Loading…

Unterwegs zwischen Okzident und Orient

Teil 1: Vom Balkan bis zum Bosporus

Die letzte Serpentinenkurve und da liegt sie vor mir, eine wunderbare Berglandschaft. Unterwegs auf der Transalpina stoppe ich den Landy, steige aus, laufe ein Stück und genieße den Ausblick, die frische Bergluft, die Stille. Vor etwa drei Monaten bin ich gestartet und in wenigen Tagen werde ich zurückkehren von einer großartigen Reise zwischen Okzident und Orient mit tollen Erlebnissen, interessanten Begegnungen und einzigartigen Landschaften.

Die letzte längere Reise liegt schon eine Weile zurück und so keimte der Gedanke auf, mal wieder für ein paar Monate auf Tour zu gehen. Drei Monate unterwegs zu sein, das hatte ich mir etwa als Zeitrahmen gesetzt. Was könnte ich gut in der Zeit schaffen, welche Ziele sind lohnenswert? Nun, auf dem Balkan hat es mir immer gut gefallen. Der Kaukasus ist ebenso stets ein tolles Reiseziel. Die Türkei ist groß und hat uns Reisenden unfassbar viel zu bieten.

Warum also nicht alles drei einmal miteinander verbinden? Schon sind einige Landkarten vor mir ausgebreitet. Ich recherchiere spannende Ziele und Strecken in den verschiedenen Regionen und schnell ergibt sich eine ungefähre Route, Okzident und Orient verbindend. Eine genaue Strecke plane ich dennoch nicht, möchte ich doch unterwegs flexibel sein, mich treiben lassen, dort verweilen wo es schön ist und gefällt.

Wir haben Mitte Juli

Seit Tagen liegt wunderschönes Sommerwetter über Europa, die Temperaturen klettern mancherorts auf dreißig Grad und mehr. Perfektes Reisewetter. Der Landy ist gepackt und durchgecheckt. Ich wechsele noch die Öle, schließe eine Langzeitauslandsreisekrankenversicherung ab und bin abfahrbereit.

Gleich zu Beginn steht eine der spannendsten Regionen Europas an. Dies mit der Überschreitung der Alpen, weiter geht es durch Länder der zentralen Balkanhalbinsel. Also viel Natur, Kultur, Geschichte und interessante Plätze. Bis nach Griechenland. Weiter entlang der Schwarzmeerregion durch die Türkei immer ostwärts in den Kaukasus. Georgien und Armenien. Sodann durch die südliche, südöstliche und mittlere Türkei nach Griechenland, über den Ostbalkan zurück.

Zahlreiche Ecken dieser Route habe ich in den vergangenen Jahren bereits mehrfach bereist. Ich möchte auf dieser Reise gerne schöne Plätze wiedersehen und neue entdecken. Und so richte ich die Nase zunächst nach Süden aus. Los geht es auf die nächste Abenteuertour auf die ich euch mit den nun folgenden Zeilen mitnehme.

Die Alpen, ein faszinierender Platz auf der Erde

Über viele Millionen Jahre geformt, üben die Alpen auch heute noch eine unbändige Anziehungskraft auf Naturliebhaber, Reisende und Abenteurer aus. Auch ich bin immer wieder begeistert in dieser fabelhaften Region der Erde unterwegs zu sein.  Dieses Mal quere ich die Bergkette in den Ostalpen, folge der atemberaubenden Großglockner Hochalpen Straße, kurbele die 50 Kehren des Vršič Sattels ab und fahre später entlang des wunderschönen Tales der Socca. Abends findet sich ein tolles Plätzchen an einem Flusslauf. Schon bald bricht die Nachtkühle herein, ich mache es mir am Flussufer gemütlich und lasse die Erlebnisse des Tages Revue passieren.

Ich bin übrigens Björn und schon seit meiner Geburt ein Weltenbummler und Abenteurer, mit Camping und Reisen aufgewachsen. Später wurden die Reisen dann immer länger und herausfordernder, zu entfernteren Orten des wunderschönen Planeten Erde. Heute konzentriere ich mich auf meine Leidenschaften für Reisen, Fernreisen, Outdoor, Allrad- und Reisefahrzeuge und Abenteuer und mache die Dinge, die mich am meisten antreiben. Zum Beispiel eine Reise wie diese hier. Unterwegs bin ich auch dieses Mal mit meinem 110er Defender, Baujahr 2010, der mich zuverlässig schon auf vielen Touren und Reisen in Europa, Asien, Nordamerika und Afrika begleitet hat.

Auf der Großglockner Hochalpen Straße habe ich den Großteil des Tages verbracht

Diese Bergstrecke umfasst zwar nur etwa 50 Kilometer und ist damit gar nicht mal so lang, doch diese 50 Kilometer haben es in sich und führen über eine Vielzahl von Serpentinen zum Großteil durch hochalpines Gebiet, entlang von majestätischen Berggipfeln und großartigen Landschaften. Auch der heutige Nebel tut dem ganz besonderen Reiz dieser Region keinen Abbruch. Im Gegenteil, es gibt so viel zu sehen. Hier und da lugt auch mal die Sonne hervor und gibt tolle Blicke frei. Ich lege zahlreiche Stopps ein und sauge die Bergluft ein.

Sei es an der Edelweißspitze auf immerhin 2.572 Metern Höhe oder bei einer der zahlreichen sogenannten Erlebniswelten. Davon hat die Strecke insgesamt zwölf. Dabei darf natürlich die Auffahrt zur Kaiser-Franz-Josefs-Höhe nicht fehlen. Diese ist der Endpunkt der Großglockner Hochalpenstraße auf 2.369 Metern Seehöhe. Die Aussicht auf dem Weg zum Parkplatz zum Besucherzentrum ist einmalig! Immer wieder halte ich inne und genieße die tolle Landschaft.

Die großartigen Landschaften und Ausblicke der Alpen lassen innehalten.

Das Besucherzentrum beherbergt die verschiedensten Ausstellungen. Ich wähle – wie soll es anders sein – Österreichs höchste Automobilausstellung und schlendere zwischen den großartigen Exponaten automobiler Kunst und Ingenieursleistung staunend umher. Der Eintritt ist übrigens in der Straßenbenutzungsgebühr enthalten, die an den Mauthäuschen im Tal zu entrichten ist. Und heute bekomme ich auch noch einen Schlechtwetterbonus dazu. Das ist eine Ermäßigungskarte für einen weiteren Besuch der Großglockner Hochalpen Straße, bei hoffentlich weniger Nebel. Naja, mal sehen, vielleicht auf dem Rückweg in drei Monaten, wer weiß das schon.

Die Berge zeigen sich nur ungern heute, doch das tut der Freude keinen Abbruch.

Von Passstraßen und Mahnmalen

Weiter geht es durch das landschaftlich nicht minder reizvolle Kärnten, immer die Haube gen Südosten gerichtet. Für den Grenzübertritt nach Slowenien habe ich mir diese Mal den Wurzenpass auf der Landkarte ausgeguckt um kurz danach zum Vršič Sattel zu gelangen. Der Wurzenpass ist zwar nicht ganz so hoch und hat heute eher nur noch touristische Bedeutung. Doch die Steigung mit etwa 18% ist eine Ansage.

Entlang der Strecke halte ich kurz an und denke nach. Jeder, der die Strecke einmal befahren hat, kennt den dort abgestellten T34 Panzer und den Panzerigel. Ein Mahnmal zum Gedenken an die Zeiten des Kalten Krieges. Denn an dieser Stelle hätte die Abwehr begonnen. Ich bin dankbar dafür, dass ich heute diese Stelle entspannt passieren und eine tolle Reise genießen kann.

Kurzes Erinnern am Mahnmal zum Gedenken an die Zeiten des Kalten Krieges.

Der Vršičpass ist der höchste mit dem Auto befahrbare Gebirgspass in Slowenien. Fünfzig Spitzkehren gilt es insgesamt zu überwinden. Die Straße wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von Kriegsgefangenen erbaut und noch heute sind zahlreiche der Haarnadelkurven auf der Nordseite mit jahrzehntealtem Kopfsteinpflaster bedeckt. Auf 1.611 Metern erreiche ich die Passhöhe und gleite wieder ins Tal.

Slowenien ist ein wunderschönes Reiseland. Und auch wenn ich dieses Mal eher auf der Durchreise bin, so möchte ich doch einiges sehen. Was eignet sich besser dazu, als am nächsten Tag einfach von der asphaltierten Hauptstraße abzubiegen und spontan die vielen kleinen Wald- und Wiesenwege zu erkunden. Davon gibt es hier reichlich.

Einfach mal von der Hauptstraße abbiegen und das Land erkunden.

Die Flugzeugkaverne Željava

Einst ein sogenannter Lost Place, heute von einer Vielzahl von Reisenden besucht und nicht zuletzt durch die sozialen Medien weltbekannt geworden: die Flugzeugkaverne Željava. Ich habe Kroatien schon viele Male bereist, doch hier bin ich tatsächlich noch nie gewesen. Also, warum nicht dieses Mal diesem interessanten Bauwerk einen Besuch abstatten. Zumal es trotz des regen Besucherstromes nichts von seiner Anziehungskraft verloren hat.

Das Wrack einer Douglas C-47, ein militärisches Transportflugzeug, weist den Weg Richtung Flugzeugkaverne.

Diese Flugzeugkaverne – eine Bunkeranlage für Flugzeuge – ist die größte in Europa und befindet sich im kroatisch-bosnischen Grenzgebiet. Sie wurde zwischen 1957 und 1970 erbaut und soll bis zu 80 Kampfflugzeuge aufgenommen haben. Im Inneren der Stollen befanden sich neben den Abstell- und Wartungshallen für die Flugzeuge, eine Kommandozentrale, Munition- und Treibstoffdepots und vieles mehr. Rund um den Bunkerkomplex gibt es zahlreiche Roll- und Start bzw. Landebahnen. Mit dem Rückzug der Jugoslawischen Volksarmee aus Bosnien 1991 wurde die Anlage gebrauchsunfähig gemacht.

Heute ist es ein Magnet für Interessierte. Der Weg dorthin ist leicht zu finden. Beim Besuch sollte großer Wert auf die eigene Sicherheit gelegt werden. Immerhin handelt es sich um einen ehemaligen militärischen Komplex und ein Befahren bzw. Begehen ist mit den unterschiedlichsten Gefahren und Risiken verbunden. Nicht zuletzt befindet sich der Besucher hier im Grenzgebiet. Ich schaue mich ein wenig im Eingangsportal, dem Vorplatz und entlang der Rollbahnen um, schieße ein paar Fotos und ziehe dann weiter.

Ein Foto vor der Flugzeugkaverne ist angesichts der vielen Besucher eine echte Herausforderung.

Der langsam vorbeiziehende Fluss bringt angenehme Kühle an diesem schönen Sommertag

Mittlerweile bin ich in Bosnien und Herzegowina. Die nächsten Tage verbringe ich mit Freunden, die ebenfalls in der Region unterwegs sind und wir haben uns spontan verabredet. Wir sitzen am Fluss, haben eine tolle Zeit miteinander bei gutem Essen und Trinken, tauschen Reisegeschichten und Informationen aus. Das ist etwas, was das Reisen für mich ausmacht. Menschen treffen, seien es Bewohner oder andere Reisende, interessante Gespräche führen, Erlebnisse teilen und eine tolle Zeit haben. Nach zwei Tagen verabschieden wir uns, wünschen uns eine gute Weiterreise und der eine Landy rollt weiter nach Süden, der andere nach Norden. Beide neuen Abenteuern entgegen.

Gute und idyllische Stellplätze für die Nacht sind überall schnell gefunden.

Den kleinen und kleinsten Sträßchen und Wegen bleibe ich in den nächsten Tagen treu und bewege mich abseits der Hauptstrecken. Dabei erfahre ich die große Gastfreundschaft der Menschen hier und fühle mich überall willkommen. Irgendjemand freut sich immer, dass Reisende da sind, das Land besuchen und ist zu einem Plausch aufgelegt. Menschen winken am Straßenrand, freuen sich darüber, wenn ich mich in den kleinen Lädchen und Bäckereien mit Proviant versorge. Nicht selten hat jemand einen leckeren selbstgebrannten Schnaps parat und schon sind wir im Gespräch. Die Nachtlager schlage ich hier meist auf Campingplätzen auf. In der Region finden sich wirklich wunderschön angelegte kleine Plätze zu günstigen Preisen und so kann ich der Bevölkerung auch ein bisschen was zurückgeben.  Nach einem Abstecher nach Serbien verbringe ich noch weitere Tage in Bosnien und Herzegowina.

Die Gostiljje Wasserfälle in Serbien sind ein schönes Ziel und laden an diesem heißen Sommertag zur Abkühlung ein.

Eine trügerische Ruhe?

Zu einer Reise über den Westbalkan gehören nicht nur großartige Landschaften, kulinarische Hochgenüsse und eine tolle Gastfreundschaft. Auf dem Weg liegen auch zahlreiche Erinnerungen an die Jugoslawienkriege, die hier von 1991 bis 2001 gewütet haben. Immer wieder sehe ich Denkmäler, die an diese Zeit erinnern.

Ich erinnere mich ebenfalls zurück. Damals habe ich als Jugendlicher Hilfspäckchen für die Menschen hier gepackt. Schreckliche Dinge sind in dieser Region geschehen. Und doch erscheint aus dem sicheren und wohlhabenden Deutschland alles so weit weg. Die heute größte Erinnerungsstätte mag wohl die Gedenkstätte Potočarisein zur Erinnerung an die Opfer des Massakers von Srebrenica sein. Nach Schätzungen wurden hier 1995 etwa 8.000 Menschen ermordet. Das passierte alles nur wenige Autostunden von unserer Heimat entfernt.

Fahre ich jetzt so durch die schönen Landschaften, wirkt alles entspannt, ruhig und friedlich. Doch ist es das wirklich? Hinter der nächsten Kurve begegnet mir ein Wolf der Bundeswehr. Seit August 2022 ist die Truppe im Rahmen der European Union Force (EUFOR) wieder in Bosnien und Herzegowina vertreten, um mit weiteren Partnern für Stabilität in der Region zu sorgen. Einmal mehr bin ich dankbar für die Möglichkeiten die ich habe, diese tollen Reisen zu unternehmen und für die Menschen die mit ihrem Einsatz zur Friedenssicherung beitragen.

Malerische Landschaften und viel zu sehen auf dem Westbalkan.

Ohne feste Route und Zeitplan lasse ich mich treiben

In Montenegro werde ich dann tatsächlich getrieben, nämlich von den allgegenwärtigen Waldbränden. Teilweise brennen ganze Hänge und die Böschungen bis an die Hauptstraße heran. Bereits nach kurzer Zeit rieche ich wie ein Räucherschinken. Da ist es wenig einladend hier ein Camp aufzuschlagen. Für den Weg in den Kosovo wähle ich also die Route über Nordalbanien und reise noch am selben Abend in das bergige Balkanland ein.

Trotz der schönen Landschaft passiere ich Montenegro angesichts der allgegenwärtigen Waldbrände zügig.

Albanien habe ich das erste Mal vor über zwanzig Jahren bereist. Seitdem hat sich das Land enorm verändert und doch bin ich alle paar Jahre gerne hierher zurückgekehrt. Sei es zum abenteuerlichen Offroad-Reisen oder auch mal sportlich für die bekannte Rally Albania, die jedes Jahr hier stattfindet. Albanien bietet uns Offroadreisenden nach wie vor viel was tolle und herausfordernde Strecken angeht und doch lässt es sich hier auch ganz prima entspannen. Genau das mache ich in den kommenden Tagen, kümmere mich um Alltägliches wie Wäschewaschen, Einkäufe, ein paar Fahrzeugchecks und fröne der hervorragenden albanischen Küche.

Insbesondere die Nordalbanischen Alpen haben in all den Jahren wenig von ihrem Reiz verloren.

In den letzten Tagen habe ich ordentlich Meter gemacht

Weiter über den Westbalkan bis in den Osten Griechenlands. Durch Nord-Mazedonien und durch einen Zipfel Bulgariens fahre ich über kleine Sträßchen immer weiter gen Osten.

Wer von der Hauptstraße abbiegt kann überall spannende Strecken entdecken.

Bei einem morgendlichen Fahrzeugcheck sehe ich, dass etwas Ölfeuchte um die Dichtungen der Einspritzdüsen zu sehen ist. Nichts Dramatisches, doch ich möchte das gerne beheben, bevor es weiter in den Osten geht. Es ist bereits Freitagnachmittag und das Wochenende nahe als ich eine kleine Werkstatt in Thessaloniki ansteuere. Doch das tut der Hilfsbereitschaft keinen Abbruch, der Inhaber lebte als Kind in Deutschland, freut sich die damals gelernte Sprache mal wieder nutzen zu können und bestellt sofort die benötigten Teile. Sie werden am Montag eintreffen. Es gibt Schlimmeres als das Wochenende in einer schönen Bucht am Meer zu verbringen und die Tage mit Entspannen, Lesen, Schwimmen und der griechischen Küche zu verbringen.

Entspannen am Meer, das muss auf einer langen Reise auch sein.

Montags früh sind die Teile wie erwartet da, die Dichtungen schnell gewechselt und noch bevor ich Thessaloniki verlasse, statte ich dem Atatürk Haus – sozusagen als Einstimmung auf die Weiterreise in die Türkei – einen Besuch ab. Kemal Atatürk war der Begründer der Republik Türkei und von 1923 bis 1938 ihr erster Präsident. Anschließend verlasse ich die Stadt ostwärts und abends findet sich ein schöner Stellplatz für die Nacht am Meer.

Während ich so auf das Meer schaue, denke ich an eines der absoluten Highlights dieser Reise

Der Kosovo. Die Einreise ist schnell erledigt. Noch eben die obligatorische Grenzpolice für das Fahrzeug gekauft und schon bin ich im Kosovo.

Das Land hat eine bewegte Geschichte. Kosovo war einst eine autonome Region innerhalb des ehemaligen Jugoslawiens und ist heute ein sogenannter De-facto Staat. Auch hier wüteten in den 1990er Jahren bis in die 2000er Krieg, Gewaltexzesse und kämpferische Auseinandersetzungen. In 2008 erfolgte die Unabhängigkeitserklärung. Doch seitdem flammt der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo immer wieder auf. Die Kosovo-Truppe, kurz KFOR, die zur Friedenssicherung und Stabilität beiträgt, ist im Straßenbild allgegenwärtig.

Und doch fühle ich mich überall sehr willkommen und besonders auffallend ist, wie modern dieses kleine Land im Herzen des Balkans ist. Hier finden sich kaum Überreste des Krieges, schon gar nicht in dem Maße wie in anderen Ländern des ehemaligen Jugoslawiens. Kleine und große Orte sind wieder aufgebaut und modernisiert. Das Straßennetz ist gut ausgebaut und instandgesetzt. Bekannte deutsche Firmennamen prangen an den Geschäften. Überall tut sich etwas, überall wird gebaut und renoviert. Es herrscht eine geradezu erfrischende Aufbruchstimmung und Macher-Mentalität.

Viele hier sind nach Deutschland oder in die USA gegangen oder träumen davon. Seien es die frühen Gastarbeitergenerationen aus dem ehemaligen Jugoslawien, auf der Flucht vor Krieg oder weil sie ihre Zukunft im Ausland sehen. Doch viele sind in den letzten Jahren auch zurückgekehrt in den Kosovo und haben sich hier eine Existenz aufgebaut. Haben Firmen gegründet, leben von der Landwirtschaft oder kommen mehrmals im Jahr zu Besuch in ihre frühere Heimat zurück. Es wird angepackt im Kosovo. Und das sehe ich allerorten. Ein paar Campingplätze und andere touristische Infrastruktur gibt es auch.

Auch im Kosovo gibt es einiges zu sehen wie diese noch relativ unerforschte Höhle.

Am nächsten Tag bin ich verabredet mit einem Bekannten, der sich vor Ort sehr gut auskennt. Und so werde ich auch hier herzlich empfangen und bekomme noch einen tieferen Einblick in dieses tolle und interessante Land. Ich treffe Menschen, die hier wohnen, auf Besuch in der früheren Heimat sind oder Urlaub machen. Ich höre ihre Geschichten, Wünsche und lerne ihren positiven Blick auf die Entwicklung des kleinen Balkanlandes kennen. Zum Abschied bekomme ich eine Riesentüte mit Obst und Gemüse geschenkt. Der Proviant für die nächsten Tage ist gesichert. Danke für diese tolle Zeit!

Auf dem Weg nach Asien

Vom Osten Griechenlands ist es nur noch ein Katzensprung bis nach Asien. Ich entscheide mich für den Grenzübergang Kapi, welchen ich schon öfter genutzt und in guter Erinnerung habe. Die Ausreise aus Griechenland verläuft zügig und schon rolle ich über die Brücke, welche über die Mariza führt. Der Fluss Mariza bildet hier die Grenze zwischen Griechenland und der Türkei.

Doch Moment mal, hier hat sich doch etwas verändert zu den Vorjahren? Richtig, der türkische Grenzposten ist umfangreich modernisiert und mutet geradezu wie eine kleine Stadt an. Toiletten im Wartebereich, Bank, Geldautomaten, Supermarkt, Telefonläden, alles was der Reisende benötigt oder auch nicht, ist hier zu finden. Sofort fühle ich mich auch hier sehr willkommen, die Grenzbeamten freuen sich, dass ich ihr Land besuche. Es erfolgt eine zügige Kontrolle und schon bin ich in der Türkei. Ich erleichtere den Geldautomaten noch um ein paar Lira, da ich es auf Reisen in vielen Ländern praktisch finde, etwas Bargeld in Landeswährung dabei zu haben. Der Großteil des Bezahlens funktioniert natürlich ebenso hier mittels Kreditkarte.

Ich stoppe etwas später noch an einer Tankstelle um mir den HGS-Mautsticker mit Transponder für einen Teil der Autobahnen zu besorgen. Denn ich möchte in den nächsten Tagen zügig durch die nördliche Türkei reisen und dabei auch die eine oder andere Mautstrecke nutzen. Als ich die Tankstelle betrete frage ich nach der Maut. Mit Englisch komme ich bei der Kassiererin nicht weiter. Doch schon meldet sich ein weiterer Kunde, der mit gerne weiterhilft und sich darum kümmert, dass ich den begehrten Aufkleber bekomme. Perfekt. Mit diesem sind die Mautstationen einfacher zu befahren, einfach den Aufkleber mit dem integrierten Transponder in die Windschutzscheibe kleben, Guthaben einzahlen und die Stationen passieren.

Istanbul – die quirlige Stadt am Bosporus

Ich komme an diesem Tag, dank des sehr gut ausgebauten Straßennetzes, gut voran und entschließe mich daher schon heute nach Istanbul zu fahren. Istanbul habe ich zuletzt vor rund 20 Jahren besucht. Es hat mir gut gefallen damals und daher möchte ich der quirligen Stadt am Bosporus wieder einen Besuch abstatten.

Schon am Stadtrand stellt sich jedoch etwas Ernüchterung ein. Der Straßenverkehr verläuft sehr gesittet, nahezu wie daheim und gar nicht so lebhaft wie noch vor einigen Jahren. Ähnliche Beobachtungen werde ich die nächsten Tage noch machen. Alles verläuft sehr viel geordneter und ist so viel moderner als noch vor einigen Jahren. Und so hat die Stadt etwas von ihrem ursprünglichen Flair verloren, ist jedoch immer noch eine Reise wert. An dieser Stelle sei gesagt, dass ich die Natur der Stadt vorziehe, doch es gibt eine Reihe Städte auf der Welt, die es lohnt sie zu erleben. Istanbul gehört für mich einfach dazu.

In Istanbul suche ich mir für die nächsten Tage einen für die Stadtbesichtigung strategisch günstigen Stellplatz. In der Stadt sind die letzten Jahre verschiedene Stellplätze entstanden und wieder verschwunden. Ich wähle einen neueren direkt am Bosporus gelegen. Als ich in den Platz einbiege steht dort schon ein Discovery mit Dachzelt, vom Platz habe ich einen schönen Blick auf die belebte Meerenge. Großartig, was will ich mehr?

zwischen Okzident und Orient
Stellplatz mit Ausblick über den Bosporus.

Eintauchen in das pulsierende Stadtleben

Istanbul hat eine lange Geschichte. Lange vor Christus unter dem Namen Byzantion oder Byzanz gegründet, ist die einzigartige Stadt am Bosporus bald 3.000 Jahre alt. Hunderte von Jahren war sie die Hauptstadt verschiedener Reiche und ein bedeutendes Zentrum des Christentums und des Islams. Diese unterschiedlichen Einflüsse sieht der Besucher heute noch in der Stadt und sie hat wenig von ihrer Bedeutung verloren, denn auch heute noch ist sie ein bedeutendes Zentrum für Handel, Finanzen und Kultur. Mit rund 15,5 Millionen Einwohnern ist sie nicht nur die größte Stadt der Türkei, sondern rangiert auch unter den Top 20 Metropolen der Welt.

Als erste widme ich mich so organisatorischen Dingen wie einer lokalen SIM-Karte. Normalerweise lege ich da keinen Wert drauf unterwegs, muss ich auf einer Tour nicht zu jeder Zeit erreichbar sein oder im Web surfen können und für die Notfallkommunikation habe ich ohnehin meinen bewährten inReach dabei. Doch dieses Mal ist es etwas anders, da ich alleine auf Tour bin, möchte ich dann doch gerne meine daheimgebliebene Freundin an den Erlebnissen teilhaben lassen. Ein Telefonladen ist schnell gefunden, die SIM-Karte in wenigen Minuten startklar und schon tauche ich ein in das Stadtleben.

Die kommenden Tage komme ich an so bekannten Orten und Bauwerken wie der Sultan-Ahmed-Moschee oder wegen der blau-weißen Fliesen, auch Blaue Moschee genannt und der einst byzantinische Kirche Hagia Sophia vorbei, nutze rege die Taxifähren auf dem Bosporus oder schlendere einfach durch die verschiedenen Stadtteile und lasse mich vom Trubel treiben. Im Stadtbild lassen sich hier sogar noch die antiken Ursprünge Istanbuls entdecken, beispielsweise die Konstantinsäule.

zwischen Okzident und Orient
Die Taxifähren sind eine überaus praktische Einrichtung zur Besichtigung der Stadt.

Die Abende verbringe ich mit der Discovery Besatzung, einer Familie aus Estland, welche gerade aus der Richtung kommen in die ich fahre. So etwas ist immer schön, denn so können wir Reiseinformationen, Tipps zu schönen Stellplätzen und Erlebnisse austauschen. Doch so sehenswert die Stadt ist, so habe ich nach ein paar Tage genug vom lebendigen Stadtleben und möchte weiter, wieder in die Natur.

zwischen Okzident und Orient
Auf Stadtbummel in Istanbul.

Wie geht die Reise weiter?

Istanbul verbindet Okzident und Orient oder besser gesagt liegt die Stadt sowohl im europäischen Thrakien als auch im asiatischen Anatolien. Dies ist eine besondere Situation zwischen zwei Kontinenten und macht Istanbul zusammen mit der Lage an der Meerenge von Mittelmeer und Schwarzem Meer zu einem relevanten Verkehrs- und Logistikknotenpunkt.

zwischen Okzident und Orient
Die lebhafte Meerenge Bosporus bildet auf dieser Reise den Übergang von Europa nach Asien.

Über eine der gewaltigen Bosporus Brücken gelange ich von Europa nach Asien. Und was ich in den kommenden Wochen in der Türkei, Georgien und Armenien erlebt habe, das erzähle ich euch im nächsten Teil. Seid gespannt!

Mehr Fotos dieser und weiterer Reisen findet ihr auf dem Instagram Profil des Autors El-Dracho On Tour.

© Fotos: Björn Eldracher