Der Wind peitscht die salzige Gischt landeinwärts, während die Brandung die Kieselsteine unablässig rund wie Edelsteine schleift und dabei die fragile Steilküste langsam aber stetig einreißt. Willkommen an der Jurassic Coast in Südengland.
Es ist nicht kalt, dieser Tage an Südenglands Küste, dafür kühl, windig und nass. Wir arbeiten ums zu dritt gegen den Wind und den feinen Nieselregen Richtung Old Harry Rocks vor. Dem Hund scheint das alles nichts auszumachen, er hat sein dickes Fell und alle diesen neuen Sachen und Gerüche, die großen Wiesen zum Toben und Laufen haben ihn in ihren Bann geschlagen. Während wir uns schon irgendwo gemütlich mit einer Tasse Kakao sitzend sehen, die Hände am Becher wärmend mit dem Duft heißer Schokolade in der Nase.
Dieses England hat schon seinen eigenen Charme. Es ist nicht das erste Mal, dass wir die britische Insel besuchen, wir waren mehrfach in Schottland, in Wales und auch in den Midlands unterwegs. Aber wir finden immer wieder etwas Neues und Reizvolles. Auch an skurrilen Dingen und Eigenheiten sind unsere Nachbarn reich, was sie liebenswert macht. Anfang September fuhren wir in die kleineren Grafschaften Dorset und Devon, um ein bisschen Green Laning zu betreiben und um das Weltnaturerbe Jurassic Coast zu besuchen. Letztendlich sollte auch unser Redaktions-Retriever Guinness das Land seines Vaters kennenlernen.
Jurassic Coast, fragile Naturschönheit mit Geschichte
Die Jurassic Coast ist ein gut 150 km langer Küstenstreifen im Süden Englands und läuft durch die Grafschaften Dorset und Devon. Den Namen verdankt diese fragile Küstenlinie den zahlreichen prähistorischen Funden an Dinosaurierknochen und versteinerten Fossilien. Diese lassen sich noch heute dort finden, auch wenn ein ausgewachsener Brontosaurus-Oberschenkelhalsknochen doch eher die Ausnahme darstellen dürfte. Alles, was aus den Steilwänden auf natürliche Art herausgebrochen wurde, darf mitgenommen werden. Was noch in der Wand steckt nicht.
Genau dieses Herausbrechen ist das Problem. Erst letztes Jahr sind rund 4.000 Tonnen Erde abgebrochen. Ursächlich ist eine weiche untere Tonschicht, auf der poröser Sandstein liegt. Dieser saugt sich mit Regenwasser voll, der das Gewicht massiv erhöht und gleichzeitig auf der Tonschicht für eine Rutschbahn sorgt, bis es zum Kollaps kommt. Das ist auch für den Strandbesucher nicht ungefährlich, wie zahlreiche Warnschilder erahnen lassen, da es ständig zu massiven Abbrüchen ohne Vorwarnung kommen kann.
Aber die raue, natürliche Schönheit lässt uns diese latente, nicht greifbare Gefahr vergessen, wenn wir mit wind- und wasserfester Jacke über den knirschenden Kiesstrand schreiten. Richtig übel kalt ist es nicht, nur windig und nass. Dort, wo kein Kies, sondern Sand liegt wie in West Bay, ziehen wir wie von selbst Schuhe und Socken aus, damit die wohlige, noch angenehme Kühle des Wassers die Zehen umspülen kann. Mit jeder abziehenden Welle graben sich die Füße tiefer in den Sand. Das Wasser packt einen immer höher und manchmal komme ich ins Straucheln. Fast schmeißt mich Guinness ins Wasser, als er mich voller Übermut und Freude anspringt. Er weiß gar nicht, wohin mit all diesen neuen Eindrücken und so rast er ruhelos zwischen mir, Nik und den tosenden Wellen hin und her.
Am Ende wird Nik auch ein paarmal fündig und kann eigene Fossilienfunde vorweisen. Geduld und ein gutes Auge zahlen sich halt aus. Zufrieden und mit nassen Hosen kehren wir zum Auto zurück. An diesem Abend erleben wir noch ein tolles Essen und eine stürmische Nacht.
Englands Campingplätze – Duschen, warm inklusive
Für diesen Urlaub war es klar, dass wir nicht wild stehen werden. Irgendwie ist England dazu zu eng bebaut und wir wollen auch niemanden verärgern. Damit stand fest, dass wir auf Campingplätzen übernachten werden. Ob es am rauen, kühlen Klima liegt? Wir wissen es nicht, aber auf allen Campingplätzen, die wir besuchten, war trotz gestiegener Energiekosten das warme Duschen im Preis inbegriffen. Die Preise sind vergleichsweise hoch und gingen bei mindestens 20 Pfund los. An Zahl und Platz mangelt es dort nicht. Jeder dürfte zumindest zu dieser Jahreszeit fündig werden. Vorgebucht haben wir keinen. Wir sind sie entweder direkt angefahren oder ein kurzer Anruf und die Sache war geritzt. Aber zunächst muss man erst einmal zu dem einen oder anderen Campingplatz hinkommen.
Nichts für Fahranfänger
Zum Charme Englands gehören wohl auch die zahlreichen Single-Track-Roads, einspurige Straßen, die dort im Süden oft von hohen, das Fahrzeug überragenden Wällen oder engstem Buschwerk gesäumt sind. Dazu kommen viele Kurven, kleine Einfahrten mit Steinmäuerchen und Gefälle, respektive Steigungen. Während Single-Track-Roads in Schottland es durchaus noch erlauben, dass zwei Fahrzeuge aneinander vorbei kommen, war das in dieser Gegend unmöglich. Wir fragten uns schon, was wohl passieren würde, wenn der eine mit seinem ganzen Gespann aus Auto und Wohnwagen gerade den Campingplatz verlassen hat und der andere mit ähnlichem Gespann gerade dorthin unterwegs ist. Treffen sich beide auf solch einer Straße, dann dürfte es sehr spannend werden. Das war zumindest eine Gegebenheit, die mir sagte, dass Urlaub mit Anhänger auch auf Asphalt eine unerwartete Herausforderung in sich bergen kann.
Insbesondere der Weg zum Eype House Holiday Park ist solch einer. Wir schlängeln uns durch und erreichen den direkt an der Steilküste gelegenen Platz. Schön ist er, steil auch und sehr, sehr windig, wie wir diese Nacht noch feststellen werden.
Kein Auge haben wir zugetan. Das Prinzip Hoffnung, dass sich der Wind und der Regen schon beruhigen werden, wie es nach dem Temperaturausgleich über Land und See eigentlich sein sollte, funktionierte nicht. Bis in den frühen Morgen zerrt der Wind an jeder Ecke des Fahrzeugs und die Zeltplane des Hubdachs versucht durch ständiges flatterndes Ausweichen dem Wind zu entgehen. Erfolglos, aber laut.
Dafür werden wir an diesem Platz aber mir einem wunderschönen Kiesstrand belohnt. Die Kiesel schillern in allen möglichen sanften Farben im Sonnenuntergang und begleiten uns so, bis die Sonne verschwunden ist. Die Brandung versucht hier mit sanfter Gewalt die Steine aufzuschieben, sodass kein flacher Strand entsteht. Oberhalb liegen große Steine, auf denen wir uns niederlassen und das stimmungsvolle Bild auf uns wirken lassen. Selbst Guinness ist ein paar Minuten ruhig und liegt still die Nase im Wind, es könnte ja noch etwas Interessantes vorbei wehen.
Platz: einfach, Buchung: online
Den ersten Campingplatz fahren wir direkt an. Was wir nicht wissen, zunehmend erfolgen die Buchungen online, selbst bei dem gewollt einfachen, aber sauberen Campingplatz „Tom’s Campground“ bei Langton Matravers. Dessen Betreiber muten eher alternativ-ökologisch an und wir müssen, obwohl wir schon angekommen waren, die Buchung online durchführen. Das Büro ist halt nicht besetzt. Besser, wenn man das vorher weiß, denn wenn man dort schon steht, ist es eher nervend.
Der Service und die sehr nette Aufmachung des Campingplatzes rissen das aber wieder heraus. Dort gilt das Motto leben und leben lassen, zumindest in einem gewissen Rahmen. Hunde, wie auf allen anderen Plätzen auch, sind strikt an der Leine zu lassen und Hinterlassenschaften, selbstverständlich, sind zu beseitigen. Das Wespennest in einem Busch musste jedoch nichts befürchten. Sorgsam wurde der Bereich abtrassiert und Warnschilder aufgestellt. So hatte jeder seine Ruhe vor dem anderen.
Der Campingplatz bietet einen Super-Frühstücksservice mit wenig leckerem britischen Kaffee, Ei und Speck und Süßem. Alles, was man morgens so braucht, um zu starten. Beispielsweise zu einem ausgedehnten Spaziergang zum Dancing Ledge, einem alten Steinbruch, wie er hier auch an anderen Stellen zu finden ist. Dort wurden Höhlen in die Felsen getrieben, um die sogenannten Purbeck Stones, Steine für die Häuser betuchter Londoner Bürger zu gewinnen.
Nicht weit von dort beginnt auch der 1.014 Kilometer lange Fernwanderweg South-West-Path, der sich unterhalb des Campingplatzes entlang zieht.
Tipp zu Parkplätzen
Wo wir gerade bei Online-Buchungen waren, was dort im Süden Englands so richtig nervt, sind die Apps, mit denen auch im kleinsten Dorf die Parkplätze gebucht werden müssen. Ich musste alleine drei verschiedene Apps installieren, dreimal die Kreditkartendaten angeben und dreimal mich mit „hilfreichen“ E-Mails zuschütten lassen, nur um eine Stunde parken zu können. Richtig „ausgereift“ ist das System dann, wenn an der Bezahlsäule, wo die App und die Parkplatznummer angegeben sind, gar kein Internet empfangen werden kann. Also richtet euch darauf ein, entweder vorher in Erfahrung zu bringen, welche Apps benötigt werden, oder an dem einen oder anderen Parkplatz auch mal etwas länger auf App und Bezahlung zu warten.
Campingfarm
Bei Corve Castle finden wir einen besonderen Campingplatz, denn er ist mitten in einem sehr aktiven landwirtschaftlichen Betriebe integriert: Norden Farm Campsite. Voll ausgestatteter Hofladen und Milchshake-Automat, sowie ein fest-installierter Food-Truck inklusive. Zum ersten Mal wird unser Auto auf seine Camper-Fähigkeiten geprüft. Die Betreiber können sich einfach nicht vorstellen, wie ein Land Rover Defender zum Campen geeignet sein soll. Strenge Auflagen und die Angst, sie zu verletzen, veranlassen eine Angestellte den Wagen zu überprüfen. Nachdem wir vorgeführt haben, dass wir darin schlafen, sitzen und kochen können, war alles klar und man gewährt uns Einlass. An Pfauen, Ziegen, Gänsen und Kühen vorbei nehmen wir unseren Platz ein.
Wie mittlerweile auf vielen Plätzen üblich, herrschte auch hier die Farbe weiß vor. Als wir dort dann auch den ersten heftigen Regen unseres Urlaubs abbekamen, waren uns die mitleidigen Blicke durch die geschlossenen, thermoisolierten Kunststofffenster reihum sicher.
Der „Exklusive“
Der letzte Campingplatz auf unserer kurzen Reise gehört dafür ganz uns. Und er ist groß. Die Cannington Farm Campsite ist zu diesem Zeitpunkt leer und die Besitzerin ist sehr bemüht, uns einen schönen Aufenthalt zu ermöglichen. Irgendwie scheinen wir ihr leidzutun, so nass und regnerisch, wie es gerade ist. Aber so ist Camping nun einmal und wir sind ja vorbereitet. Leider war ihr Mann gerade auf dem Rückweg von einer Fahrt und wir verpassen uns. Wir hätten einen guten Abend unter Landyfreunden gehabt, denn er hat seinen Land Rover aus Australien mitgebracht, ich hätte ihn gern gesehen.
Kings Arms Casting Show
Selbstverständlich gehört auch ein Besuch in einem Pub zu den Dingen, die nicht versäumt werden sollten. In Langton Matravers finden wir einen, der uns zusagte, Kings Arms. Was kann auch an einem Pub falsch sein, vor dem gleich zwei Land Rover Defender parken? Der Pub ist recht übersichtlich und einfach, was der Gemütlichkeit keinen Abbruch tut. Entscheidet man sich innen zu sitzen, kann man dem Lokalkolorit und denen, die immer hier sitzen, nicht entgehen.
Rund um die kleine Theke mit zahlreichen Craft-Biersorten und zu meinem Glück auch einem Tap mit Guinness, sind eng ein paar einfache Holzbänke aufgestellt, die von den mutmaßlichen Stammgästen bereits eingenommen wurden. Jeder, der an der Theke bestellt, was auf alle Begehren zutrifft, muss dort vorbei und verweilen. Nicht aufdringlich, aber aus dem Augenwinkel heraus werde ich eingehend bei der Artikulierung meiner Wünsche beobachtet. Jeden Moment erwarte ich das Urteil der lokalen Jury von „Kings Arms got Thirst“ KAGT: „Nein, leider haben wir heute kein Glas mehr für Dich!“ oder „Hey, Du bist im Re-Re-Fill! Cheers!“.
Wer sich lieber Außen aufhält, kann in einer Mischung aus Hinterhofgarten und Innenhof zwischen Plätzen unter freiem Himmel, unter Schirmen oder Plätzen in kleinen, überdachten Holzverschlägen wählen. Dort sind auch die kleine Küche und das Lager gelegen, aus der kleinere Mahlzeiten ganz modern, auch vegan, gereicht werden. Der obligatorische Burger gehört ebenso dazu wie kleine Pizzen und einfache Snacks.
Fraglich ist es schon, wie die gesamte Nachbarschaft mit den allabendlichen Duftschwaden aus Küche und Dunstabzug so klar kommen. Uns stört das nicht, es macht eher Hunger. Von Zeit zu Zeit treten dort auch immer wieder Musiker auf, so wie es in vielen Pubs Großbritanniens und Irlands üblich ist und die anwesenden Gäste fühlten sich sichtlich wohl. Wir inklusive Hund auch.
Green Laning light
Selbstverständlich machen wir uns nicht nach England mit einem britischen Geländewagen auf, ohne die Möglichkeiten des Green Lanings zu nutzen. Als Mitglied der GLASS habe ich Zugriff auf die Trailwise 2 Datenbank, in der alle Lanes und so gut es geht, der aktuelle Status vermerkt sind. Natürlich entbindet das einen nicht, bei der Einfahrt in eine Green Lane, nach dauerhaften oder temporären Einschränkungen zu schauen.
Ich habe im Vorfeld in den beiden Grafschaften und in Küstennähe zahlreiche Lanes herausgesucht. Die erste fahren wir direkt nach der Ankunft in Folkestone. Es war gleichzeitig die engste auf dieser Reise, bei der ich auch gleich die Bat-Wing-Markise beschädige. Ich achtet leider nicht auf die Höhe. Es gibt einen ordentlichen Bumms, aber der schnelle Check zeigt nichts. Erst abends auf dem Campingplatz ist der Schaden ersichtlich.
Während die meisten Green Lanes, die wir fahren, eher unspektakulär und einfach sind, sind vier erwähnenswerte Lanes dabei. Die erste führt direkt an der schönen Burgruine Corfe Castle vorbei, das wir in den darauf folgenden Tagen gefühlt 50 Mal aus allen Perspektiven zu sehen bekommen. Lustigerweise haben wir sie nicht einmal fotografiert, daher muss in dem Fall das Bild der offiziellen Webseite herhalten. In den ersten Tagen bewegen wir uns um diesen Mittelpunkt. Auch später können wir aus einiger Entfernung immer wieder einen Blick auf Corfe Castle erhaschen.
Furten ist in England normal
Wer gerne mit seinem Auto durchs Wasser fährt, kann es in Island mit einer Woche Anfahrt und Abfahrt probieren oder in England. Dort gibt es ja im normalen Straßenbild schon etliche Furten und der AA (britischer ADAC) hat sogar eine Rettungseinheit, nur für Fahrzeuge, die beim Furten stecken bleiben.
Natürlich können wir das auf den Green Lanes auch erleben. Da gibt es weniger spektakuläre, aber auch kniffelige Stellen, die überquert werden können. Mit der Trailwise 2 ist es ein Kinderspiel, solche Lanes zu finden. Dort finden sich entsprechende Hinweise, was wir erwarten können.
Die erste nennenswerte Furt führt uns über den Frome bei Moreton. Das ist eine angelegte Furt, die vor Kurzem restauriert wurde, da sie schon arg unter allem Verkehr mit Rädern gelitten hat. Sie ist breit, aber nicht tief. Fußgänger haben eine schmale, aber bequeme Brücke zum Queren.
Später treffen wir noch auf eine natürliche Furt, nicht so breit, etwas tiefer, sodass ich zunächst aussteigen und mir das Ganze ansehen muss. Es hatte erst kürzlich hier geregnet, sodass alles sehr matschig und rutschig war. Mit schmatzenden Tritten und dicken Matschklumpen an den Schuhen arbeite ich mich also nach vorne und kann Entwarnung geben. Die Durchfahrt ist machbar. An der Ausfahrt hat sogar schon jemand Bergebretter hingelegt, was mir sagt, dass diese Strecke wohl häufiger benutzt wird, wahrscheinlich auch von den angrenzenden Landwirten.
Apropos Landwirte, mehrfach beginnen die Green Lanes zwischen den Gebäuden von Bauernhöfen, sodass wir mitten durch den Betrieb fahren müssen. Nur keine Scheu. Wir haben sogar das Glück, ein frisch geborenes Kalb zu sehen. Die Kuh muss wenige Minuten vor unserem Eintreffen das Kleine geboren haben. Es steht noch nicht, hat die Augen zu und wird gerade von der Mutter abgeschleckt. Schade, dass wir nicht ein paar Minuten früher dort waren.
Aussicht mit Donnergrollen
Bei Kimmeridge biegen wir auf eine anfangs sehr steile Green Lane mit Verwerfungen ein. Langsam arbeitet sich die Maschine im ersten Gang herauf, bis sich ein weiter Blick über die Felder und den Tower of Winds, den Clavell Tower, bis über das Meer öffnet. Noch ein paar Meter und ein paar Viehgatter weiter folgen wir der Einladung dieser Landschaft und machen eine Pause.
Wir brühen frischen Kaffee auf und sein Duft mischt sich mit der Brise, die vom Meer herauf weht. Wenn Guinness gerade einmal innehält, ist nur der leicht säuselnde Wind zu vernehmen. Es dringen kaum Geräusche hier oben hin, bis es einen entfernten dumpfen Schlag zu hören gibt. Das ist das hinter dem nächsten Kamm gelegen Schießgelände der Artillerie in 6 Kilometern Entfernung. Zum Glück wird nicht immer geübt, sodass andere nach uns einen ruhigeren Moment erleben dürften. Mit dem Fernglas lässt sich sogar die große rote Fahne sehen, die an den geschlossenen Straßentoren wehen und jedem anzeigen, dass derzeit kein Durchkommen ist.
Rückzug
Engen zugewachsenen Wegen folgend, kommen wir an eine weitere Furt am Yarty bei Axminster. Wie öfters gibt es gleich daneben eine Fußgängerbrücke. Aber dieses Mal sieht die Querung nicht so einfach aus. Der Blick von der Brücke gibt nicht alles Preis, was dort unter Wasser sein könnte, da der Bach schnell fließt und stark verwirbelt ist. Also gut, ich muss wohl persönlich nachsehen. Ich ziehe halt meine Jeans aus und steige ins Wasser.
Zum Glück ist es nur kalt und nicht eiskalt, wie ich das von italienischen Alpenbächen her kenne. Auf den glitschigen Steinen im Wasser finde ich mit den Gummi-Crocs schwer Halt. Mit den Armen rudernd prüfe ich Schritt für Schritt die Gegebenheiten. Gleich zu Anfang geht es tiefer rein und auf einen kapitalen Stein zu, der nur ca. 10 Zentimeter unter der Wasseroberfläche endet. Dieser erzwingt langsames Fahren und einen Rechtsschwenk auf einen Baum zu. Der begrenzt zum einen die Höhe und zum anderen ist dort eine Senke. Das Wasser ist hier schon gut 80 Zentimeter tief. Komme ich mit dem rechten Vorderrad in diese kleine Senke, geht es noch ein paar Zentimeter tiefer. Der Untergrund an sich ist gut zu befahren, alles fester Kies und nach dieser ungefähr fünf Meter langen tieferen Stelle geht es wieder flacher weiter.
Fahren oder nicht? Nik optiert vernünftigerweise für nicht fahren. Könnten wir gerade durch, würde es wahrscheinlich schon nass im Fahrzeug werden, das Wasser steht ja dann circa bis zur Mitte der Tür. Durch die tiefe Engstelle wäre ich allerdings zum Langsamfahren gezwungen und könnte keine Bugwelle erzeugen. Das bedeutet, unser Auto würde auf jeden Fall einen guten Schluck Wasser in den Innenraum nehmen. Teppiche, Holzboden und sämtliches Hundezeugs würden volllaufen. Das verkneifen wir uns dann doch, schließlich wollen wir noch ein paar Tage in einem Auto und nicht in einem Feuchtbiotop verbringen. Obwohl verständlich und einsichtig, drehe ich den Wagen etwas enttäuscht an geeigneter Stelle und wir brechen diese Lane ab. Schade, dass man manchmal nicht so kann, wie man gerne würde.
Und was war sonst noch so?
Wir hatten da noch ein paar Highlights, die sich in West Bay konzentrierten. Direkt am Strandparkplatz gibt es ein Café, oder ist es eine Imbissbude oder gar ein Antiquariat, Flohmarkt und Skurrilitätenhandel? Es ist alles in einem in einer Art Innenhof arrangiert. Wir gehen zunächst durch das Café um gleich in dem West Bay Antiques Shop zu stehen. Wir verlassen ihn in auf der anderen Seite und finden uns in einem bunten Treiben, fast wie auf einem Mittelalter-Markt wieder. Links von uns ist das Customs House, eine Art Fundgrube für alles, was scheinbar mindestens 30 Jahre auf dem Buckel hat. Dort kann jeder eine Ecke anmieten und seinen Krempel verkaufen.
Von alten Schallplatten, Porzellan, noch älteren Kameras, Büchern und Militaria bis hin zu Klamotten, Bildern und allerlei Dingens und Kram können Interessierte hier sicherlich ein paar Stunden beim Stöbern verbringen. Wen das hungrig macht, kann gleich nebenan Fish&Chips genießen, was wir auch tun. Allerdings und das ist ein Tipp, haben wir uns für Abends etwas Höherwertiges zum Essen gesichert.
Schräg gegenüber des Parkplatzes ist das Station Kitchen Restaurant. Wahlweise in einem der beiden alten Wagons oder im Stationshaus kann zu gehobenen Preisen sehr gut gegessen werden, eine äußerst freundliche Bedienung inbegriffen. Das gönnen wir uns an unserem Hochzeitstag.
Natur-Feng-Shui
Sehenswert ist auch Old Harry Rocks, eine ins Meer ragende Felsformation, bei der es so wirkt, als hätte ein Feng Shui Berater ein Loch anfertigen lassen, damit der zugegeben kleine Drache beim Flug nicht behindert wird.
Auf dem Weg zu dem Felsen, für den man gut eine Stunde einplanen muss, kann zu einem kleinen Strand-Imbiss für einen Snack abgebogen werden. Auch dort ist veganes Essen angekommen, aber das ist nicht unsere Sache. Wir bestellen zwei Burger und danach Kakao. Guinness hat das eher weniger interessiert, er war anderweitig beschäftigt.
Winspit Quarry
Eine kleine Wanderung wert ist auch der alte, aufgegebene Kalksteinbruch Winspit Quarry bei Worth Matravers. Hier wurden bis 1940 Purbeck Steine herausgeholt, bis es dann zu einem Radarstandort während des Kriegs wurde. Heute ist es öffentlich zugänglich. Neben den in den weichen Fels geschlagenen rechteckigen Höhlen liegt der Charme sicherlich in der tosenden Brandung an den senkrecht abfallenden Steilwänden. Jetzt herrscht gutes Wetter, aber wie gewaltig muss es hier erst zugehen, wenn die Winterstürme ihre ganze Macht entfalten?
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