Der Lada Niva ist ein echtes Urgestein unter den Geländewagen. Er gilt als einfach und robust. Trotz seiner – besonders bei der weit verbreiteten Version als 3-Türer – geringen Größe, ist er gerade in den letzten Jahren auch als Reisefahrzeug immer beliebter geworden. Der Lada Niva ist eben ein Auto mit Charakter und er ist aus der Reise- und Offroadszene nicht mehr wegzudenken. Und so haben wir uns auch bei diesem Fahrzeug angeschaut, welches Werkzeug ihr für den Lada Niva unterwegs dabeihaben solltet.
In diesem Ratgeberartikel geht es speziell um den Lada Niva. Darüber hinaus gibt es natürlich noch eine ganze Reihe Werkzeug und Material, bei dem die Mitnahme auf Reisen unabhängig von Marke und Typ sinnvoll ist. Seht euch dazu unseren allgemeinen Artikel zu sinnvollem Werkzeug auf Reisen an.
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Der Lada Niva
Der Lada Niva wurde in den 1970er Jahren auf Basis eines PKW als Geländefahrzeug für ländliche Gebiete entwickelt. Russlandreisenden begegnet dieser klassische Geländewagen fast alltäglich. Der Niva stammt zwar ursprünglich aus der UdSSR, doch wurde er auch in anderen Regionen, wie beispielsweise Europa und Südamerika, schnell zu einem beliebten Geländefahrzeug und auch in Deutschland erfreut sich insbesondere das dreitürige Basismodell großer Beliebtheit unter den Geländewagenfreunden. Neben dem 3-Türer gibt es auch verschiedene andere Karosserieformen, wie beispielsweise der lange 5-Türer, Pickups oder gar Sonderumbauten zum Cabrio.
Der Niva wurde im Laufe seiner Produktion immer wieder weiterentwickelt. Später erhielt der Wagen die Typbezeichnung 4×4 (in Deutschland Taiga seit Mitte 2013). Auch moderne Version gibt es, wie beispielsweise den Chevrolet Niva oder dessen aktuelle Weiterentwicklung Lada Niva Travel. Wir wollen uns in diesem Artikel auf den weitverbreiteten, klassischen Lada Niva, also auf das Modell mit dem bekannten 1,7 Liter Benzinmotor ab Baujahr 2000 (ab Euro 3) beschränken.
Das Bordwerkzeug im Wandel der Zeit
Bis ca. 1999 hat das Werk im russischen Toljatti den Niva mit einem reichhaltigen Bordwerkzeug ausgestattet. Diverse Schraubenschlüssel, Werkzeug zum Einstellen der Ventile, ja sogar eine Luftpumpe und noch viel mehr waren bei Auslieferung an Bord zu finden. Neuere Fahrzeuge sind da mit einem Radmutternschlüssel und Wagenheber eher spärlich bestückt. Der serienmäßige Radmutternschlüssel misst lediglich 25cm und trotz des geringen Anzugdrehmoments der Radmuttern, lassen sich diese damit oft nicht lösen. Hier sollte auf jeden Fall für hochwertigen Ersatz gesorgt werden. Ebenso gehört der serienmäßige Wagenheber eher zu der Kategorie Wackelkandidat und sollte ausgetauscht werden.
Der Lada Niva ist sehr einfach gehalten. Mit einem gut bestückten Standardwerkzeugkasten lässt sich an diesem Fahrzeug schon sehr viel ausrichten und die einzelnen Baugruppen demontieren und montieren. Dazu Improvisationsmaterial, welches wir im allgemeinen Teil ausführlich beschrieben haben, und ihr seid schon gut gerüstet. Darüber hinaus haben wir noch mehrere Praxistipps für euch.
Zusätzliches Werkzeug für den Lada Niva
Gerade bei längeren Touren, lohnt die Mitnahme von diversen ½ Zoll Verlängerungen und eines Winkelstücks, da nur so die oberen Schrauben des Getriebes gut erreichbar sind. Zudem solltet ihr einen (modifizierten) 17er Ringschlüssel dabeihaben. Dieser kann gute Dienste bei der Demontage der hinteren Steckwellen/ Mitnehmer – etwa im Falle eines Abscherens einer Steckwelle – leisten. Der Ring muss dabei recht schmal sein, damit ihr den Schlüssel auf die vergleichsweise eng zum Achskörper liegenden Muttern (die Bolzen gehen von außen durch den Achsflansch/ die Bremsankerplatte) gesteckt bekommt.
Ein Maulschlüssel kann an der Stelle zum Abrutschen neigen. Probiert dies am besten vor einer Tour daheim aus und besorgt euch ein passendes Werkzeug. Einige Niva-Fans behelfen sich auch mit dem Modifizieren des Rings.
Doch auch mit dem passenden Schlüssel, bleibt dem Niva Fahrer unterwegs (im Falle einer defekte Steckwelle) der Weg in eine Werkstatt meist nicht erspart. Denn ohne Ziehhammer sind die Steckwellen an der Hinterachse häufig nicht zu bewegen. Das Mitnehmen eines solchen Werkzeugs – für den Fall der Fälle – erscheint nicht sinnvoll. Kommt doch mit einem gut sortieren Bordwerkzeugkasten schon einiges an Gewicht auf die Waage. Bedenkt bitte, dass auch durch die Belastung durch hohes Gewicht – und sei es durch Werkzeug und Ersatzteile – zu Schäden unterwegs führen kann. Eine gute Werkzeugausstattung bringt leicht 50 kg auf die Waage.
Zudem kann ein stabiler Abzieher – etwa für die Spurstangenköpfe – unterwegs gute Dienste erweisen. Nachdem bei Lada-Fan Michael Abe, der uns bei diesem Artikel unterstützt hat, ein teures Markenwerkzeug die Segel strich, entdeckte er in Russland ein sehr einfaches und robustes Exemplar, welches seitdem seinen Platz im Bordwerkzeug hat.
Empfehlenswerte Verbesserungen gegenüber der serienmäßigen Ausführung
Ein Schwachpunkt, welcher früher oder später jeden Niva im Geländeeinsatz erreicht, sind die Radlager. Diese sind etwas schwach dimensioniert. Dies insbesondere, wenn das Fahrzeug auf Reisen oder im Gelände schwerer belastet wird. Für Abhilfe sorgen hier Umbauten auf andere, deutlich stabilere Radlager. So gibt es verschiedene Umrüstsätze am Markt, etwa auf Radlager von Iveco oder Mazda 6, die stärker dimensioniert sind und außerdem das leidige und viel zu oft vernachlässigte regelmäßige Einstellen der Radlager entfallen lassen.
Wer öfter durch tiefes, schlammiges Wasser fährt, sollte über eine Höherlegung der Lichtmaschine nachdenken. Zum einen schützt ihr damit die Lichtmaschine recht zuverlässig gegen Schmutz und Schlamm, welche oft tödlich für die Lichtmaschine sind. Zum anderen verhindert ihr damit den „Kühlwassertod“ der Diodenplatte. Denn bei vielen Niva tropft es trotz korrekt angezogener Schlauchschellen vom Thermostat direkt in die Lichtmaschine. Für diesen Umbau werden in Deutschland zwei brauchbare Versionen angeboten Die eine wird von Wjatschelaw (Doc) Beier aus Russland importiert, nachbearbeitet und verkauft. Diese Variante birgt leider den Nachteil, dass kein Reserverad mehr am originalen Platz mitgeführt werden kann. Die andere Version ist eine Eigenentwicklung von Andreas Korbach/ Beddong Special Parts. Bei dieser Version kann das Reserverad an seinem angestammten Platz verbleiben.
Weitere größere Verbesserungen und Umbaumaßnahmen sind am Lada Niva nicht zwingend erforderlich. Wer dennoch gerne Bastelt und Tüftelt, dem sind auch bei diesem Fahrzeug natürlich keine Grenzen gesetzt. So wird teilweise sogar bei den Motoren neuerer Niva mit Simplexsteuerkette, Hydrostößeln und hydraulischem Kettenspanner, auf die frühere – als robuster geltende – Ventilsteuerung mit Duplexsteuerkette, einstellbaren Ventilstößeln und automatischem, mechanischen Kettenspanner umgebaut. Solche Umbauten sind natürlich spannend und sicherlich hilfreich, wenn sie fachmännisch ausgeführt werden. Beachtet jedoch gerade bei einem Reisefahrzeug, dass es schwierig werden kann unterwegs Ersatzteile und Hilfe zu bekommen, je weiter ihr euch von der Serie entfernt.
Sinnvolle Ersatzteile und Verbrauchsmaterialien für die Reise
Oft sind es die einfachen Dinge, die auf einer Reise kaputtgehen oder als Ersatzteile benötigt werden. Zur empfehlenswerten Grundausstattung im Lada Niva gehören:
- Betriebsflüssigkeiten zum Nachfüllen
- Sicherungen: Torpedosicherungen 8 und 16A und Flachsteck-Sicherungen 15 und 30A für die Einspritzanlage
- Ersatzglühlampen: H4 Ersatzlampenbox + eine Lampe für das Tagfahrlicht/ Standlicht mit BAZ15d Sockel
- Luft- und Ölfilter
- Kraftstofffilter (eher unauffällig, Mitnahme empfiehlt sich für längere Touren)
- Keilriemen
- Riemenscheibe für die Wasserpumpe, da diese gerne mal kaputt geht
- Zündkerzen
- Kurbelwellensensor (der Niva steht, wenn dieser ausfällt)
- OBD2 Auslesegerät (eine günstige Version, die den Niva auslesen kann, reicht für unterwegs)
- Bei Lada Niva nach 2003 solltet ihr den passenden Schrumpfring für das hintere Radlager dabeihaben. Dieser ist nach dem Ausbau nicht wiederverwendbar. Am besten ist es, die ABS Version mitzunehmen, denn die kann an allen Niva von 2003 bis heute montiert werden. Die Radlager selbst haben sich nicht geändert und sind im Set mit dem Schrumpfring bis Baujahr 2003 von vielen großen europäischen Herstellern lieferbar.
Hinweis: Bei den Keilriemen ist es wichtig zu wissen, dass bis zum Baujahr 2012 beide Keilriemen identisch waren (Teilenummer: AVX10x940), sodass es für die meisten Fälle ausreichend ist, einen mitzunehmen. Später sind die Keilriemen unterschiedlich (Teilenummer: AVX10x940 /AVX10x838) und sollten beide an Bord sein. Schaut dies am besten direkt an eurem Fahrzeug nach.
Weiteres allgemeines Werkzeug, Ersatzteile bzw. Improvisationsmaterial, findet ihr wie immer im allgemeinen Teil dieser Artikelreihe.
Wartungsempfehlungen
Wartung, Wartung und nochmal Wartung. Bevor ihr auf eine Tour geht, ist es nicht nur wichtig das richtige Werkzeug für den Lada Niva einzupacken. Vor dem Start ist wichtig, dass euer Fahrzeug optimal vorbereitet ist. Das gilt auch für den robusten Lada Niva. Sofern ihr eine Werkstatt dafür aufsucht, ist es wichtig, dass sie sich wirklich mit dem Lada und seinen Eigenarten auskennt. Zu oft wird gesagt „Naja, das ist ein Lada, das muss klappern“ oder so ähnlich. Nein, das Fahrzeug muss einwandfrei gewartet und funktionstüchtig sein, bevor es auf Tour geht.
Beim Schaltgetriebe gibt es so eine Eigenart des Niva zu beachten. Die Einfüllschraube und deren Position blieb ab dem früheren 4-Gang Getriebe unverändert, sodass nach wie vor nur eine Füllmenge von 1,35 Litern möglich ist. Darunter leidet oftmals der 5. Gang. Viele Niva Fans behelfen sich mit einer Überfüllung des Schaltgetriebes, indem sie die Mittelkonsole und die Schaltkulisse ausbauen und das Getriebe so von oben befüllen. Dabei wurden schon häufiger die Befestigungsschrauben der Schaltkulisse und des Schaltgestänges verwechselt. Ein größerer Arbeitsaufwand beim Zusammenbau des Gestänges ist dann die Folge. Einfacher geht es es mit dem Getriebe-Befüllrohr von Beddong Special Parts. Dieses Befüllrohr enthält auch gleich einen praktischen Ölpeilstab.
Das Tauschintervall der Differential- und Getriebeöle sollte auf 20.000km verkürzt werden.
Optimal gewartet, steht einer tollen Tour mit dem Lada Niva nichts entgegen. Auch längere Reisen sind kein Problem mit diesem Fahrzeug, wie viele Niva Piloten schon bewiesen haben.
Vielen Dank
Bei diesem Artikel zu sinnvollem Werkzeug für den Lada Niva hat uns Michael Abe beraten. Vielen Dank für die netten und interessanten Gespräche rund um das Offroad-Urgestein Niva und Danke für die tolle Unterstützung. Micha fährt seit 1999 Lada und derzeit sogar einen – der nicht nur in Deutschland sehr seltenen – Lada Niva Pickups. Wartung und Umbauten an seinen Lada erledigt er stets in Eigenregie und kennt sich bestens mit der Technik der Fahrzeuge aus. Wenn ihr mehr über Micha, seine Lada und die Reisen und Touren damit erfahren möchtet, dann schaut doch mal rein auf seinem Youtube Kanal oder Instagram.
Micha ist auch Mitglied der LADA NIVA Deutschland IG e.V. Über diese Gemeinschaft der Offroad- und Reiseszene haben wir auf Matsch&Piste schon berichtet.
© Fotos: Michael Abe und Thomas Höchenberger