Furten stellen für den Offroad-Fahrer sicher die größte Herausforderung dar. Ein Fehlverhalten beim Durchqueren eines Flusses kann für Mensch und Fahrzeug fatale Folgen haben. Michael Ortner von 4×4-Experience, Island-Kenner und erfahrener Offroad-Reiseveranstalter, erklärt, was beim Furten zu beachten ist.
Fluss ist nicht gleich Fluss. Gerade auf Island müssen Offroad-Fahrer zwischen normalen Flüssen und Gletscherflüssen unterscheiden. Gletscherflüsse sind durch ihre milchige Färbung leicht zu identifizieren. Oft ist ihr Untergrund nur schwer bis gar nicht zu erkennen und ihre Tiefe nicht einschätzbar. Was jeder Fahrer außerdem wissen sollte: Durch das Schmelzwasser können Gletscherflüsse im Laufe des Tages unterschiedliche Wasserstände haben. In der Regel führen sie vormittags weniger Wasser, deshalb sollten Gletscherflüsse am besten morgens überquert werden.
Flüsse verändern sich von Jahr zu Jahr und von Tag zu Tag
Flüsse, die im letzten Urlaub noch problemlos durchfahren werden konnten, können im nächsten Sommer schon wieder ganz anders aussehen. Das Wetter hat einen großen Einfluss auf Tiefe und Fließgeschwindigkeit insbesondere der Gletscherflüsse. Ein Tipp, um immer auf dem Laufenden zu sein: Im Hochland bieten die Hütten eine gute Gelegenheit, um sich mit anderen Reisenden über die Route auszutauschen und die Hüttenwärter oder einen Ranger vor Ort nach dem Zustand der geplanten Route zu fragen.
Das Fahrzeug muss entsprechend vorbereitet sein
Die Ranger haben nicht nur einen guten Blick für den Zustand des Geländes, sondern auch für die Fähigkeiten der Fahrzeuge. Manche Flüsse können zum Teil nur mit „Big Jeeps“ durchfahren werden, womit auf Island die monströs aufgerüsteten Allradler gemeint sind.
Die meisten Flüsse sind aber auch mit „kleineren“, entsprechend ausgerüsteten, Allradfahrzeugen zu befahren. Ein Schnorchel darf allerdings nicht fehlen, ebenso wenig wie die Abdichtung der restlichen Luftansaugung zum Motor. Sicherungkästen sowie Motorsteuergeräte, falls vorhanden, sollten vor dem eintretenden Wasser geschützt werden. Das Motorsteuergerät kann entweder an eine höhere Stelle verlegt werden, in wasserdichte Kästen verpackt oder zumindest mit einem Feuchtigkeitsschutzspray wie Wetprotect geschützt werden. Weitere Kernfragen sind: Liegen Tankentlüftung, Achsentlüftungen und Abgasschlauch der Standheizung hoch genug?
Immer die Gegebenheiten Vor-Ort prüfen
Selbst wenn das Fahrzeug gut präpariert und der Fahrer umfassend über die Straßensituation informiert ist, sollte der Wagen nie ohne Vor-Ort-Check durch einen Fluss gefahren werden. Vor dem Furten ist es zwingend notwendig, auszusteigen und sich zunächst einen Überblick zu verschaffen. Wo fahre ich rein, wo fahre ich wieder raus? Flüsse ändern ihren Lauf und Reifenspuren können in die Irre führen. Nach dem ersten kurzen Abschätzen geht es ans Eingemachte: das Prüfen der Tiefe und Beschaffenheit des Untergrundes.
Ein einfaches Mittel, um die Lage einzuschätzen ist, einen Stein ins Wasser zu werfen. Ist kein Aufprall zu hören, könnte der Fluss gefährlich tief sein. Ist ein Aufprall vernehmbar, lässt sich anhand des Geräuschs mit ein bisschen Erfahrung die Tiefe erahnen. Auf der sicheren Seite ist letztendlich aber nur derjenige, der den Fluss zunächst durchwatet. Für viele Flüsse in Island ist aufgrund ihrer Tiefe dazu eine Wathose nötig. Als grobe Faustregel gilt: Traue ich mich nicht einen Fluss zu durchwaten, sollte ich ihn auch nicht durchfahren.
Mit der Wathose losgehen
Beim Durchwaten von Flüssen ist natürlich Vorsicht geboten, denn Wathosen sind nicht ungefährlich. Ist die Strömung des Flusses zu stark, ist es ein Leichtes, den Boden unter den Füßen zu verlieren. In der Wathose kann sich nun Luft sammeln und schlimmstenfalls treibt der Erkunder mit den Beinen nach oben im Wasser. Für diesen Fall der Fälle, empfiehlt es sich, ein Messer griffbereit zu haben, mit dem die Wathose zerschnitten werden kann. Das sollte zuvor ein bis zweimal an Land geübt worden sein.
Die Durchquerung
Wer sich von der Tiefe, der Strömung und der Bodenbeschaffenheit des Flusses ein Bild gemacht hat, schaltet, wenn nötig, den Allrad ein – die Untersetzung und die Sperren und fährt im zweiten Gang leicht stromabwärts im Bogen durch den Fluss. Ganz wichtig: Während des Furtens bitte auf keinen Fall anhalten oder schalten, sondern langsam aber zügig fahren, um nicht von der eigenen Bugwelle überholt zu werden.
Alleine ist möglich, zu zweit ist besser
Wenn möglich, sollten Touren dieser Art nicht alleine gefahren werden. Ein zweites Fahrzeug, mit einem Bergegurt oder einer Winde, gibt zusätzliche Sicherheit, falls die Flussdurchfahrt unplanmäßig verläuft. Ein einzelnes Fahrzeug mit einer Winde, könnte auf Island mangels Bäumen nichts ausrichten. Wer alleine unterwegs ist, sollte an Furten warten, bis ein weiteres Fahrzeug vorbeikommt.
Für den Fall, dass ein Wagen trotz aller Sicherheitsmaßnahmen im Fluss stecken bleibt, den Motor nicht ausschalten, damit kein Wasser durch den Auspuff eintritt. Fenster und Türen schnell öffnen, um zu verhindern, dass das Fahrzeug aufschwimmt und abgetrieben wird. Und auf Rettung hoffen, sofern kein weiteres Fahrzeug dabei ist.
Fazit: Im isländischen Hochland sind Brücken selten bis gar nicht vorhanden, eine Flussdurchquerung ist deshalb an vielen Stellen nötig. Flüsse zu überqueren kann äußerst gefährlich sein. Es gibt Flüsse auf Island, wie die Krossá in Thórsmörk, an denen schon mehrere tödliche Unfälle passiert sind. Gerade Gletscherflüsse sind eine unberechenbare Naturgewalt, der jeder Fahrer mit äußerstem Respekt entgegentreten sollte. Niemand sollte unbedacht in einen Fluss fahren. Sicherheit muss an erster Stelle stehen. So mancher hat an der ein oder anderen Furt schon umgedreht, was durchaus keine Schande ist.
Bilder: © Michael Ortner, 4×4-Experience