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Garmin Tread XL Overland Edition
Garmin Tread XL Overland Edition

Das Garmin Tread Overland Edition Navigationsgerät

Das volle Programm, bis in die Details.

Das Garmin Tread Overland Edition ist jetzt seit einiger Zeit auf dem Markt. Es ist Zeit für uns dieses Gerät und dessen Navigationskonzept genauer unter die Lupe zu nehmen, denn das Garmin Overlander hatte uns nicht überzeugt. Wie sieht es nun mit dem großen Bruder aus?

Das Garmin Overlander stand bei uns unter einiger Kritik. Zu undurchdacht und auf den amerikanischen Markt fokussiert, war es in Deutschland dennoch ein Erfolg, aber es trat eine gewisse Ernüchterung ein. Keine Satellitenkarten, außer für die USA, im Umgang schwierig, das Handbuch ließ vieles aus und das Navigationskonzept mit zwei interagierenden Apps erschloss sich nicht jedem auf den ersten Blick.

Entsprechend dieser Erfahrung beäugten wir das Garmin Tread Overland Edition skeptisch. Als wir im Vorfeld mit Garmin darüber sprachen wurde uns viel versprochen. Viele Kritikpunkte aus der Overlander- und Offroad-Szene sollen berücksichtig worden sein. Nun halte ich das Paket mit der 8″-Display Version in der Hand und bin wirklich gespannt, was mich erwartet.

OSW – Der One-Second-WOW-Effekt

Vieles entscheidet sich beim ersten Blick und dem ersten in-die-Hand nehmen. Optik, Gewicht und Haptik geben den ersten entscheidenden Eindruck. Stimmt er nicht auf Anhieb, wird es schwer für das begutachtete Objekt, im Nachhinein zu überzeugen. Nicht unmöglich, aber schwer.

Als ich das Garmin Tread Overland Edition auspackte hatte ich sofort den OSW-Effekt, One-Second-WOW! Was ich da in der Hand hielt wirkt nicht nur wertig, sondern es ist es tatsächlich. Hier hat jemand nachgedacht und das bis in die Details. Die Klappen sind keine billigen Gummistöpsel oder bald abbrechende Plastikdeckel. Das sind robust gemachte Verschlüsse, die dem Gerät zurecht seine IP67-Schutzklasse nach IEC 60529 verleihen. Die gummierte, griffige Schutzeinfassung geht mit dem Rand gute 2 mm über das Display hinaus, was bei Marmeladenbrot-Stürzen (die gute Seite immer nach unten) das Display schützt.

Fahrzeugbefestigung

Selbst bei dem Halter für das Fahrzeug wurde nichts dem Zufall überlassen oder auf ein „das geht schon“ gesetzt, nein, das wurde ordentlich gemacht. Der Scheibensaugnapf hält. Er hält das ganze Gewicht des Tread Overland von 655 g sauber fest. Das System wirkt wie das von RAM-Mount, ist es vielleicht auch, jedenfalls hat es das gleiche durchdachte Kugel-Klemmsystem, das locker und einfach mit zwei Händen eingestellt und bedient werden kann. Solle jemandem nach einer anderen Halterung als dem Saugnapf sein, kann er mit RAM-Mount C-Kugel-Haltern (1,5″) umrüsten, z.B. als Rohrschelle.

Die Halterung ist absolut ordentlich gemacht.
Die Halterung ist absolut ordentlich gemacht.

Das Garmin Tread Overland Edition wird dann in eine Halteschale mit Kontakten regelrecht arretiert. Es klack satt in die Halteschale um dann zusätzlich mit einer Verriegelung absolut sicher am Platz gehalten zu werden. Der Halter hat zudem eine Schutzkappe, damit die Kontakte sauber und intakt bleiben, wenn das Gerät nicht eingelegt ist. Das Stromkabel ist zweiteilig und ebenfalls auf sicheres Zusammenhalten getrimmt. Ein fahrzeug-gerechter Stecker mit Bajonettverschluss sorgt für 100% unterbrechungsfreie Stromversorgung. Jedes noch so empfindliche Detail wurde eliminiert, man denke nur an die schnell ausgeleierte USB-Buchse des Overlander. Für den Heimgebrauch ist dann doch zusätzlich noch eine USB-C Ladebuchse vorhanden.

Bajonettverschluss für eine sichere Stromversorgung.
Bajonettverschluss für eine sichere Stromversorgung.

Navigation – insbesondere Offroad

Beim Blick auf den Startbildschirm fällt auf, das die beiden Hauptanwendungen Drive und Explore nicht mehr prominent angeordnet sind. Ihr findet zwar noch das Explore Symbol aber wenn ihr darauf klickt, erscheint nicht mehr die topografische Karte, sondern nur der Blick auf die gespeicherten Daten, wie Wegpunkte, Routen und Tracks. Die eigentliche Navigationsapp ist verschwunden. Gut so, denn nun spielt sich alles in einer einzigen Navigationsoberfläche ab. Drive und Explore scheinen vereint worden zu sein. Das erleichtert das Verständnis des Systems ungemein.

Die Apps und der Startbildschirm wurden neu gestaltet.
Die Apps und der Startbildschirm wurden neu gestaltet.

Das Problem der zwei Apps und wie sie interagieren wurde sehr gut gelöst. On- und Offroad-Navigation sind nun in einer Oberfläche vereint und nur durch die Auswahl des Routing-Mechanismus (Abbiegehinweise, Luftlinie und Abenteuer) entscheidet ihr jederzeit, wie die Route zustande kommt. Gerade die Funktion „Abenteuer“ bietet euch sehr komfortabel die Möglichkeit an einer manuellen Planung vorbei zu kommen und trotzdem interessante Strecken unter die Räder zu nehmen. Zudem kennt das Garmin verschiedene unbefestigte Tracks und „schlechte Wege“ und klassifiziert sie sogar.

Das neue Routing-Konzept

Ein Routingkonzept dieser Art habe ich noch in keiner anderen App gesehen. Kurz gesagt, ihr könnt jeden Routenabschnitt zwischen zwei Punkten nach diversen Kriterien automatisch berechnen lassen. Dabei spielen das gewählte Fahrzeug und dessen Antrieb (2×4, 4×4, usw.), seine Dimensionen (inkl. Bodenfreiheit) und eines von vier möglichen Abenteuerprofilen eine Rolle. Diese Profile definieren wie die Strecke möglichst gestaltet werden soll. Beispielsweise mit vielen Kurven und Bergen oder eher weniger davon. Anhand der Daten in den Karten kann das Garmin Tread Overlander Edition dann eine Route festlegen. Zusätzlich können Offroad-Trails eingeblendet werden, über die allerdings nicht automatisch geroutet wird.

Wer dann doch alles vollständig manuell planen möchte, kann jederzeit auf die Luftlinien-Funktion umschalten. Wie gesagt, dass kann für jeden einzelnen Routenabschnitt oder die ganze Route frei entschieden werden. Auf die Art ist es einfach per normaler Straßennavigation ins Zielgebiet zu kommen und danach entspannt den Routenvorschlägen zu folgen oder das Ganze in die eigene Hand zu nehmen.

Die Kriterien für die Route

Zuerst stellt ihr euch ein Fahrzeugprofil zusammen. Davon kann es mehrere geben, um schnell umschalten zu können oder um das Gerät in mehreren Fahrzeuge ohne großes Umkonfigurieren direkt zum Einsatz zu bringen. Zu den Kriterien gehören die Antriebsart, beispielsweise Zwei- oder Allradantrieb, Bodenfreiheit, Breite und ob das Fahrzeug Straßen, Autobahnen und Gelände fahren kann.

Stellt euch eure Fahrzeugprofile zusammen.
Stellt euch eure Fahrzeugprofile zusammen.

Dem Fahrzeug kann aus vier Adventure-Stufen eine zugeordnet werden, wobei diese auch während der Navigation neu gewählt werden kann. Die Auswahl ist zunächst nur der Standard für das Fahrzeugprofil. Anhand all dieser Angaben wird dann die Route berechnet. Stufe 1 entspricht der normalen Straßennavigation, Stufe 4 macht eine Strecke mit möglichst vielen Kurven und unbefestigte Straßen daraus. Immer vorausgesetzt, diese Pisten gibt es.

Planungsbeispiel

In den folgenden vier Bildern seht ihr, was das Garmin für Strecken zwischen den gleichen Punkten wählt, je nach Modus. Das erste Bild zeigt die normale Straßenroute, dann kommt die Luftlinie, dann einmal die Route Adventure Level 1, zuletzt Level 4.

Wer dann eine unbefestigte Offroad-Strecke sucht, muss diese auf der Karte anzeigen lassen und kann sich dann manuell über die gefundenen Strecken bewegen. Die Klassifizierung der Offroad-Strecke dürfte aus den Beschaffenheitsdaten von OpenStreetMap kommen, sofern diese dort hinterlegt wurden.

Offroad-Trails können angezegt werden. Dann gibt es auch Infos zur Beschaffenheit.
Offroad-Trails können angezegt werden. Dann gibt es auch Infos zur Beschaffenheit.

Karten

Auch was die Karten anging, hatte das Garmin Overlander für Verwirrung gesorgt. Es wurde mit OSM- und Satellitenkarten beworben, aber es war nicht offensichtlich, dass OSM-Karten verwendet werden und die Satellitenkarten gibt es nur für die USA.

Das ist jetzt anders. Es sind verschiedene topografische Karten vorinstalliert. Auf unserem Gerät waren es Europa, Afrika und der Mittlere Osten. Andere Regionen sind nur mit großen Verkehrswegen vertreten und ohne weitere Details. Satellitenkarten können jederzeit um gewählte Punkte herum unter Angabe der Seitenlängen (z.B. 100 km x 100 km) in drei Detailgraden herunter geladen werden. Das hätte in der Tat noch etwas besser gelöst werden können, denn um Tracks herum können beispielsweise keine Satellitenkarten herunter geladen werden.

Suchfunktionen und Datenquellen

Eine leistungsfähige Suchfunktion ist sehr hilfreich. Über das Overlander besteht der Zugriff auf einige der einschlägigen Apps und Datenbestände für Overlander und Camper. Dazu zählen Trip Advisor, ACSI, iOverlander und andere. Über diese Zusatzapps lassen sich zahlreiche unterschiedliche POIs (Point of Interest) und Stellplätze finden.

Eine Auswahl an Suchquellen.
Eine Auswahl an Suchquellen.

Während das Overlander nicht in der Lage ist, beispielsweise einen kleinen spanischen Ort zu finden, ist das jetzt kein Problem mehr. Die Daten liegen auf dem Gerät vor, so dass zur Suche keine Internetverbindung benötigtr wird, höchstens für Updates.

Sonderfunktionen (auch für Hundefreunde)

Selbst an Freunde des Hundes, so wie wir auch, wurde gedacht. Mit dem entsprechenden Sensor ausgestattet kann mit dem Garmin Tread Overland Edition der Hund nicht nur geortet, sondern auch seine aktuelle Haltung (sitzend, laufend, usw.) erfasst werden. Das ist vielleicht auch nur ein kleines nettes Gimmick, aber es sei hier erwähnt.

Etwas häufiger mag die Group Ride Funktion genutzt werden. Dabei können sich Nutzer des Garmin Tread als Gruppe zusammentun, kommunizieren und die jeweiligen Positionen der anderen Gruppenmitglieder sehen.

Gerade wenn das Garmin Tread Overland Edition außerhalb des Fahrzeugs genutzt wird, helfen die Funktionen Kompass und Barometer. Dazu hat das gerät interne Sensoren, die sich automatisch kalibrieren. Der Kompass schaltet zwischen einem GPS-basierten und dem eingebauten Kompass automatisch um, abhängig davon ob das Gerät am Halter befestigt ist oder nicht.

Für Aktivitäten außerhalb des Fahrzeugs hilfreich.
Für Aktivitäten außerhalb des Fahrzeugs hilfreich.

Daten Import- und Export

Das Garmin Tread Overlander kann mit der Partner-App „Tread“ mit jedem Smartphone gekoppelt werden. Habt ihr in einer anderen Navigations-App Wegpunkte, Routen oder Tracks, könnt ihr diese per Sharing-Funktion an die Garmin Tread-App übergeben, die die Daten dann per Bluetooth auf das Tread Overlander überspielt. Ein Track kann in der Tread-App auch in eine Route verwandelt werden. Der Unterschied ist der, dass einer Route pr Turn-by-Turn Navigation gefolgt werden kann, einem Track nur optisch auf der Karte.

Die zweite Möglichkeit ist der Austausch über eine Speicherkarte. Selbstverständlich ist bei bestehender Internetverbindung auch weiterhin die Synchronisation mit dem eigenen Explore-Cloudspeicher bei Garmin möglich. Über einen Browser könnt ihr im Web dann auf einer Karte planen, Daten importieren oder exportieren und diese Daten mit den registrierten Garmin-Geräten synchronisieren.

So hat Garmin nun das Tread Overlander aus der Isolation geholt, unter der das Garmin Overlander etwas gelitten hat, ohne die Integrität des Gerätes zu gefährden. Nicht ungeschickt, denn nach wie vor ist keine Google Play Store App vorhanden, die das Gerät für alle möglichen Apps öffnen würde, auch für schadhafte oder zweifelhafte Apps.

Satellitenkommunikation

Im Garmin Tread Overland Edition ist ein komplettes inReach-Notfallsystem integriert. Damit könnt ihr SMS-Nachrichten schicken und empfangen und eine Notfallrettung initiieren. Der SOS-Knopf ist gut geschützt und dennoch leicht erreichbar an der Außenseite des Gerätes hinter einer Klappe untergebracht. Drückt ihr im Notfall diesen Knopf, geht eine Hilfsnachricht an das Garmin Rettungszentrum. Dort wird geeignete Hilfe initiiert. Das Gerät bleibt dann auch mit den Rettungskräften in Verbindung. Dazu ist natürlich ein entsprechender Satelliten-Vertrag von Garmin nötig, den ihr vor der Reise abschließen solltet.

Sensoren

Neben den heute üblichen zwei Satellitennavigationssystemen (GPS und Galileo) besitzt das Garmin Tread Overland auch ein Barometer und einen Kompass. Es kann mit der Garmin BC50 Rückfahrkamera und dem Garmin Power Switch gekoppelt werden. Eine eigene Kamera besitzt es nicht, ich vermisse sie aber auch nicht.

Fazit

Endlich! Garmin hat zugehört und gegenüber dem Garmin Overlander einen großen Schritt gemacht, wenn es um die Navigation auf unbefestigten Wegen geht. Bisher klaffte eine Lücke zwischen der vollautomatischen Turn-by-Turn-Navigation, so wie es jedes handelsübliche Navigationsgerät kann und dem manuellen Modus, bei dem der Navigator alles alleine und manuell planen muss.

Mit der Möglichkeit der Adventure Level und der Fahrzeugprofile in Kombination mit der Routingauswahl zwischen jedem Punkt, könnt ihr die gesamte Bandbreite wählen: Von der vollautomatischen bis zur vollständig manuellen Planung, egal ob befestigte oder unbefestigte Wege ist nun alles möglich.

Jetzt bleibt noch die Frage, woher kennt Garmin den Zustand der Wege um tatsächlich die passenden Wege für Euch zu finden? Mutmaßlich werden diese aus dem Datenbestand von OpenStreetMap gezogen, die genau solche Daten beinhalten können. Können! Es hängt halt davon ab, ob die fleißige Datensammler-Community diese Daten auch erfasst und hinterlegt. Solltet ihr mit dem automatisch gefunden Adventure-Weg nicht zufrieden sein, könnt ihr ja immer noch den manuellen Modus wählen.

Insofern überzeugt mich das Garmin Tread Overland. Alles ist nun von einer App erreichbar und es gibt viele integrierte Datenquellen. Der Import von Daten wurde auch verbessert und die Satellitenkarten stehen nun auch für Regionen außerhalb der USA bereit.

Ganz kritikfrei ist es jedoch nicht, da selbst ich immer wieder mit den scheinbar zahlreichen Möglichkeiten und Verschachtelungen der einzelnen Funktionen innerhalb der Navigations-App zu kämpfen hatte. Die Bedienung zu erlernen erfordert ein bisschen Mühe. Hier wäre manchmal weniger mehr gewesen. Die Funktion der einzelnen Abbrechen- und Zurückknöpfe kann verwirren und all zu oft landete ich wieder am Ausgangspunkt. Auch die Suche kann noch verbessert werden. Wenn beispielsweise am gesuchten Ort ein Campingplatz ist, wird er nicht als solcher angezeigt, wenn der Ortsnamen nicht auch im Namen des Campingplatzes vorkommt. Auch auf der Karte wird er nicht ausgewiesen. Hier wäre eine POI-Umkreissuche hilfreicher als die jetzt benutzte Textsuche.

Ansonsten finde ich die geschnürten Pakete Tread Base, Tread Overland Edition und Tread XL Overland Edition stimmig und gut. Das integrierte inReach rundet die Overland Editions ab. Wer es nicht benötigt greift auf das Garmin Tread zurück.