren wir geradeaus bis zum Ende der Straße wo sich ein ruhig gelegener Parkplatz (57°12.035’N 6°0.180’W) direkt am Meer befindet.
Vom Parkplatz aus marschierten wir eine gute Stunde bis wir zu den ersten Ruinen kamen. Bis auf ein einziges noch stehendes Haus, gab es außer an einigen Stellen ein paar verstreute Steine nichts zu sehen. Natürlich bis auf den herrlichen Ausblick. Hohe Klippen, glattes Meer und blauer Himmel während der gesamten Wanderung. Neben den Ruinen machten wir ein kleines Picknick.
Zwischen totaler Entspannung und Panik – Schafe auf der Flucht
Weit kamen wir allerdings nicht, denn kurz nach dem Aufbruch stießen auf eine 300-köpfige Schafsherde, die den selben Weg hatten. Wir spazierten eine Weile hinter den Schafen her und betrachteten das lustige Treiben der Hunde und Schafe. Die Schafe konnten sich nicht entscheiden zwischen einfach mal anhalten um gemütlich zu fressen oder panisch vor den Hunden wegzulaufen. Irgendwann schlugen wir uns in die Büsche und überholten die Herde.
Auf der A87 fuhren wir weiter nordwestlich nach Portree. In Portree machten wir einen kurzen Abstecher in ein Wollwarengeschäft. Eingedeckt mit Wolldecken, Ponchos und Mützen, fuhren die A855 weiter Richtung Old Man of Storr, einer 48 Meter hohen Felsnadel. Kurz dahinter fanden wir einen Rastplatz (57°32.533’N 6°8.690’W) direkt an den Klippen. Die besser geschützten Plätze im hinteren Bereich waren allerdings schon mit deutschen Wohnmobilen belegt, so dass für uns nur ein von der Straße gut einzusehender Platz blieb.
Mach’s gut und danke für den Fisch
Nachdem wir es uns richtig gemütlich gemacht hatten, das erste Bier getrunken, die Kohle, aus Ermangelung von Grillanzündern mit dem Gaskocher zum Glühen gebracht hatten und das Fleisch bereits auf dem Grill duftete … hielt plötzlich neben uns ein Bus mit ein Dutzend Japanern an, die alle ausstiegen und zu den Klippen marschierten. Nach einem kurzen Blick übers Meer stiegen sie wieder in den Bus und fuhren davon. Verwundert über dieses kleine Intermezzo sahen wir auch hin und wieder aufs spiegelglatte Meer. Irgendwann schien das Meer gar nicht mehr so glatt zu sein und beim näheren Hinsehen sahen wir einige Delfine, die ab und zu aus dem Wasser sprangen. Bis es dunkel wurde betrachteten wir die Delfine und liehen dem ein oder anderen Besucher, der im Verlauf des Abends noch anhielt, unser Fernglas.
Tag 6: Vormittags machten wir einen kleinen Abstecher zum Stein Inn, dessen Pub uns von Bekannten wärmstens ans Herz gelegt wurde. Wir hatten ursprünglich vor, dort eine Nacht zu bleiben. Im Inn trafen wir auf die Besitzerin, die uns unfreundlich und sehr bestimmt mitteilte, dass das Pub noch nicht geöffnet sei und alle Zimmer belegt wären.
Also fuhren wir auf der A850 zurück Richtung Dunvegan Castle, dem Schloss des aus Highlander berühmten Clans der McLeod. Nach einer Besichtigung, kehrten wir auf der Kinloch Campsite am Ufer des Loch Dunvegan. Nachmittags machten wir einen kleinen Ausflug in den Ort und aßen wahnsinnig leckeren Kuchen bei Jann’s Cakes. Auf unserem Spaziergang sahen wir das Old Schoolhouse Restaurant und reservierten spontan einen Tisch für abends. Die Tischreservierung entpuppte sich später als geniale Idee, denn als wir abends kamen war das Restaurant restlos überfüllt. Und wieder einmal wurden wir von der großartigen schottischen Küche überrascht.
Tag 7: Wir hatten geplant, den letzten Tag unserer Reise auf der Insel Mull zu verbringen. Nach einigen Stunden Fahrt informierte uns bei Kinlochmoidart ein entgegenkommender Autofahrer, dass die Straße durch einen LKW-Unfall gesperrt sei. Da die letzte Fähre des Tages bereits in einer knappen Stunde gehen sollte, schied eine alternative Route aus. Es blieb uns also nichts anderes als umdrehen und etwas für die Nacht suchen. Nach kurzer Zeit fanden wir das Glenuig Inn, das sogar noch ein Zimmer für uns hatte. Das Essen war lecker und der Speisesaal sehr gemütlich.
Tag 8: Auf dem Rückweg zum Eurotunnel fuhren wir das Tarbet Hotel an, das für eine Übernachtung in der engeren Auswahl gestanden hatte. Wir setzen uns an die Tische vor dem Haus und warteten. Und warteten. Obwohl die Gäste am Nachbartisch Getränke vor sich stehen hatten, war weit und breit kein Kellner zu sehen. Also hineinmaschiert und eine Karte geholt. Nach einiger Zeit ließ sich auch der Kellner blicken und nahm unsere Bestellung auf. Das Essen dauerte dann gar nicht mehr so lange. Vermutlich hatte der Spüljunge deshalb nicht so viel Zeit gehabt und konnte die Teller nicht entsprechend säubern. Auf meinem Teller klebten auf jeden Fall noch Essensreste und eingebackene Soßen-Fingerabdrücke waren deutlich zu erkennen. So richtig hungrig war ich dann nicht mehr. Nach dem Essen wollte ich mich noch kurz erleichtern und suchte die Waschräume auf und ich wurde überwältigt vom längst verblichenen Charme des Hotels. Das im 19. Jahrhundert erbaute Hotel scheint seit dem nicht einmal renoviert worden zu sein.
Fazit:
- In Schottland kann man großartiges Wetter haben, oder eben nicht. Wir hatten 8 Tage lang Sonnenschein und haben die Reise dadurch noch mehr genießen können.
- Großer Nachteil am schönen Wetter in Schottland sind die Midges. Das sind Mücken, fast kleiner als unsere Fruchtfliegen, deren Bisse nicht nur nervig sondern auch sehr unangenehm sind.
- Irgendwo in der Wildnis zu übernachten war schwieriger als gedacht. Gute uneinsehbare Plätze haben wir nicht gefunden. Hier zahlt es sich aus, vor Reisestart nach entsprechenden Campingplätzen in der Gegend zu recherchieren.
- Wer B&B oder Hotels dem Campen vorzieht, sollte in der Hauptsaison (bis Ende Oktober) einige Wochen im Voraus reservieren. Auch die Campingplätze waren im September noch gut besucht, aber da haben wir immer ein schönes Plätzchen gefunden.
Tracks zur Reise findet Ihr auf Landypedia.de
(Fotos: privat)