Die Overlander-Szene ist sehr vielfältig. Das macht sie unter anderem so interessant. Vielfältig ist auch die Auswahl der möglichen Fahrzeuge. Sehen wir zwar häufig die Klassiker wie Landys, Buschtaxis und G-Klassen, Allradbusse und -Kastenwägen oder die verschiedenen Pick-ups in der Offroadreiseszene, so gibt es doch rechts und links davon eine Menge interessanter Fahrzeuge. Ein solches stellen wir euch heute mit diesem Jeep Liberty KJ samt Anhänger vor.
Der Jeep Liberty, oder hier zu Lande auch als Jeep Cherokee bekannt, ist ein Exemplar, was uns in der Reiseszene eher selten begegnet. Das macht es nicht weniger interessant. Schauen wir uns daher heute den Jeep Liberty KJ samt Overlanding-Trailer von Robert Keim einmal genauer an.
Wir treffen Frederique und Robert nahe der Niederländisch-Belgischen Grenze. Von hier aus, werden wir eine kleine Tour auf den Spuren der Geschichte des 2. Weltkrieges unternehmen und unterwegs genug Zeit haben uns das tolle Gespann anzusehen.
Beim ersten Hinsehen fällt sofort die auffällig unauffällige Lackierung ins Auge. Ein selbstkreiertes Design in Anlehnung an Urban bzw. Marine Camouflage. Und dennoch ist die Farbgebung noch ausreichend zivil, um damit unbehelligt in nahen und fernen Ländern unterwegs zu sein.
Auch sonst hat Robert einiges selbst gebaut und umgebaut an diesem Fahrzeug
Das hat drei Gründe: Zum einen gibt es für diesen Jeep kaum Reisezubehör und zum anderen ist der Besitzer dieses interessanten Fahrzeuggespanns handwerklich begabt und entwickelt gerne sein eigenes Zubehör. Das war schon bei seinen früheren Fahrzeugen, etwa einem VW Bus T3 oder einem Offroadbuggy der Fall.
Individuell und einzigartig soll es sein! Doch hier wird nicht Individualisiert um des Individualisierens Willen. Denn der dritte und wesentliche Punkt ist, dass Robert gesundheitlich beeinträchtigt ist. Doch statt Zweifel zu haben und sich zu fragen, „Was kann ich nicht?“, fragt Robert sich lieber „Was kann ich?“. So hat er hier ein Fahrzeugkonzept umgesetzt, mit dem er – trotz gesundheitlicher Einschränkungen – auf kleine und große Reisen gehen kann.
Interessante DIY-Lösungen am Jeep Liberty KJ
Wie an seinen früheren Fahrzeugen, hat er also auch an seinem Jeep Liberty KJ zahlreiche interessante Lösungen gebaut. Das beginnt schon beim massiven Windenträger, der eine Dragon Winch mit 4,5 Tonnen Zugkraft beherbergt. Da hier nicht nur auf Individualismus, sondern auch Sicherheit wert gelegt wurde, musste der Standardwindenhaken einem hochwertigen Ersatz von Factor 55 weichen.
Für dieses Fahrzeug gibt es keinen Dachträger am Markt, der den Ansprüchen des Besitzers dieses Libertys genügt. Also zog sich Robert mal wieder in seine Werkstatt zurück, entwarf und baute in stundenlanger Arbeit einen ultraflachen Dachträger. Dieser beherbergt neben den Bergeboards, einer Schaufel und anderem Equipment, auch eine Lightbar. Denn Licht kann man ja bekanntlich nie genug haben. Ein großer Teil der Beleuchtung am Gespann ist in ausfallsicherer LED-Technik ausgeführt.
Der absolute Clou ist das Schubladensystem im Heck. Hier findet alles einen geordneten Platz und der unterste Auszug kann auch noch als Campingtisch verwendet werden. Natürlich alles selbstgebaut!
Zur Kommunikation bei Kolonnenfahrt kommen wahlweise CB- oder PMR-Funk zum Einsatz. Navigiert wird mittels 10 Zoll Tablet und der bekannten Navigationssoftware Locus Map. Auch sonst ist das Cockpit interessant. Denn hier hat Robert zahlreiche Ablagen selbst gebaut. Nämlich mit dem 3D-Drucker in der heimischen Garage!
Als Bereifung sind All Terrain Reifen montiert und der Jeep Liberty KJ hat einen 2 Zoll Lift erhalten. Das schaut stimmig aus und zum Reisen ist mehr auch nicht notwendig.
Last but not least, hat der Besitzer noch eine Deltabags Tasche am Heck befestigt. Diese ist vorgesehen für Abfall, der unterwegs – nach dem Motto „Leave it better than you found it!“ – eingesammelt wird.
Bulliges und durstiges Triebwerk
Unter der Haube werkelt ein bulliger V6 Motor mit satten 3,7 Litern Hubraum. Dieser lässt jedes Geländewagenfahrer-Herz höherschlagen, erfordert jedoch zusätzliche Kraftstoffkapazitäten für die Langstrecke. Auch dafür hat sein Besitzer eine Selbstbaulösung parat. Und so hält der massive Träger am Heck nicht nur das Reserverad an seinem Platz, sondern auch einen Ersatzkanister.
Gibt es am Fahrzeug etwas zu schrauben oder muss es repariert werden, dann wird der Jeep auf ein paar Rampen gestellt. Auch diese sind – wie soll es anders sein – Marke Eigenbau!
Als Schlafraum unterwegs dient ein ebenso interessanter Overlanding-Trailer
Und wo wird übernachten? Nicht im Dachzelt, wie man zunächst vermuten könnte. Nein, auch hier hat Robert seine eigenen Ideen umgesetzt und zwar so, dass er damit zurechtkommt.
Die Basis des Trailers bildet ein AL-KO Chassis, gebremst und mit stabiler 1,5 Tonnen Achse. Die Räder können mit einem kleinen Trick in Form einer Adapterplatte an Trailer und Zugfahrzeug verwendet werden. Das schafft eine gewisse Ausfallsicherheit auf Reisen.
Der Aufbau, welcher in Zusammenarbeit mit der Firma Dutch Campers gemeinsam realisiert wurde, besteht aus 30mm dicken Sandwichplatten. Diese Konstruktion bietet eine ausreichende Stabilität und Isolierung zugleich. So ist eine Heizung nicht erforderlich. Selbst bei kühleren Temperaturen lässt es sich mit zwei Personen und Hund im Trailer gut aushalten.
Ein Detail, was ich vorher noch nicht an Anhängern dieser Größe gesehen habe, ist eine richtige Tür. Ausgeführt ähnlich wie bei einem Wohnwagen. Bestimmt fragt ihr euch jetzt, warum diese auf der linken Seite positioniert ist. Nun, das hat damit zu tun, dass Robert aufgrund seiner Gesundheit öfter mal eine Verschnaufpause benötigt. Darum stand ganz oben im Lastenheft: Aussteigen, wenige Meter nach hinten laufen, schlafen legen. So einfach ist das.
Bewusst verzichtet wurde auf Seitenfenster und Dachluken, da diese im Gelände beschädigt oder für Undichtigkeiten sorgen können. Auf ein Fenster nach vorn wollte Robert jedoch nicht verzichten, um aus dem Anhänger heraus, dass Zugfahrzeug sehen zu können. Die Belüftung erfolgt über Zwangsbelüftungen und eine Aufstellmöglichkeit der großen Heckklappe.
Diese Box wurde in Eigenregie ausgebaut und der Trailer durch zahlreiche, praktische Lösungen erweitert. Natürlich hat er das gleiche Design mit Strukturlack wie das Zugfahrzeug erhalten! Wo? Genauso wie das Auto in der Hofeinfahrt, wie es sich für einen echten Hobbyschrauber gehört!
Viele interessante Lösungen und Details auch hier
Wir bewegen uns weiter auf kleinsten Wegen. Was hier sofort ins Auge fällt ist, dass der Anhänger in den wichtigsten Punkten den Abmessungen des Jeep Liberty KJ entspricht. So sind auch diese schmalen, schönen Strecken kein Hindernis.
Wird es einmal eng und es geht nicht weiter, so kann der Anhänger nach dem Abkuppeln sehr leicht gewendet werden. Im Gelände können zur Erleichterung Bleche, die vorne am Trailer befestigt sind, einfach unter das Stützrad gelegt werden. Und wird es ganz knifflig oder reicht die Kraft für ein Drehen von Hand nicht aus – keine Panik, denn dann kommt die unterflur montierte Winde zum Einsatz!
Und wer weiß, vielleicht bekommt der Jeep ja auch irgendwann zusätzlich noch eine Heckwinde. Konstruktion der Halterung dann selbstverständlich Marke Eigenbau!
Möglichst autark soll der Trailer sein
Abends im Camp angekommen, zeigt dieser Overlanding-Trailer seine Qualitäten als Basiscamp. Der Trailer ist völlig autark und unabhängig vom Zugfahrzeug. Die Bordbatterie, welche Kühlbox, Innenbeleuchtung und diverse Steckdosen versorgt, wird ausschließlich von einer Solarzelle auf dem Dach gespeist. Eine sogenannte Insellösung.
Der Innenraum bietet eine einfache Schlafmöglichkeit für zwei Personen, enorm viel Stauraum und nimmt die Kühlbox auf. Im Heck befindet sich noch eine praktische Küche, die von außen zugänglich ist. Denn das Leben findet draußen stat. Zum Schutz vor Witterungseinflüssen, kommt die 270Grad Markise zum Einsatz.
Der Anhänger wiegt reisefertig etwa eine Tonne. Bei den wesentlichen Installationen wurde auf eine schwerpunktgünstige und gleichmäßige Anordnung geachtet. Die Reservekanister, mit zusätzlichen Kapazitäten für den Jeep, welche für den Bedarfsfall auf Reisen vorne auf der Deichsel untergebracht sind, sorgen für zusätzliche Stützlast. Schon ordentliche 140kg sind in diesen Fall maximal zugelassen.
Auch die Reparierbarkeit unterwegs hat Robert in das Lastenheft geschrieben
Beim Bau des Anhängers hat Robert bewusst auf einfache Konstruktionen mit hoher Reparaturfreundlichkeit bzw. Einfachheit wert gelegt. So kommt das Trink- und Brauchwasser mittels Handpumpe aus Kanistern. Eine Warmwasserversorgung hat er nicht eingebaut. Auch sonst hat Robert, robusten und auch unterwegs einfach zu reparierenden Konstruktionen aus Stahl und Standardschrauben den Vorzug gegenüber komplizierten Individuallösungen gegeben.
Ein erprobtes Gespann aus Jeep Liberty KJ und individuellem Overlanding-Trailer
Seine Stabilität und Offroadeigenschaften durfte der Trailer schon so manches Mal unter Beweis stellen. So führten mehrere Reisen nach Marokko und Spanien. Und ebenso in der näheren Umgebung stehen immer wieder tolle Greenlaning-Touren auf dem Programm.
Und auch auf dieser Tour hat das Gespann bewiesen, was es kann. Selbst als es nach ein paar Gewitterschauern schlammig wird, zuckelt der Trailer weiter unbeeindruckt hinter dem Zugfahrzeug her.
Wir sehen hier ein durchdachtes und wirklich interessantes Fahrzeuggespann aus Jeep Liberty KJ und Anhänger, welches sich prima zum Reisen eignet. Das Gespann kann mit vielen Details und Selbstbaulösungen überzeugen. Der Overlanding-Trailer eignet sich als Basiscamp und ist tourentauglich zugleich. Es ist toll zu sehen, was hier umgesetzt wurde. Und das weitgehend in Eigenregie in der heimischen Garage.
Noch schöner ist es zu sehen, dass jemand mit gesundheitlichen Einschränkungen sich nicht entmutigen lässt und zeigt, wie es trotzdem gehen kann. Klasse! Dies ist vielleicht auch eine schöne Ermutigung für Menschen in ähnlichen Situationen.
Übrigens, Roberts neuesten Anschaffungen bestehen aus einem 3D-Drucker und einer CNC-Fräse. So ist sichergestellt, dass wir auch in Zukunft sicher auf viele neue DIY-Lösungen gespannt sein dürfen. Viel Spaß auf vielen weiteren Reisen und Touren mit diesem tollen Gespann!
Wenn ihr mehr über Roberts Touren, Reisen und DIY-Lösungen erfahren möchtet, dann schaut euch auf seiner Webseite oder seinem Instagram Account um!
Seid ihr auch gerne mit einem Offroadanhänger unterwegs oder spielt mit diesem Gedanken? Dann schaut euch mal unseren Artikel zum sicheren Fahren mit dem Anhänger an.
© Fotos: Robert Keim und Björn Eldracher